Donnerstag, 31. März 2011

Aktion deutscher Film, zum zweiten


Whoknows hat die Aktion hier ja schon vorgestellt, deshalb kann ich meine Einleitung kurz halten. Ich finde es relativ müßig, eine Abhandlung darüber zu schreiben, was mir am deutschsprachigen Film gefällt oder nicht gefällt, deshalb verzichte ich darauf und werde dafür auf die Filme und Serien meiner Liste näher eingehen. Hier nochmal der Link zur Kommandozentrale auf dem Planeten der intergalaktischen Affenmenschen:

http://intergalactic-ape-man.blogspot.com/2011/03/jetzt-mitmachen-aktion-deutscher-film.html

Zunächst meine offizielle Liste, die in die Endauswertung eingeht. Ohne interne Wertung, sondern chronologisch geordnet. Alle außer FILM OHNE TITEL sind auf DVD erhältlich.

1. DER BLAUE ENGEL (1930)
Ein Hollywood-Regisseur macht einen Ausflug zur UFA, dreht einen Klassiker, kreiert dabei einen Star, und nimmt den Star gleich wieder mit nach Hollywood, um einen Weltstar daraus zu machen. Aber abgesehen von all dem handelt es sich um ein atmosphärisch ungemein dichtes und emotional wuchtiges Drama, in dem Emil Jannings genauso wie Marlene Dietrich brilliert, und die Musik von Friedrich Hollaender tut ein Übriges.

2. UNTER DEN BRÜCKEN (1945/46)
Helmut Käutner rettete den Poetischen Realismus vom Frankreich der 30er ins Deutschland der 40er Jahre herüber. Unter schwierigen Bedingungen in den letzten Kriegswochen 1945 entstanden, hatte UNTER DEN BRÜCKEN erst 1946 Premiere, es handelt sich also um einen "Überläuferfilm". Ich hätte auch GROSSE FREIHEIT NR. 7 nehmen können, die Entscheidung für die BRÜCKEN ist relativ willkürlich. Aber GROSSE FREIHEIT NR. 7 wurde schon in anderen Blogs genannt, außerdem spielt UNTER DEN BRÜCKEN in einem ähnlichen Milieu wie L'ATALANTE, und das ist einer meiner Lieblingsfilme.

3. FILM OHNE TITEL (1948)
Ein Film aus einer Übergangsperiode: Die Zeit des Trümmerfilms (DIE MÖRDER SIND UNTER UNS, IN JENEN TAGEN, ZWISCHEN GESTERN UND MORGEN) neigte sich dem Ende entgegen, die Zeit der Verdrängungs- und Beschwichtigungsfilme begann. FILM OHNE TITEL ist eine Komödie, er hat Charme, ist selbstbezüglich (es geht um einen Film im Film), aber er hat noch den Impetus der Trümmerfilme. Rudolf Jugerts erster Film atmet von der ersten bis zur letzten Minute den Geist Helmut Käutners. Kein Wunder: Käutner hat produziert und am Drehbuch mitgearbeitet, und Jugert war zuvor jahrelang sein Regieassistent, u.a. bei ROMANZE IN MOLL, GROSSE FREIHEIT NR. 7, UNTER DEN BRÜCKEN und IN JENEN TAGEN. Er hätte durchaus eher selbst Regie führen können, aber er lehnte es bis Kriegsende ab, um keinen Propagandafilm drehen zu müssen. Die Hauptrolle im FILM OHNE TITEL spielt Hilde Knef, die mit ihren unabhängigen Frauenfiguren (wie in DIE MÖRDER SIND UNTER UNS und ZWISCHEN GESTERN UND MORGEN) der weibliche Star der unmittelbaren Nachkriegszeit war, bevor ihre Karriere in Hollywood versandete und Biederfräuleins wie Sonja Ziemann und Ruth Leuwerik Oberwasser bekamen.

4. JONAS (1957)
Ottomar Domnicks avantgardistischer Geniestreich. Alles nötige habe ich schon hier geschrieben.

5. DAS INDISCHE TUCH (1963)
Ich war schon immer ein Fan der Edgar-Wallace-Filme, und DAS INDISCHE TUCH ist von jeher mein Favorit - wegen Hans Clarins irrem Blick, weil Kinski sein übliches Rollenklischee gleichzeitig ausfüllt und konterkariert, weil Ady Berber, der deutsche Tor Johnson, mitspielt, weil der Wallace-Touch mit dem 10-kleine-Negerlein-Motiv kombiniert wird, und was weiß ich warum.

6. DER KOMMISSAR (1969-76)
Eine Zeitreise in die erste Hälfte der 70er Jahre, als "political correctness" noch ein Begriff von einem anderen Stern war. Irgendwelche Leute haben nachgezählt, wie viele Biere und Schnäpse getrunken und wie viele Zigaretten geraucht wurden, und kamen auf enorme Zahlen. Die Fälle und die Lösungen waren immer auf das menschliche Drama fokussiert; Gerichtsmediziner, Kriminaltechniker, lästige Staatsanwälte oder dubiose Kollegen vom BKA und ähnliches Beiwerk gab es nie. Stattdessen hat Kommissar Keller einfach gemacht, was er wollte. Trotz, oder vielleicht eher wegen der Reineckerismen ("Sag ich etwas falsches?" "Nein, Du sagst nichts falsches"; "He, Sie!" "Wer, ich?" "Ja, Sie!") und Herbert Reineckers Hang zum Moralphilosophen immer unterhaltsam, mit einer Armada längst verblichener Schauspielgrößen, die ihre Rollen immer ernst nahmen. Der kürzlich verstorbene Helmut Ringelmann beschäftigte nicht nur Altmeister wie Wolfgang Staudte, er gab auch Michael Verhoeven die Chance zu einer seiner ersten Regie-Arbeiten, und er ließ Zbyněk Brynych bei seinen leicht bekloppten, surreal angehauchten Manierismen gewähren. Bravo! Obwohl der Kommissar auch in Grünwalds Villen ermittelte, später Derricks bevorzugtes Biotop, spielen die meisten Fälle in der Mittel- oder Unterschicht, bis hin zum Proletariat, das in irgendwelchen Kellerlöchern haust. Und immer wieder gab es Ausflüge in und Verständnis für die jugendliche Subkultur. Obwohl Reinecker dabei regelmäßig in Klischees abrutschte, blieb er mir deshalb immer sympathisch.

7. AGUIRRE, DER ZORN GOTTES (1972)
Vom majestätischen Anfang, als die Karawane zur Musik von Popol Vuh die Anden herabsteigt, bis zum delirierenden Schluss, als Thomas Mauchs Kamera das Floß mit den Affen umkreist, ein grandioser Film, der von einem irrlichternden Klaus Kinski beherrscht wird. Unter sehr schwierigen Bedingungen komplett vor Ort im südamerikanischen Dschungel gedreht. Nur ein Besessener wie Werner Herzog konnte so etwas zuwege bringen.

8. MÜNCHNER GESCHICHTEN (1974)
Helmut Dietls erste und beste Fernsehserie. Sie fängt perfekt den Zeitgeist der 70er Jahre ein und ist zeitlos, Münchnerisch und universell, zum Brüllen komisch und melancholisch, mit unvergesslichen Typen und ernsten Themen wie "Entmietung" und Verödung alter Stadtviertel zugunsten neuer Trabantenstädte. Die damaligen Jungstars um Günther Maria Halmer gehen mit den Charakterdarstellern, angeführt von der grandiosen Therese Giehse, eine perfekte Symbiose ein. Meine Lieblingsserie bis ans Ende der Zeiten (und danach auch noch).

9. IM LAUF DER ZEIT (1976)
Wim Wenders' vielschichtiges dreistündiges Roadmovie, mit geradezu archetypischen Szenen wie der Versenkung des Käfers in der Elbe, entstand als "work in progress": Der Film wurde chronologisch entlang der befahrenen Route gedreht, und abends entstand immer erst das Drehbuch für den nächsten Tag, so dass am Anfang niemand wusste, wie der fertige Film aussehen würde. Neben anderem auch ein melancholischer Abgesang auf die Kultur der Kleinstadt- und Dorfkinos.

10. DIE COMEDIAN HARMONISTS (1977)
Eberhard Fechner entwickelte für seine Dokumentarfilme eine faszinierende Technik. Seine Interviewpartner (meist Privatpersonen, nur hier ausnahmsweise frühere Prominente) wurden zu stundenlangem Erzählen motiviert und dabei von einer fest montierten Kamera gefilmt, meist von schräg vorn - die einen von rechts, die anderen von links. Aus den getrennt aufgenommenen Interviews schnitt Fechner dann scheinbare Dialoge zusammen, wobei sich die virtuellen Dialogpartner mal gegenseitig bestätigten und die Rede des anderen fortführten, mal widersprachen. Dabei wechselte der Redner oft mitten in einem Satz, ohne dass sich Brüche im Gesprächsfluss ergaben - eine geniale Leistung. In dieser Technik arbeitete Fechner von NACHREDE AUF KLARA HEYDEBRECK (1969) bis WOLFSKINDER (1991) an einer Chronologie des 20. Jahrhunderts aus der Sicht seiner Protagonisten. Zum dreistündigen Zweiteiler DIE COMEDIAN HARMONISTS befragte er alle vier damals noch lebenden und Angehörige der beiden bereits verstorbenen Mitglieder, und er behandelt nicht nur den Werdegang der Gruppe, sondern auch die weiteren Lebenswege der drei jüdischen und der drei nichtjüdischen Mitglieder. Fechners Film ist für mich weitaus faszinierender als Vilsmaiers Spielfilm zum selben Thema.


Soweit die offizielle Liste. Jetzt noch ein paar lobende Erwähnungen von Werken, die es knapp nicht geschafft haben.

ZUR SACHE, SCHÄTZCHEN (1968)
Der Film von May Spils und Werner Enke über das Lebensgefühl der jugendlichen Schwabinger Bohème der 60er Jahre ist immer spontan - oder zumindest wirkt er so, und darauf kommt es ja an. Als legitime Nachfolger kann man am ehesten Klaus Lemkes Filme der 70er Jahre benennen.

DIE DELEGATION (1970)
Aus den nachgelassenen Notizen, Tonband- und Filmaufzeichnungen eines unter mysteriösen Umständen verunglückten Reporters (brillant: Walter Kohut) werden in einer Fernsehsendung dessen Recherchen der letzten Monate rekonstruiert. Mit den Mitteln einer Mockumentary, mit ähnlichen Kunstgriffen wie bei BLAIR WITCH PROJECT (nur geht es hier nicht um Hexen, sondern um UFOs), aber 30 Jahre früher, erzeugt Rainer Erler einen Sog, der einen in den Film hineinzieht wie eine echte Live-Reportage. Dabei bedient er sich passender Schauplätze in Europa, Nord- und Südamerika, geschickt eingebauten authentischen Materials (etwa von einem Kongress, an dem der Raketenpionier Hermann Oberth teilnahm), und Wackelkamera an den richtigen Stellen. Folgerichtig gab es besorgte Zuschaueranrufe beim Sender, wie Erler anlässlich einer Wiederholung zehn Jahre später berichtete. Mit Serien und Filmen wie DAS BLAUE PALAIS, PLUTONIUM und FLEISCH setzte Erler weitere Glanzlichter.

DIE LEGENDE VON PAUL UND PAULA (1973)
Heiner Carows DEFA-Kultfilm mit Angelica Domröse und Winfried Glatzeder. Besonders überrascht und begeistert hat mich die surreale Musical-Einlage in dem ansonsten realitätsnahen Liebesfilm. So kann (und soll gelegentlich) Film sein!

DIE DÄMONEN (1977)
Fernseh-Vierteiler nach dem Roman von Dostojewskij, mit einem hochkarätigen Ensemble, angeführt vom faszinierenden Christoph Bantzer, in einer komplexen Geschichte (bei Dostojewskij natürlich kein Wunder). Leider nicht auf DVD. Die Verfilmung des Stoffes von Andrzej Wajda kenne ich nicht.


Womit wir schon bei den Werken wären, die ich mir auf DVD wünsche. Da gäbe es viel, aber ich beschränke mich mal auf das überschaubare Gesamtwerk von Ottomar Domnick, und zwar in guter Bildqualität (die DVD von JONAS hat ein ziemlich schlechtes Bild).

Was erwarte ich mir nun von der Aktion deutscher Film? Dass ich auf interessante Werke aufmerksam gemacht werde, von denen ich noch nichts (oder zumindest noch nichts konkretes) gehört habe. Dazu ist es nötig, dass es zu den Titeln in den Listen auch Erläuterungen gibt. Von reinen Auflistungen werde ich nichts haben.

Sonntag, 27. März 2011

JONAS - Man geht nicht mehr ohne Schädelindex!

JONAS
Deutschland 1957
Regie: Ottomar Domnick
Darsteller: Robert Graf (Jonas), Elisabeth Bohaty (Nanni), Dieter Eppler (M.S.), Willy Reichmann (der fremde Herr)

Die Vergangenheit ist ein Bumerang aus Filz!

Eine Einblendung im Stil eines Nachrichtenagentur-Tickers am Anfang des Films gibt die Grundstimmung vor: "meldung ... 10. August 1957 ... mehr selbstmorde als verkehrsopfer ... täglich gehen 30 personen freiwillig aus dem leben ... tag für tag das gleiche schicksal ... trotz wohlstand trotz wirtschaftlicher blüte ... grund: schwermut ... 47% der befragten bevölkerung äusserte: ANGST...". Eine Reihe von Architekturaufnahmen zeigt eine moderne, anonyme deutsche Großstadt als Betonwüste. (Tatsächlich handelt es sich um Stuttgart, aber das spielt keine Rolle.) Einer ihrer Bewohner ist Jonas. Er ist Arbeiter in einer Druckerei, bewohnt ein möbliertes Zimmer, lebt isoliert. Von seiner Vermieterin erfährt er, dass jemand, der seinen Namen nicht genannt hat, hier war und sich nach ihm erkundigt hat. Man kennt seine Adresse! Was will man von ihm?


Auch in der Arbeit fragt jemand nach ihm. Doch als Jonas im Büro erscheint, ist der Unbekannte verschwunden. Er muss auf der Hut sein! "Was, Du kennst niemand hier? Eine Verwechslung?" "Jonas, Du bist im Labyrinth! Hier gibt es keine Verwechslung!" Es sind zwei Stimmen aus dem Off, die hier zu hören sind. Es ist kein einzelner Erzähler, der aus "göttlicher Perspektive" dem Zuschauer berichtet, auch kein innerer Monolog von Jonas, sondern ein bald vielstimmiger Kanon von Kommentaren, die zu Jonas sprechen, die über ihn sprechen, die gelegentlich auch gegeneinander argumentieren, die den Zeitgeist sarkastisch wiedergeben, etwa wenn echte zeitgenössische Werbeslogans, Pressemeldungen oder amtliche Texte sowie Bibelzitate aufgegriffen und ironisch abgewandelt werden. "Man geht nicht mehr ohne Hut!" Aus einer Laune heraus kauft sich Jonas einen teuren Hut. "Die deutsche Industrie-Norm sieht für die Herren-Konfektion acht Hutgrößen vor, die nach dem Schädelindex zu bestimmen sind." Im Hutladen gibt es einen sogenannten Konformateur, ein kompliziertes Gerät zur Messung des "Schädelindex". "Man geht nicht mehr ohne Schädelindex!"


Jonas hat nicht viel von seinem edlen "Homburg Royal". In einer Schnellgaststätte wird er ihm gleich wieder von der Garderobe weg gestohlen. "Für Garderobe wird nicht gehaftet. Aber keine Angst, es kommt ja nichts weg!" Jonas stiehlt kurzerhand selbst einen Hut und macht sich davon. "Auge um Auge, Hut um Hut!" Doch Jonas wird mit dem "Ersatzhut" nicht froh: Er fühlt sich ertappt, beobachtet. Er betrachtet sein Beutestück und findet darin das Monogramm "M.S.", was ihn in Panik versetzt. Eine Rückblende, der noch weitere folgen werden, offenbart den Grund: Jonas war vor Jahren in einem Lager interniert. (Die Natur dieses Lagers bleibt unklar - vielleicht ein Kriegsgefangenenlager nach dem Zweiten Weltkrieg.) Zusammen mit seinem Freund Martin Seiler wagte er die Flucht. Schüsse fielen, Martin brach getroffen zusammen. Jonas kümmerte sich nur kurz um ihn, dann setzte er die Flucht fort und ließ den Sterbenden, der noch nach ihm rief, im Stich. Doch ist Martin wirklich tot? Hat etwa er sich nach ihm erkundigt? Fordert er Rechenschaft? Ist er ihm schon auf den Fersen, und hat Jonas unwissentlich seinen Hut gestohlen? Er muss den Hut loswerden. In der Schnellgaststätte hängt er den Hut unauffällig an den Ständer und macht sich aus dem Staub. "Geh ohne Hut, ohne Monogramm, ohne Schuld!" Doch ein aufmerksamer Kellner glaubt, er habe den Hut vergessen, und trägt ihn ihm hinterher. "Er kommt zurück! Ein Bumerang aus Filz!" Auch ein zweiter Versuch scheitert: Jonas wirft den Hut von einer Brücke, aber ein Junge bringt ihn wieder. "Die Vergangenheit, Jonas, ist ein Bumerang aus Filz!" Zuhause zerschneidet er den Hut geradezu panisch mit einer Schere und verbrennt ihn im Ofen. "Aber die Vergangenheit, Jonas, ist feuerfest."


Zusehends angeschlagen, wandert Jonas durch die Stadt und kommt dabei auch in eine Kirche, in der gerade von Jonas und dem Wal gepredigt wird. "Niemand wird hören deine Stimme ewiglich!". Er trifft Nanni wieder, die Verkäuferin aus dem Hutgeschäft. Die beiden gehen miteinander spazieren, sind sich sympathisch, doch letztlich reden sie aneinander vorbei. Nanni erzählt von ihren kleinbürgerlichen Vorstellungen vom Glück, mit denen Jonas nichts anfangen kann, und er ergeht sich in Andeutungen, ohne auszusprechen, was ihn umtreibt. Die beiden besuchen die fragliche Schnellgaststätte, doch M.S. hat inzwischen den Verlust des Hutes gemeldet und seine Adresse hinterlassen. Jonas wird aufgefordert, die Angelegenheit in Ordnung zu bringen, aber in Panik sucht er das Weite. Während er ziellos durch die anbrechende Nacht irrt, lässt sich Nanni von einem Schnösel in ein Restaurant einladen. Er lässt sich dort "Herr Direktor" nennen, doch in Wirklichkeit ist er nur Versicherungsvertreter. Jonas wird wegen seines auffälligen Verhaltens von der Polizei aufgegriffen, aber wieder freigelassen. "Es ist die letzte Chance, Jonas! Der Herr verfolgt dich mit seinem Zorn wegen deiner alten Schuld, verfolgt dich bis zu der Erde Gründen!". Jonas beschließt, M.S. aufzusuchen, der vielleicht sein alter Freund Martin ist. Er klingelt, doch er bleibt im dunkeln, er wagt nicht, sich zu zeigen. Er findet keine Erlösung von seinem Schuldkomplex. "Die Erde hatte mich verriegelt ewiglich."


Jonas strandet nächtens wieder im Hutladen bei Nanni, doch die Begegnung endet mehr denn je in Jonas' Sprachlosigkeit. Nanni ergreift die Initiative und fährt mit dem Taxi selbst zu M.S., um die leidige Angelegenheit aus der Vergangenheit zu regeln. Doch M.S. kennt keinen Jonas, er heißt nicht Seiler, sondern Schmidt. Während ihrer Abwesenheit steigert sich Jonas - allein unter Hüten - in eine Art Delirium; als sie zurückkehrt, ist er verschwunden, aufgebrochen zu einer neuerlichen ziellosen Wanderung durch die Nacht.


"Der mutigste, einsamste, und unwiederholbarste deutsche Film unserer Tage. Kein anderer deutscher Film seit Jahr und Tag verfügt über ähnliche Bildkunst." (Gunter Groll, Süddeutsche Zeitung 1957). Im deutschen Filmschaffen der 50er Jahre ist JONAS fast eine singuläre Erscheinung. Auch ambitionierte Filme, wie etwa DER VERLORENE des vorübergehenden Heimkehrers Peter Lorre, wirken im Vergleich konventionell. JONAS wurde 1957 mit Erfolg auf der Berlinale gezeigt, er erhielt das Prädikat "Besonders wertvoll", gewann den Preis der deutschen Filmkritik 1957 für die Bildgestaltung, erhielt zwei Bundesfilmpreise sowie - man glaubt es kaum - einen Bambi. Auch im Ausland, insbesondere Frankreich, erregte er Aufmerksamkeit. Unverständnis und heftige Ablehnung gab es auch - im Adenauer-Deutschland nicht weiter verwunderlich. Das Aufsehen und der Erfolg lagen nicht am dürren Handlungsgerüst - ein Mann schleppt einen Schuld- und Verfolgungskomplex mit sich herum, ein Beziehungsversuch scheitert -, sondern an der formalen Gestaltung. Am ungewöhnlichsten war der polyphone Kommentar, der den größten Teil des gesprochenen Textes ausmacht (Dialoge sind fast auf die Begegnungen von Jonas mit Nanni beschränkt und dünn gesät). Regisseur Domnick schrieb auch das Drehbuch, doch die Kommentare verfasste Hans Magnus Enzensberger, und zwar, nachdem der Film bereits abgedreht war, so dass er - in Absprache mit Domnick - noch eine ganz neue Ebene über den Film legen konnte. Enzensberger war bis 1957 Hörfunkredakteur beim Süddeutschen Rundfunk in Stuttgart. Im selben Jahr veröffentlichte er seinen ersten Gedichtband und begann seine Laufbahn als freier Schriftsteller. Wie bereits erwähnt, bediente sich Enzensberger bei den Kommentaren auch authentischer Textbausteine. So war etwa "Übrigens...man geht nicht mehr ohne Hut!" ein Werbeslogan, der 1955 im Auftrag der deutschen Hut-Industrie von Plakatwänden prangte. Der vielschichtige Soundtrack von JONAS wird komplettiert durch Stücke von Duke Ellington sowie durch Musik und elektronische Geräusche von Winfried Zillig. Der Avantgarde-Komponist und Musiktheoretiker Zillig (1905-1963) war ein Schüler von Arnold Schönberg (was ihn nicht davon abhielt, auch einen Film wie WO DER WILDBACH RAUSCHT zu vertonen). Auch die Bildgestaltung von JONAS ist außergewöhnlich. Neben gelegentlichen Anklängen an den Expressionismus zeigt sich vor allem eine Tendenz zur Abstraktion. Von der Architektur geprägte Linien dominieren immer wieder das Bild. Hierin spiegelt sich Domnicks Begeisterung für abstrakte Kunst wider.


Ottomar Domnick (1907-1989) war ein wohlhabender Neurologe und Psychiater mit eigener Privatklinik in Stuttgart. Er war Kunstsammler und -mäzen, er fuhr Autorennen, spielte Cello - und er drehte unabhängig produzierte Filme. Nach zwei kurzen Dokumentarfilmen über Themen der abstrakten Kunst war JONAS der erste Spielfilm. Bis 1972 folgten vier weitere Filme, in denen sich die Tendenz zur Reduktion konventioneller Handlung zugunsten einer Abstraktion der Bild- und Tonsprache fortsetzte. Auch Domnicks Interessen und Erfahrungen als Nervenarzt flossen immer ein. In GINO (1960) bespitzelt ein junger italienischer Gastarbeiter im Auftrag eines eifersüchtigen Unternehmers dessen Ex-Frau, eine Schriftstellerin. Die mögliche Beziehung der beiden ist von vornherein zum Scheitern verurteilt. OHNE DATUM (1962) ist eine radikale Reflexion über die Situation eines unheilbar an Krebs Erkrankten, mit Querbezügen zur atomaren Bedrohung. In N.N. (1968) soll ein Architekt ein Gefängnis bauen und kommt zur Erkenntnis, dass die ganze moderne Welt mit ihrer anonymen verwalteten Gesellschaft ein Gefängnis ist. Und AUGENBLICKE (1972) thematisiert die Umweltzerstörung, die damals gerade erst ins öffentliche Bewusstsein rückte, ohne Sentimentalität ("eine lyrische Paraphrase", wie Domnick sagte), gezeigt aus der Perspektive der menschenleeren Nachwelt. Überlagert sind die Reflexionen einer Psychose-Patientin, die den Zerfall ihrer Innenwelt analog zu dem der Außenwelt erlebt. 1979 schließlich drehte Domnick noch für den Süddeutschen Rundfunk das 43-minütige Selbstportrait DOMNICK ÜBER DOMNICK.


Es liegt nahe, in Domnick einen Vorläufer des "Jungen" oder "Neuen Deutschen Films" zu sehen, doch die Verbindungen zu den Jungfilmern der 60er Jahre waren nur schwach. Sie bestanden im Wesentlichen aus Herbert Vesely. Der in Wien geborene Vesely war in den 50er Jahren mit experimentellen Kurzfilmen hervorgetreten, vor allem NICHT MEHR FLIEHEN, der fast schon Spielfilmlänge hatte. Im Gegensatz zum Autodidakten Domnick hatte Vesely eine Filmschule besucht, und Domnick engagierte ihn für JONAS als technischen Berater. Im Februar 1962 gehörte Vesely zu den Unterzeichnern des Oberhausener Manifests, und sein im selben Jahr erschienener DAS BROT DER FRÜHEN JAHRE ist neben Ferdinand Khittls DIE PARALLELSTRASSE eines der Gründungswerke des Jungen Deutschen Films. Domnick ließ sich 1967 bei Nürtingen in der Nähe von Stuttgart eine Villa als Privatmuseum für seine Kunstsammlung (neben Gemälden abstrakte Metallskulpturen im Park) errichten. Die Villa und die Sammlung werden heute von einer Stiftung verwaltet, die Domnick und seine Frau gegründet haben, und sind der Öffentlichkeit zugänglich.

JONAS ist in Deutschland auf DVD erschienen. Für die, die es genau wissen wollen, gibt es ein Buch über die Entstehung des Films sowie ein weiteres, das sich speziell Enzensbergers Rolle widmet.

Freitag, 25. März 2011

Aktion deutscher Film

 
Der Intergalaktische Affenmann ist - wie schon Charles Darwin darlegte - dem durchschnittlichen Menschen entschieden überlegen; und so erstaunt es auch nicht, dass mein Blogger-Kumpel von Intergalaktische Filmreisen auf die Idee kam, eine Aktion ins Leben zu rufen, deren Anfänge sich zwar bescheiden geben, die aber letztlich nichts anderes zum Ziel hat als dem Interessierten eine Art Nachschlagewerk über Blogger-Einträge zum deutschsprachigen Film aus Deutschland, Österreich und der Schweiz (vom billigsten Schlagerfilmchen über Goebbels Ablenkungsstreifen bis zum jedem Hollywood-Blockbuster überlegenen Meisterwerk) zu bieten. Ein solches Nachschlagewerk wäre einmalig im Internet, behandeln wir doch den deutschen Film regelrecht stiefmütterlich. Woran dies liegen mag, ist schwer auszumachen, geben sich z.B. Franzosen oder Italiener ihrer einheimischen Produktion gegenüber bekanntlich wesentlich aufgeschlossener. Und wir brauchen uns hinter so manchem billigen Machwerk aus Tinseltown, dem sich viele Blogger inbrünstig widmen, nun wirklich nicht zu verstecken.

Es wäre deshalb schön, wenn die Idee des Intergalactic Ape-Man bei jenen Leuten, die immer mal wieder einen deutschsprachigen Film (lobend, kritisierend, vernichtend) besprechen, Anklang fände. Denn vorläufig geht es lediglich um gegenseitige Inspiration, um das Erinnern an sehenswerte Filme - um ein Eingangsposting, mit dem die "Aktion deutscher Film" ins Leben gerufen werden soll. Gleichzeitig dürft ihr einige eurer Lieblingsfilme (wie auch immer ihr den Begriff definiert) auflisten und an die deutschsprachigen Filme erinnern, über die ihr schon geschrieben habt. - Den genauen Ablauf und die Teilnahmebedingungen (sie lesen sich nur am Anfang schwer) findet ihr hier:

http://intergalactic-ape-man.blogspot.com/2011/03/jetzt-mitmachen-aktion-deutscher-film.html

Dies könnte der Beginn einer Aktion sein, die dem deutschsprachigen Film in seiner erstaunlichen Vielfalt ein Erscheinungsbild ermöglicht und die Schreiber zur vermehrten Beschäftigung mit ihm anregt. Was mich anbelangt, so habe ich mir auf jeden Fall vorgenommen, mich nach meinem Urlaub als Blogger möglichst jeden Monat (sei es auch nur als Kurz-Review) einem Film aus Deutschland, Österreich oder der Schweiz zu widmen.

Dies sind zehn meiner "Lieblingsfilme", die ich anderen Teilnehmern ans Herz legen möchte - wobei es mir darum ging, nicht nur in erster Linie die gängigen Streifen anzubieten, sondern  an  Filme zu erinnern, die als "Zeitdokumente" zu betrachten sind:

1.) Die weisse Hölle vom Piz Palü (Deutschland 1929)
- Das gewaltige Bergdrama von Arnold Fanck und Georg Wilhelm Pabst, das daran erinnert, was vielleicht aus dem deutschen Film geworden wäre, hätte nicht eines Tages ein humpelnder Propagandaminister gierig die Hände nach ihm ausgestreckt








2.) Romeo und Julia auf dem Dorfe (Schweiz 1941)
- Düstere Verfilmung der Novelle von Gottfried Keller von Hans Trommer, die als sagenumwobenes Meisterwerk des Schweizer Films lange Zeit verschollen war und leider auch heute nicht auf DVD zugänglich ist







3.) HD-Soldat Läppli (Schweiz 1959)
 - Verfilmung eines wahrhaft anarchischen Bühnenstücks von Alfred Rasser, das den "braven Soldaten Schwejk" zum Schweizer macht, der während des Zweiten Weltkriegs diverse Vorgesetzte in den Wahnsinn treibt








4.) Rosen für den Staatsanwalt (Deutschland 1959)
 - Wolfgang Staudtes bissige Abrechnung mit den ehemaligen Nazis, die in den 50er Jahren ihre Karriere ungebremst fortsetzten








5.) Dällebach Kari (Schweiz 1970)
- Der späte Anschluss des "Regisseurs für das Kleinbürgertum" Kurt Früh an den Jungen Schweizer Film erzählt in Form einer Ballade die Geschichte eines Berner Coiffeurs, der sich das Leben nimmt








6.) Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt (Deutschland 1971)
- Wie alle Filme von Rosa von Praunheim aus künstlerischer Sicht höchst unbefriedigend, war das Plädoyer mit dem Motto "Raus aus den Toiletten, rein in die Strassen!" für die Entstehung einer  Schwulenbewegung in Deutschland von grosser Bedeutung - und veranlasste den BR, sich während der Fernsehausstrahlung auszuschalten




7.) Die Geschwister Oppermann (Deutschland/Schweden/Italien/Grossbritannien/Österreich/Schweiz  1983)
- Die aufwändige Romanverfilmung für das Fernsehen liess viele Leser erstmals erkennen, dass Lion Feuchtwanger als Romancier zu betrachten ist, der nicht hinter den Mann-Brüdern zurückstehen muss







8.) Heimat - Eine deutsche Chronik (Deutschland 1984)
- Wohl mehr als DAS deutsche Filmereignis seit 1945! Edgar Reitz begleitet ein kleines Dorf im Hunsrück und seine Bewohner durch über 60 Jahre deutsche Geschichte. Als Marathon in den Kinos vieler Städte gezeigt - und von der ersten bis zur letzten Minute fesselnd





 9.) Comedian Harmonists (Österreich/Deutschland 1997)
- Joseph Vilsmaiers Geschichte der berühmten Gesangsgruppe kommt zweifellos um einige Klitterungen nicht herum, glänzt  aber mit einem weitaus grösseren Unterhaltungswert als so viele Hollywood-Biopics - und erinnert an die  Melodien einer versunkenen Zeit








10.) Silentium (Österreich 2004)
- Was wohl nur die Österreicher in ihren besten Momenten können: den Dreck hinter Klerus und Kultur  auf so drastische Weise aufdecken. Hervorragende Romanverfilmung, benötigt eine Sichtung auch Untertitel








Und hier gibts noch eine - laufend erweiterte - Liste mit DÖS-Filmen, die von mir bereits besprochen wurden (sie zeigt auch, dass ich manche Veröffentlichungen sehenswerter Werke auf DVD vermisse):

 - Der zerbrochene Krug (1937)
- Gilberte de Courgenay (1941)
- Frauen sind doch bessere Diplomaten  (1941)
- Titanic (1943)
- Jetzt schlägt's 13(1950)
- Das Haus in Montevideo (1951)
- Feuerwerk (1954)
- Die Käserei in der Vehfreude (1958)
- Der Greifer (1958)
- Buddenbrooks (1959)
-Die Bande des Schreckens (1960)
- Das Glas Wasser (1960)
- Der junge Törless (1966)
- Die Frau in Weiss (1971)
- Lina Braake(1975)
- Das Brot des Bäckers (1977)
- Das Boot ist voll (1981)
- Rossini, oder die mörderische Frage, wer mit wem schlief (1997)
- Achtung, fertig, Charlie! (2003)
- Tod eines Keilers (2006)
- Welthund (2008)
- Auge in Auge - Eine deutsche Filmgeschichte (2008)
- Die Entdeckung der Currywurst (2008)
- Glauser (2011) 

Das wärs für den Moment! Nun hoffe ich, auch andere Blogger für die Aktion deutscher Film interessiert zu haben - denn: sie könnte durchaus zu lohnenden Ergebnissen führen und dem deutschsprachigen Film zu jenem Ansehen verhelfen, das er verdient.

Whoknows

Samstag, 12. März 2011

DER LEICHENVERBRENNER

DER LEICHENVERBRENNER (SPALOVAČ MRTVOL)
Tschechoslowakei 1968
Regie: Juraj Herz
Darsteller: Rudolf Hrušínský (Karel Kopfrkingl), Vlasta Chramostová (Lakmé), Jana Stehnová (Zina), Miloš Vognič (Mili) u.a.

Karel Kopfrkingl ist Leichenverbrenner aus Beruf und Berufung. Um genau zu sein, er ist Angestellter im Krematorium einer tschechischen Stadt in den 1930er Jahren. Als geistige Richtschnur für seine Tätigkeit dient ihm ein Buch über tibetischen Buddhismus. Daraus bezieht er die Überzeugung, dass die Seelen der Toten erst dann in den Äther aufsteigen können und zu einer Wiedergeburt zur Verfügung stehen, wenn der Körper vollständig zerfallen sei. Das aber dauere bei einer Einäscherung 75 Minuten, bei einer Erdbestattung 20 Jahre. Somit sei es ein Gebot der Humanität, die Toten zu verbrennen, und zivilisierte Nationen erkenne man daran, dass sie den Krematorien einen hohen Stellenwert einräumen. Der Tod hat für Karel keinen Schrecken - irdisches Leiden ist ein Übel, der Tod dagegen eine Erlösung. Karel Kopfrkingl ist ein liebevoller Familienvater. Seine Frau heißt eigentlich Maria, doch er nennt sie Lakmé (die indische Titelheldin einer Oper), seine Tochter Zina ist 16. Gewisse Sorgen bereitet ihm sein 14-jähriger Sohn Mili, ein schlaksiger, schwächlicher Typ mit Brille und abstehenden Ohren - nicht ganz das, was sich Karel erhofft hatte! Karel Kopfrkingl ist auch ein guter Patriot. Als er seinen alten Kriegskameraden Walter Reinke, mit dem er einst im Ersten Weltkrieg für Österreich gekämpft hatte, wiedertrifft, will ihn dieser für die NSDAP gewinnen. Doch Karel lehnt ab - fließt nicht tschechisches Blut in seinen Adern, spricht die Familie nicht Tschechisch?


Das muss Karel freilich überdenken, als sich die Deutschen zu den neuen Herren in Böhmen machen. Hat Deutschland nicht ein fortschrittliches Krematoriengesetz, ist also ein zivilisiertes Land? Und fließt nicht auch ein Tropfen deutsches Blut in seinen Adern? Karel tritt nun doch in die Partei ein. Das mit dem Blut will Karel genau wissen, und er befragt seinen Arzt Dr. Bettelheim, von dem er sich in zwanghafter Häufigkeit auf Geschlechtskrankheiten untersuchen lässt. Doch der antwortet nur, Blut sei Blut, und der Rest sei Unsinn. Aber ist Dr. Bettelheim nicht Jude? Überhaupt, die Juden - Karels neue Freunde eröffnen ihm darüber Dinge, die er freilich schon immer geahnt hatte. Für Reinke spioniert er bei einem jüdischen religiösen Fest, doch weil da nichts besonderes passiert, erfindet Karel einfach, was Reinke hören will. Karel weiß auch gewisse Dinge über seinen Chef und seine Kollegen. Dieser hat sich abfällig über die Deutschen geäußert, jener ist morphiumsüchtig, und dergleichen. Es wäre unverantwortlich, solche Tatsachen für sich zu behalten. Ein paar klitzekleine Denunziationen, und Karel ist da, wo er eigentlich schon immer hingehörte - an der Spitze des Krematoriums. Umso schlimmer trifft ihn die Erkenntnis, dass Lakmé eine "Halbjüdin" ist. Karels Parteifreunde machen ihm klar, dass so eine Ehe sein Fortkommen erheblich behindern werde.


Dem Zuschauer ist inzwischen klar, dass Karel nicht nur ein übler Opportunist, sondern auch nicht ganz richtig im Kopf ist. Zu abstrus sind seine Thesen, zu merkwürdig manche seiner Verhaltensweisen. Wenn die Kamera seinen subjektiven Standpunkt einnimmt, ist das Bild oft durch eine Weitwinkeloptik verzerrt, besonders ausgeprägt im Krematorium, Karels Reich. Bald hat er eine Vision: Ein Abgesandter aus Tibet - in Karels eigener Gestalt - erscheint ihm und verkündet, er sei der neue Dalai Lama, ja Buddha selbst, und er werde in Lhasa erwartet, um die Welt zu erlösen. Vorher muss Karel freilich noch einige irdische Dinge regeln. Da ist zunächst Lakmé. Karel erhängt sie im Badezimmer, was sie wie in Trance ohne Widerstand geschehen lässt. Und Mili erst! Ist er nicht ein Weichling? Kein Wunder, bei dieser Mutter! Und hat man nicht in Sparta schwächliche Kinder beizeiten umgebracht, was letztlich auch zu ihrem eigenen Vorteil war, weil sie in der Welt doch nur gelitten hätten? Karel lockt Mili ins Krematorium, schlägt ihm mit einer Eisenstange den Schädel ein und verstaut die Leiche in einem Sarg zur späteren Entsorgung. Dieses Problem wäre zufriedenstellend gelöst. Aber hat Zina nicht auch jüdisches Blut in ihren Adern? Karel bringt auch sie ins Krematorium ... Am Ende des Films geht sein Wahnsinn in einem viel größeren auf: Die Deutschen engagieren ihn, um Verbrennungsöfen für Vernichtungslager zu konstruieren.


DER LEICHENVERBRENNER ist eine abgrundtief morbide und makabre Satire auf den Aufstieg eines Kleinbürgers in einer Diktatur. Mit Hilfe der überragenden Kamera von Stanislav Milota und des wunderbaren Soundtracks von Zdeněk Liška, und mit stilistischen Anleihen bei Expressionismus und Surrealismus, gelang Juraj Herz ein grandioser Film nach einem Roman von Ladislav Fuks, der mit Herz auch das Drehbuch schrieb. Auch der Schnitt ist virtuos. Das Zentrum des Films bildet aber Rudolf Hrušínský, der den Wirrkopf und Opportunisten mit einer bösartig schillernden Beiläufigkeit verkörpert. Das Lachen bleibt einem in diesem Film meist im Halse stecken, doch für etwas Entspannung sorgt ein ständig streitendes Paar, das als running gag immer wieder auftaucht. Ebenfalls immer wieder erscheint eine mysteriöse schwarzhaarige junge Frau, die außer Karel niemand zur Kenntnis nimmt. Ist sie eine Einbildung von ihm? Oder eine allegorische Figur, eine Art Todesengel, die ihn begleitet? Die Interpretation bleibt dem Zuschauer überlassen.


Juraj Herz, der nach wie vor aktiv ist und kürzlich mit HABERMANN Erfolge feierte, aber auch kontroverse Reaktionen hervorrief, gehörte seinerzeit zur "Neuen Welle" im tschechoslowakischen Film der 60er Jahre, die nach dem Vorbild der Nouvelle Vague benannt wurde. Während die meisten Protagonisten der Neuen Welle Tschechen sind und an der Prager Filmhochschule FAMU studiert hatten, ist Herz ein Slowake jüdischer Herkunft, der in Prag Fotografie und Puppentheater studierte, bevor er sich Regie und Schauspielerei zuwandte. Einen Teil seiner Kindheit verbrachte Herz mit seinen Eltern im Konzentrationslager Ravensbrück (zum Glück überlebte die ganze Familie). Seine berufliche Laufbahn begann Herz am Prager Semafor-Theater, wo er mit Jan Švankmajer einen Geistesverwandten traf (beide sind auch am selben Tag geboren). Švankmajer sollte mit seinen surrealen und oft abgründigen Animationsfilmen bekannt werden, und er und Herz arbeiteten bei ihren Filmen gelegentlich zusammen. In den früher 60er Jahren absolvierte Herz eine zusätzliche Ausbildung in den Prager Barrandov-Filmstudios, wo dann auch DER LEICHENVERBRENNER entstand. In dieser Zeit wirkte Herz als Regieassistent und Darsteller in Filmen von Zbyněk Brynych, Vojtěch Jasný und anderen mit, insbesondere bei DAS GESCHÄFT IN DER HAUPTSTRASSE von Ján Kadár und Elmar Klos, einem Klassiker des tschechoslowakischen Films.


DER LEICHENVERBRENNER ist Herz' dritter eigener Spielfilm, und die Dreharbeiten wurden im August 1968 durch den Einmarsch von Truppen des Warschauer Pakts unterbrochen. Die Fortsetzung war gefährdet, weil Rudolf Hrušínský in Südbohmen untertauchte, doch nach einiger Zeit wurde es ihm dort zu langweilig, er kehrte nach Prag zurück, und es konnte weiter gehen. Die Neue Welle wurde nach dem Ende des Prager Frühlings weitgehend abgewürgt - viele Regisseure erhielten mehrjährige Berufsverbote oder gingen ins Ausland. Doch Herz traf es nicht so schlimm, vielleicht, weil er bis zum August 1968 nur einen Kurz- und einen Spielfilm herausbrachte und somit wenig Gelegenheit hatte, sich bei den Machthabern zu diskreditieren. Das hätte aber durchaus passieren können: Herz drehte als Schluss von DER LEICHENVERBRENNER einen Epilog, der 1968 vor den einrückenden russischen Panzern spielt, und in dem Karel Kopfrkingl wieder auftaucht. Doch der Direktor des Barrandov-Studios erhob Einspruch und ließ das Material herausschneiden, das seitdem verschollen ist. Herz vermutete, dass es der Direktor aus Angst vor Konsequenzen verbrennen ließ. Herz konnte seine Karriere jedenfalls relativ problemlos fortsetzen, und er bediente dabei eine Reihe von Genres, wie Horror (MORGIANA und DER AUTOVAMPIR), Musical, und insbesondere Märchenfilme. In MICH ÜBERFIEL DIE NACHT (1986) verarbeitete Herz seine Erfahrungen aus Ravensbrück. Darin gibt es eine Szene in den "Duschräumen" des KZ, bei der sich Steven Spielberg möglicherweise für SCHINDLERS LISTE bedient hat, jedenfalls soll die Übereinstimmung frappierend sein.


DER LEICHENVERBRENNER ist beim englischen Label Second Run auf DVD erschienen (engl. Titel THE CREMATOR).

Mittwoch, 9. März 2011

During Wind and Rain


Thomas Hardy (1840-1928) ist im deutschsprachigen Raum vor allem als bedeutender Erzähler bekannt, der in seinen Romanen nachzeichnete, wie sich sein ländliches England,  das noch die Gemeinschaft in den Mittelpunkt stellte, im Verlauf des 19. Jahrhunderts mehr und mehr in eine von der Industrialisierung und einem rücksichtslosen Egoismus beherrschte Nation verwandelte, die nichts von ihren Opfern hören wollte. Dass Hardy als Lyriker nicht weniger bedeutend, ja vielleicht sogar noch einflussreicher war, dürfte, da sich Gedichte nur schwer und unzureichend in andere Sprachen übersetzen lassen, neben Fachleuten vor allem Liebhaber interessiert haben.

Tatsächlich fühlte sich Hardy, der Architektur studiert hatte, von Anfang an zum Lyriker berufen. Seine Gedichte fanden allerdings bei den Verlegern, die ganz auf den an die Romantik anknüpfenden Lord Alfred Tennyson und die "dramatic poetry" eines Robert Browning fixiert waren, kein Gehör. Und so wandte er sich dem im Viktorianischen Zeitalter ohnehin beliebten Roman zu, der ihm auch zu grossem Erfolg verhalf. - Als seine zunehmend pessimistischer werdenden Werke jedoch gegen Ende des Jahrhunderts auf harsche Kritik stiessen ("Jude the Obscure", 1895, wurde von boshaften Geistern in "Jude the Obscene" umbenannt), besann er sich wieder auf sein eigentliches Gebiet und veröffentlichte bis zu seinem Tod im Jahre 1928 mehrere Gedichtbände. Sie enthielten neben neuen Versen auch jene Arbeiten, die bereits während seiner Karriere als Romanschriftsteller entstanden waren; und heute darf man sagen, Thomas Hardy sei mit seinen über 900 Gedichten für die englische Lyrik des 20. Jahrhunderts (von den jung verstorbenen "War Poets" bis zu Philip Larkin, Ted Hughes oder Jon Silkin) von ähnlich grosser Bedeutung gewesen wie Walt Whitman für die amerikanische. Seine Rückbesinnung auf die englische Tradition (auch die der "oral poetry") führte letztlich dazu, dass der Modernismus etwa eines T.S. Eliot oder Ezra Pound nur  vorübergehend Nachahmer fand.

 Ländliche Idylle im 19. Jahrhundert: "Der Heuwagen" von John Constable (1776-1837)

Hardy's Lyrik ist nicht nur in metrischer und formaler Hinsicht äusserst vielgestaltig; sie umfasst neben Gedichten, in denen der Dichter als "private man" zum Ausdruck kommt, auch "Lieder" und Balladen (in den sarkastischen "Satires of Circumstance" aufs Nötigste reduziert) oder Verse, in denen er sich philosophischer Themen annimmt (Gedichte wie "Hap" erwecken z.B. den Eindruck, er hadere mit Gott wegen dessen Nicht-Existenz). Seine "public poems" wiederum zeigen, welch würdiger 'poeta laureatus' er eigentlich gewesen wäre, fand er doch gültige Worte für den Burenkrieg ("Drummer Hodge"), den Untergang der Titanic ("The Convergence of the Twain") und natürlich den Ersten Weltkrieg. - Was alle diese trotz gewisser Eigenheiten (Rückgriffe auf archaisches Vokabular, Wortneuschöpfungen) leicht zu verstehenden Gedichte durchzieht: Dem Augenblicklichen wird das Bleibende der Natur (die er etwa in "Snow in the Suburbs" auch in London entdeckt) entgegengestellt, das Werden und Vergehen betont ("Life and Death at Sunrise")  - und auf die  - zweifellos oft geringe - Hoffnung verwiesen (etwa wenn das lyrische Ich in "The Darkling Thrush" am letzten Tag des Jahres in der kalten Dämmerung den freudigen Klang einer alten Drossel vernimmt).

Es ist verständlicherweise schwierig, aus dieser riesigen Anzahl von Versen eine Handvoll Lieblingsgedichte auszuwählen. Der eine mag das schwer zu deutende "In Front of the Landscape" bewundern, der andere dem späten kleinen "How She Went to Ireland" den Vorzug geben. Wenn jedoch so etwas wie ein ultimatives, sogar von den dem Dichter sonst eher nicht so gesonnenen "New Critics" geachtetes Hardy-Gedicht existiert, dann ist es "During Wind and Rain":

During Wind and Rain

 They sing their dearest songs --
 He, she, all of them -- yea,
 Treble and tenor and bass,
   And one to play; 
 With the candles mooning each face. ...
   Ah, no; the years O! 
How the sick leaves reel down in throngs!

 They clear the creeping moss --
  Elders and juniors -- aye,
  Making the pathways neat
     And the garden gay;
  And they build a shady seat. ...
     Ah, no; the years, the years;
See, the white stormbirds wing across!

  They are blithely breakfasting all --
  Men and maidens -- yea,
  Under the summer tree,
    With a glimpse of the bay,
  While the pet fowl come to the knee. ...
    Ah, no; the years O!
And the rotten rose is ripped from the wall.

  They change to a high new house,
  He, she, all of them -- aye,
  Clocks and carpets and chairs
    On the lawn all day,
  And brightest things that are theirs. ...
    Ah, no; the years, the years;
Down their carved names the raindrop plows.

Kritiker vermuteten schon früh, das im Band “Moments of Vision” (1917) erschienene Gedicht sei im Umfeld der “Poems of 1912-13” anzusiedeln, in denen Hardy schuldig, fragend, sich erinnernd dem für ihn  unerwarteten Tod seiner ersten Frau Emma, einer Pastorentochter, nachging, mit der ihn einst eine grosse Liebe verband, die jedoch in eine gegenseitige Entfremdung und ein jahrelanges wortloses Nebeneinander mündete. Und man stellte nach der Veröffentlichung der “Notebooks” von Emma tatsächlich auch fest, dass Hardy für die ersten Zeilen einer jeden Strophe von “During Wind and Rain” eine Jugenderinnerung der Verstorbenen benutzte (er hatte  in Cornwall die Orte besucht, an denen sie aufwuchs).  - Dies mindert jedoch in keiner Weise die Bedeutung und Eindringlichkeit des Gedichts, in dem einem unbeschwerten, hoffnungsvollen Leben das Vergehen und der Tod entgegengestellt werden.

 Ich will mich hier nicht allzu detailliert in der “Kunst der Interpretation” üben. Der Leser erkennt von alleine vier auffallend analog und präzise gestaltete  Strophen, die dennoch in Details voneinander abweichen. Der erste Teil einer jeden Strophe schildert jeweils einen kleinen Ausschnitt aus einem glücklichen, möglicherweise mit den Augen eines staunenden Kindes wahrgenommenen Familienlebens, wobei in der zweiten Zeile in einem Semi-Refrain auf unterschiedliche Weise das Gemeinsame betont wird (he, she, all of them; elders and juniors etc.). Man kann sicher vieles in diese Szenen hineinlesen (etwa das langsame Erwachsenwerden), betrachtet sie aber wohl am besten als idyllische Momente in einem ländlichen England, in dem sich der Einzelne noch in einer singenden, den Garten bearbeitenden oder zusammen im Sommer draussen frühstückenden Gemeinschaft aufgehoben fühlt, die, man hat sich nach oben gearbeitet, am Ende ein grösseres Haus bezieht. Solche Momente kennen nur sich selber, bedenken ihre Vergänglichkeit nicht.

Max Gate, Dorchester. Das Haus, das Thomas Hardy ab 1885 bis zu seinem Tod bewohnte.
Hier entstanden viele seiner Gedichte.

Auffallend an der Gestaltung dieser Episoden ist das Bemühen, den Leser zum Beispiel durch Alliterationen (“shady seat”, “blithely breakfasting”) und das leichte Gleiten der Verse regelrecht zum lauten Mitlesen einzuladen, wozu ihn schon das gemeinsame Singen am Anfang aufzufordern scheint. Hardy, dem nachgesagt wird, vielen seiner Gedichte die Rhythmen alter Lieder zugrunde gelegt zu haben, schliesst  hier an die Tradition der ‘oral poetry’ mit ihrem liedhaften Charakter an, der vom Zuhörer ohnehin eine Teilnahme erwartet.

Die auf diese Weise auch vom Leser geteilten Glücksmomente werden allerdings im jeweils zweitletzten, leicht variierenden Vers durch das Klagen über das Vergehen der Jahre in Frage gestellt - und im  letzten Vers  einer jeden Strophe kündigt sich der Sturm an, der am Ende den heftigen Regen über die Grabsteine der mittlerweile Verstorbenen, die einst der kleinen Momente teilhaftig geworden waren, prasseln lässt. Diese letzten Verse weisen auch eine hinterhältige Verbindung zur vorangegangenen Szene auf: dem Singen wird das Geräusch der kranken  hinabwirbelnden Blätter entgegengesetzt, den fleissigen Bewegungen im Garten das rasche Vorüberfliegen der Vögel... --- Vor allem aber gerät selbst ein Engländer, der sich zum lauten Mitlesen verführen liess, beim Lesen dieser Verse mit ihren vielen Plosivlauten und anderen ungewohnten Konsonantenanhäufungen (“reel down in throngs”, "the rotten rose is ripped" etc.) beinahe ins Stottern. Denn diese Verse richten sich  nicht nach der "sangbaren" mündlichen Überlieferung; sie sind im wahrsten Sinne des Wortes “literate poetry”, und wer sie zusammen, als Gedicht für sich liest, erkennt rasch, dass man sie eigentlich als Grabinschrift, als Epitaph, betrachten kann.

So stehen Leben und Tod einander in einem Gedicht gegenüber, und der Leser, eben noch zum Mit-"Singen" verführt, fühlt sich aus seinem Rhythmus hinausgeworfen. Es ist dies ein bezeichnender, wenn auch nicht immer in solcher Perfektion zu findender Wesenszug der Gedichte Thomas Hardy's, die der im 19. Jahrhundert gerne zelebrierten Idylle und ihrer Eindeutigkeit noch etwas anderes hinzufügen: Er fordert im Gegensatz zu den Modernisten den Leser nicht zum mühsamen Interpretieren auf, sondern nimmt ihn scheinbar bei der Hand, lädt ihn ein,  um ihm dann doch den endgültigen Zugang zu verwehren. Im Titanic-Gedicht geschieht dies beispielsweise durch geradezu groteske Bilder, die dem Schrecken über das Unglück die Vergänglichkeit menschlicher Überheblichkeit entgegenstellen. Das lyrische Ich in "Wessex Heights" wiederum verneint die angebliche Befreiung von "Gedanken-Fesseln"  auf den Höhen allein schon durch die harten Laute ("mind-chains do not clank where one's next neighbour is the sky").  Weitere Beispiele gibt es zuhauf. - Hardy findet in dem kleinen  philosophischen Gedicht “Nature’s Questioning” sogar die Worte, die dieses Verhalten des Dichters, eine fehlende Eindeutigkeit, erklären: “No answerer I”. Ich bin nicht der Mann, der für euch die Antworten hat. - Und tatsächlich: Er war nur der Mann, der das unerklärliche, mächtige Walten der Natur beschrieb, der seinem "During Wind und Rain" mit dem während des Ersten Weltkriegs geschriebenen Gedicht "In Time of 'The Breaking of Nations'" auch das Bleibende inmitten der Zerstörung entgegenstellte:

Yonder a maid and her wight
   Come whispering by:
War's annals will cloud into night
    Ere their story die.

Und er war der Mann, der für sein ländliches England, deren singende und arbeitende Gemeinschaft mit Leben und Sterben in Einklang war, einzigartige Verse fand, aber auch das Vergehen dieses Englands in Worte fassen musste.

                       ***

Auch wenn es mir nicht gelungen sein sollte, jemanden zur Lektüre einzelner Gedichte dieses grossen Lyrikers, der mich schon seit vielen Jahren begleitet, zu bewegen, pausiere ich jetzt für fünf, sechs Wochen als Blogger und überlasse das Feld Manfred Polak, der euch sicherlich bei Gelegenheit spannende Beiträge zu bieten hat. - Bekanntlich stehen meine Ausflüge in die Literatur aber meistens nicht zusammenhanglos in der Gegend herum.  Dieses Mal handelt es sich sogar um eine Verpflichtung, nach den Ferien einen Film zu besprechen, der mir schon lange am Herzen liegt. Ich kann euch versprechen: Auch in diesem Film werden wir das Singen einer ländlichen Gemeinschaft vernehmen - und auch dort peitscht der Regen über die eingeritzten Buchstaben eines Grabsteins. - Wir lesen uns!

Samstag, 5. März 2011

Unmassgebliche Gedanken zu einem vollendeten Filmfragment

 "Ein Narr, wer mono.micha erzählt, von welchen Frauen er schwärmt."
(Altväterliches Sprichwort, soeben von mir erfunden)


Mulholland Drive - Strasse der Finsternis
(Mulholland Dr., USA/Frankreich 2001)

Regie: David Lynch
Darsteller: Naomi Watts, Laura Harring, Ann Miller, Justin Theroux, Dan Hedaya, Lee Grant, Robert Forster, Lori Heuring, Chad Everett, Billy Ray Cyrus u.a.

“... and now I’m in this dream place.” - Sicher, es geht um Träume in David Lynch’s Summa seines bisherigen Schaffens. Sie sind jedoch nur eines der vielen Motive, auf die man stösst, um festzustellen, dass sie bereits von anderen ausgeweidet wurden (etwa das von Benjamin Happel in seiner Besprechung  in den Mittelpunkt gestellte Strassen-Motiv, bei mir einfach in einem anderen Zusammenhang auftauchend). Und wer glaubt, dem Film mit dessen oberflächlichem Handlungsgerüst (die erfolglose Schauspielerin Diane träumt sich in eine für sie bessere Welt hinein, um im zweiten Teil mit der Wirklichkeit - und dem Wahn - konfrontiert zu werden) oder den kryptischen  Hinweisen des Regisseurs auf der Spur zu sein, irrt. Denn selbst im Traum wird der Traum zum Motiv, träumen doch auch darin vorkommende Figuren (etwa der Mann im “Winkie’s”) oder werden wie Adam Kesher aus ihren Träumen herausgerissen: “It’s no longer your film.” - Kesher, der nicht umsonst “Adam” heisst, ist überhaupt eine faszinierende Gestalt, an der sich zeigen lässt, wie tief  Lynch in kulturellen Vorstellungen und Bildern wühlt: Oberflächlich betrachtet ein Regisseur, dem zuerst freundlich (“I know you said you would entertain suggestions.”), später rücksichtslos und seine Existenz bedrohend eine Hauptdarstellerin aufgezwungen  wird, ist zugleich der sich allmächtig wähnende erste Mensch, der erkennen muss, wie klein seine wirkliche Bedeutung im Gefüge des göttlichen Zwergs ist (welch herrliche Vorstellung: einer der um die "richtige Eva" verhandelnden Erzengel im Raum hält sich für  einen Espresso-Experten!) - eine Erkenntnis, der er mit dem Zerstören (im Film des Wagens der Castigliane-Brüder und des Schmucks seiner untreuen Frau) begegnet.

Der Sinn dieser einleitenden Worte? - Es lohnt sich im Hinblick auf eine Besprechung ausnahmsweise kaum, gross Recherchen anzustellen, bietet “Mulholland Dr.” doch so viel Raum für eigene Begegnungen, deren Entfaltung im schlimmsten Fall durch sich ultimativ gebende Interpretationen verwehrt werden könnte. Es gilt auch zu bedenken, dass Lynch’s Film ein Fragment ist (ein ursprünglich für den amerikanischen Sender ABC gedrehter und abgelehnter Pilotfilm wurde bekanntlich dank “Canal Plus” um mehrere Szenen erweitert und mit einem neuen Ende versehen), dass ihm deshalb wohl eine fragmentarische Besprechung angemessen ist - und man sich der Bedeutungslosigkeit seiner Bemerkungen jederzeit bewusst sein sollte, zeigen doch sämtliche anderen Annäherungen: wir haben es nicht nur mit einem äusserst vielschichtigen, sondern - ein Phänomen, dem ich in der Filmgeschichte vorher nie begegnet bin! - einem  vollendeten Fragment, dessen Tiefe sich nicht in Worte fassen lässt, zu tun.


Zum nackten Handlungsgerüst: Die junge Schauspielerin Betty Elms ist nach Hollywood gekommen, um als Schauspielerin Karriere zu machen. Im Apartment ihrer in Kanada weilenden Tante Ruth begegnet sie einer mysteriösen dunkelhaarigen Frau, die nach einem nächtlichen Unfall ihr Gedächtnis verloren hat. Obwohl die Vermieterin Coco der Anwesenheit der Fremden mit Misstrauen begegnet, will Betty ihr helfen. Neben ihrem ersten Vorsprechen, bei dem sie auch dem von ihr faszinierten Regisseur Adam Kesher begegnet, der  jedoch bereits auf Camilla Rhodes als Hauptdarstellerin festgelegt wurde, begibt sie sich zusammen mit ihrer neuen Freundin, die sich (von einem Poster, auf dem die Hayworth als “Gilda” angekündigt wird, inspiriert) "Rita" nennt, auf Spurensuche. Sie stossen dabei  auf die verweste Leiche einer Frau namens Diane Selwyn, deren Anblick Rita zusammenbrechen lässt. - Der Besuch des eigenartigen Clubs “Silencio” am frühen Morgen verrät den beiden sich mittlerweile liebenden Frauen, womit sie es zu tun haben: “It is an illusion.” - Denn nachdem Rita einen in ihrer Tasche entdeckten blauen Würfel mit einem dreieckigen Schlüssel geöffnet hat, verändert sich das “Universum” des Films: Namen ändern sich, Figuren  nehmen neue Wesenszüge an, einigen bislang nicht einzuordnenden Gestalten  aus Nebensträngen (dem tolpatschigen  Gangster Gene, der nicht nur ein Blutbad anrichtet, sondern auch noch den Lärm verursachenden Staubsauger erledigt) und Szenen (etwa dem vor den Credits angedeuteten  Jitterbug-Wettbewerb) kommt sogar  plötzlich eine überraschende Funktion zu. Was der Zuschauer in der ersten Hälfte verfolgte, war nämlich der Traum der erfolglosen Schauspielerin Diane, die sich nach ihrer einstigen Geliebten Camilla (im Traum Rita) verzehrt und sie jetzt, da diese sich mit dem Regisseur Kesher verlobt hat, umbringen lassen will. Am Ende wird die eine trostlose Wirklichkeit nicht mehr Ertragende von Wahnvorstellungen verfolgt und erschiesst sich.

Ein Film, der so intensiv mit Schein und Sein spielt, selbst den Zuschauer lange über sein Spiel im Unklaren lässt, kann nicht zufällig in Hollywood angesiedelt sein: Hollywood ist der Ort, der Träume herstellt und zu erfüllen vorgibt, der Ort der Illusionen, auch der Ort, an dem sich  “Realitäten” gegenseitig überlappen, Identitäten verloren gehen (deshalb vielleicht die zahlreichen Vorahnungen und Déja-vu-Erlebnisse, besonders deutlich illustriert am Betreten des Zimmers, in dem sich eben noch die jungen Frauen aufhielten, durch die etwas wahrnehmende Tante Ruth, die in einer der "Wirklichkeiten" gar nicht in Kanada, sondern tot ist). - Und warum sollte  ein Traum, der zunehmend die Atmosphäre eines “film noir” annimmt, ja sich beinahe als Film versteht (Betty ermutigt ihre Freundin zu einer telefonischen Erkundigung mit den Worten: “It’ll be just like in the movies. Pretending to be somebody else.”), an diesem alles verzerrenden und vervielfältigenden Ort nicht realistischer wirken als die eigentliche Realität - falls diese überhaupt existiert? Die Bewegungen der Frauen in der “Betty”-Story (dem Traum) sind betont langsam, gleitend, auf Details wird Wert gelegt (ein Schwenk auf den mit Spiegeleiern und Speck gefüllten Teller des Kunden im “Winkie’s”, dem Haar eines Erschossenen wird bis zu den Spitzen gefolgt). Die “Diane”-Realität wirkt  hingegen bruchstückhaft trist, man weiss manchmal nicht, ob man einer chronologischen Darstellung folgt - oder sich gar  in einer "Wirklichkeit" befindet, die wir gemeinhin als "Traum" bezeichnen. --- Beim Dreh im Studio scheint die Verwandlung  von einer Gestalt in eine andere wie von selber zu funktionieren: Betty, der noch eben das untalentiert geschriene  Einüben des Texts für ein Vorsprechen solche Schwierigkeiten bereitete, benötigt vom Partner, einem älteren, offenbar nach jungen Schauspielerinnen gierenden Typen, nur den Hinweis: “I wanna play this one nice and close” - schon verwandelt sie sich in ein  wahrhaftes Luder, das seine Hand an ihren Hintern drückt. Ganz so leicht ist es jedoch nicht, wenn man aus der einer traumhaften Realität zu verdankenden faszinierenden Frau in eine möglicherweise wirkliche geworfen wird, deren Sein fragmentarischer wirkt als ein Leben im Traum.

Dieses intensive Verändern der Realitäten ist noch mehr als in früheren Arbeiten das eigentliche Thema in Lynch’s Film, der trotz der herrlichen Aussichten auf das nächtliche Los Angeles vom Mulholland Dr. hinab auch  eine boshafte Abrechnung mit der Traumfabrik wurde. Er dekonstruiert (wer hätte mir diesen  verachteten "terminus technicus" je zugemutet?) das berühmte “Gleiten” durch die Kamera, das aus alltäglichen Menschen Stars macht (ich erinnere an die verblüffte Feststellung eines Sir Laurence Olivier, der an sich über die Zusammenarbeit mit Marilyn Monroe für seinen  Film “The Prince and the Showgirl”, 1957, keineswegs glücklich war, er müsse dem unscheinbaren Wesen die Gabe zugestehen, sich in der Kamera in eine Göttin zu verwandeln). - Und er fragt: Was geschieht in der Kamera? Wer oder was ermöglicht dieses  Gleiten von einer Realität in die nächste? - Es scheint mir, er greife hier nicht zuletzt auf den Behaviorismus zurück, der sich mit dem Phänomen der “Black Box” - für die im Film der geheimnisvolle blaue Würfel steht - beschäftigte - und zur ernüchternden Einsicht kam, dass wir  das "Sein zu etwas" nicht verstehen können, nämlich was in der Box geschieht. Lynch, der Wühlende, stösst hingegen auf das bizarre Figuren-Arsenal, für das er bekannt ist, legt dem Cowboy Worte in den Mund, die sich wohl mysteriöser geben als sie sind - und vermag gewisse Stränge wegen des fragmentarischen Charakters seines Werks  - was vielleicht durchaus dem Wesen dieses Wühlens angemessen ist - auch nicht auszuarbeiten. Gleichzeitig gelingt es ihm jedoch,  beängstigende Bilder für die dunkle Allmacht zu finden, die dieses von so vielen Schauspielern ersehnte, letztlich jedoch auch nicht Erlösung bringende Gleiten ermöglicht: es ist ein Hollywood, das sich längst nicht mehr in den Händen von Studiobossen, Produzenten und Regisseuren befindet, sondern von einer sonderbaren Mafia zu dem Gehorsam gezwungen wird, den ein undurchschaubarer Gott (ein Zwerg hinter Glas!) einfordert. - Über dem berühmten "Hollywood"-Schriftzug am Mount Lee, Symbol für eine Träume erschaffende und lebende Welt, sieht man  denn auch überdeutlich die riesigen Antennenanlagen, die Tinseltown zur kalten, hochtechnisierten  und mit Sicherheit überwachten Angelegenheit machen. Und das Umkreisen der Wolkenkratzer sagt: Ihr habt ja keine Ahnung, was hinter dieser Kälte vor sich geht!

Der Club “Silencio” wiederum lässt uns erahnen, was mit den Sich-Verwandelnden geschieht: Sie, die einander vorübergehend Angeglichenen (Rita trägt jetzt eine blonde Perücke!), der früheren Identität Entledigten, gelangen während eines Roy Orbison-Songs  weinend zur ernüchternden Erkenntnis,  dass “no hay banda”, dass es keine Band gibt, alles Illusion ist und bleibt - sie lediglich noch nicht wissen, welche Rolle sie in der nächsten Scheinrealität einnehmen werden, wenn sie den Würfel geöffnet und die Black Box durchschritten haben. -  Rita ist das Glück hold: Sie verwandelt sich in den von Kesher begehrten Star Camilla, die freundliche Vermieterin Coco in dessen arrogante Mutter - und die naive, unschuldige Betty wird zur verzweifelt Masturbierenden, die sich mit Mordgedanken trägt und anlässlich der um Kesher's mondänen Pool stattfindenden Party dabei zusehen muss, wie Camille jene ihr unbekannte Frau küsst, die in ihrem Traum als unbegabte Camilla Rhodes vorkam. --- Besonders deutlich wird der Unterschied zwischen den beiden Rollen in zwei Studioszenen herausgearbeitet: Im "Traum" erfasst Betty das winzige Fenster, in dem die sich vorstellende Schauspielerin ihr “Sixteen Reasons” singt, zu Beginn gar nicht als solches, und selbst nach dem Wahrnehmen des Studiocharakters mit seinem Apparat steht sie, der angehende Star,  im Mittelpunkt des Interesses, da sie den Regisseur augenblicklich anzieht. In der "Realität" ist das kleine Auto, in dem Kesher dem Schauspieler vorführt, wie er Camilla halten soll (wobei er sie vor den Augen einer die Tränen mühsam zurückhaltenden Diane gleich noch leidenschaftlich küsst), vom ganzen Set umgeben.


Lynch benutzt seit Dennis Hopper’s Schreckensfahrt in ”Blue Velvet” (1986)  immer wieder das Motiv der Strasse, die eine Figur von einem Ort zum anderen bringt  (respektive sie zwischen den Realitäten wechseln lässt) - oder bringen sollte. Dass die Strasse eine äusserst problematische und unsichere Anglegenheit ist, verdeutlicht er bei dieser Gelegenheit  auch gerne: In “Wild at Heart” werden Sailor und Lulu bekanntlich förmlich von der bösen Hexe aus Victor Flemings “The Wizard of Oz” verfolgt; ein Schwenk in den Himmel (üblicherweise das probate Mittel, wenn man zeigen will, wie schnell die Zeit im Film vergeht) dient in “The Straight Story” (1999) der Darstellung der Langsamkeit, des nicht Vorwärtskommens - und in “Lost Highway” (1997) scheint Bill Pullman - dies ohne Anspruch auf Richtigkeit! - mitten auf dem Highway in den Tod stecken zu bleiben. Ähnliches widerfährt Rita, die auf dem Mulholland Dr. eigentlich erschossen werden sollte, aber in Diane's Traum wegen eines Unfalls stecken bleibt, damit sie zu Betty's Geliebter werden kann. - Zweifellos  ein verständliches Hinauszögern des Gleitens  auf einer Strasse, die in eine sie zur Leidenden, Nebensächlichen verdammenden Realität  führen wird (man beachte in diesem Zusammenhang die im Gegensatz zur Strasse zum Erfolg trostlose Gasse vor dem Club, auf der nur ein paar Papierfetzen herumwirbeln!).

Nach dem gescheiterten Versuch, ihre Geliebte umbringen zu lassen, wird Diane im Wahn vom alten Ehepaar heimgesucht, das ihr auf dem Flug nach Los Angeles (Realität und Fiktion durchdringen sich oft im Traum) vermutlich wirklich Gesellschaft leistete. Sie nimmt sich das Leben, damit das Sich-Bewegen in unterschiedlichen Wirklichkeiten endlich ein Ende findet. Bringt diese Tat die Erlösung? Die blauhaarige Dame im “Silencio” scheint es zu bestätigen. - Es ist  Lynch aber zuzumuten, dass er uns mit “Mulholland Dr.” nur Diane’s  Todestraum gezeigt hat, der sie wiederum in eine andere Scheinrealität führt...

Wenig wurde gesagt in diesem langen Eintrag; und was gesagt wurde, entsprang einem völlig westlich geprägten Gehirn, das sich nicht annähernd in den Kosmos dieses Regisseurs einzudenken vermag. Man könnte auch die Traum-Problematik weiterverfolgen und sich fragen, ob  "Mulholland Dr." den Zuschauer dermassen anzieht, weil er ein kollektives Unbewusstes anspricht: Wir alle träumen, träumen uns in schönere Welten - und befinden uns gelegentlich vor dem Aufwachen in jenem magischen Club, in dem wir auf boshafte Weise mit der Illusion konfrontiert werden, der wir uns hingaben. - Dennoch: "Mulholland Dr." scheint mir tatsächlich  ein wenig deutbarer zu sein als "Lost Highway". Das soll aber nicht heissen, er sei weniger tiefgründig. Im Gegenteil:  Lynch lädt den Zuschauer geradewegs zu einer für seine Verhältnisse nach der zweiten oder dritten Sichtung einigermassen nachvollziehbaren Geschichte mit Retro-Chic ein, damit dieser überhaupt eine Chance erhält, sich in seine Mythen einzuleben. Selbst das Rätsel um den Mann im "Winkie's" löst sich auf: Er war anwesend, als Diane den Mordauftrag erteilte, und erhält im Traum die Fähigkeit, ihr Unbewusstes (den Obdachlosen, der auch kurz vor ihrem Selbstmord erscheint!) erfasst, sie durchschaut zu haben.


Dass ich mich so gut wie gar nicht über mein persönliches Empfinden für Lynch’s Klassiker, an dem jeder  seither zum Jahrhundertwerk hochstilisierte Versuch, sein Publikum mit unterschiedlichen Zeit- und Traum-Ebenen zu beeindrucken (Aronofsky's "The Fountain", 2006, Nolan's "Inception",  2010 etc.), kläglich scheitert,  schon gar nicht über meine Begeisterung für Naomi Watts und die anderen Darsteller (die grosse Ann Miller in ihrer letzten Rolle!) ausgelassen habe, wird man bemerken Sollte ich, da diese Besprechung für einen Pedanten zum Glück auch jetzt schon  weniger als unvollständig ist? Übrigens: Einer meiner Kollegen betrachtete die beiden Detektive, die sich zu Beginn über den nächtlichen Unfall unterhalten, als Reverenz an die auf dem Friedhof umherlaufenden Polizisten in  Ed Wood's "Plan 9 From Outer Space" (1959). - Silencio!