Montag, 28. Januar 2013

Ode an eine lächerliche Existenz: Von der Radikalisierung des „Melville-Touch“


LE DEUXIÈME SOUFFLE (DER ZWEITE ATEM)
Frankreich 1966
Regie: Jean-Pierre Melville
Darsteller: Lino Ventura (Gustave Minda, dit „Gu“), Paul Meurisse (Commissaire Blot), Christine Fabréga (Simone, dite „Manouche“), Michel Constantin (Alban), Marcel Bozuffi (Jo Ricci), Pierre Zimmer (Orloff), Raymond Pellegrin (Paul Ricci), Paul Frankeur (Inspecteur Fardiano)

„Bei seiner Geburt erhält der Mensch nur ein einziges Recht: die Wahl seines Todes. Wenn aber diese Wahl durch Ekel vor seinem Leben diktiert wird, so wird seine Existenz eine reine Lächerlichkeit gewesen sein...“

Drei Männer versuchen, aus einem Gefängnis auszubrechen. Einer von ihnen springt etwas zu weit, verfehlt das Seil und stürzt in die Tiefe. Die beiden anderen stellen emotionslos seinen Tod fest und fliehen durch den Wald. Sie springen in einen Güterzug und nach kurzer Zeit verabschiedet sich einer der Männer und geht seinen eigenen Weg. So beginnt LE DEUXIÈME SOUFFLE, der zu recht als transitorisches Werk der Stiländerung in Jean-Pierre Melvilles Schaffen gedeutet wird. Diese ersten fünf Minuten des Films konzentrieren (dialog- und musiklos) alle Themen, die das Spätwerk des französischen Regie-Exzentrikers prägen: Flucht, Ausbruch, Tod, die Unterdrückung von bzw. der Unwillen zu Emotionen, Einsamkeit, die Vergänglichkeit von Kameraderie und Loyalität, Verrat, und die Ambivalenz zwischen hyperrealistisch-naturalistischer und künstlich-stilisierter Welt (das Einsteigen in den fahrenden Güterwagon wird in „Echtzeit“ inklusive Anlaufnehmen, Stolpern, erneutes Anlaufnehmen, Raufklettern, Fast-Fallen, erneutes Raufklettern gefilmt, während der vorangegangene Ausbruch als Kletteraktion über eine eindeutig als artifiziell erkennbare Kulisse inszeniert wird).

Der Flüchtling, dem wir für den Rest des Films folgen, ist Gustave Minda, genannt „Gu“: ein Gangster, der gerade eine lebenslängliche Strafe wegen eines Raubüberfalls mit Mord absaß. Zuflucht findet er bei seiner Geliebten Manouche und bei seinem besten Kumpel, dem Scharfschützen Alban. Beide befinden sich gerade in einer Art Bandenkrieg mit dem Mobster und Nachtclub-Besitzer Jo Ricci. Dessen beiden Handlanger, die Manouche und Alban aus dem Weg räumen sollen, werden von Gu überwältigt und wenig später hingerichtet. Der flüchtige Gangster macht sich nach Wochen des Verstecks in den Süden auf, um seine Überfahrt nach Italien vorzubereiten, doch der Kommissar Blot, ein intimer Kenner des „Milieus“, ist ihm schon nahe an den Fersen. Um im Ausland untertauchen zu können, braucht Gu aber vorher Geld. Der Profi-Räuber Orloff bietet ihm die Teilnahme an einem Projekt Paul Riccis an (Jos Bruder): ein Raubüberfall auf einen Platin-Konvoi, bei dem die Tötung zweier Wächter schon fest eingeplant ist...

LE DEUXIÈME SOUFFLE basiert auf einem Roman des Schriftstellers und späteren Regisseurs José Giovanni, erschienen in der série-noire-Reihe des Verlags Gallimard. Hier wurden nicht nur Übersetzungen US-amerikanischer hard-boiled-Romane, sondern auch von ihnen inspirierte französische Werke publiziert. Überaus amerikanisch geprägt ist also der Stoff von LE DEUXIÈME SOUFFLE, was bei einem Film Jean-Pierre Melvilles ohnehin nicht wunderlich ist. Wie vier Jahre zuvor in LE DOULOS frönte der „American in Paris“ (Ginette Vincendeau) erneut hemmungslos seinem Trenchcoat-Fedora-Gangster-Cool-Fetischismus. Auch sonst enthält LE DEUXIÈME SOUFFLE viele Elemente des film noir, nicht zuletzt eine expressive Schwarzweiß-Fotografie – effizient lotete Melville deren Möglichkeiten aus, bevor er für seine letzten vier Filme definitiv auf Farbe umstieg (oder zumindest auf farbähnliche Monochromie).

Das noir-Feeling entsteht auch aus der fast unübersichtlichen Zahl an Figuren, die teilweise nur als namentliche Erwähnungen die Bühne betreten, oder die Allianzen wechseln, oder schnell eines gewaltsamen Todes sterben. Auch eine noir-typische moralisch-existentielle Unsicherheit zieht sich durch den ganzen Film. Als völlig bedeutungslos erscheinen die Grenzen zwischen Gangster und Polizisten: nur die Dienstmarke unterscheidet sie. Kommissar Blot kennt alle Leute des milieu ganz genau, wie intime Freunde. Er duzt die Gangster hinter den Kulissen, trinkt mit ihnen bedenkenlos Cognac, fragt nach Befinden von Frau und Kind, warnt vor rachesüchtigen Rivalen... Hinter dieser höflichen Freundlichkeit steckt auch eine Kaltblütigkeit, die jener der mordenden Gangster in nichts nachsteht. Als es Blot zusammen mit dem Marseiller Inspektor Fardiano gelingt, Gu und Paul Ricci zu verhaften, versuchen die Polizisten aus den Inhaftierten mittels Folter Geständnisse und die Nennung von Namen zu erpressen. Nebst dumpfen Prügeln wird auch eine primitive Form des waterboarding zumindest angedeutet (die explizitere, komplette Szene entfernte Melville auf Druck der Zensur). Einen monolithischen Block bildet die Polizei dennoch nicht: Die Missgunst und Verachtung, die zwischen dem Pariser Kommissar Blot und dem Inspektor Fardiano aus Marseilles in der Luft hängt, ist geradezu mit dem Messer zu schneiden. Ihre erbitterte Rivalität um Kompetenzen inklusive aller Schläge unter die Gürtellinie ist letztlich ein Spiegelbild der Streitigkeiten zwischen den Verbrechern. Den ungehemmten Polizei-Brutalitäten stehen Gus eiskalte Morde an meist unbewaffneten Personen gegenüber. Von beiden distanziert sich Melville explizit in einer einleitenden Texttafel.

"Der Autor [Majuskel!] dieses Films hat nicht die Absicht, die „Moral“ GUSTAVE MINDAs mit der Moral [Majuskel!] gleichsetzen. Er möchte betonen, dass die Umstände, die Situationen und die Figuren dieser Geschichte keinerlei reale Grundlage haben und dass, folglich, ein Urteil über die Ermittlungsmethoden anhand dieses Werks der Fantasie auf Grundlage eines Romans außer Frage steht."


Und trotzdem LE DEUXIÈME SOUFFLE genau wie LE DOULOS in der traditionellen Welt des film noir verwurzelt ist, hat er doch auch eine ganz andere Qualität. Wie erwähnt wird er als Übergangs-Werk Melvilles gekennzeichnet: als Verknüpfung zwischen den noch durchaus Genre-verhafteten frühen Filmen Melvilles und dessen puristisch-abstrakten Film-Meditationen über den Tod, die das Spätwerk prägen. Er enthält vielleicht als erstes Werk des Regisseurs ganz explizit das, was man mangels anderer Begriffe wohl als den „Melville-Touch“ bezeichnen könnte. Es handelt sich zunächst darum, dass Zeit und das Verstreichen von Zeit spürbar gemacht werden. Im klassischen cinematographischen Sinne uninteressante Handlungen werden in scheinbar langatmigen Bilderfolgen geradezu zelebriert, und zwar in „Echtzeit“. Das Fahren zum Ort des Überfalls, das Parken, und dann das Warten auf den Platin-Transporter nimmt fünf ganze Filmminuten in Anspruch: qualvolles Warten... auf die Schuhe starren... die Ameisen in der Nähe beobachten... die vor Nervosität schweißnassen Hände mit einem Taschentuch abwischen... das Rumsitzen... das Warten auf den Platin-Konvoi am Horizont... unterbrochen lediglich von einer fast halluzinierenden Kamerafahrt von Paul zu Gustave, die einem Treppengeländer folgt... Die Nachbereitung des relativ raschen Überfalls wird ebenso minutiös eingefangen.

Genauso penibel wird auch die Vorbereitung auf ein Gangster-Treffen in einer leeren Dachgeschoss-Wohnung inszeniert. Der erste Gangster sucht sie auf, betritt sie, untersucht diese, sucht nach dem besten Ort, um eine Pistole zu verstecken, die in einem kritischen Moment schnell und überraschend gezogen werden kann, probiert verschiedene Stellen aus, hinterlegt die Waffe und geht. Es folgt der Gangster der gegnerischen Seite, der ebenfalls die Wohnung gründlich untersucht, sogar die vier für die Sitzung vorgesehenen Sessel ausprobiert und schließlich die versteckte Pistole (offenbar wenig überrascht) findet, einsteckt und geht... Eine erstaunliche fünf-minütige Sequenz komplett ohne Dialog oder Musik, in der eigentlich „nichts“ passiert, und dennoch so viel „gesagt“ wird. In diesen Momenten verletzt Melville sämtliche Regeln des klassischen dramatischen Spannungsaufbaus, um durch den langsamen bzw. punktuell verlangsamten Filmrhythmus seine ganz eigene, persönliche Form der Spannung aufzubauen. Die Filmdauer von 144 Minuten entsteht keineswegs durch episches Erzählen, sondern durch solche voll ausgekosteten Zeit-Verlangsamungen.


Auch als „Gu“ von Paris nach Marseille mit Regionalbussen flieht, wird dies in einer rhythmischen Montage von Bildern dargestellt, die ihn beim Warten auf den Bus, beim Hetzen zu einem startenden Bus, beim Einsteigen und beim sitzenden Nachdenken, Lesen und Schlafen zeigen. Aufgrund der Zeitraffung, die hier faktisch stattfindet, ist das zwar ein Grenzfall im Bezug auf die eben gemachten Ausführungen. Nichtsdestotrotz hebt Melville hier eine banale Handlung (Reisen) auf sehr ungewöhnliche Art sehr bewusst hervor. In LE CERCLE ROUGE wird dies noch radikalisiert, wenn man Alain Delon dabei zusieht, wie er minutenlang „nur“ in seinem schicken amerikanischen Auto durch die Gegend fährt.

Dieses Spürbarmachen von Zeit ergänzt Melville mit einer zutiefst „asozialen“ Atmosphäre, im Sinne einer fast vollkommenen Abwesenheit von „Gesellschaft“. Ansätze davon waren bereits in früheren Filmen vorhanden, doch radikalisiert der Regisseur in LE DEUXIÈME SOUFFLE diese Tendenz zu einem integralen Bestandteil des „Melville-Touch“. Die Figuren handeln nicht aufgrund gesellschaftlicher Zwänge, die sie geformt haben, sondern in einem fast abstrakten Raum. Andere Menschen, etwa Passanten auf der Straße, wirken eher als Teil der Kulisse denn als soziale Einbettung der Handlung. Die „Parallel-Gesellschaft“ der abgebrühten Polizisten und Gangster, die Melville intensiv und dicht inszeniert, lebt im Grunde in einem „Parallel-Universum“. Es ist ein Leben in einem permanenten Ausnahmezustand, dem die Figuren nicht entkommen können (außer durch Tod). Sie können nicht in die „normale Welt“ entfliehen, weil es diese in den späten Melville-Filmen nicht gibt, und bewusst oder unterbewusst wissen sie das auch. Gu weiss dieses Faktum, als er dies seiner Geliebten Manouche bei einem Abendessen in der konspirativen Versteckwohnung beichtet: ein gemeinsames Leben kommt nicht in Frage, da es für ihn nur noch das Leben auf der Flucht gäbe. Melvilles Filmwelten sind also geschlossene Fantasiewelten, in denen normale gesellschaftliche und zivilisatorische Regeln, Wahrscheinlichkeit, Vernunft und Realismus wenig Geltung haben, dafür Pessimismus, Fatalismus und Desillusion umso schwerer wiegen. Diese hermetische Geschlossenheit der Atmosphäre führt zu einer erstickenden Klaustrophobie, die sich unabhängig vom Setting entwickelt. LE DEUXIÈME SOUFFLE spielt zwar folgerichtig größtenteils in beengten Wohnungen, Geheimunterkünften oder in den geschlossenen Räumen von Autos. Gerade deswegen ist es bezeichnend, dass die Raubüberall-Szene, die in einer luftigen und fast Western-artigen Gebirgspass-Landschaft spielt, keine Erleichterung bringt... weder für die Figuren, noch für den Zuschauer!


DVD
Jean-Pierre Melville wird in Deutschland ziemlich stiefmütterlich behandelt: Von den 13 seiner abendfüllenden Filme sind nur fünf auf DVD erhältlich (einer von ihnen in einer fürchterlichen Bildqualität und mit falschem Bildseitenformat). LE SAMOURAÏ, der immer wieder Melville-Top-Listen anführt und hierzulande nur stark geschnitten ausgestrahlt wird, gehört ebenso wenig dazu wie dazu wie LE DEUXIÈME SOUFFLE – der 1966 in einer um 33 Minuten (über ein Fünftel der Gesamtlänge!) gekürzten Fassung in die bundesdeutschen Kinos kam!
Daher sei hier für sehr gute Kenner der französischen Sprache die René-Chateau-Edition empfohlen: gute Bildqualität, Bonus-Material in Melville-typischer Art karg, keine Untertitel. Trotzdem Melville ein Regisseur ist, der den imdb-Tag „very little dialogue“ abonniert hat, ist LE DEUXIÈME SOUFFLE zwischendurch trotzdem recht gesprächig, so dass für Nichtkenner der französischen Sprache mit Untertitelbedarf die US-amerikanische Criterion-Edition wohl am geeignetsten ist.
Wer nach einer DVD von Melvilles LE DEUXIÈME SOUFFLE sucht, wird wahrscheinlich auch auf das Remake Alain Corneaus aus dem Jahre 2007 stoßen. Meine Grundskepsis nicht verbergend, kann ich mich über diese Version nicht qualifiziert äußern: trotzdem ist es traurig, dass wieder einmal die DVD-Ausgabe des Remakes einfacher und günstiger aufzutreiben ist, als jene des Originals.


Interview-Bonus
Hier an dieser Stelle sei auf einen zeitgenössischen Beitrag über LE DEUXIÈME SOUFFLE verwiesen, auf das ich gestoßen bin – hauptsächlich bestehend aus Interviews mit Jean-Pierre Melville und Lino Ventura. Der exzentrische Regisseur spricht hier in der Wohnung über seinem privaten Filmstudio (Studios Jenner), das ein Jahr später durch ein Feuer zerstört wurde. Man beachte, unabhängig von Französisch-Kenntnissen, seine theatralische Selbstdarstellung (mit Sonnenbrille, hier aber ohne Hut), seine klangvolle, tiefe Stimme und seine sehr ausgesuchte Wortwahl und Diktion!
Für Leser/Zuschauer mit Französisch-Defiziten fasse ich mal einige Leckerbissen kurz zusammen: Melville wurde des öfteren als „Vater der nouvelle vague“ bezeichnet. Das störte ihn nicht, bis er eines Tages in einem Magazin eine umfangreiche Liste mit Regisseuren und wichtigen Figuren der nouvelle vague entdeckte und erfuhr, dass er „182 uneheliche Kinder“ habe. Er wollte sie nicht alle adoptieren, und um keine Eifersüchteleien zu erzeugen, hat er entschieden, ihnen en bloc die Anerkennung zu verweigern. Von da an habe er sich sehr schnell alleine wiedergefunden – was er richtig gut mochte.
Melville erzählt auch, dass man ihm angeboten habe, WEEK-END À ZUYDCOOTE (Henry Verneuil, 1964) und LE JOURNAL D‘UNE FEMME DE CHAMBRE (Luis Buñuel, 1964) zu inszenieren, was er abgelehnt habe. Er begründet dies damit, dass er nur Filme dreht, für die er auch bereit ist, 70 Tage seines Lebens voll und ganz zu widmen.
Als die Kamera Bilder seiner seiner zwei, drei, vier (?) Katzen einfängt (die später wahrscheinlich einen Gastauftritt in LE CERCLE ROUGE hatten), sagt Melville vergnügt und stolz, dass er natürlich ein Misanthrop sei.
Das Interview mit Lino Ventura dreht sich vor allem um dessen Weigerung, sich selbst als Schauspieler zu bezeichnen. Der Italiener begründet dies mit seiner mangelnden Schauspieler-Ausbildung und damit, dass er gegebenenfalls unfähig wäre, eine Rolle zu spielen, auf die er keine Lust habe.
Gegen Ende des Beitrags erzählt Melville, dass er 1950 nach den vernichtenden Kritiken zu LES ENFANTS TERRIBLES entschieden habe, mit dem Kino aufzuhören. Fast bankrott ging er zusammen mit seiner Ehefrau zu einem Café an der Place des Ternes, um eine Cola (aufgrund pekuniärer Nöte wirklich nur ein Getränk für beide zusammen) zu trinken. Dort saßen Jacques Becker und Daniel Gélin, die gerade Melvilles Film im Kino zusammen geschaut hatten. Sie sprachen den Regisseur an und teilten ihm ihre schiere Begeisterung mit, woraufhin dieser seinen Entschluss revidierte... se non è vero, è ben trovato!


Freitag, 18. Januar 2013

TONI - Proto-Neorealismus und gedämpfte Tragödie

TONI
Frankreich 1934
Regie: Jean Renoir
Darsteller: Charles Blavette (Toni), Celia Montalván (Josefa), Jenny Hélia (Marie), Max Dalban (Albert), Édouard Delmont (Fernand), Andrex (Gabi), Michel Kovachevitch (Sebastian)

Ankunft in Martigues
Wenn man nach stilistischen Vorläufern des Neorealismus sucht, dann wird man u.a. im Frankreich der 30er Jahre fündig. Schon 1929 drehte etwa Jean Epstein FINIS TERRAE, der unter den Bewohnern abgelegener bretonischer Inseln spielt und auch komplett dort mit einheimischen Laiendarstellern produziert wurde. Auch einige Filme von Marcel Pagnol wie JOFROI (1933) und ANGÈLE (1934) entstanden außerhalb des Studios in Dörfern der Provence, mit meist wenig bekannten Schauspielern, die durch Laiendarsteller verstärkt wurden. Und auch Renoirs TONI wird in diesem Zusammenhang öfters genannt - nicht nur wegen einer Personalie: Luchino Visconti war bei den Dreharbeiten Praktikant (bei PARTIE DE CAMPAGNE und LES BAS-FONDS war er dann einer der Regieassistenten, ebenso wie bei TOSCA, den Renoir 1940 in Angriff nahm, dann aber abgab, um in die USA zu emigrieren).

Herbergssuche
Über ein Eisenbahn-Viadukt fährt ein Zug in den Bahnhof von Martigues ein, eine Kleinstadt zwischen Marseilles und der Rhône-Mündung. Sie liegt am Étang de Berre, einer großen Salzwasser-Lagune, die über einen schmalen natürlichen Kanal mit dem Mittelmeer verbunden ist. Dem Zug entsteigt eine Schar von Südländern - Italiener, Spanier, Portugiesen -, die sich in Südfrankreich Arbeit und damit ein besseres Leben als in der Heimat erhoffen. Zwei Polizisten greifen einen heraus, kontrollieren seine Papiere, lassen ihn wieder gehen. Damit wurde wie zufällig der Held der Geschichte ausgewählt: Es ist der Italiener Antonio Canova, genannt Toni. Die Kamera folgt den Arbeitssuchenden auf ihrem Weg vom Bahnhof in die Stadt, hält dann inne, bis sie aus dem Bild sind, und schwenkt auf den Viadukt. Dann sehen wir wieder Toni, wie er in der Pension der Französin Marie ein Zimmer nimmt. Ein Zwischentitel - der einzige im Film - verkündet das Ende des Prologs, und die Handlung springt einige Monate in die Zukunft.

Fernand und Marie
Wie die anderen Bewohner von Maries Pension, darunter sein Freund Fernand, arbeitet Toni im Steinbruch von Martigues. Toni und Marie sind jetzt ein Paar, aber es kriselt bereits. Tonis Zuneigung zu Marie ist erkaltet, während sie ihn eifersüchtig liebt und ihn verdächtigt, anderen Frauen nachzustellen - nicht ganz ohne Grund. Denn er hat ein Auge auf die Spanierin Josefa geworfen, die bei ihrem Onkel Sebastian, einem Weinbauern, nicht weit von Maries Pension wohnt. Als er ihr eines Morgens auf dem Weg zur Arbeit begegnet und mit ihr flirtet, gerät eine Wespe unter ihr Kleid und sticht sie in den Nacken. Toni zieht nicht nur den Stachel heraus, sondern saugt auch gleich das Gift heraus, was nahtlos in eine Umarmung übergeht. Solchermaßen ermutigt, macht sich Toni ernsthaft Hoffnungen, und er sondiert schon mal bei Sebastian, ob er Josefa heiraten kann. Doch es kommt anders, weil ihm Albert, der Vorarbeiter des Steinbruchs, dazwischenfunkt. Der arrogante, aber letztlich schwache und unsichere Nordfranzose Albert ist unter den Südfranzosen und den Immigranten ein Fremdkörper und Außenseiter. Als er Josefa am selben Tag ihrer Begegnung mit Toni nachstellt, schläft sie mit ihm, obwohl er ihr nur begrenzt sympathisch ist, und Toni, der sie überrascht, kann nur mit Mühe davon abgehalten werden, Albert an Ort und Stelle umzubringen. Aber Albert schafft nun vollendete Tatsachen, indem er mit Sebastian seine Hochzeit mit Josefa arrangiert. Marie überredet den resignierten Toni, sie zu heiraten, und um Geld zu sparen, wird eine Doppelhochzeit ausgerichtet, die von einem Teil der Beteiligten bereits ziemlich freudlos absolviert wird.

Nachwirkungen eines Wespenstichs
Zwei Jahre später. Josefa und Albert haben ein Kind bekommen, aber sie streiten dauernd, und Albert geht fremd. Die Ehe von Toni und Marie ist ebenfalls nicht glücklich. Er kann Josefa nicht vergessen, und Marie spürt das. Sebastian ist inzwischen todkrank, und weil er Albert nicht mag und ihm nicht traut, macht er Toni zum Paten seines Enkels und nimmt ihm das Versprechen ab, auf Josefa aufzupassen, was Albert und Marie gleichermaßen aufbringt. Als Sebastian stirbt, will Marie Toni nicht zur Beerdigung gehen lassen, aus Angst, dass er wieder mit Josefa anbandelt. Weil er dennoch geht und es deshalb zu einem heftigen Streit kommt, droht Marie, sich umzubringen, was Toni ignoriert. Daraufhin rudert Marie auf den Étang de Berre hinaus, um sich zu ertränken. Als Toni gemeinsam mit Fernand dann doch nach ihr sucht, wird sie gerade von Fischern, die sie lebend aus dem Wasser zogen, ans Ufer gebracht, doch sie trennt sich jetzt an Ort und Stelle von Toni. Fernand, der schon lange in Marie verliebt ist, ohne etwas zu unternehmen, solange sie mit Toni zusammen war, kümmert sich jetzt um sie. Toni dagegen zieht in eine Hütte zu korsischen Köhlern auf einen Hügel, von dem aus er Sebastians Anwesen beobachten kann. Er hofft, Josefa von Albert loseisen und mit ihr irgendwohin verschwinden zu können.

Im Steinbruch
Albert hat unterdessen nach Sebastians Tod dessen kleines Weingut heruntergewirtschaftet, er ist so gut wie pleite und hat überall Schulden. Mit Josefas Cousin Gabi streitet er sich um dessen Anteil an Sebastians Erbe. Josefa hält es mit Albert nicht mehr aus, und sie plant mit Gabi, das restliche vorhandene Bargeld Albert im Schlaf abzunehmen und dann zusammen mit dem Kind zu verschwinden. Doch sie wird von Albert beim versuchten Diebstahl ertappt, und er verprügelt sie mit seinem Gürtel. Da erschießt sie Albert mit seinem Revolver, den er achtlos herumliegen ließ. Gabi hat inzwischen Toni in den Plan eingeweiht und ihm nebenbei eröffnet, dass er und Josefa nicht nur Cousin und Cousine, sondern seit zwei Jahren ein Liebespaar sind. Doch als Toni und Gabi bei Josefa und Alberts Leiche eintreffen, ist es mit Gabis Liebe schnell vorbei. Er nimmt nur das Geld an sich, von dem er glaubt, dass es ihm zusteht, und macht sich aus dem Staub. Er überlässt es Toni, Josefa mit der neuen Situation vertraut zu machen. Diese ist verzweifelt, weil sie Angst hat, ins Gefängnis zu kommen und von ihrem Kind getrennt zu werden, aber Toni macht den Vorschlag, die Leiche mitsamt dem Revolver im Wald zu deponieren, so dass es aussieht, als hätte sich Albert wegen seiner Schulden erschossen. Doch just, als Toni Alberts Körper ablädt, wird er von einem Gendarmen ertappt. Um Josefa zu schützen, nimmt Toni den Mord auf sich, dann überrumpelt er den Gendarmen und ergreift die Flucht. Als er den Viadukt überqueren will, wird er von einem dort aufgestellten Wachposten erschossen. Es ist ein sinnloser Tod - Josefa hat sich inzwischen gestellt und ein Geständnis abgelegt, damit Toni nicht wegen ihr ins Gefängnis muss. In dem Moment, als Toni stirbt, fährt direkt daneben wieder ein Zug nach Martigues ein, drei Jahre nach Tonis Ankunft. Wieder steigen Arbeitssuchende aus dem Süden aus, wieder folgt ihnen die Kamera, hält dann inne und schwenkt auf den Viadukt.

Albert macht sich an Josefa heran
Natürlich macht Renoir damit den zyklischen Charakter der Geschichte deutlich - Toni ist nur einer unter vielen, die Bedeutung seiner Geschichte relativiert sich durch den Lauf der Zeit (in THE RIVER wird Renoir 1951 diesen Gedanken aufgreifen und noch expliziter ausformulieren). Das ist nicht der einzige, sondern nur der letzte Kunstgriff, um der Geschichte eine gewisse Beiläufigkeit zu verleihen, um jede Melodramatik und Sentimentalität herauszunehmen. Es beginnt schon mit dem Innehalten der Kamera in der Anfangssequenz, als sich Renoir plötzlich mehr für die Landschaft als für die Protagonisten zu interessieren scheint. Immer wieder gibt es solche Schwenks weg von den Personen, oder sie werden so von der Kamera umkreist, dass sie zeitweise von Bäumen oder Büschen verdeckt werden, oder sie werden gleich in der Halbtotalen gezeigt, eingebettet in die provenzalische Landschaft. Deren Schönheiten - Felder im gleißenden Sonnenlicht, knorrige Wälder auf den Hügeln um Martigues - kommen dabei auch gelegentlich ins Bild, aber nicht, weil sie so schön, sondern weil sie eben da sind. Für die Protagonisten sind sie nicht wichtiger als etwa der Steinbruch, in dem sie einen Großteil ihrer Zeit verbringen. Und es scheint auch nicht immer die Sonne, sondern es darf auch mal regnen. Aber nicht nur in die Landschaft sind die Charaktere eingebunden, sondern auch in ihren sozialen Kontext. Dazu dienen viele kleine Dialoge, die nichts zur Handlung beitragen, die auch kein Smalltalk sind, sondern das, was man eben zueinander sagt, wenn man tagtäglich miteinander zu tun hat.

Katzenjammer bei Toni und ein Beinahe-Mord
Neben flüssigen, aber unaufdringlichen Kamerabewegungen ist es auch hier wieder das Drehen mit großer Tiefenschärfe, mit dem Renoir seine Absichten umsetzt. Aber anders als etwa in BOUDU oder LA RÈGLE DU JEU werden in TONI keine komplexen Innenräume ins Bild gesetzt. Innenaufnahmen gibt es nur in den kleinen und architektonisch schlichten Häusern von Marie und Sebastian. Vielmehr entfaltet die deep focus cinematography hier ihre Wirkung im Freien. Besonders spektakulär etwa, wenn Toni und Fernand am oberen Rand eines Abhangs im Steinbruch sitzen und tief unter ihnen andere Arbeiter herumwuseln. Ein weiteres typisches Stilmittel, das Renoir auch hier verwandte, sind lange Einstellungen. In seiner Autobiographie "Mein Leben und meine Filme" (1974, dt. 1975) schrieb er dazu: "Außerdem war ich immer bemüht und bin es heute noch, die Zerstückelung der Aufnahmen zu verhindern und durch lange Einstellungen dem Schauspieler die Möglichkeit zu geben, seine Interpretation des Dialogs langsam selbst aufzubauen."

Eine Beziehung in der Krise
Renoir drehte TONI in einer Phase der Neuorientierung, die er später in einem Rückblick einmal eine "Krise von zugespitztem Realismus" nannte (und der er auch "anti-realistische Krisen" gegenüberstellte). Sein vorheriger Film MADAME BOVARY war eine artifizielle und werkgetreue Verfilmung von Flauberts Roman, produziert von einem der etablierten Pariser Studios. Er dauerte eigentlich dreieinhalb Stunden, aber in dieser Form mochte ihn das Publikum nicht sehen, und auf Druck der Verleiher kürzte ihn das Studio auf zwei Stunden. Wie nicht anders zu erwarten, floppte die verhunzte Fassung erst recht, und Renoir war in jeder Hinsicht frustriert. Bei seinem nächsten Film wollte er sich nicht nur von den traditionellen Studios befreien, sondern auch stilistisch neu orientieren. Den passenden Stoff dazu hatte er schon seit Jahren in der Schublade.

Beinahe-Selbstmord
TONI beruht lose auf einem echten Mordfall, der sich in den frühen 20er Jahren in Martigues im Milieu südeuropäischer Immigranten zutrug. Jacques Mortier, ein alter Schulfreund von Renoir, war damals Polizeichef von Martigues. Er schrieb ein Dossier über den Fall und überließ es Ende der 20er Jahre Renoir (unter dem Pseudonym Jacques Levert machte Mortier auch einen Roman aus dem Stoff). Renoir war kein Mann für Schnellschüsse. "Ich muss eine Idee erst einmal verdauen, bevor ich etwas damit anfangen kann", schrieb er einmal. So ließ er das Dossier erst einmal ruhen, aber nach dem Debakel mit MADAME BOVARY war die Zeit dafür reif. Das Drehbuch schrieben Renoir und der mit ihm befreundete Carl Einstein, ein deutsch-jüdischer Kunsthistoriker. Einstein hatte bis dahin (und auch danach) nichts mit Filmen zu tun, aber das war für Renoir kein Nachteil. In einem Interview, das Truffaut und Rivette mit ihm führten, sagte er, solche fachfremden Experten auf anderen Gebieten könnten manchmal einen Film bereichern, und er nannte Carl Koch und Carl Einstein als Beispiele aus seinem eigenen Schaffen. Produzent war Pierre Gaut, ebenfalls ein Kunstexperte, der mit Film ansonsten nichts zu tun hatte, und mit Renoir und Einstein befreundet. Weil er das Geld nicht allein aufbringen konnte, wurde Marcel Pagnol, der sein eigenes Studio in Marseilles gegründet hatte, als Co-Produzent an Bord geholt.

Arbeitspause
"TONI ist deshalb eine Geschichte, die in einem gewissen Ausmaß das repräsentiert, was wir heute Neorealismus nennen. Ich fuhr nach Martigues, ich lebte mit den neuen Einwohnern von Martigues, und ich habe eine Kamera mitgebracht. Die Kamera habe ich übrigens meinem Neffen Claude anvertraut. Es war einer seiner ersten größeren Filme. Und das war es. Wir haben es so gedreht, mit Einheimischen, während wir dieselbe Luft atmeten, dasselbe Essen aßen, dasselbe Leben lebten wie diese Arbeiter." So Renoir 1961 in einer Fernsehsendung. Tatsächlich wurde der ganze Film komplett in Martigues gedreht. Die Hauptdarsteller stammten vorwiegend aus kleineren Theatern in Marseilles und Umgebung, einige davon hatten auch schon in den frühen Filmen von Pagnol mitgespielt, so auch Charles Blavette, aber keiner von ihnen war ein Star. Der einzige, der aus Renoirs eingespielter Truppe stammte, war Max Dalban, der beispielsweise in LA NUIT DU CARREFOUR und in BOUDU SAUVÉ DES EAUX kleinere Rollen gespielt hatte. Nebenrollen in TONI wurden mit lokalen Laiendarstellern besetzt. Besonderes Augenmerk richtete Renoir auf die Authentizität der Sprache. Abgesehen von Albert bekommt man südfranzösischen Dialekt und Französisch mit italienischem oder spanischem Akzent zu hören, mit gelegentlichen kurzen Einschüben der jeweiligen Muttersprache. Renoir frönte auch wieder seiner Leidenschaft für Direktton, es wurde nichts nachsynchronisiert. Das gilt auch für die Musik, die vollständig diegetisch, also in die Handlung integriert ist. Es handelt sich um mal hoffnungsvolle, mal wehmütige Volkslieder der Immigranten, mit italienischem oder korsischem Einschlag.

Josefa mit Revolver
Ist TONI nun ein neorealistischer Film? Renoirs Aussagen dazu waren widersprüchlich, neben Zustimmung wie im obigen Zitat betonte er gelegentlich auch die durchaus vorhandenen Gegensätze. Unbestritten ist aber die realistische Grundhaltung des Films. In seiner Autobiographie schrieb Renoir: "In TONI habe ich mir alle Mühe gegeben, nicht dramatisch zu sein. [...] Die Verwendung natürlicher Elemente gestattete mir, einen möglichst wenig transponierten Realismus zu erreichen. [...] Mein Ehrgeiz ging dahin, den Eindruck zu erwecken, ich hätte eine Kamera und ein Mikrophon in meiner Tasche versteckt und nähme auf, was mir gerade unterkäme, ohne jede Rangfolge." Freilich wusste Renoir natürlich, dass es so nicht ging, und er war auch so ehrlich, das zuzugeben. So sagte er denn an anderer Stelle: "Für das Publikum sollte es so aussehen, als hätten wir den Film wie nebenbei gedreht, ohne uns besonders darum zu bemühen, als stände die Kamera wie zufällig herum, ganz leger. Doch in Wirklichkeit muss ein solcher Film minutiös vorbereitet und komponiert werden." Tatsächlich weist TONI neben der zyklischen Klammerung auch eine gewisse innere Symmetrie auf, die noch stärker zur Geltung kommen würde, wenn nicht eine Szene fehlen würde. Beim ersten Zusammentreffen zwischen Toni und Josefa (die Szene mit der Wespe) transportierte Josefa mit einem Handkarren Wäsche zum Waschplatz, und das Gegenstück dazu war eine Szene, in der Toni und Josefa Alberts Leiche auf demselben Karren, von Wäsche verdeckt, in den Wald bringen. Dabei werden sie ein Stück von den korsischen Köhlern begleitet, die, nichts ahnend, ein fröhliches Lied anstimmen. Aber die Szene erschien den Produzenten für das damalige Publikum zu morbid oder zynisch, und Renoir musste sie herausschneiden, woraufhin sie verlorenging, was er später sehr bedauerte. So wurde Renoir also auch in der südfranzösischen Provinz wieder von Schnittauflagen heimgesucht. Trotzdem blieb TONI zeitlebens einer seiner Favoriten in seinem Œuvre.

Flucht und Tod auf dem Gleis
TONI ist mit sehr gutem Bonusmaterial in England bei Masters of Cinema auf DVD erschienen. Leider ist die DVD out of print und nur noch zu Spekulantenpreisen erhältlich. In Frankreich gibt es den Film auch auf DVD, wie üblich ohne fremdsprachige Untertitel. Mit engl. Untertiteln bekommt man TONI noch auf einer DVD aus Hongkong, die z.B. auf eBay vertrieben wird.

Mittwoch, 2. Januar 2013

2012 – Manisch-epischer Reiseführer durch ein Filmjahr mit Statistiken und Listen, oder: Wie ich auf einen Spiritisten reinfiel



Und... wieder ein Jahr rum!
Ein filmreiches Jahr. Viele Filme gesehen: in vielen Kinos, auf DVD, im Fernsehen und – ja auch das! – in den großen Weiten dieses so genannten Internets; gute Filme, Meisterwerke, schlechte Filme, totale Gurken, schwarz-weiß, farbig, 2D, 3D, kurz, sehr kurz, lang, episch... Wahrscheinlich habe ich noch nie so viele Filme in einem Jahr gesehen... zumal so viele mir unbekannte Werke.

Statistik, Statistik, wer ist die schönste Liste im ganzen Land?
Klar: Statistiken sagen oft nicht viel aus, üben aber trotzdem eine große Faszination aus. Bei mir entspringt dieses Bedürfnis nach statistischen Auswertungen dem Drang, mich und meine Umwelt in eine Ordnungsstruktur zu erfassen. Wer weiß, wie mein Zimmer aussieht, wird wahrscheinlich irgendetwas von „Überkompensierung“ murmeln. Sei‘s drum. Vielleicht steht auch die Neugierde dahinter, solche Fragen wie „Wie oft gehe ich ins Kino?“, „Wie viele Kinosäle lerne ich neu kennen?“, „Wie viele DVDs sehe ich?“ und „Wie groß ist der statistische Anteil an Stummfilmen in meinen Filmsichtungen?“ nicht nur rhetorisch zu stellen.
2012 habe ich 399 Filme gesehen. Alpha und Omega bildeten Viscontis SENSO und Powells PEEPING TOM. 340 der Filme waren Neusichtungen, das sind nicht ganz 90 %. Insgesamt 90 Filme (also über ein Fünftel) habe ich im Kino geschaut. Von diesen wiederum waren 42 Stück aktuelle Filme, Premieren und Vorschauen.

Vado ad cinematographico
Ob 90 Filme im Kino in einem Jahr nicht etwas teuer sind? Nicht, wenn man in mehr als die Hälfte (52 um genau zu sein) kostenlos reingekommen ist.
Dazu gehören zunächst alle Besuche bei Filmfestivals, in meinem Fall dem go East Festival in Wiesbaden, der Viennale und dem Weimarer trekoulor-Festival. Mit einem charmanten Lächeln und einer Presseakkreditierung ausgestattet, konnte ich auf diese Weise 44 Filme in neun verschiedenen Kino-Locations sehen.
Zu meinen kostenlosen Kinobesuchen gehören auch vier Pressevorführungen mit einem großartigen Film (SKYFALL), einem exzellenten Film (SHAME) und zwei dämlich-peinlich-schlechten Gurken (BLACK GOLD und TOTAL RECALL). Auch eine Aufführung von BRONENOSEC POTEMKIN mit Orchesterbegleitung im Deutschen Nationaltheater Weimar konnte ich dank Pressekarte erleben.

Eine kostenlose Vorstellung von Manfred Noas NATHAN DER WEISE gab es am 16. November im Weimarer mon ami-Kino im Rahmen des „Weimarer Rendez-vous mit der Geschichte“ – die befremdlichen antisemitischen Kommentare eines Senioren nach Ende des Films kamen als unerfreuliche und ärgerliche Zugabe ebenfalls kostenlos dazu. Je einen Film von Chaplin (EASY STREET) und Keaton (COPS) sah ich im Jenaer Haus auf der Mauer: Der Pianist Richard Siedhoff begleitete seine eigenen, selbst zusammen geschnittenen und vervollständigten 8-Millimeter-Fassungen. Als Werbeveranstaltung für das Magazin unique war der Eintritt kostenfrei, aber nicht umsonst. Last but not least hat mich der nette luzifus mit einer Freikarte in das Weimarer Cinemagnum zu THE DARKEST HOUR eingeladen.
So kommt man als Cinephiler auch kostenlos an seinen Filmgenuss. Aber keine Angst: einerseits wurden durch Fahrt- und teilweise auch Übernachtungskosten diese Gewinne wieder gut ausgeglichen, andererseits habe ich zur Mehrheit dieser Filme auch Artikel verfasst – und die schreiben sich bekanntlich nicht von alleine. Für den Rest habe ich wie alle anderen Normalsterblichen bezahlt: zwischen vier Euro Ermäßigungs-Flatrate im mon ami-Kino und rekordverdächtigen 12,80 Euro für einen 3D-Film mit Überlänge an einem Samstag-Abend im CineStar Weimar (HUGO) – die 3D-Brille natürlich noch nicht mit eingerechnet...

18 Kino-Locations
Lichthaus-Kino im Straßenbahndepot Weimar: 26
Kino mon ami Weimar: 12
Caligari FilmBühne Wiesbaden: 9
Apollo-Kinocenter Wiesbaden: 8
Gartenbaukino Wien: 6
CineStar Weimar: 4
Filmmuseum Wien: 4
Metro-Kino Wien: 4
Murnau-Filmtheater im Deutschen Filmhaus Wiesbaden: 4
Café Wagner Jena (35-Millimeter-Projektion): 2
CineStar Leipzig: 2
Haus auf der Mauer Jena (8-Millimeter-Projektion): 2
Passage-Kino Leipzig: 2
Cinemagnum 3D-Kino Weimar: 1
Congress Centrum Neue Weimarhalle (35-Millimeter-Projektion): 1
Deutsches Nationaltheater und Staatskapelle Weimar (Stummfilm-Aufführung mit Orchester): 1
Stadtkino Wien: 1
Weimarhallenpark (Open Air-Kino): 1

Das perfekte Kino zu finden ist nahezu unmöglich.
Der prunkvolle Saal der Caligari FilmBühne in Wiesbaden hat eine Sitzbequemlichkeit und eine Beinfreiheit, die als fürstlich, nein geradezu als kaiserlich zu bezeichnen ist. Die Leiste zum Abstellen der Getränke („Caligaris Bierrampe“) ist eine tolle Idee. Und doch: die Leinwand ist gerade groß genug, wenn man ganz vorne sitzt, die Getränkepreise sind völlig horrend und zu den Toiletten muss man gefühlte 100 Treppenstufen steigen. Trotzdem ist die Caligari FilmBühne das wohl beeindruckendste Kino, das ich 2012 kennen gelernt habe. Zumal der allererste hier jemals gezeigte Film... Murnaus FAUST war!
Ein großer Favorit ist und bleibt das Lichthaus, mit seiner kleinen Lounge, seinem heruntergekommenen Charme, seinen immer wieder wechselnden und gut bezahlbaren Angeboten an „exotischen“ Bieren, seinem exklusiven Stummfilm-Programm... Kern ist nach wie vor die Urigkeit von Saal 1 mit seinen Sofas und Sesseln, die wie vom Sperrmüll aufgelesen aussehen (weil sie es wahrscheinlich sind): individueller Sitzkomfort für jeden einzelnen Zuschauer! Aus dreier solcher Reihen (die klassischen Kino-Sitzreihen dahinter beachte ich nicht) wurden kürzlich zwei gemacht, und damit die Beinfreiheit in der zweiten und von mir bevorzugten Reihe erhöht. Das liegt hoffentlich nicht an Einbussen – zum Beispiel MOONRISE KINGDOM war gerade hier ein fulminanter und im wörtlichen Sinne heißer Hit –, sondern am Anbau eines zusätzlichen Kinosaals: Saal 3, den ich zum leicht enttäuschenden WE NEED TO TALK ABOUT KEVIN in seiner provisorischen Form und Lage kennen gelernt habe. Ein kleiner Minuspunkt ist jedoch die weiterhin eklatante Unterrepräsentation von OV-Aufführungen, die nur selten durchbrochen wird... Cine-Wüste Thüringen halt.
Cinematographische Primzahl
Für Stummfilme ist der Saal 1 jedoch unschlagbar – 2012 sah ich hier acht Stück: METROPOLIS (zwei Mal), DER LETZTE MANN, VARIETÉ, FAUST – EINE DEUTSCHE VOLKSSAGE, FRAU IM MOND, GEFAHREN DER BRAUTZEIT, GENERAL‘NAJA LINIJA und SPIONE. Dabei ist es bezeichnend für mich, dass ich in diesem Jahr drei 3D-Filme gesehen habe (THE DARKEST HOUR, HUGO, THE PIRATES), jedoch insgesamt 51 Stummfilme (knapp ein Achtel aller Sichtungen) .

Dass ich als Mensch gelegentlich zu Einzelgängertum neige, färbt sich auch auf meine Art des Kinobesuchs. Dieser war
alleine: 40 X
in Begleitung von
1 Person: 32 X
2 Personen: 11 X
3 Personen: 3 X
5 Personen: 1 X
6 Personen: 1 X
Bei zwei der von mir in Kino-Aufführung gesichteten Filme war ich hingegen Co-Organisator (und daher weder „alleine“ noch „begleitet“ im klassischen Sinne).

Kino alleine oder in Begleitung?
Beides hat Vorteile und Nachteile. Mit einer oder mehreren Personen, die man im Idealfall gut leiden kann, etwas zu unternehmen, ist an sich erfreulich. Zusätzlich kann man sich unterhalten, bevor der Film beginnt (ein Vorteil, wenn der Film zu spät startet). Oder man kann sich noch während der Vorstellung des Gefühls vergewissern, im falschen Film gelandet zu sein, oder bei Toilettengängen gegenseitig auf Jacken, Taschen und Getränke aufpassen oder Kekstüten, die für eine Person zu groß sind, gemeinschaftlich leer futtern. Man kann nach der Vorstellung in Gesellschaft essen, trinken und den Film diskutieren.
Jedoch neigt manch Kinobegleiter dazu, Geräusche zu machen: etwa mit geschmuggelten Chipstüten oder mit dem nervösen Tick, die Filmmusik mittels rhythmischen Klopfens auf einer Flasche zu unterstützen. Größere Gruppen haben auch ochlokratische Neigungen und setzen sich aller Vernunft zum Trotz viel zu weit hinten im Kinosaal.
Ebenso sei hier auf das Meditative, ja fast Kontemplative, aber auch sehr Intime der Filmrezeption verwiesen...
Vielleicht sollte man folgende Regel aufstellen: je „anspruchsvoller“ der Film ist, desto alleiner sollte man ihn schauen. Doch was bedeutet schon „anspruchsvoll“? Tarr Belás A TORINÓI LÓ alleine zu schauen und im Anschluss etwas verwirrt, verstört und in persönlichen Gedanken versunken durch Weimar zu spazieren war genau so richtig, wie THE EXPENDABLES 2 in Begleitung von fünf Kollegen zu sehen: im Anschluss wurde bei einem Bier in aller Ausführlichkeit das bestmögliche Casting für THE EXPENDABLES 3 besprochen. Eine der Erkenntnisse: Michael Dudikoff und Lorenzo Lamas dürfen nicht fehlen!

Bleiben immer noch die restlichen Dreiviertel der Filme, die ich in folgenden Formaten gesehen habe:
DVD: 240 (≈ 60 %)
gWdsgI: 54 (≈ 14 %)
TV-Ausstrahlung: 15 (≈ 4 %)

Scribo ergo sum oder: Cinephilie funktioniert wie Heroinsucht!
Das einzige Mittel gegen das Virus des Films ist: mehr Film. Die Vorteile liegen auf der Hand: auf die Dauer ist Cinephilie weniger teuer als Toxikomanie, sie ist sozial etwas verträglicher, und eine Überdosis führt nicht zum Tod, sondern höchstens zu Müdigkeit, Sekundenschlaf-Attacken und Schlaf.
Seit April 2012 fungiert luzifus als mein größter DVD-Dealer, der mich regelmäßig versorgt: sowohl die Qualität der Filme selbst als auch die Präsentationsform sind großen Schwankungen unterworfen. Vom Meisterwerk bis zur fast körperlich schmerzhaften Gurke, von wundervollen, üppigen DVD-Boxen bis zum miserablen Screener in schlechter Qualität und mit bildfüllenden Wasserzeichen war alles dabei. Meine Gegenleistung: zu jedem Film eine Besprechung schreiben, die je nach Rubrik zwischen 1.500 und 7.000 Zeichen schwankt und irgendwann bei multimania. Das Magazin für zeitgenössische multimediale Kultur veröffentlicht wird (oder auch nicht).
Insgesamt habe ich 2012 147 Filme gesehen (global also etwa 37 %), die ich im weitesten Sinne besprochen habe – vom häufigsten Format der 1.500-Zeichen-Kurzrezension bis hin zur ausführlichen 25.000-Zeichen-Besprechung, von einer konzentrierten Abhandlung bis zu einem peripherem Kommentar in einem Sammeltext.

Zur Herkunft, nach Häufigkeit geordnet
211: USA
28: Frankreich
26: Deutschland (ausgehendes Kaiserreich und Weimarer Republik)
18: Deutschland (alte und neue Bundesrepublik)
17: UK
12: Italien, UdSSR
7: Polen
6: Hongkong, Kanada, Russland
4: SFR Jugoslawien
3: ČSSR, Japan, Korea (Süd), Neuseeland, Spanien, Ungarn
2: Belgien, Dänemark, Serbien
1: Argentinien, Australien, Brasilien, Bulgarien, China, Deutschland (DDR), Finnland, Griechenland, Kazachstan, Kosovo, Kuba, Mexiko, Niederlande, Norwegen, Österreich, Philippinen, Schweden, Schweiz, Slowenien, Tschechische Republik, Ukraine, Uzbekistan


Ein Amerikaner namens David
Der aufmerksame Leser wird gemerkt haben, dass US-amerikanische Werke die Mehrheit der Filme bildet, die ich gesehen habe. In der Tat gehen einige meiner größten Entdeckungen des Jahres auf die USA zurück. Darunter finden sich Werke von Regisseuren, die mir bis dahin entweder unbekannt oder sehr wenig vertraut gewesen sind: Gregg Araki, Budd Boetticher, Charles Chaplin, Roger Corman, Samuel Fuller, Elia Kazan, Fritz Lang, Joseph Lewis, Anthony Mann, Otto Preminger, Nicholas Ray, Robert Siodmak, Jacques Tourneur, Orson Welles.
Meine relative Vernachlässigung des ostasiatischen Raums ist im Gegenzug nach wie vor sträflich und wird mir immer wieder – dankenswerterweise! – durch Manfred Polak in Erinnerung gerufen, wenn er eine Besprechung zu einem japanischen Film veröffentlicht. Noch viel sträflicher ist die völlige Abwesenheit des afrikanischen Kinos: widerspiegelt dies vielleicht die Veröffentlichungspolitik deutscher (westeuropäischer) Filmverleihe? Bin ich selbst gegenüber den spärlichen Angeboten blind? Ich hoffe, dass diese Kinoregion, die ich in den Jahren zuvor zumindest bruchstückhaft kennen gelernt habe, bei mir 2013 nicht leer ausgehen wird.
Besser vertreten ist hingegen das osteuropäische Kino, dessen Qualitäten ich immer wieder verteidigen werde! Dies hat mir mein erstmaliger (und hoffentlich nicht letzter) Besuch beim go East Festival Wiesbaden vollends bestätigt.
Lateinamerika und Skandinavien sind wiederum selten in meinen diesjährigen Sichtungen vertreten. Zumindest aber ersteres taucht ein Mal (im weitesten Sinne sogar zwei Mal) in meiner aktuellen Top-10-Liste auf.

Zum Erscheinungsjahr, nach Häufigkeit geordnet und in Jahrzehnten gruppiert
77 2010er Jahre
62 1950er Jahre
54 2000er Jahre
48 1940er Jahre
41 1920er Jahre
31 1990er Jahre
27 1960er Jahre
19 1970er Jahre
19 1980er Jahre
11 1930er Jahre
8 1910er Jahre
2 1900er Jahre

Die starke bis sehr starke Überrepräsentation von Filmen der 1920er, 1940er und 1950er Jahre ist teilweise (aber keineswegs absolut) eine Erklärung dafür, dass knapp 41 % aller 2012 gesehenen Filme schwarz-weiß waren, nämlich 163 Stück!

Du sitzt also den ganzen Tag im Kino und schaust einen Film nach dem anderen? ...
... fragte mich etwas ungläubig die Mitbewohnerin meines Gastgebers bei der Viennale. Manche Menschen denken, dass es eine Verschwendung sei, seine Zeit mit Filmen zu verbringen. Mir fallen hingegen Hunderte Dinge ein, mit denen man seine Zeit noch sinnloser vergeuden kann (z. B. Joggen, eine Dorfdisco besuchen, Fußball gucken, Gesichts-Buchen und vieles mehr).
Zur Ehrung dieser netten jungen Dame, die mir trotz großer Zweifel an meiner geistigen Gesundheit liebenswürdigerweise einen Pausen-Apfel mitgab...

Der filmreichste Tag des Jahres: Samstag, 21. April, oder: ein typischer Filmfestival-Tag
An diesem Tag habe ich beim go East Festival zehn Filme in sechs Filmblöcken geschaut. Auch qualitativ erwies sich der Tag als außergewöhnlich.
1. Filmblock – DEDUNA, russ.: SVETLJAČKI (Dato Janelidze, UdSSR 1987): Vom Alltag eines kleinen Mädchens in einem georgischen Bergdorf. Filmpoesie in Reinform.
2. Filmblock – GRATINIRANI MOZAK PUPILIJE FERKEVERK / ZDRAVI LJUDI ZA RAZONODU / O LJUBAVNIM VEŠTINAMA ILI FILM SA 14441 KVADRATOM / NEDOSTAJE MI SONJA HENI (Karpo Godina, Jugoslawien 1970-1972): Vier formal strenge, aber wundersame Experimental-Kurzfilme aus dem Lande Titos.
3. Filmblock – GOMARËT E KUFIRIT (Jeton Ahmetaj, Kosovo 2010): Der erste von und in der unabhängigen Republik Kosovo produzierte Film handelt von absurd-komischen jugoslawisch-albanischen Grenzstreitigkeiten, in denen unter anderem ein der Spionage verdächtiger Esel (der titelgebende „Grenzesel“) eine Rolle spielt.
4. Filmblock – FABRIKA / BLOKADA (Sergej Loznica, Russland 2004-05): Zwei sehr unterschiedliche Experimentaldokus – ein faszinierender, meditativer Blick in eine russische Metall-Fabrik und eine grundlegend misslungene Soundcollage zu historischen Bildern der Leningrader Blockade.
5. Filmblock – GAAMER (Oleg Sencov, Ukraine 2011): Wenig beeindruckende psychologische Studie eines jugendlichen Spielsüchtigen.
6. Filmblock – PRAKTIČNI VODIĆ KROZ BEOGRAD SA PEVANJEM I PLAKANJEM (Bojan Vuletić, Serbien/Deutschland/Frankreich/Ungarn/Kroatien 2011): Wunderbare romantische Komödie der etwas anderen Art, die nicht umsonst drei Mal frenetischen Applaus vom Publikum erhielt.


Robert, Roman, Buster & Charlie
Manch ein Regisseur ist mir 2012 genug oft begegnet, um die Sichtungen im Rückblick zu fragmentarischen Werk-Retrospektiven erklären zu können – inklusive persönlicher Rangliste mit Wertungen.

Robert Siodmak
Den gebürtigen Dresdener lernte ich mit THE KILLERS im Rahmen meiner film noir-Retrospektive kennen, die unser aller liebster deutsch-französischer Sender im Januar ausgelöst hatte. Möglicherweise war es vollkommen beknackte Synchro, die sich wie ein hässlicher kakophonischer Schleier über den ganzen Film legte, die meine Begeisterungsstürme in Grenzen hielt. Doch Siodmak drehte vier Jahre später fast genau den selben Film (Überfall-Story mit femme fatale und Burt Lancaster) noch einmal, mit meiner Meinung nach erheblich größerem Erfolg. Dass er nicht nur noirs und freudianische Schocker drehen konnte, bewies er auch in einem „trivialen“, aber soliden Piraten-Abenteuer und in einem frühen Proto-Neorealismus/Proto-Nouvelle-Vague-Film.

1 CRISS CROSS, USA 1949, 5/5
2 THE SPIRAL STAIRCASE, USA 1946, 4,5/5
3 THE DARK MIRROR, USA 1946,4,5/5
4 MENSCHEN AM SONNTAG (Co-Regie mit Edgar G. Ulmer), Deutschland 1930, 4/5
5 THE FILE ON THELMA JORDON, USA 1950, 3,5/5
6 THE CRIMSON PIRATE, USA 1952, 3,5/5
7 THE KILLERS, USA 1946, 3/5

Roman Polański
Drei zu besprechende Rezensions-Exemplare (die polnische, die britische und die aktuellste Produktion) führten zu einer Ausleihe aus der Stadtbücherei (dem Shakespeare-Stoff) und zu einer im Vergleich zur Erstsichtung überaus erfreulichen Neuentdeckung des Neo-Noirs. Den Satanisten-Film gab es etwas früher unabhängig von den anderen. Fazit: „Polańskis Horrorfilm“ wird für mich von nun an immer REPULSION sein und der gute Mann sollte nie wieder Hörbuch-Adaptionen von Theaterstücken verfilmen.

1 NÓŻ W WODZIE, Polen 1962, 5/5
2 REPULSION, UK 1965, 5/5
3 CHINATOWN, USA 1974, 4,5/5
4 MACBETH, UK/USA 1971, 4/5
5 ROSEMARY‘S BABY, USA 1968, 3/5
6 CARNAGE, Frankreich/Deutschland/Polen/Spanien, 0/5

Buster Keaton
THE GENERAL blieb auch bei der zweiten Sichtung auf großer Leinwand und der vielleicht fünften oder sechsten insgesamt ein unschlagbares Filmerlebnis. Er zeugt vom visuellen Genie eines Mannes, dessen zeitgenössische Erfolglosigkeit vielleicht am ehesten durch seinen „trockenen“ und sogar „zynischen“ Humor erklärbar ist. Mit der Verschmelzung von Kino-Realität, Kino-Projektion und Traum in SHERLOCK JR. schuf er im wörtlichen Sinne todesmutig etwas, was man heute wohl als postmoderne Reflexion über das Medium Film bezeichnen würde. Selbst seine Filme, die an laschen Drehbüchern leiden, weisen eine visuelle Phantasie auf, die mir persönlich bei einem gewissen schnurrbärtigen Zeitgenossen etwas fehlt: genannt sei eine Point-Of-View-Kamerafahrt aus der Perspektive eines wütenden Bullen (in GO WEST wohlgemerkt, nicht in COPS), die möglicherweise Eisenstein zu einer Sex-Szene in GENERAL‘NAJA LINIJA inspirierte.

1 THE GENERAL, USA 1926, 5/5
2 SHERLOCK JR., USA 1924, 5/5
3 STEAMBOAT BILL JR., USA 1928, 4,5/5
4 COPS, USA 1922, 4,5/5
5 OUR HOSPITALITY, USA 1923, 4/5
6 THREE AGES, USA 1923, 3,5/5
7 THE NAVIGATOR, USA 1924, 3,5/5
8 GO WEST, USA 1925, 3,5/5
9 COLLEGE, USA 1927, 3/5

Charles Chaplin
Wenn wir den Keaton-Chaplin-Dualismus als existierend anerkennen mögen, dann bin ich definitiv ein Keaton-ist! Dafür gibt es mehrere Gründe. Chaplin filmt keine Drehbücher, sondern reiht oft nur Gags und Kurz-Sequenzen aneinander, die für sich genommen manchmal ganz nett sind (und manchmal eben nicht), zur Summe addiert jedoch kein sinnvolles Ganzes ergeben: als hätte er beliebige Szenen beliebig und vor allem ohne dramaturgischen Rhythmus montiert. Gerade bei MODERN TIMES, CITY LIGHTS und THE GOLD RUSH wurde ich das Gefühl nicht los, dass diese Filme ebenso gut vierzig Minuten länger hätten sein können... oder eben vierzig Minuten kürzer: was freilich nichts an der großartigen Schönheit (die Einführung des Blumenmädchens in CITY LIGHTS) oder überaus erquicklichen Komik einzelner Sequenzen (der Tramp experimentiert mit Kokain in MODERN TIMES) ändert. Doch selbst der Kurzfilm THE IMMIGRANT fühlt sich wie zwei willkürlich aneinander geklatschte Episoden an (was er tatsächlich auch war!). THE CIRCUS scheint mir eine Ausnahme zu sein: ein starkes und stringentes Drehbuch, das nicht in lose Einzelteilchen zerfällt, wird verknüpft mit einer visuell ausdrucksstarken Bildgestaltung, die so konsistent ist wie in keinem anderen Werk Chaplins. Ironischerweise fühlte sich THE CIRCUS ein bisschen wie ein Film von Buster Keaton an... und teilt sich nun mit THE GREAT DICTATOR, dem einzigen Chaplin-Film, den ich vor 2012 kannte, das erste Treppchen auf meinem Chaplin-Podest.

1 THE CIRCUS, USA 1928, 5/5
2 THE IMMIGRANT, USA 1917, 4/5
3 EASY STREET, USA 1917, 3,5/5
4 MODERN TIMES, USA 1936, 3/5
5 CITY LIGHTS, USA 1931, 3/5
6 THE GOLD RUSH, USA 1925, 2,5/5


Die Top-10-Liste der aktuellen Kino-Filme 2012
Das Kerngeschäft bei „Whoknows Presents“ liegt seit jeher nicht bei aktuellen Kinoproduktionen. Trotzdem folgt hier, zwecks Vollständigkeit, meine persönliche Top-Ten der aktuellen Filme (deutscher Kinostart bzw. Kino-Uraufführung bzw. Direct-to-Video-Auswertung im Jahre 2012).

001
PRAKTIČNI VODIĆ KROZ BEOGRAD SA PEVANJEM I PLAKANJEM (Reiseführer durch Belgrad mit Singen und Weinen), Bojan Vuletić, Serbien/Deutschland/Frankreich/Ungarn/Kroatien 2011
Vier Paare mit jeweils einem Belgrader und einem nicht-serbischen Partner erleben die Freuden und Mühen der Liebe mit Alkohol, Autoverfolgungsjagden und S&M-Spielchen.
Bojan Vuletićs Debütfilm ist eine herrliche Dekonstruktion der Rom-Com als verspielte Experimental-Agitprop für den Beitritt Serbiens zur EU. Wunderbar vergnüglich und vergnüglich wunderbar entfaltet sich ein Werk von einer unbändigen Energie, das Genre-Unterhaltung und hoher cinematographischer Anspruch verknüpft. Wir dürfen alle hoffen, dass in der westeuropäischen und angelsächsichen Hemisphäre sich irgendein Filmverleih findet, das bereit ist, diese Perle von einem Film unter mehr Leute zu bringen!

002
SKYFALL, Sam Mendes, UK/USA 2012
Ein britischer Geheimagent wird wieder mal auf die Welt losgelassen und erlebt Abenteuer, die ihn in den (provisorischen) Tod, in die Vergangenheit und in ödipale Neurosen führen.
Ein Mann wird von einer Menge dazu angefeuert, ein Glas Whiskey zu trinken. Auf der Hand, die das Getränk hält, krabbelt ein sichtlich gereizter Skorpion. Unser Held zögert kurz, trinkt auf ex und stellt Gefäß und Arachnidum wieder ab. Dies, aber auch die restlichen 142 Minuten des Films erlauben diesem, neben THE SPY WHO LOVED ME und YOU ONLY LIVE TWICE, sowohl auf dem Podest meiner Lieblings-Bond-Filme aller Zeiten wie auch auf diesem Jahres-Podest zu kuscheln.

003
KILLER JOE, William Friedkin, USA 2011
Der Mordkomplott einer Trailer-Trash-Familie läuft außer Kontrolle, als der beauftragte Profikiller mit der Tochter anfängt anzubandeln.
In Wien verpasst, bei der Direct-to-DVD-Auswertung in Deutschland nachgeholt... Das Versprechen des deutschen Covers (Action-Thriller) führt noch mehr in die Irre als die Tag-Line des Original-Plakats: „A totally twisted deep-fried Texas redneck trailer park murder story“. Vielmehr ist KILLER JOE eine völlig irrsinnige Groteske, ein schockierendes Prinzessinnen-Märchen, das sich offen und hemmungslos in seinem abstoßenden Sadismus und seiner abartigen Lüsternheit suhlt und zugleich ein hysterisch-komischer Abgesang auf den Amerikanischen Traum, dessen heftige Lacher einem manchmal (ja: wie ein Hähnchen-Schenkel) im Hals stecken bleibt... Und ein großartiges Ensemble-Stück, aus dem freilich Matthew McConaughey mit seiner vollkommen wahnsinnigen und Oscar-reifen Darstellung am überraschendsten hervorsticht!

004
A TORINÓI LÓ (Das Turiner Pferd), Tarr Belá/Hranitzky Ágnes, Ungarn/Frankreich/Deutschland/Schweiz/USA 2011
Ein Kutscher, seine Tochter und ihr Pferd erleben die letzten Tage vor dem windig angekündigten Weltuntergang.
Eine Abfolge von hypnotischen, minutenlangen und präzise choreographierten Plansequenzen baut mit Víg Mihálys Cello-Musik eine unheimliche Bedrohungskulisse auf, die für über zwei Stunden aufrechterhalten wird. Tarrs letzter Film (so angekündigt) ist ein herausforderndes, sehr extremes, aber letztlich auch sehr lohnendes Kino-Erlebnis.

005
COSMOPOLIS, David Cronenberg, Kanada/Frankreich/Portugal/Italien 2012
Ein Börsenmakler-Yuppie lässt sich mit seiner Limousine zu seinem Friseur chauffieren. Dabei läuft einiges schief.
Nach drei konsternierend schlechten Filmen (der „Viggo-Mortensen-Trilogie des Grauens“), kehrt David Cronenberg wieder zu ganz großer Form zurück. Aspekte des im vorangehenden Mainstream-und-Ödnis-Gesuhle verloren geglaubten „Body Horrors“ kehren leicht verzerrt zurück, verknüpft mit einer Hauptfigur, die in ihrer absurden Odyssee etwas an Pavel Čičikov erinnert: kryptische Dialoge reihen sich aneinander, gerahmt von kryptischen Handlungen. Diese sollte man vielleicht trotz vieler sozialer Implikationen am besten jenseits gesellschaftlicher Rahmenbedingungen rezipieren, als reines „l‘art pour l‘art“ – wie die Prosa des Nikolaj Gogol‘.

006
MONEYBALL (Die Kunst zu gewinnen – Moneyball), Bennett Miller, USA 2011
Ein frustrierter Trainer und ein Wirtschafts-Mathe-Nerd stellen mit Hilfe von Statistiken die beste Baseball-Mannschaft des Jahres zusammen.
Bennett Millers drittes Werk ist der ultimative Film für intellektuelle Sportmuffel, da es sich nicht um einen richtigen Sport- oder Baseball-Film handelt: Weg mit Sportler-Kitsch, Champion-Märchen, und epischen Endspielen, her mit Mathematiker-Nüchternheit, Wirtschafts-Nerd-Berechnungen und Stochastik-basierten Kulissen-Gesprächen! Der Höhepunkt des Films ist daher kein Baseball-Spiel (von denen sieht man sowieso kaum etwas), sondern ein telefonisches Konferenz-Gespräch, bei dem ein desillusionierter Trainer und ein Yale-Absolvent über Sieg und Niederlage entscheiden.

007
MEDIANERAS, Gustavo Taretto, Argentinien/Spanien/Deutschland 2011
Ein junger Mann und eine junge Frau suchen in Buenos Aires die große Liebe und merken dabei gar nicht, dass sie nebeneinander aneinander vorbei leben.
Eine romantische Komödie zeigt normalerweise, wie sich ein Paar kennenlernt, zunächst nicht versteht, dann zusammenkommt, dann Konflikte meistern muss und schließlich doch „happy ever after“ lebt. In seinem ersten abendfüllenden Film zeigt Gustavo Taretto hingegen den Prolog dazu: den parallel verlaufenden Lebensalltag zweier Personen, die sich erst ganz am Schluss überhaupt begegnen. Eine äußerst fruchtbare Idee, die zwischen leichter Komödie und sowjetisch anmutenden Montage-Sequenzen nebenbei auch die Stadt Buenos Aires portraitiert. Als experimentelle Rom-Com die perfekte Ergänzung zur Nummer eins der Liste.

008
CHICO & RITA, Tono Errando/Javier Mariscal/Fernando Trueba, Spanien/UK 2010
Ein kubanischer Pianist teilt eine Nacht und einen Musikhit mit einer Sängerin, die daraufhin sehr viel erfolgreicher als er Karriere in den USA macht.
Ein Animationsfilm, der Jazz-, Latin-Music-, Musical-, Melodrama- und Kuba-Liebhaber gleichermaßen erfreuen dürfte: seelische Konflikte, Abwägungen zwischen Kunst und Kommerz, Milieu-Studien, Liebesgeschichten und Musik bringen die warmen gezeichneten Bilder auf wunderbare Weise nahe. CHICO & RITA ist wahrscheinlich der schönste „kleine“ Film, der (erst) 2012 in Deutschland zu sehen war.

009
THE EXPENDABLES 2, Simon West, USA 2012
Einige alte Männer brechen auf, um einige Bösewichter wegzurotzen.
In einem bestimmten Moment gegen Ende des Films wird eine Milchglasscheibe zerschossen. Sie bricht zusammen und offenbart 188 Jahre geballter Actionkraft: Sly, Arnie und Bruce ballern sich, nebeneinander stehend, ihren Weg frei! Natürlich hat man auf diesen Moment die ganze Zeit gewartet. Aber auch bis dahin bekam man eine blutig-schmackhafte Schlachtplatte mit einer Portion Ironie, einem Klecks Selbstreferentialität und einer vollhumorigen Sättigungsbeilage serviert, die besser mundete als der erste Menü-Teil. Was nicht so glücklich verlief: eine Kobra biss Chuck Norris, und nach fünf Tagen voller Schmerzen und Agonie... starb die Kobra.

010
THE DARKEST HOUR, Chris Gorak, USA 2011
Zwei verblödete Yuppies und einige extrem dämliche Party-Touristinnen wehren in Moskau eine Invasion elektromagnetischer Aliens ab.
Dieser wackere Bewerber um einen Platz in der Flop-Liste scheiterte letztlich in diesem Bestreben, weil er sich als herrliches SciFi-Trash-Vehikel entpuppt hat. Kein Wunder, dass der 3D-Blödsinn in dem Moment weitestgehend weggelassen wird, als es mit dem Tohuwabohu richtig losgeht. Und wenn gerade keine nonchalant spannende und effizient inszenierte Action-Sequenz läuft, kann man sich über die irrsinnigen Filmfehler (Faradayischer Käfig für Dummies) und sonstige Dämlichkeiten köstlich amüsieren – zwar unfreiwillig, aber köstliches Amüsement bleibt köstliches Amüsement! Und von der gekonnten Inszenierung des Raumes (ein komplett menschenleeres Moskau) durch Chris Gorak hätte Fledermaus-Chris was lernen können.

À propos Fledermäuse...
Wer Top sagt, muss auch Flop sagen können:

1 zerschnittene Gurke
THE DARK KNIGHT RISES, Christopher Nolan, USA/UK 2012
Ein Ex-Vigilant mit Hinkebein holt sein Fledermaus-Gummikostüm aus der Mottenkiste und macht sich daran, einen bösen Bodybuilder mit komischer Maske und einer Kehlkopf-Krankheit zu schnappen.
Ein einstündiger Film mit einem unnötigen und dämlichen 90-Minuten-Prolog, der dem Zuschauer fünf Mal das bisher Geschehene wiederkäut und in den Rachen stopft... mit unfassbar dilettantisch gefilmten Action-Szenen... mit unzähligen unnötigen Figuren (unter anderem eine Frau mit einem Katzen-S&M-Fetisch)... mit einem so unsubtilen wie unentschlossenen Subtext... gefilmt von einem Regisseur, der trotz enormer Budget-Ausgaben für das Setdesign scheinbar noch nie in seinem Leben etwas von „deep focus photography“ gehört hat – soll das Blockbuster-Kinoereignis des Sommers gewesen sein?

2 Joghurt
TOTAL RECALL, Len Wiseman, USA/Kanada 2012
Ein langweiliger Hänfling mit zu wenig Phantasie will sich Urlaubersatz-Erinnerungen ins Gehirn implantieren lassen. Plötzlich verfolgen ihn seine Frau und andere unangenehme Erscheinungen und wollen ihn töten.
Ein typischer „Der-alte-Film-bringts-nicht-mehr-aber-wir-sind-so-geil-und-machen-‘n-neueren-und-besseren-Film-und-sahnen-nebenbei-schön-ab“-Remake: die sind meistens fürchterlich. Da freut es einen riesig, wenn das mit dem Absahnen nicht geklappt hat. Das lag hoffentlich auch am mangelnden Talent von so ziemlich allen Beteiligten: Regisseur, Drehbuchautor, Kameramann, Cutter, Darsteller... Ob der Setdesigner talentiert ist, kann man nur schwer sagen, denn „deep focus photography“ und „establishing shots“ sind hier Fremdwörter. Ob die Action-Sequenzen gut sind, ist ebenso schwierig zu sagen: dazu wackelt die Kamera zu stark und offenbar wurde der ohnehin unfähige Cutter nicht stundenweise, sondern im Akkord bezahlt.

3 Salz & Pfeffer
WILLIAM BURROUGHS: A MAN WITHIN, Yoni Leyser, USA 2010
Ein junger Dokumentarfilm-Regisseur, der sich für unglaublich hip hält, interviewt ein paar aufmerksamkeitsbedürftige Promis und montiert dieses Material mit Stopmotion-Arbeiten aus dem Kinderg... ersten Semester und Wochenschau-Clips aus Yout... Filmarchiven.
Falls sich jemand ob der Synopsis im Kontrast zum Titel wundert: ja, es soll im Film eigentlich um den Beat-Poeten und Kult-Schriftsteller William Burroughs gehen! Stattdessen gibt es eine der unzähligen Dokus, die mangelnde Recherche über und fehlendes Verständnis für das Subjekt mit einem Schnittgewitter aus Promi-Interviews („ja, also damals bla-bla-blub-blub...“), Zeitkolorit-Clips („60er Jahre, ich sage jetzt einfach mal ‚Kubakrise‘ und fühl mich dabei klug“) und „impressionistischen“ Bildern („Bin ich ein geiler Künstler oder bin ich ein geiler Künstler?“) zu übertünchen versucht. Material und Informationen über das eigentliche Thema können bei dieser masturbatorischen Selbstdarstellung eigentlich nur stören.

4 Essig & Öl
BLACK GOLD, Jean-Jacques Annaud, Frankreich/Italien/Katar/Tunesien 2011
Ein arabischer Fürst übergibt seinen Sohn einem rivalisierenden Fürsten zur Erziehung. Wegen des Öls, der im Niemandsland zwischen ihren Territorien gefunden wird, gibt‘s später Zoff und der Milchbubi, der mittlerweile einen netten kleinen Milchbubi-Bart hat, mischt auch ein bisschen mit.
Kaum zu glauben, aber wahr: einer der interessantesten europäischen Regisseure der 1980er Jahre hat einen dämlichen Lawrence von Arabien-Verschnitt mit billigem CGI, lausigen Darstellern, einer „hippen“ Wackel-„Ästhetik“, lächerlicher Ethno-Musik mit gelegentlichen Maurice Jarre-Versätzen und Dialogen jenseits von Gut und Böse gedreht. Über 130 Minuten lang balancierte der Film zwischen unfreiwilliger, schreiender Komik und fast körperlich fühlbaren Schmerzen ob des unfassbaren Blödsinns.

...und fertig ist der Gurken-Salat!

Ein süßer Nachtisch gefällig?
JACK & JILL, Dennis Dugan, USA 2011
Adam Sandler (gespielt von Adam Sandler in einem Adam-Sandler-Kostüm) bekommt Besuch von seiner nervigen Zwillingsschwester (gespielt von Adam Sandler in Frauenkleidern) und ein Al Pacino am Rande des Nervenzusammenbruchs (gespielt von Al Pacino in verschiedenen Theater- und Alltagskostümen) verliebt sich in Adam Sandler (also in jene Fassung mit Frauenkleidern)...
Die große Befriedigung, die ich beim hemmungslosen redaktionellen Zerreissen dieses erbärmlichen Dings verspürte, war geradezu orgiastisch... und rechtfertigt eine privilegierte Sonderkategorie. Das Resultat: wahrscheinlich der beste Text, den ich 2012 geschrieben habe.


Die große und tolle und wunderbare Top-52-Liste
Nun folgt das emotionale Zentrum, der Kern dieses manisch-epischen Reiseführers: meine persönliche Bestenliste nicht-aktueller Filme, nach Präferenz geordnet. Die Regeln: es handelt sich ausschließlich um Neusichtungen (ich habe also keinen der gelisteten Filme vor dem Jahr 2012 je gesehen) und um Produktionen von vor 2011. Die Zahl 52 bietet sich als banale Zahl ohne besondere Eigenschaften an und steht am ehesten für die Anzahl der Wochen im Jahr...

1 THE AMAZING MR. X aka THE SPIRITUALIST, Bernard Vorhaus, USA 1948
2 DEDUNA [russ.: SVETLJAČKI], Dato Janelidze, UdSSR 1987
3 THE BIG COMBO, Joseph H. Lewis, USA 1955
4 JOHNNY GUITAR, Nicholas Ray, USA 1954
5 HANGOVER SQUARE, John Brahm, USA 1945
6 SUNRISE – A SONG OF TWO HUMANS, Friedrich Wilhelm Murnau, USA 1927
7 FAUST – EINE DEUTSCHE VOLKSSAGE, Friedrich Wilhelm Murnau, Deutschland 1926 
8 DETOUR, Edgar G. Ulmer, USA 1945
9 GENERAL‘NAJA LINIJA aka STAROE I NOVOE, Sergej Ėjzenštejn/Grigorij Aleksandrov, UdSSR 1929
10 DIE NIBELUNGEN, Fritz Lang, Deutschland 1924
11 THE LIVING END, Gregg Araki, USA 1992
12 THE INTRUDER aka SHAME aka I HATE YOUR GUTS!, Roger Corman, USA 1962
13 THE LADY FROM SHANGHAI, Orson Welles, USA 1947
14 VARIETÉ, Ewald André Dupont, Deutschland 1925
15 LE PLAISIR, Max Ophüls, Frankreich 1952
16 THE RED SHOES, Michael Powell/Emeric Pressburger, UK 1948
17 IMITATION OF LIFE, Douglas Sirk, USA 1959
18 YOU ONLY LIVE ONCE, Fritz Lang, USA 1937
19 FORTY GUNS, Samuel Fuller, USA 1957
20 ZDRAVI LJUDI ZA RAZONODU, Karpo Godina, Jugoslawien 1971
21 RIDE LONESOME, Budd Boetticher, USA 1959
22 THE LONG, HOT SUMMER, Martin Ritt, USA 1958
23 CHEMI BEBIA [russ.: MOJA BABUŠKA], Kote Mikaberidze, UdSSR 1929
24 SHERLOCK JR., Buster Keaton, USA 1924
25 POINT BLANK, John Boorman, USA 1967
26 SUSPIRIA, Dario Argento, Italien 1977
27 PSYCHO 2, Richard Franklin, USA 1983
28 FERRIS BUELLER‘S DAY OFF, John Hughes, USA 1986
29 KISS ME DEADLY, Robert Aldrich, USA 1955
30 SZEGÉNYLEGÉNYEK, Jancsó Miklós, Ungarn 1966
31 OBLOMOK IMPERII, Fridrich Ėrmler, UdSSR 1929
32 OUT OF THE PAST, Jacques Tourneur, USA 1947
33 CRISS CROSS, Robert Siodmak, USA 1949
34 AKAI TENSHI, Masumura Yasuzō, Japan 1966
35 ADVISE & CONSENT, Otto Preminger, USA 1962
36 KLADIVO NA CARODEJNICE, Otakar Vávra, ČSSR 1970
37 THE THIN RED LINE, Andrew Marton, USA 1964
38 IN A LONELY PLACE, Nicholas Ray, USA 1950
39 THE LONG GOODBYE, Robert Altman, USA 1973
40 DOUBLE INDEMNITY, Billy Wilder, USA 1944
41 BODY HEAT, Lawrence Kasdan, USA 1981
42 THE IRON HORSE, John Ford, USA 1924
43 BLOOD BEACH, Jeffrey Bloom, USA 1980
44 HEAVENLY CREATURES, Peter Jackson, Neuseeland/Deutschland 1994
45 LAWRENCE OF ARABIA, David Lean, UK/USA 1962
46 KONTO AUSGEGLICHEN, Franz Peter Wirth, BRD 1959
47 BOUDU SAUVÉ DES EAUX, Jean Renoir, Frankreich 1932
48 CAT PEOPLE, Jacques Tourneur, USA 1942
49 IM SCHATTEN DER MADE, John Bock, Deutschland 2010
50 MYSTERIOUS SKIN, Gregg Araki, USA/Niederlande 2004
51 THE BIG RED ONE, Samuel Fuller, USA 1980
52 THE STRANGE LOVE OF MARTHA IVERS, Lewis Milestone, USA 1946

Auch hier gilt: wer topt, muss auch floppen können.

Flop-Seven der nicht mehr ganz frischen Filme (chronologisch geordnet)
Knapp die Hälfte der Liste bilden Filme, die ich 2011 nicht gesehen und nun 2012 nachgeholt habe; könnte also einiges dafür sprechen, dass 2011 das schlechtere Kinojahr war...

1 DER GEISTERZUG, Rainer Wolffhardt, BRD 1957
2 LA COLLECTIONNEUSE, Eric Rohmer, Frankreich 1967
3 THE THIN RED LINE, Terrence Malick, USA 1998
4 BLACK SWAN, Darren Aronofsky, USA 2010
5 HOTEL LUX, Leander Haußmann, Deutschland 2011
6 CARNAGE, Roman Polański, Frankreich/Deutschland/Polen/Spanien 2011
7 THE IDES OF MARCH, George Clooney, USA 2011

Aber das traumatischste Filmerlebnis des Jahres war mit großer Wahrscheinlichkeit...
SUNRISE – A SONG OF TWO HUMANS: Eine „besondere“ Projektion mit einer „ganz“ „besonderen“ Live-„Musik“-„Begleitung“... oder wie ich lieber sage: SONNENUNTERGANG – EIN LIED VON ZWEI TÖLPELN
7. August, Tatort Kulturarena Jena: eine Projektion von Murnaus Meisterwerk wird von einem Schlagzeuger und einem DJ-Elektronik-Sampling-Typen „begleitet“, oder besser gesagt in elektroakustischem Müll mit brutalster Gewalt erstickt...
Wenn ich nach Metaphern suchen müsste, würde ich wohl irgendetwas von Folter-Session mit Schlagbohrer und Fleischerhaken oder lebendiger Vivisektion mit einem rostigen Suppenlöffel erzählen. Am unerträglichsten war diese nonchalante „Wir-peppen-den-ollen-Film-mal-n‘-bissel-auf“-Attitüde, die den (Un-)Geist solcher Veranstaltungen ausmachen: Konzerte, bei denen sich die Musiker selbst in den Mittelpunkt stellen und die Filmprojektion lediglich als Schmuckwerk dient. Eine ungeheure und argumentations-arme Respektlosigkeit gegenüber Filmkunst. Schockierend, grenzenlos empörend und traumatisierend bis heute.


Die Reihen und Entdeckungen des Jahres


Die düstere Seite Hollywoods
Der film noir oder der Anfang des modernen Kinos?
Auf die Frage, was eigentlich einen film noir ausmacht, kann es so viele Antworten geben wie... Zeichen in diesem Text. Ist es die barock-expressionistische Photographie? Dann müsste der visuell gemäßigt inszenierte THE BIG SLEEP wohl rausfallen. Ist es die verwirrte bis gar fast vollkommen unverständliche Geschichte? Der minimalistische DETOUR wäre dann wohl kein noir. Ist es die femme fatale? Dann zählt THE RECKLESS MOMENT mit seiner Hausfrau-Protagonistin wohl nicht dazu. Ist es die Darstellung einer Welt der Verzweiflung, des Misstrauens, der Paranoia, der triebhaften Begierde, der irrationalen Gewalt und der Todessehnsucht, in der es keine Zukunft, sondern nur eine unerträgliche Gegenwart und eine abscheuliche Vergangenheit gibt? Vielleicht. Ein Universum der existentiellen Angst, in der es keine Klarheiten, keine Sicherheiten, keine Antworten gibt. Möglich. Eine Umwelt, in der das unaufhaltsame Schicksal mahlt und aus guten Menschen Mörder macht. Auch... Die noirs sind jedenfalls Filme, in denen visueller Stil und ungewöhnliche Erwählweisen einer klassischen erzählerisch-dramaturgischen Kohärenz übergeordnet sind: das „wie“ siegt über das „was“.
Ein Double-Feature THE LADY FROM SHANGHAI/DOUBLE INDEMNITY am 16. Januar im Rahmen einer kurzweiligen noir-Reihe bei arte regte mich dazu an, in den nächsten Monaten möglichst viele Filme aus dieser spannenden Stilrichtung zu sehen. Darunter waren viele Meisterwerke, jedoch keine einzige Niete – höchstens mittelmäßig gute Filme. Am Schluss des Jahres zähle ich 43 klassische noirs, drei Proto-noirs und elf Neo-noirs. Eine Liste nach Präferenz soll hier dem Hinweis weichen, dass zwölf der ersten, zwei der zweiten und drei der dritten Kategorie in meiner Top-52-Liste zu finden sind.


Der geheimnisvolle Deutsche und der unbekannte Amerikaner
Fritz Lang jenseits von M und METROPOLIS

Es ist eine Schande, aber wahr: bis zu Beginn des Jahres 2012 hatte ich lediglich drei Filme Fritz Langs gesehen: M, METROPOLIS, und DAS TESTAMENT DES DR. MABUSE. Nun sind es 21 Stück, und statt einer Spanne von sechs Jahren seines Schaffens überblicke ich nun (zumindest fragmentarisch) 40 Jahre der umfangreichen Filmografie.
Mehrere Faktoren haben zu häufigen Begegnungen mit diesem österreichisch-deutsch-amerikanischen Ausnahmeregisseur geführt: meine persönliche film-noir-Schau, die Retrospektive bei der Viennale, eine über mehrere Wochen ausgedehnte Reihe beim dritten französischen Fernsehen FR3, mehrere Aufführungen in Weimarer und Jenaer Kinos, eine zu Rezensionszwecken zur Verfügung stehende DVD... alle haben dazu beigetragen, dass Fritz Lang für mich zum meist gesehenen Regisseur des Jahres wurde... und gewissermaßen auch zu meinem persönlichen 2012er-Star.
Meine Grunderkenntnis, die ich schon kurz nach der Viennale geäußert habe, hat sich bestätigt: Abwägungen zwischen dem „deutschen“ und dem „amerikanischen“ Lang sind nicht gerechtfertigt! Oder einfacher ausgedrückt: Naserümpfen vor seinen amerikanischen Filmen ist genau so dämlich, wie sein frühes deutsches Schaffen unterschiedslos auf einen Podest zu stellen.
So hat mich ein Werk, in dem ein Meisterverbrecher Verwirrung und Chaos stiftet, sehr beeindruckt: die Rede ist hier vom relativ unbekannten SPIONE, während alle drei DR. MABUSE-Filme mich nur wenig überzeugt haben. Über den tollen YOU ONLY LIVE ONCE schrieb ich hier bereits. Sehr langsam, in einem klassischen Sinne fast völlig spannungslos, dafür umso unerbittlicher entwickelt sich SCARLET STREET, der sich als der (bislang) emotional verstörendste Film Langs entpuppt hat. Eher enttäuschend, da meiner Meinung nach nur „solide“, war das andernorts in den Himmel gelobte Plädoyer eines Österreichers zum verantwortungsvollen Kaffeegenuss: THE BIG HEAT. Die gerne als dümmlicher Kitsch verschrieene Indien-Dilogie punktete hingegen mit erstaunlich klaren und scharfen Farb-Bildern, die eine irreale, (alp)traumhafte Atmosphäre schufen... und natürlich auch mit „a costume that definitely pushes the envelope on 1950s movie dress codes“ (Tom Wiener, allmovie.com).
Eine dritte und vierte Sichtung von METROPOLIS waren mir diesmal wieder im Kino gegönnt. Bei der ersten Aufführung döste ich stellenweise fast weg (was auch an meiner Tagesform lag). Die zweite Aufführung drei Wochen später erwies sich als großartiges Kinoerlebnis. Der Pianist Richard Siedhoff spielte zwar den gleichen, selbst komponierten, äußerst düsteren Score, jedoch sehr viel ungestümer: die Musik verwandelte sich in entscheidenden Momenten von einer ohnehin exzellenten Begleitung in einen Katalysator, der die Emotionen der Bilder in einem völlig wahnsinnigen Ausmaß potenzierte (eine Kostprobe, die der tatsächlichen Live-Aufführung naturgemäß nicht gerecht werden kann, gibt es hier).

5/5
1 M, Deutschland 1931
2 METROPOLIS (Sichtung am 19. Februar), Deutschland 1927
3 DIE NIBELUNGEN, Deutschland 1924
4 YOU ONLY LIVE ONCE, USA 1937
– SCARLET STREET, USA 1945

4,5/5
6 FRAU IM MOND, Deutschland 1929
7 SPIONE, Deutschland 1928
8 MAN HUNT, USA 1941
9 HANGMEN ALSO DIE!, USA 1943
10 THE WOMAN IN THE WINDOW, USA 1944

4/5
11 METROPOLIS (Sichtung am 29. Januar), Deutschland 1927
12 DER TIGER VON ESCHNAPUR, BRD/Frankreich/Italien 1959
13 DAS INDISCHE GRABMAL, BRD/Frankreich/Italien 1959
14 HOUSE BY THE RIVER, USA 1950
15 DER MÜDE TOD, Deutschland 1921

3,5/5
16 THE BLUE GARDENIA, USA 1953
17 SECRET BEYOND THE DOOR, USA 1948

3/5
18 DAS TESTAMENT DES DR. MABUSE, Deutschland 1933
19 THE BIG HEAT, USA 1953
20 DR. MABUSE, DER SPIELER, Deutschland 1922

2,5/5
21 DIE 1000 AUGEN DES DR. MABUSE, BRD/Frankreich/Italien 1960

2/5
22 DAS WANDERNDE BILD, Deutschland 1920


Sex, Gewalt und Drogen mit Homos, Bis, Heteros... und Aliens
Gregg Araki: Queer-Ikone, Independent-Rebell, Kino-Visionär
Was wäre, wenn Jean-Luc Godard ein knapp drei Jahrzehnte jüngerer bisexueller japanisch-stämmiger Amerikaner wäre, der Filme über desillusionierte queere Jugendliche und Alien-Invasionen dreht? Die Antwort lautet: Gregg Araki. 
Als vielleicht radikalster und konsequentester Vertreter einer Independent-Filmbewegung, für die der Name „New Queer Cinema“ geprägt wurde, verteilte Gregg Araki seit Beginn der 1990er heftige cineastische Ohrfeigen an alle Homophoben, Konservativen und religiösen Extremisten in den USA. In seinem dritten Film THE LIVING END (seine ersten beiden gelten als quasi verschollen) weigern sich die beiden Homosexuellen Luke und Jon, einer homophoben Gesellschaft klein beizugeben und schlagen gegen diese bei einem Roadtrip mit aller Gewalt zurück. Zu Unrecht als „schwule Variante“ von THELMA & LOUISE abgetan, erinnert Arakis Film mit seiner rohen, ungezügelten und explosiven Energie eher an Godards À BOUT DE SOUFFLE.
In dieser rohen Energie liegt auch der Reiz von Arakis Werk. Alleine sein thematischer Mut würde ihn zu einem beachtenswerten Regisseur machen. Doch es ist die besondere Ästhetik seiner Filme, die ihn einzigartig macht und den Begriff „Visionär“ rechtfertigt: der fragmentierte Erzählstil, die extremen subjektiven Perspektiven seiner Protagonisten (oft an der Grenze zum Voyeuristischen), der zutiefst schwarze Humor deren Lacher oft im Halse stecken bleiben, die exaltierte Farbdramaturgie mit ihren extremen Übersättigungen. Nicht zuletzt pflegt der Regisseur eine Motivik, die wohl als „Araki-Raum“ bezeichnet werden könnte: weitwinklig fotografierte Totale mit bizarren Setdesigns, in denen sich die Figuren in ihrer Einsamkeit verlieren.
Araki ist ein ungezügelter amerikanischen Independent, der vieles von jenen Sachen, die uns heutzutage gerne als „Indie“ verkauft werden, blass aussehen lässt...

1 THE LIVING END, USA 1992, 5/5
2 MYSTERIOUS SKIN, USA/Niederlande 2004, 5/5
3 SMILEY FACE, USA/Deutschland 2007, 4,5/5
4 KABOOM, USA/Frankreich 2010, 4,5/5
5 NOWHERE, USA/Frankreich 2010, 4,5/5
6 TOTALLY FUCKED UP, USA 1993, 4/5
7 THE DOOM GENERATION, USA/Frankreich 1995, 3,5/5
8 SPLENDOR, UK/USA 1999, 3,5/5

Ein exzessiver und gigantomanischer Rückblick auf das Filmjahr 2012 an sich und auf mein ganz persönliches Filmjahr 2012 findet hier sein Ende. Der eine oder andere Film oder Regisseur wird sich bestimmt in der einen oder anderen künftigen Besprechung bei „Whoknows Presents“ finden.
Mein Ausblick für 2013: viele Filme...