Mittwoch, 23. Dezember 2015

Tödliche Weihnachten

YOU BETTER WATCH OUT aka CHRISTMAS EVIL aka TERROR IN TOYLAND
USA 1980
Regie: Lewis Jackson
Darsteller: Brandon Maggart (Harry), Jeffrey DeMunn (Philip), Dianne Hull (Jackie)


Es ist Weihnachten im Jahre 1947. Die beiden kleinen Kinder Harry und Philip sitzen auf der Treppe mit ihrer Mutter und warten auf den Weihnachtsmann. Der schlüpft tatsächlich durch den Kamin, nimmt sich einen Schluck von der Bowle, die extra für ihn hingestellt wurde und legt die Geschenke unter den Baum. Später in der Nacht liegen Harry und Philip im gemeinsamen Schlafzimmer im Bett. Philip meint, dass der Weihnachtsmann Papa war, was Harry zornig ablehnt. Letzterer schleicht sich aus dem Bett ins Wohnzimmer und überrascht den Weihnachtsmann (nun ja, eigentlich seinen Vater), der gerade in einem anregenden Vorspiel mit der Mutter vertieft ist – was Klein-Harry so sehr verstört, dass er wieder nach oben rennt und nach dem guten alten Rezept Charles Foster Kanes eine Schneekugel zerstört (und sich dann mit einer Scherbe Schnitte in der Hand zufügt).

In der Jetztzeit geht es Harry wieder besser – mehr oder weniger. Sein Kindheitstrauma hat er mit einer extremen Weihnachtsobsession verarbeitet und seine Wohnung komplett mit Weihnachts-Kitschregalien eingerichtet. Harry schläft nicht in einem Pyjama, sondern in einem Weihnachtsmannkostüm. Er hat keinen Kalender, sondern eine Schiefertafel, die anzeigt, wie viele Tage bis Weihnachten noch bleiben. Seine Freizeit verbringt er gerne damit, die Kinder aus der Nachbarschaft mit einem Fernglas zu stalken, um dann in zwei verschiedenen dicken Büchern Eintragungen vorzunehmen: die guten Kinder bekommen „Bienchen“ im „Good Boys & Girls“-Band, die schlechten Kinder (etwa Jungs, die sich für Nacktmodelle in Schmuddelheftchen interessieren) werden hingegen im „Bad Boys & Girls“-Buch verewigt.

Vom Weihnachtstrauma zum Weihnachtsfetisch
und Voyeurismus
Seinen besonderen Lebensstil finanziert Harry mit einer passenden Arbeit: er ist in einer Spielzeugfabrik angestellt und geht dort seinen Kollegen auf die Nerven, in dem er sie immer wieder dazu ermahnt, sich für die Qualität der Erzeugnisse ins Zeug zu legen – zum Wohl der Kinder. Dafür bekommt er gelegentlich von einflussreicheren Arbeitskollegen Nacht- und Wochenendschichten zugeteilt.
Vielleicht ist dies der Grund, weshalb er die Thanksgiving-Einladung seines Bruders Philip ablehnt, der im Gegensatz zu ihm eine Familie gegründet hat (und der seinen älteren Bruder trotz Mahnungen seiner toleranten Ehefrau Jackie für einen Versager hält). Oder vielleicht war Harry nur davon angewidert, dass Philip mit seiner Angetrauten Sex im Wohnzimmer hatte (was Harry, der zufällig vorbei spazierte, beobachtete – oder sich vielleicht nur einbildete?). Oder vielleicht ist Harry einfach zu aufgeregt und gestresst, weil Weihnachten vor der Tür steht und er als selbsternannter Weihnachtsmann bald viel zu tun haben wird.

So muss er zunächst sein Kostüm nähen, seinen weißen Bart vorbereiten und... aber was ist mit Geschenken? Die nimmt sich Harry einfach in einer Nacht-und-Nebel-Aktion an seinem Arbeitsplatz. Ein Werbespot seiner Firma hat schließlich die Spende von Spielzeugen an eine Klinik für behinderte Kinder versprochen. Doch bei einer Weihnachtsfeier des Betriebs hat Harry erfahren, dass dies nur ein reiner Image-Spot war. Der selbsternannte Weihnachtsmann weiß sogleich, wen er als erstes beschenken muss. Mit den geklauten Spielzeugen eilt er zur Klinik, wo er völlig verdutzten Angestellten eine ganze Kleinlasterladung an Spielzeugen übergibt. Die ganze Aktion hat er natürlich als Weihnachtsmann verkleidet ausgeführt.

Später will Harry den fiesen Marketing-Angestellten der Firma nach einer Weihnachtspredigt zur Rede stellen. Das geht schief, weil einige Kirchenbesucher sich über seine Aufmachung lustig machen und er gezwungen ist, drei von ihnen mit einem Spielzeugsoldaten und einer Spielzeugaxt zu töten. Nach dem Blutbad gerät Harry in die Weihnachtsfeier einer Familien-Assoziation, wo er nolens volens fröhlich tanzt und dann die anwesenden Kinder dazu ermahnt, brav zu sein, bei Nichtbefolgen dieser Anweisung allerdings Schlimmstes androht (letzteres verunsichert auch eine der erwachsenen Feiernden). Nach der Party besucht Harry dann noch seinen vorlauten Arbeitskollegen, der ihm immer wieder Nacht- und Wochenendschichten zugeschoben hat und verteilt wieder Geschenke: den Kindern des Kollegen legt er Päckchen unter den Weihnachtsbaum, den Kollegen selbst ermordet er im Schlaf, indem er ihn zunächst mit dem Geschenkesack zu ersticken versucht und ihm dann mit einem Dekostern die Kehle aufschlitzt.

Harry auf Weihnachtstour und vom Lynchmob verfolgt
Sein Bruder und seine Schwägerin machen sich Sorgen
Am Tag nach Heiligabend sind Harrys Blutbäder öffentlich geworden. Die Polizei warnt alle Bürger vor Leuten, die als Weihnachtsmänner gekleidet sind – was aufgrund unzähliger Denunziationen eine Massenverhaftung von Weihnachtsmännern nach sich zieht und im Kreise besorgter Kleinbürger gar zu einer hysterischen Lynch-Atmosphäre führt. Als Harry am Weihnachtsabend wieder durch die Gegend zieht, wird er von besorgten Eltern angegriffen: diese verwandeln sich in einen zornigen Mob im Blutrausch und verfolgen mit offensichtlichen Lynchabsichten den verkleideten Harry. Dieser flüchtet zu seinem Bruder, gibt ihm die Schuld an seinem exzessiven Verhalten, weil dieser in der Kindheit die Existenz des Weihnachtsmann verleugnet hat und fährt mit seinem weihnachtlich aufgemachten Van wieder weg. Vom Lynchmob verfolgt lässt Harry seinen Wagen durch ein Brückengeländer krachen. In den letzten Sekunden vor seinem Tod stellt er sich vor, wie er mit seinem Van in der Manier eines klassischen Weihnachtsmannschlittens in der Mondnacht davonfliegt.

YOU BETTER WATCH OUT, der auch als CHRISTMAS EVIL veröffentlicht wurde (nun auch kürzlich in einer neuen deutschen DVD-Edition), wird gerne als Vorläufer des Weihnachts-Slasherfilms bezeichnet. Das ist wohl nicht ganz falsch, allerdings haben sich bei mir während der beiden kürzlichen Sichtungen eher Assoziationen zu TAXI DRIVER aufgedrängt. Man stelle sich einmal vor, Paul Schrader hätte seine großstädtische Adaption von Robert Bressons JOURNAL D‘UN CURÉ DE CAMPAGNE nicht auf einen entfremdeten und einsamen Taxifahrer mit puritanischen Gewalt- und Vernichtungsfantasien übertragen, sondern auf einen entfremdeten und einsamen Spielzeugfabrikangestellten mit ebenso puritanischem Weltbild, starken Identitätsproblemen und einer schweren, ödipal motivierten Weihnachtsobsession. Es wäre vielleicht so etwas ähnliches wie YOU BETTER WATCH OUT herausgekommen. Die Vorstellung jedenfalls, beide Filme im Double Feature nacheinander zu schauen und zu vergleichen, scheint recht reizvoll.

Denn YOU BETTER WATCH OUT ist tatsächlich kein richtiger Slasher, sondern eher das „dichte“ Psychogramm einer verzweifelten, entfremdeten, traumatisierten Figur. Vielleicht mehr noch als TAXI DRIVER verweigert er sich jeglichem einfachen Zugriff. Er ist kein Thesenfilm, dessen „Botschaft“ schon nach drei Minuten deutlich wird, sondern präsentiert sich tatsächlich als Film über extreme soziale und emotionale Einsamkeit, das zwar klar satirische, gesellschaftspolitische Elemente enthält, dessen existentielle Traurigkeit und Schwere aber wesentlich mehr wiegt.

Ein faszinierender Hauptdarsteller
Es ist faszinierend, was YOU BETTER WATCH OUT den Zuschauern für eine Figur zumutet: ein Voyeur mit einem unerträglich puritanischen Weltbild und schlichtweg kranken Kontrollfantasien, dessen fast schon naives Bemühen, Gutes zu tun, zwar bemerkenswert ist, zugleich aber von der Unfähigkeit, eigenes Schlechtes zu erkennen, neutralisiert wird. Harry ist zugleich eine lächerliche Figur mit einem skurrilen Weihnachtsfetisch, der im Film zwischendurch an der Grenze zum Camp präsentiert wird und gleichzeitig auch ein brutaler und skrupelloser Mörder. Doch YOU BETTER WATCH OUT gibt Harry weder der Lächerlichkeit preis, noch verurteilt er ihn, sondern bemüht sich um analytisches wie auch emotionales Verstehen. Das gelingt nicht zuletzt an der grandiosen Darstellung Brandon Maggarts, der die Figur Harrys mit Haut, Haaren und Poren atmet und bis in kleinste Nuancen perfekt spielt. Als schüchtern-freundlicher Mann auf der Straße, als tüchtigen Arbeiter, als grimassierender Weihnachtsmann vor dem Spiegel, als vor Zorn und Abscheuimpulsen zitternde Zeitbombe, als Lebensmüden mit furchtbar traurigen Augen.

Eine Verurteilung von Harry ist auch gar nicht möglich im Angesicht dessen, dass der Film an der Niederträchtigkeit vieler anderer Figuren keinen Zweifel lässt. Das Mörderische siedelt YOU BETTER WATCH OUT durchaus bei Harry an, aber eben auch im durchschnittlichen, kleinbürgerlichen Milieu. Wenn der Weihnachtsmann am Schluss von einem wütenden und offenbar wahrlich tötungsbereiten Lynchmob verfolgt wird, stellt der Film (sicherlich wenig subtil) eindeutig die Frage, ob der Sonderling Harry wirklich viel schlimmer ist als der durchschnittliche „besorgte“ Nachbar. Diese Szenen, um wieder kurz auf Assoziationen zu sprechen zu kommen, erinnern wiederum an Fritz Langs Inszenierung entfesselter Mobgewalt, sei es in METROPOLIS, in M oder in FURY. Als ein kleines Kind dem in Serie mordenden Weihnachtsmann ein heruntergefallenes Messer mit Springklinge lächelnd reicht, scheint dies fast direkt auf M anzuspielen.

Im Gegensatz zu einigen Behauptungen, die man so im Internet findet, ist YOU BETTER WATCH OUT keineswegs Lewis Jacksons einziger Film, sondern sein dritter, allerdings auch letzter in einer Karriere mit nicht besonders hoher Output-Frequenz. THE TRANSFORMATION: A SANDWICH OF NIGHTMARES von 1974 ist bei der IMDb mit dem Tag „lost film“ markiert, wobei nicht ganz klar ist, ob sich das auf den Film selbst oder vielleicht auf ein Element des Inhalts bezieht (IMDb unterscheidet hier dummerweise offensichtlich nicht). 1970 hatte Jackson auch THE DEVIATES gedreht, der wohl auf den ersten Blick eine Sexkomödie war.

Eines der wenigen Bilder, die den Alternativtiteln CHRISTMAS
EVIL oder TERROR IN TOYLAND gerecht werden
YOU BETTER WATCH OUT ist in Deutschland als CHRISTMAS EVIL erschienen bei cmv laservision mit einem unglaublich hässlichen Cover, das einen Film mit genetisch mutierten Zombie-Weihnachtsmännern erwarten lässt. Frühere Editionen waren entweder stark limitiert, oder sind nun überteuert, oder nur im 1,33:1-Format erhältlich. Die cmv-laservision-DVD ist trotz des hässlichen Covers okay, mit guter Bild- und Tonqualität, allerdings ohne Untertitel für die englische Originalfassung. Sie enthält drei Audiokommentare: einmal mit dem Regisseur Lewis Jackson alleine, dann mit Lewis Jackson und Hauptdarsteller Brandon Maggart, und schließlich einen mit Lewis Jackson und John Waters, einem Fan des Films, der ihn als den „großartigsten jemals gedrehten Weihnachtsfilm“ bezeichnet. Übrigens lehnte Kathleen Turner, die später die Titelfigur in Waters‘ tollem SERIAL MOM spielte, die Rolle als Jackie, also Philips besonnene Ehefrau, ab. Die erwähnten Audiokommentare wurden für eine der vielen US-amerikanischen DVD-Editionen des Films eingesprochen. Im Vereinigten Königreich wurde er von Arrow Film veröffentlicht.
Etwas unklar – wie so oft – ist die Fassungsgeschichte des Films. YOU BETTER WATCH OUT ist nur einer der Titel, unter denen er erschienen ist. Ebenso wurde er unter den Titeln CHRISTMAS EVIL (unter dem auch die meisten DVD-Veröffentlichungen dies- und jenseits des Atlantiks fungieren) veröffentlicht, aber auch als TERROR IN TOYLAND. Der erste Titel, der auch (siehe den Screenshot des Titels) in meiner DVD-Fassung zu sehen ist, entspricht zumindest thematisch am besten dem Film, während letztere eher darauf zielen, ihn als Slasher oder Horrorfilm zu vermarkten und möglicherweise bei Neuaufführungen genutzt wurden. CHRISTMAS EVIL hat sich nun sogar durchgesetzt. Ob der Titelsalat auch mit der Existenz eines sogenannten „director‘s cut“ zu tun hat, ist mir unklar. Jedenfalls gibt es offenbar eine Fassung, die ich als „Nicht-director‘s-cut“ bezeichnen würde und die 100 Minuten dauert sowie eine „re-release“-Fassung von 95 Minuten (gemäß IMDb), die vielleicht (?) mit dem „director‘s cut“ identisch ist, der wiederum allerdings nur 94 Minuten dauert (bei DVDs aus PAL-Ländern wegen der Formatkonvertierung 90 Minuten) und auch auf allen DVD-Editionen enthalten ist. Auf der DVD von cmv laservision sind ungefähr 6 Minuten an „Deleted Scenes“ in der Bonussektion enthalten: ob es sich um tatsächlich ungenutztes Material handelt oder um die sechs Minuten, die aus der „originalen“ (?) 100-Minuten-Fassung herausgeschnitten wurden, ist allerdings unklar. Viele ungeklärte Fragen...


Wenn ich all unseren Lesern diesen zutiefst pessimistischen, teils verstörenden, aber durchwegs faszinierenden Weihnachtsfilm ans Herz lege, möchte ich ihnen natürlich die kommenden Feiertage nicht verderben, ganz im Gegenteil. Ich selbst verabschiede mich mit diesem Text in die Weihnachtspause, werde Anfang Januar mit einem mittlerweile traditionellen persönlichen Jahresrückblick zurückkehren und wünsche all unseren Lesern frohe Feiertage und einen guten Rutsch ins neue Jahr.

Montag, 7. Dezember 2015

Skandinavischer Hunger

SULT (Dänemark und Norwegen) / SVÄLT (Schweden), dt. HUNGER
Dänemark/Norwegen/Schweden 1966
Regie: Henning Carlsen
Darsteller: Per Oscarsson (Pontus), Gunnel Lindblom (Ylajali), Osvald Helmuth (Pfandleiher), Birgitte Federspiel (Ylajalis Schwester), Sverre Hansen (Bettler)

Pontus, der Protagonist
Christiania - auch Kristiania geschrieben, das heutige Oslo - im Jahr 1890. Hier fristet der junge und völlig erfolglose Schriftsteller Pontus sein kärgliches Dasein. Mit seiner linkischen und oft schroffen Art macht er sich wenig Freunde. Pontus' Anstrengungen, ein Manuskript bei einem Magazin unterzubringen, stoßen auf nur gedämpftes Interesse, aber auch seine Versuche, auf fachfremde Art zu Geld zu kommen, sind nicht von Erfolg gekrönt. Als die Feuerwehr "verlässliche junge Männer mit kräftiger Physis" sucht, reiht er sich mit seiner hageren Statur in die Schlange der Interessenten ein, wird aber schon wegen seiner Brille gleich wieder aussortiert. Er biegt kurz um die Ecke, nimmt die Brille ab und stellt sich wieder an - und fällt natürlich wieder durch. Seine Bewerbung als Buchhalter in einem Lebensmittelladen - für einen Hungerleider wie ihn fast das gelobte Land - scheitert, weil er im Bewerbungsschreiben aus schwächebedingter Unkonzentriertheit einen Zahlendreher produziert hat - für einen Buchhalter in spe ein fataler Fehler. So ist Pontus permanent pleite. Er hat alles, was sich zu Geld machen lässt, schon beim Pfandleiher versetzt, er hat Schulden bei diesem und jenem Händler, und er hat seit längerem die Miete nicht bezahlt. Und deshalb hat ihm die Hausverwalterin soeben den Rauswurf aus seinem schäbigen kleinen Zimmer verkündet. Aus der chronischen Armut folgt unmittelbar chronischer Hunger. Er ist abgemagert und von Schwächeanfällen bedroht. Gelegentlich stopft er sich sogar mühsam zerkautes Papier hinein, um wenigsten etwas im Magen zu haben, oder er erbittet beim Schlachthof Knochenabfälle für seinen (nicht existierenden) Hund, um noch die letzten anhaftenden Fleischreste abzunagen. Als er sich unmittelbar nach so einer "Festmahlzeit" übergeben muss, bricht er aus Verzweiflung in einen Weinkrampf aus.

Christiania/Oslo 1890 - bzw. 1965
Pontus' desolater körperlicher Zustand und seine Verzweiflung führen zu erratischem Verhalten. Teils aus bewusster Lust an der Provokation, teils aus zunehmender Verwirrtheit, redet er Passanten blöd an, wohlgenährte Wohlstandsbürger ebenso wie andere arme Schlucker, und er schwadroniert dann gelegentlich das Blaue vom Himmel herunter. Selbst Polizisten, die ihn wegen seiner abgerissenen Erscheinung ohnehin misstrauisch beäugen, nervt er mit blöden Fragen und Bemerkungen. Ernsthaften Ärger bekommt er damit aber nicht. - Ebenso wie von Armut und Hunger wird Pontus' Verhalten von einem an Arroganz grenzenden Stolz diktiert. Er tut alles, um vor anderen Menschen seine desaströse wirtschaftliche Situation zu verbergen. Als er seine allerletzten verwertbaren Habseligkeiten im Pfandhaus versetzt hat und eine einzelne Krone dafür bekam, schenkt er diese einem armen Kerl, der ihn zuvor angebettelt hat. Als der Bettler bemerkt, dass Pontus auch nicht mehr hat als er selbst, verweigert er jedoch die Annahme, doch Pontus weigert sich seinerseits, die Münze zurückzunehmen, und gerät darüber mit dem Mann in Streit. Als der Verleger des Magazins sich doch noch bequemt hat, Pontus' Manuskript zu lesen, ist er nicht abgeneigt, es zu drucken, verlangt jedoch Änderungen. Der seiner Meinung nach zu überspannt formulierte Text solle von Pontus entschärft und so für die Leser der Zeitschrift leichter verdaulich gemacht werden. Als Honorar stellt der Verleger zehn Kronen in Aussicht, verbunden mit der Frage, ob Pontus knapp bei Kasse sei. Dieser verneint wahrheitswidrig und lehnt damit auch einen sonst sicher gewährten Vorschuss ab, den er dringend hätte brauchen können.


Immerhin hebt der Ausblick auf das Honorar Pontus' Stimmung beträchtlich. Nachdem er nach seinem Rauswurf aus der Wohnung einige Zeit auf der Straße stand und auf einer Parkbank genächtigt hat, sucht er sich eine neue Bleibe. Doch er kann nur die Aussicht auf das Honorar bieten, und so erhält er das Zimmer, das noch kleiner und schäbiger ist als das alte, nur unter dem Vorbehalt, dass er gleich wieder rausfliegt, wenn sich ein anderer Interessent findet, der bereit ist, bar im Voraus zu zahlen. - Beim ziellosen Flanieren in der Stadt geht Pontus in einem Park zwei vornehmen Damen hinterher, zwei Schwestern, wie sich erweist, und er kaspert wieder einmal ohne besonderen Grund herum. Die ältere der beiden ignoriert ihn mit strengem Blick, doch die jüngere, der er den Fantasienamen "Ylajali" gibt (den tatsächlichen Namen erfährt man nicht), bekundet mit ihren Blicken ein gewisses Interesse an dem merkwürdigen jungen Mann. Als er ihr bald darauf allein wieder begegnet, öffnet sie sich weiter. Es wird offenbar, dass sie aus der verordneten Wohlanständigkeit ausbrechen will und einem Abenteuer nicht abgeneigt ist. Doch als sie ihn schließlich mit eindeutigen Absichten mit in die Wohnung nimmt, die sie für ein paar Stunden für sich allein hat, wird er ihr doch etwas unheimlich, sie bekommt im letzten Moment Angst vor der eigenen Courage und lässt ihn abblitzen - und das war es dann mit dieser Bekanntschaft.

Miese Absteige - dabei ist das noch die bessere der beiden Wohnungen
Unterdessen hat Pontus versucht, seinen Text zu überarbeiten, doch schnell wird klar, dass er aufgrund der Umstände gar nicht mehr in der Lage ist, irgendetwas Sinnvolles zu schreiben. Es wird keinen geänderten Text und damit auch kein Honorar geben. Und dann findet sich auch gleich jemand, der sein Zimmer will und bar bezahlt. Zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit landet Pontus auf der Straße. Gerade, als er im Streit mit seiner Ex-Zimmerwirtin abziehen will, erscheint ein Bote und bringt ihm "von einer Dame" einen Umschlag mit einem Geldschein. Pontus weiß ebenso wie der Zuschauer, dass es sich nur um Ylajali handeln kann. Und wieder einmal steht er sich selbst im Weg. Statt das Geld als Notration für die nächsten Tage zu benutzen, knallt er es mit einer pompösen, pathetischen Geste der Wirtin entgegen und zieht dann ab, ohne sich wenigstens Wechselgeld herausgeben zu lassen. Es ist offensichtlich, dass er jetzt an einem Tiefpunkt angelangt ist. Wie soll es weitergehen? Einer plötzlichen, unerklärlichen Eingebung folgend, geht er (nicht ohne zuvor die Brille abzunehmen) im Hafen an Bord eines russischen Seglers, der seit einigen Tagen ankert und jetzt bereit zum Auslaufen ist, und er fragt, ob man ihn als Matrosen brauchen kann - und er wird tatsächlich genommen. Ein neuer Lebensabschnitt mit ungewissem Ausgang beginnt.


"Sult", auf Deutsch "Hunger", ist der 1890 erschienene erste Roman von Knut Hamsun (1859-1952), und er erregte auf Anhieb Aufsehen und hievte den Autor in die erste Riege der europäischen Literaten. In der Ich-Perspektive des brotlosen Schriftstellers geschrieben, war "Hunger" ein wichtiger Schritt zum stream of consciousness bei Autoren wie James Joyce. Der Roman enthält stark autobiografische Elemente - Hamsun hatte selbst 1886 als erfolgloser Schriftsteller und Journalist in Christiania gelebt und dort am Hungertuch genagt. 1920 erhielt Hamsun für seinen Roman "Markens Grøde" (Segen der Erde) als zweiter Norweger den Nobelpreis für Literatur (dieser Roman bildet auch die Vorlage für den gleichnamigen Film von 1921, der als der erste norwegische Renommierfilm gilt). Hamsun wäre so etwas wie ein norwegisches Nationalidol, wenn er nicht durch seine offene Sympathie für die Nazis seinen Ruf nachhaltig beschädigt hätte. Vollständig in Ungnade gefallen ist er nach 1945 aber dennoch nicht - dafür war er als Schriftsteller einfach zu bedeutend.

Andere haben es besser getroffen als Pontus
Den frühen Werdegang von Henning Carlsen (1927-2014) habe ich schon in meinem Text über seinen ersten Spielfilm DILEMMA geschildert. HUNGER war sein vierter Spielfilm, und er brachte Carlsen den Durchbruch zur ersten Garde der dänischen Regisseure. Der Film lief im Wettbewerb in Cannes, und es gab etliche Preise für Film und Hauptdarsteller. HUNGER war auch Dänemarks Beitrag zum Rennen um den Oscar, schaffte es aber nicht in die Endausscheidung. Dafür ist HUNGER als einer von zwölf Filmen im 2006 erstellten dänischen Kulturkanon enthalten (ebenso wie DITTE MENNESKEBARN). Neben seiner Tätigkeit als Regisseur war Henning Carlsen auch in diversen dänischen und europäischen Filminstitutionen tätig. 2011 legte er mit der García-Márquez-Adaption ERINNERUNG AN MEINE TRAURIGEN HUREN seinen letzten Film vor, 2014 ist er wenige Tage vor seinem 87. Geburtstag gestorben.


Die Initiative zu HUNGER ging allein von Henning Carlsen aus, der den Roman schon als Jugendlicher gelesen und geschätzt hatte. 1965 drehte Carlsen in Stockholm als seinen dritten Spielfilm KATTORNA. Der schwedische Darsteller Per Myrberg spielte darin eine Hauptrolle, und mit seiner hageren Figur gab er Carlsen die Eingebung, mit ihm in der Hauptrolle Hamsuns Roman zu verfilmen. Carlsen wandte sich an Hamsuns ältesten Sohn, der seinen literarischen Nachlass verwaltete, und erfuhr zu seinem Erstaunen, dass er der vierte Bewerber in kurzer Zeit war, während sich zuvor nie jemand für die Filmrechte interessiert hatte. Carlsen bot für die Rechte dieselbe Summe wie die Konkurrenten plus eine Krone, aber vermutlich bekam er den Zuschlag deshalb, weil er den Stoff als dänisch-norwegisch-schwedische Produktion zu verfilmen gedachte. Das kam dem Bestreben von Hamsun jr. entgegen, den schwer angeschlagenen Ruf seines Vaters mit internationaler Hilfe etwas aufzupolieren. Carlsen bekam also die Rechte, und er holte eine schwedische und eine norwegische Firma an Bord, während seine eigene Firma den dänischen Part stellte. Carlsen ist also auch einer der drei Produzenten des Films. Der finanzielle Beitrag wurde recht gleichmäßig zwischen den Ländern aufgeteilt, während für den künstlerischen Beitrag ein sinnvoller Kompromiss gefunden wurde: Dänemark stellte den Regisseur, die Drehbuchautoren (Carlsen in Zusammenarbeit mit dem Schriftsteller Peter Seeberg) und den Kameramann (Carlsens Stammkameramann Henning Kristiansen, der insgesamt ungefähr ein Dutzend Mal für Carlsen gearbeitet hat) sowie mit Birgitte Federspiel eine renommierte Nebendarstellerin (sie hatte u.a. in Carl Theodor Dreyers ORDET die weibliche Hauptrolle gespielt); Schweden stellte im Wesentlichen die beiden Hauptdarsteller; und Norwegen schließlich den Autor der Vorlage, den Drehort und die Mehrzahl der Nebendarsteller und Komparsen.

Beim Pfandleiher
Die beiden Hauptdarsteller bestimmten die Sprache des Films, HUNGER wurde also auf Schwedisch gedreht. Das dänische Kultusministerium, das ein gewisses Mitspracherecht hatte, forderte zunächst, auch eine dänische Sprachfassung anzufertigen, was die Produktion verkompliziert und verteuert hätte, aber zum Glück (wie Carlsen betont) wurde rechtzeitig von dieser Forderung Abstand genommen. Per Myrberg war seinerzeit an einem Stockholmer Theater unter Ingmar Bergman unter Vertrag, er erhielt von diesem aber die Erlaubnis, im Film mitzuspielen. Weil sich die Verhandlungen um die komplizierte Produktionsgemeinschaft hinzogen, fragte Myrberg an deren Ende erneut Bergman um Erlaubnis, erhielt sie abermals, aber gleichzeitig das Angebot, unter Bergman in einer Bühneninszenierung von "Der Florentinerhut" die Hauptrolle zu spielen - und er entschied sich für den renommierten Bergman und gegen den international noch weitgehend unbekannten Carlsen. Damit war dieser seinen Hauptdarsteller los, wegen dem er das ganze Projekt überhaupt losgetreten hatte. Carlsen hielt die Sache damit für gestorben. Aber seine schwedischen und norwegischen Cooperationspartner wollten die Flinte nicht ins Korn werfen. Sie schlugen vor, mit einem anderen Hauptdarsteller weiterzumachen, und jemand brachte Per Oscarsson ins Spiel. Carlsen war wenig begeistert, ging nur pro Forma auf den Vorschlag ein und überlegte sich, wie er aus der Sache rauskam. Doch schnell war er überzeugt, dass er einen noch besseren als den ursprünglich geplanten Hauptdarsteller gefunden hatte.

Ein Bettler ...
Per Oscarsson spielt in HUNGER vielleicht die Rolle seines Lebens. Gleichermaßen exaltiert und fein nuanciert kehrt er Pontus' Inneres nach außen und macht seine Stimmungsschwankungen, seine wirren Visionen und sprunghaften Handlungen greifbar und nachvollziehbar. Er ist einfach umwerfend, und er erhielt etliche Auszeichnungen für seine Leistung, darunter die in Cannes für den besten Schauspieler. Während er vorher schon in Schweden eine Marke war, stieg er nun auch zu internationaler Bekanntheit auf. Oscarsson war ein impulsiver Schauspieler mit Hang zur Improvisation, der ständig Regieanweisungen übertrat, doch Carlsen ließ ihn gewähren. Das kam Gunnel Lindblom aber wenig entgegen. Lindblom ist vor allem für ihre Zusammenarbeit mit Bergman bekannt. Über ein Dutzend Mal spielte sie unter Bergman für Film und TV, darunter Klassiker wie DAS SIEBENTE SIEGEL, WILDE ERDBEEREN, DIE JUNGFRAUENQUELLE, LICHT IM WINTER und DAS SCHWEIGEN, sowie mehrfach auch am Theater. Lindblom erwartete exakte Regieanweisungen, wie sie es vom Meister Bergman gewohnt war. Doch niemand konnte ihr sagen, was Oscarsson als nächstes tun würde, weil der es selbst nicht wusste. Aber am Ende passte das doch alles irgendwie zusammen, weil die unterschiedlichen Schauspielstile die unterschiedlichen Charaktere widerspiegeln: Hier der erratische, unberechenbare Pontus, da die zurückgenommene, gutbürgerliche Ylajali, die ihren Trieben nur sehr kurz freien Lauf lässt. - Per Oscarsson war auch abseits der Kamera für Überraschungen gut. 1966 ließ er in einer Fernsehshow die Hosen runter (die Unterhose behielt er immerhin an), und zur Vorbereitung auf HUNGER ging er zur Überraschung aller zu Fuß von Stockholm nach Oslo, wobei er tagelang mehr oder weniger verschollen war. Ende 2010 starben Oscarsson und seine letzte Frau bei einem Brand in ihrem Haus. Die Leichen konnten erst nach mehreren Tagen identifiziert werden.

... und noch ein armer Schlucker
HUNGER wurde im Herbst 1965 komplett in Oslo gedreht, teilweise an damals noch erhaltenen Originalschauplätzen, der Rest in einem Studio. Bevölkerung und Behörden waren dabei sehr kooperativ. Eigentlich erwartete sich Carlsen von diesem Ort zu dieser Jahreszeit schlechtes Wetter, wie es der Stimmung des Romans und des entstehenden Films entsprach. Doch Petrus machte ihm einen Strich durch die Rechnung - es schien dauernd die Sonne. So wurden von Gebäuden aus große Planen über Straßen und Plätze gespannt, um die Sonne abzuschatten. Auf einer Brücke, wo das nicht möglich war, sollte an einem Wochenende gedreht werden, doch es herrschte wieder mal schönster Sonnenschein. Aber für Montag war Regenwetter angesagt, und so erhielt das Team vom Osloer Polizeichef persönlich die Erlaubnis, am Montag früh zu drehen und zeitweilig einen erheblichen Stau zu verursachen.

Zwei Damen im Park
Carlsen stand bei der Konzeption des Films vor einigen Problemen, die Literaturverfilmungen im Allgemeinen und diese im Besonderen aufwerfen, und er hat sie mit Bravour gelöst. Hamsuns Roman besteht aus aneinandergereihten Episoden, die zusammen ungefähr ein Jahr umfassen, und die kaum dramatische Spannungsbögen umfassen. Mit seinem Coautor Peter Seeberg nahm Hamsun die nötigen Kürzungen und Zuspitzungen vor, was an sich nicht schwer war, weil es im Roman ohnehin mehr um die Innenwelt des Protagonisten als um die äußere Handlung geht. Seeberg schoss über das Ziel hinaus und entwarf für alle möglichen Personen Nebenhandlungen, die nicht im Roman stehen, aber Carlsen konnte ihn einbremsen und einen Konsens herstellen. Der Roman ist, wie schon erwähnt, in der 1. Person geschrieben. Carlsen wollte das irgendwie in den Film hinüberretten, ohne jedoch einen Inneren Monolog von Pontus als Off-Kommentar zu verwenden. Er löste das Problem gemeinsam mit Kameramann Kristiansen, indem die Kamera den ganzen Film über entweder regelrecht an Pontus klebt, oder aber seinen subjektiven Blick wiedergibt (oder zeigt, was er gerade denkt, träumt oder halluziniert). Ein weiteres Problem ergab sich daraus, dass der 1890 erschienene Roman auch in diesem Jahr spielt, also eine seinerzeit alltägliche Welt beschreibt. Der 1966 erschienene Film sollte nun - für den Zuschauer jederzeit glaubwürdig - auch im Jahr 1890 spielen, dabei aber ebenfalls den Eindruck von Alltäglichkeit erwecken. Deshalb sollte jeder Anschein eines Historienfilms oder Kostümschinkens vermieden werden. Neben der in solchen Fällen naheliegenden Entscheidung, in Schwarzweiß zu drehen (was natürlich auch finanzielle Vorteile birgt), kam Carlsen wiederum in Zusammenarbeit mit Kristiansen auf die Lösung, ausgiebig Linsen mit großer Brennweite zu verwenden, was gleichzeitig Nähe und Distanz erzeugt und den von Carlsen erwünschten Effekt ermöglicht. Außerdem wurden zwar bei den Aufnahmen alle anachronistischen Gegenstände aus dem Bildbereich entfernt oder verdeckt, ansonsten aber nahm sich Carlsen bei der Ausstattung zurück. So waren etwa bei der Szene, in der sich Pontus bei der Feuerwehr bewirbt, historische Feuerwehrwagen zugegen. Doch statt damit zu prunken, beließ sie Carlsen kaum sichtbar in einem Schuppen.

"Ylajali"
Einen wichtigen Beitrag zur zeitlosen Wirkung von HUNGER leistet die wunderbare Musik von Krzysztof Komeda. Carlsen hatte den polnischen Jazz-Pianisten und Komponisten einige Jahre zuvor in einem Jazzclub in Kopenhagen kennengelernt. Komeda ist Filmfreunden vor allem als regelmäßiger Tonsetzer für Roman Polanski bekannt - er schrieb schon die Musik für einige von Polanskis frühen Kurzfilmen, und dann für alle Spielfilme von DAS MESSER IM WASSER bis ROSEMARY'S BABY mit Ausnahme von EKEL. Doch auch für Carlsen wurde Komeda zum Stammkomponisten. Die beiden wurden Freunde, und Komeda vertonte Carlsens Spielfilme von HVAD MED OS? (1963) über KATTORNA und HUNGER bis zu SIE TREFFEN SICH, SIE LIEBEN SICH, UND IHR HERZ IST VOLLER SÜSSER MUSIK (1967). Komeda hätte die Zusammenarbeit mit Polanski und Carlsen (und weiteren Regisseuren wie Jerzy Skolimowski) fortgesetzt, wenn er nicht 1969 an den Folgen eines tragischen Unfalls verstorben wäre. Sein sparsam komponierter und sparsam eingesetzter Soundtrack für HUNGER wird dominiert von sphärisch-künstlich klingenden Streichern und minimalistisch angeordneten Klaviertönen. Mich hat diese Musik etwas an Scores von Giovanni Fusco für Resnais oder Antonioni erinnert.

Abendliches Rendezvous ...
HUNGER ist in den USA auf einer DVD mit englischen und französischen Untertiteln, sowie in Dänemark mit Untertiteln in gleich acht Sprachen, darunter Deutsch, erschienen. Beide Ausgaben bieten als Bonus ein 40-minütiges Video-Statement mit Carlsen, in dem er die Entstehungsgeschichte des Films nacherzählt sowie einige seiner künstlerischen Entscheidungen nachvollziehbar macht. Als weiterer Bonusfilm ist jeweils ein halbstündiges Gespräch enthalten, das (in gut verständlichem Englisch) Paul Auster und Hamsuns Enkelin Regine Hamsun 2002 über den Film und seine Begleitumstände führten. Eine französische DVD gibt es daneben auch noch. Und in Norwegen ist gar eine Box mit sechs DVDs (mit Untertiteln in verschiedenen Sprachen) erschienen, die fünf Hamsun-Verfilmungen (neben HUNGER u.a. der ebenfalls von Henning Carlsen inszenierte PAN sowie der oben erwähnte MARKENS GRØDE) sowie Jan Troells 1996 gedrehte Hamsun-Biografie mit Max von Sydow in der Titelrolle enthält. - 2001 drehte die Regisseurin Maria Giese mit HUNGER eine nach Los Angeles versetzte Version von Hamsuns Roman, und der aktuelle griechische Film TO AGORI TROEI TO FAGITO TOU POULIOU, den David kürzlich auf der Viennale sah, gilt als freie Übertragung des Stoffs in die Welt der griechischen Sparpolitik (ob zu Recht oder nicht, sei dahingestellt).

... mit unbefriedigendem Ausgang