Samstag, 17. März 2018

Die Mauern von Malapaga

DIE MAUERN VON MALAPAGA (ital. LE MURA DI MALAPAGA, franz. AU-DELÀ DES GRILLES, auch LES MURS DE MALAPAGE)
Italien/Frankreich 1949
Regie: René Clément
Darsteller: Jean Gabin (Pierre), Isa Miranda (Marta/Malin), Vera Talchi (Cecchina/Janine), Andrea Checchi (Giuseppe), Robert Dalban (Bosco)


Der nicht mehr ganz junge Pierre ist auf der Flucht: In Frankreich hat er in einem Anfall rasender Eifersucht seine junge Frau oder Geliebte getötet, und die französische Polizei ist ihm schon auf den Fersen. Mit Hilfe des Matrosen Bosco kann er unter Deck eines Frachtschiffes entkommen, aber das fährt erst mal nur bis Genua und liegt da einige Tage vor Anker. Am besten sollte Pierre auf dem Schiff bleiben und die Weiterfahrt abwarten, doch dummerweise wird er gerade von unerträglichen Zahnschmerzen geplagt. So geht er, ohne Italienisch zu können, von Bord, um sich vom erstbesten Zahnarzt behandeln zu lassen und dann so schnell wie möglich zurückzukommen. Weil er nur Francs bei sich hat, wechselt er im Hafenviertel einen Teil davon in italienisches Geld, doch dabei gerät er an einen Ganoven, der ihm Falschgeld andreht und den Rest des Geldes klaut, ohne dass es Pierre zunächst bemerkt. Die ca. zwölfjährige Cecchina (in der deutschen Synchronfassung Janine), die ihm über den Weg läuft, bringt ihn zum Zahnarzt - sie spricht Französisch, denn sie ist mit ihrer Mutter erst kürzlich aus Nizza nach Genua gekommen. Beim Zahnarzt bemerkt Pierre den Verlust des Geldes, aber der Doktor zieht ihm den eitrigen Zahn trotzdem, freilich ohne Betäubung. Jetzt hat Pierre richtig Hunger, zugleich ist sein Kampfgeist auf ein Minimum geschwunden, und so beschließt er, sich der Polizei zu stellen - im Gefängnis wird man ihn wenigstens durchfüttern. Als ihn auf dem Polizeirevier zunächst mal niemand beachtet und eine Kellnerin aus einem Restaurant um die Ecke eine Mahlzeit bringt, ändert Pierre seinen Plan etwas: Er folgt der Kellnerin in ihr Lokal, um sich kostenlos den Bauch vollzuschlagen und danach zur Polizei zurückzukehren - mehr als der Totschlag wird ihm die Zechprellerei auch nicht einbringen.


Pierre gönnt sich also ein üppiges Essen und unterhält sich dabei mit Marta, der Kellnerin (in der deutschen Synchro heißt sie Malin). Wie sich erweist, ist sie die Mutter von Cecchina, und sie hat gerade Probleme: Sie hat sich in Nizza von ihrem herrschsüchtigen Mann Giuseppe, der zudem eine anrüchige Bar betreibt, getrennt und ist nach Genua geflohen, doch jetzt hat sie Giuseppe aufgespürt. Er bedroht Marta und will Cecchina mit sich nach Nizza nehmen. Just während Pierres Festmahl taucht er im Lokal auf, und Cecchina entkommt ihm nur, weil Pierre gerade im Weg steht. Als es ans Bezahlen geht, nimmt Marta die falschen Scheine entgegen und dreht es so hin, dass für den Wirt nicht mehr erkennbar ist, wer mit Falschgeld bezahlt hat, und sie gibt Pierre sogar noch echtes Wechselgeld zurück. Danach begleitet er Marta noch ein Stück auf ihrem Weg nach Hause, und er wehrt dabei souverän einen erneuten Angriff von Giuseppe ab, der ihr aufgelauert hat. Nun will Pierre, gut gestärkt und mit frischem Mut, nicht mehr zur Polizei, sondern bei Dunkelheit zurück auf das Schiff. Doch man kommt leichter aus dem Hafen heraus als in ihn hinein - Pierre schafft es nicht, an den Wachen vorbeizukommen. Damit er nicht auf der Straße übernachten muss, geht er zurück zu Martas Wohnhaus und fragt sich zu ihr durch. Marta ist von seiner Rückkehr überrascht und zwar einerseits nicht unerfreut, aber andererseits will sie seine Anwesenheit vor Cecchina geheim halten, und so bringt sie Pierre in ein Turmgeschoß, das als Dachboden dient, und bereitet ihm dort eine notdürftige Schlafstelle, die er mit Cecchinas Huhn teilt.

Giuseppe auf der Lauer
In Genua beginnen bekanntlich gleich hinter der Küste die Berge, und so ist ein Teil der Stadt von schmalen, steilen Gassen geprägt. Die "Mauern von Malapaga", das sind ein Teil der umfangreichen alten Stadtmauern, von denen sich in Genua mehr als in jeder anderen italienischen Stadt erhalten hat. Da gab es einst Forts und Kasematten, auch einen Schuldnerturm, und viele dieser trutzigen Gemäuer beherbergen nun, nach dem Zweiten Weltkrieg, schäbige Mietskasernen für die Gestrandeten. Auch Marta wohnt mit Cecchina in so einer von den äußeren Dimensionen her eindrucksvollen, aber halb verfallenen Wohnburg, die mal ein Kloster war, weit über der Küstenlinie. - Pierre schläft sich also auf dem Dachboden gründlich aus, und bei seiner Unterhaltung mit Marta am nächsten Vormittag hat sich an seinen Plänen nichts geändert - er will immer noch versuchen, so schnell wie möglich auf das Schiff zu kommen. Marta dagegen will ihn überreden, in Genua zu bleiben und eine falsche Identität anzunehmen. Sie sagt es noch nicht, aber es ist offensichtlich, dass sie auf eine gemeinsame Zukunft mit ihm hofft. Unterdessen hat Giuseppe Cecchina auf dem Schulweg aufgelauert, um sie zu entführen. Doch sie macht soviel öffentlichen Aufruhr, dass Giuseppe, Marta und Cecchina zur Klärung des Vorfalls bei der Polizei landen. Bis zu einer endgültigen gerichtlichen Klärung behält Marta recht, und Giuseppe kündigt an, vorerst nach Nizza zurückzufahren. Er wird nun nicht mehr im Film auftauchen.


Marta hatte nach Pierres Übernachtung seine Anwesenheit immer noch vor Cecchina verheimlicht, doch die hat längst den Braten gerochen. Cecchinas Haltung Pierre gegenüber ist komplex und wechselhaft. Zunächst fand sie ihn interessant und war sichtlich stolz darauf, dass er ihre Hilfe benötigte, um den Zahnarzt zu finden. Doch jetzt, wo sie bemerkt, dass sich ihre Mutter für ihn interessiert (und sie auch noch ausschließt, indem sie nichts davon erzählt), wird sie eifersüchtig und empfindet Pierre als Eindringling, den sie loswerden will. Doch bei der Polizei ist sie natürlich loyal und erzählt nichts von Pierres Anwesenheit, weil das ein schlechtes Licht auf Marta werfen würde. Aber danach wird der Konflikt zwischen Mutter und Tochter deutlich, und Marta und Pierre fragen sich nun, ob Cecchina auch etwas von Pierres nächtlichem Mordgeständnis Marta gegenüber mitgekriegt hat. Cecchina sieht ihre Chance, Pierre loszuwerden, indem sie ihn mitten am Tag durch den Vordereingang in den Hafen schleust - mit ihr als Begleiterin erregt er keine Aufmerksamkeit. Nun ist es an Pierre, eine Entscheidung zu treffen. - Als Cecchina danach Marta im Lokal trifft, erzählt sie nur die halbe Wahrheit, nämlich dass Pierre auf dem Schiff ist und nicht mehr zurückkommt. Ihre eigene Rolle dabei unterschlägt Cecchina. Doch als die beiden nach Hause kommen, ist Pierre zu ihrer Überraschung schon da. Er hat sich im Hafen für Marta entschieden und ließ sich nur noch von Bosco seinen Koffer aushändigen, der noch an Bord war, und in dem er auch noch eine größere Menge Geld und einige Wertsachen hatte.

Mietskaserne; rechts unten: dort, im Turm, hat Pierre übernachtet
Pierre nutzt den bescheidenen Geldsegen, um Marta einige neue Kleider zu kaufen, und die beiden machen einen Ausflug. Die Welt der beiden scheint nun in guter Ordnung zu sein, doch in Wirklichkeit ist sie zum Untergang verdammt. Die französische Polizei hat sich mit der italienischen in Verbindung gesetzt, bei dem Ganoven, der Pierre beklaut hatte, fand man seinen Ausweis, und über den Zahnarzt hat sich die Genueser Polizei inzwischen zu Martas Restaurant vorgearbeitet und ihre Adresse herausgefunden. Auch wenn in der Mietskaserne kein Mensch der Polizei gegenüber jemals von Pierre gehört hat (obwohl alle von seiner Anwesenheit wissen, weil es hier keine Geheimnisse gibt) - es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis man ihn schnappen und nach Frankreich ausliefern wird. Cecchina, nun wieder loyal, will Pierre vor der Polizei warnen, wenn er vom Ausflug zurückkommt. Doch Pierre und Marta übernachten irgendwo (und schlafen wahrscheinlich miteinander, doch das wird zumindest in der deutschen Fassung ausgeklammert), so dass Cecchina Warnungen mit Kreide an die Mauern kritzelt und dann draußen auf den Stufen einschläft. Dort sehen sie dann Pierre und Marta bei ihrer Rückkehr, wollen sie umgehen - und laufen gerade deshalb der Polizei in die Arme. Pierre wird verhaftet, und er resigniert umgehend. Marta bleibt mit Cecchina zurück. Sie wird ihn wohl nie wiedersehen.

Cecchina mit Huhn, und beim Grübeln: Was soll sie mit Pierre anfangen?
Poetischer Realismus trifft Kino der Qualität trifft Neorealismus. So ungefähr könnte man DIE MAUERN VON MALAPAGA in einem Satz zusammenfassen. Fangen wir mit dem Neorealismus an. Dafür war einerseits der Schauplatz Genua zuständig. Zwar entstanden die Innenaufnahmen in Rom, aber es wurde viel on location in den Straßen und Gassen von Genua gedreht. Kameramann Louis Page fängt hier wuselndes Leben in den Straßen ebenso wie reichlich Spuren des Zerfalls ein, und gelegentlich fragt man sich, ob das Spuren des Krieges sind, oder ob der Verfall hier schon seit Jahrzehnten, wenn nicht Jahrhunderten am Werk ist. Dem Neorealismus zuzurechnen waren auch Cesare Zavattini und Suso Cecchi D'Amico, die zusammen mit Alfredo Guarini, dem Produzenten des Films (und Ehemann von Isa Miranda), die erste Drehbuchfassung schrieben. Cesare Zavattini war nicht nur ein sehr produktiver Drehbuchautor, sondern auch ein Vordenker und Theoretiker des Neorealismus. Besonders eng war seine Zusammenarbeit als Autor mit De Sica, für den er bei rund zwei Dutzend Filmen am Drehbuch mitarbeitete, darunter Hauptwerke des Neorealismus wie SCHUHPUTZER (SCIUSCIÀ), FAHRRADDIEBE und UMBERTO D. Aber auch mit anderen Regiegrößen von Antonioni über Fellini bis Visconti hat Zavattini zusammengearbeitet. Nicht minder beeindruckend ist das Œuvre von Suso Cecchi D'Amico, die ebenfalls an FAHRRADDIEBE beteiligt war, aber vor allem mit Visconti (u.a. SENSO, WEISSE NÄCHTE, ROCCO UND SEINE BRÜDER, DER LEOPARD) und später Zefirelli eng zusammenarbeitete. - "Kino der Qualität", das klingt zunächst mal positiv, aber es war ein negativ besetzter Kampfbegriff. So wie die Regisseure des Jungen Deutschen Films gegen "Papas Kino" antraten, so hatten die Kritiker der Cahiers du cinéma und baldigen Regisseure der Nouvelle Vague eben das "Kino der Qualität" (cinéma de qualité) oder die "Tradition der Qualität" (tradition de la qualité) als Feindbild auserkoren, gegen das sie unermüdlich polemisierten. Verstanden wurde darunter der französische Nachkriegsfilm, der sich ihrer Meinung nach durch ein Übermaß an sterilen Literaturverfilmungen auszeichnete. Typische und von den Cahiers-Kritikern angegriffene Regisseure waren etwa Claude Autant-Lara, Jean Delannoy, Henri-Georges Clouzot und auch René Clément.

Über den Dächern von ... nicht Nizza, sondern Genua
Nun muss man die damaligen Bilderstürmer von den Cahiers du cinéma in ihrem jugendlichen Überschwang zwar verstehen (und sie ließen ihren Worten ja auch Taten folgen), aber ihren Urteilen über die Geschmähten muss man sich nur partiell anschließen - oft schossen sie über das Ziel hinaus oder lagen ganz daneben, und das gilt auch für den vor allem von Truffaut angegriffenen Clément. Der hatte nach Lehrjahren als Mitarbeiter von Jacques Tati und als Dokumentarfilmer 1946 seinen semidokumentarischen ersten Spielfilm BATAILLE DU RAIL (SCHIENENSCHLACHT) vorgelegt, der ein Kapitel aus der Geschichte der Résistance in der französischen Eisenbahn rekapituliert. Im selben Jahr war Clément als technischer Berater oder (ungenannter) Co-Regisseur an Jean Cocteaus LA BELLE ET LA BÊTE beteiligt (mir ist nicht ganz klar, wie groß sein Anteil daran tatsächlich war). DIE MAUERN VON MALAPAGA war Cléments vierter Spielfilm, 1952 hatte er mit JEUX INTERDITS (VERBOTENE SPIELE) seinen vielleicht größten Erfolg. Auch danach hatte er interessante Filme vorzuweisen. Er probierte dabei viele Stile und Genres (was manchmal zu seinen Ungunsten ausgelegt wurde). René Cléments letzter Film erschien 1975, aber er lebte noch bis 1996.


Geradezu archetypische Vertreter des "Kino der Qualität" waren Jean Aurenche und Pierre Bost, die das Drehbuch von Zavattini, Cecchi D'Amico und Guarini noch überarbeiteten und insbesondere für die französischen Dialoge zuständig waren. Fast immer gemeinsam (bis zu Bosts Tod 1975) schrieben sie Drehbücher wie am Fließband. Der direkteste Cahiers-Angriff auf das Kino der Qualität bestand in Truffauts Artikel "Eine gewisse Tendenz im französischen Film" (Une certaine tendance du cinéma français) vom Januar 1954, und darin griff er auch Aurenche und Bost frontal an. Aber auch wenn Truffaut und seine Mitstreiter zeitweise die Meinungshoheit errangen, so überstanden das Aurenche und Bost unbeschadet. Sie blieben produktiv und schrieben in späteren Jahren beispielsweise die (meiner Meinung nach) besten Filme von Bertrand Tavernier.

Zerfall
War da nicht noch was? Ach ja, Poetischer Realismus. Da denkt man an Filme wie Duviviers PÉPÉ LE MOKO, Renoirs LA BÊTE HUMAINE und Carnés LE QUAI DES BRUMES und LE JOUR SE LÈVE. In all diesen Filmen treibt Jean Gabin seinem scheinbar unentrinnbaren Schicksal entgegen, und am Schluss des Films wird er verhaftet (PÉPÉ LE MOKO) oder er stirbt (in den anderen drei Beispielen). DIE MAUERN VON MALAPAGA nimmt quasi als Reprise dieses Handlungsmuster noch einmal auf. Aber 1949 war nicht nur der Schauspieler Jean Gabin sichtlich um ein Jahrzehnt gealtert, sondern auch die Figur Pierre lässt viel vom Mut und der Energie der Vorgänger aus den 30er Jahren vermissen. Nur halbherzig kämpft er um seine Zukunft, und mehr als einmal will er vorzeitig aufgeben und sich der Polizei stellen. Für Gabin waren die 40er Jahre ein schlechter Abschnitt, was seine Karriere betraf. Nur sechs Filme mit ihm kamen in diesem Jahrzehnt heraus, ein herber Rückschritt gegenüber seinem Triumphzug in der zweiten Hälfte der 30er Jahre. Erst in den 50er Jahren, als er sich in das neue Rollenbild des gesetzten älteren Herrn eingefügt hatte (der dann immer noch Gangster ebenso wie Kommissar sein konnte), startete er wieder durch. DIE MAUERN VON MALAPAGA fällt also in eine Übergangsperiode für ihn.

Der letzte Ausflug
Gabin hat gelegentlich seine Filmpartnerinnen an die Wand gespielt, in geradezu peinlichem Ausmaß beispielsweise in LES BAS-FONDS (NACHTASYL). Doch in DIE MAUERN VON MALAPAGA hat er in Isa Miranda eine in jeder Hinsicht gleichwertige Partnerin. Von ihren Anfängen in den 30er bis in die 50er Jahre war sie einer der größten weiblichan Stars im italienischen und europäischen Film (auch einen kurzen Abstecher nach Hollywood machte sie). Danach begann ihr Ruhm zu verblassen, auch wenn sie weiter aktiv blieb, und sie geriet in finanzielle Nöte. In DIE MAUERN VON MALAPAGA sieht man mit ihr keinen Star am Werk, sondern eine gänzlich unprätentiöse und ausdrucksstarke Darstellerin. Es ist einfach wunderbar, wie sie die Kellnerin verkörpert, die mit 34 schon die Hoffnung auf das große Glück aufgegeben hat, die nun die sich bietende Chance mit aller Kraft festhalten will und dafür auch den Konflikt mit ihrer Tochter in Kauf nimmt. Miranda bekam dafür 1949 in Cannes den Preis für die beste Darstellerin, wie auch Clément den für die beste Regie bekam. Und schließlich gab es für DIE MAUERN VON MALAPAGA auch noch den Oscar für den besten fremdsprachigen Film.

Cecchina kritzelt Warnungen an die Mauern - und schläft dann ein
DIE MAUERN VON MALAPAGA ist in Italien und Frankreich auf diversen DVDs erschienen. - Eine gewisse Verwirrung herrscht bezüglich der Laufzeit des Films. Die üblichen Quellen nennen 104 Minuten für Italien, 95 Minuten für Frankreich und 87 Minuten für Deutschland. Doch die Zensurfreigabe für Italien vom Juni 1949 nennt eine Länge von 2410 Metern, was einer Laufzeit von 88 Minuten entspricht. Wo da noch Platz für eine 104-minütige Version ist, weiß ich nicht. Und die 88 Minuten sind schon nah an den 87 Minuten der deutschen Version (woraus im Fernsehen durch den PAL-Speedup 83 Minuten werden). Falls die italienische Version einen längeren Vorspann hat als die deutsche, könnten die beiden Versionen sogar ansonsten gleich lang sein. Auf YouTube findet man derzeit eine französische Fassung von 83 Minuten, also exakt die Länge der deutschen Version. Ist das (bzw. im Kino 87 oder 88 Minuten) womöglich die tatsächliche Originallänge? Doch für die französischen DVDs wird auf Amazon eine Laufzeit von 95 Minuten angegeben (was dann im Kino sogar 99 Minuten ergeben müsste). Ich werde da nicht schlau daraus. - Wie dem auch sein mag: Die deutsche Synchronfassung (die ich bis jetzt als einzige kenne) mit einer TV-Länge von 83 Minuten findet man in ausgezeichneter Bildqualität auf archive.org als Stream und Download. Quelle ist eine Ausstrahlung im MDR. Ob man dieses Angebot auch in Deutschland als legal betrachten kann, entzieht sich meiner Kenntnis.

2 Kommentare:

  1. Ich hab jetzt mal die Originalversion auf youtube geschaut (mit sehr zweifelhafter Bildqualität, dafür aber mit Gabins unbezahlbarer Originalstimme). Kein QUAI DES BRUMES (wie viele Filme können das von sich behaupten?), aber durchaus sehr sehenswert. Viele schöne „kleine“ Momente: das Huhn, das eben aus dem Dachboden rausgeschmissen wurde und sich zunächst mit der Katze etwas rumbalgt, dann ein paar Schritte spaziert und schließlich vom Nachbarn aufgegriffen und zu Cecchina zurück gebracht wird. Gabin, der während der Busfahrt sehnsüchtig aus dem Fenster den vorbeiziehenden Hafen anschaut. Und natürlich überhaupt das Zusammenspielen von Gabin und Miranda.
    Ein sehr interessanter Aspekt übrigens, der in der deutschen Synchronfassung wahrscheinlich komplett untergeht: der Film ist genuin zweisprachig. Die Dialoge sind zu gut mindestens einem Drittel italienisch. Das Italienische wird auch nicht „kurz gehalten“ (wie z. B. das Deutsche in THE THIRD MAN, der in der Grundsituation – Ausländer in fremder Nachkriegsstadt – ähnlich gelagert ist). Das gibt dem Film einen ganz eigenen Reiz.
    Tja, René Clément… Den Vorgänger-Film LES MAUDITS fand ich geradezu haarsträubend langweilig und fürchterlich steif (die perfekte Vorlage für „Qualitätskino“-Vorwürfe). LE PASSAGER DE LA PLUIE erschien mir ich durch eine besonders grausige deutsche Synchro sehr mühselig, bräuchte wahrscheinlich auf Englisch oder Französisch eine zweite Chance von mir. Dafür ist PLEIN SOLEIL nicht nur ein feiner Hitchock’ianischer Thriller, sondern enthält auch eine der wunderschönsten, plot-abseitigen „Nebenszenen“ (Alain Delons Spaziergang durch den Fischmarkt – hier zu bewundern: https://www.youtube.com/watch?v=r0QDVrC7cps). Und Cléments letzten beiden Filme versprechen offenbar eine spannende, experimentierfreudige Altersradikalität.

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    1. Italienische Dialoge ohne Untertitel, etwa zwischen dem Wirt und seiner Frau oder auf dem Polizeirevier, gibt es auch in der deutschen Fassung. Zumindest ein Teil der Zweisprachigkeit wurde also bewahrt.

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