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Mittwoch, 20. April 2016

Monsieur Fantômas, fliegende Fäuste, ein Glasauge und ein Abstecher nach Lourdes

Belgische Avantgarde 1927-1937

Fantômas und seine Herzensdame
Die Königlich Belgische Cinematek (früher mal Cinémathèque, aber man muss ja mit der Zeit gehen) ist eine ehrwürdige Einrichtung, die sich vor allem unter ihrem langjährigen Leiter Jacques Ledoux (der in Chris Markers LA JETÉE den sinistren Chefwissenschaftler gab) große Reputation erwarb. In der Öffentlichkeit bei weitem nicht so bekannt wie sein französischer Kollege Henri Langlois, genoss Ledoux bei Filmhistorikern und filmhistorisch interessierten Filmschaffenden einen ähnlich legendären Status. Zu den heutigen Aufgaben der Cinematek gehört es auch, belgisches Filmschaffen aus vielen Jahrzehnten auf DVD und Blu-ray herauszubringen. Hier geht es nun um ein 2009 erschienenes Set aus zwei DVDs, das zehn belgische Avantgardefilme aus den Jahren 1927 bis 1937 von vier Regisseuren versammelt. Alle Filme sind schwarzweiß, und alle sind Stummfilme, auch die aus den 30er Jahren, als sich im kommerziellen Kino längst der Tonfilm durchgesetzt hatte. Für das DVD-Set wurden die Filme mit Musik versehen, eigens von sieben belgischen Komponisten geschrieben und vom Antwerpener HERMESensemble eingespielt. Sie werden alle im Booklet vorgestellt, ich will hier aber nicht weiter auf die Soundtracks eingehen. Das informative Booklet ist dreisprachig (Französisch/Niederländisch/Englisch), und für die Zwischentitel der Filme (falls vorhanden) liegen entsprechende Untertitel vor. Genau betrachtet ist das Booklet ein Buch, und an den Innenseiten der Buchdeckel sind die Halterungen der DVDs eingeklebt. Die meisten der für das Set verwendeten Kopien sind mehr oder weniger zerkratzt, und eine ist schon etwas von Zersetzung befallen. Besonders gute Bildqualität sollte man also nicht erwarten. Bestellen kann man das Set direkt bei der Cinematek, man bekommt es aber auch bei Amazon und anderswo.

Bei den Regisseuren handelt es sich um Henri Storck, Charles Dekeukeleire, Henri d'Ursel und Ernst Moerman. Henri Storck ist sicher der bekannteste von ihnen - er ist auch der einzige, den ich schon kannte, bevor ich von dem DVD-Set zum ersten Mal las. Storck und Dekeukeleire waren produktive Regisseure, die sich nach ihren Anfängen in der Avantgarde vorwiegend oder ausschließlich dem Dokumentarfilm zuwandten. Jeder der beiden ist hier mit vier Filmen vertreten. Die anderen beiden dagegen haben jeweils nur einen Film gedreht. Keiner von ihnen war ein künstlerischer Einzelkämpfer, vielmehr pflegten sie vielfältige Kontakte zu anderen Mitgliedern der zeitgenössischen belgischen und französischen Avantgarde - Regisseure, Maler, Dichter und Schriftsteller. Storck, Dekeukeleire und d'Ursel waren auch miteinander befreundet. Moerman gehörte wohl nicht zu diesem engeren Kreis, dafür zählte beispielsweise Jean Cocteau zu seinen Freunden. Zwei der Regisseure waren direkt mit der Cinematek verbunden: Henri Storck war 1938 einer ihrer drei Gründer, und Henri d'Ursel war 25 Jahre lang Vizepräsident der Institution.

Henri Storck (ganz links) in ZÉRO DE CONDUITE; Jacques Ledoux in LA JETÉE
Und nun zu den einzelnen Filmen. Die Anordnung auf den DVDs ist etwas eigenwillig. Ich weiche hier davon ab und bespreche die Filme nach den Regisseuren geordnet, und bei Storck und Dekeukeleire in chronologischer Reihenfolge.



Der aus Ostende stammende Henri Storck (1907-1999) hatte schon in jungen Jahren Kontakt zu Künstlern wie James Ensor, Léon Spilliaert und Michel de Ghelderode. 1927 sah er in einem Filmclub Robert Flahertys MOANA und wurde dadurch für den künstlerisch ambitionierten Dokumentarfilm gewonnen, 1928 gründete er mit einem Freund einen Filmclub, und ab 1929 drehte er selbst Filme. Anfang der 30er Jahre verbrachte Storck einige Zeit in Paris, wo er als (unbezahlter) Kameraassistent für Germaine Dulac arbeitete und einen Job bei Gaumont hatte. Er befreundete sich auch mit Jean Vigo, hatte einen kurzen Auftritt als ein Priester in dessen ZÉRO DE CONDUITE (1933) und wirkte auch hinter der Kamera bei diesem Film mit, wohl als Regieassistent (aber bei Vigos freier und familiärer Arbeitsweise ließ sich das nicht so säuberlich abgrenzen). 1933 entstand auch MISÈRE AU BORINAGE, der auf Storcks Initiative gemeinsam von ihm und seinem holländischen Kollegen Joris Ivens inszeniert wurde. Dieser Dokumentarfilm zeigt ungeschminkt die miserablen Lebensbedingungen der Arbeiter in einem belgischen Kohlerevier, vergleichbar vielleicht mit Luis Buñuels LAS HURDES aus demselben Jahr über eine bettelarme Region in Spanien. Er enthält auch einige Spielszenen, in denen sich die Bergarbeiter im Stil Flahertys selbst darstellen. MISÈRE AU BORINAGE und der 1944 gedrehte zweistündige BOERENSYMFONIE dürften Storcks bekannteste Filme sein. 1985 drehte er den letzten seiner rund 30 Filme, über den Maler Constant Permeke aus Ostende, den er selbst gut gekannt hatte, und der sogar mit seiner Familie verschwägert war.

POUR VOS BEAUX YEUX
POUR VOS BEAUX YEUX
1929
6:31 min (die Zeitangaben stammen alle aus dem Booklet, in Wirklichkeit sind alle Laufzeiten etwas länger)
Darsteller: Henry Van Vyve (der junge Mann), Félix Labisse, Ninette Labisse, Alfred Courmes

POUR VOS BEAUX YEUX
Ein junger Mann findet auf der Straße zufällig ein Glasauge und entwickelt eine Obsession dafür. Dieser surrealistische Film ist deutlich von Buñuels und Dalís UN CHIEN ANDALOU inspiriert. Der war zwar 1929 noch gar nicht in Belgien gezeigt worden, aber sein Ruf war ihm vorausgeeilt. Schockmomente wie das durchgeschnittene Auge gibt es bei Storck aber nicht. Die Idee zu dem Film und das Drehbuch stammten von dem mit Storck befreundeten surrealistischen Maler Félix Labisse, der auch eine kleine Rolle spielt (in ZÉRO DE CONDUITE spielte Labisse ebenfalls mit). POUR VOS BEAUX YEUX war lange verschollen, tauchte aber irgendwann wieder auf.

IMAGES D'OSTENDE - der Hafen


IMAGES D'OSTENDE
1929
10:55 min

IMAGES D'OSTENDE - Uferpromenade und Strand
Die "Bilder von Ostende" sind ein Film ohne Handlung, auch ohne dokumentarische Narration. Stattdessen gibt es poetisch aneinandergereihte Bilder, die vor allem zeigen, dass Ostende eine Stadt am Meer ist: Zu sehen sind der Hafen, die windgepeitschte Uferpromenade, Strand und Sanddünen, und das Meer selbst, Wellen, die sich am Ufer brechen, schaumige Gischt. IMAGES D'OSTENDE ist der erste von Storcks Ostende-Filmen, dem im Lauf der Jahre noch etliche weitere folgen sollten, was Storck zu so etwas wie dem offiziellen Filmchronisten seiner Heimatstadt machte.

HISTOIRE DU SOLDAT INCONNU
HISTOIRE DU SOLDAT INCONNU
1932
10:38 min

HISTOIRE DU SOLDAT INCONNU
Für diese "Geschichte des unbekannten Soldaten" drehte Storck keinen Meter selbst, sondern er montierte dafür 1928 gedrehtes Wochenschaumaterial. In diesem Jahr 1928 wurde der Briand-Kellogg-Pakt, der Angriffskriege völkerrechtswidrig machte, von zunächst elf und am Ende 62 Staaten unterzeichnet, und Storcks Film ist ein pessimistischer Kommentar dazu. Zu sehen sind Szenen militärischer Natur, dazwischen auch Gewaltszenen anderer Art. Es gibt damals modernes Kriegsgerät wie Kampfflugzeuge und Schlachtschiffe, doch im Mittelpunkt steht nicht die Kriegstechnik, sondern der ungebrochene Geist des Militarismus. Ehrenwerte und weniger ehrenwerte Figuren des Zeitgeschehens von Aristide Briand über Marschall Pétain bis Mussolini treten auf, Geistliche segnen Waffen, es gibt Truppenparaden, militärische Umzüge und Zeremonien - jede Menge Pomp und Brimborium, das sich kaum von dem des Hurra-Patriotismus im Ersten Weltkrieg unterscheidet. Storck sagt damit recht unverblümt, dass der Friedensvertrag kaum das Papier wert ist, auf dem er geschrieben steht - wie wir wissen, sollte er Recht behalten. In Frankreich wurde HISTOIRE DU SOLDAT INCONNU als "Beleidigung der Armee" klassifiziert und verboten.

SUR LES BORDS DE LA CAMÉRA
SUR LES BORDS DE LA CAMÉRA
1932
10:47 min

SUR LES BORDS DE LA CAMÉRA
Ein Film im selben Modus wie der vorige, wiederum aus Wochenschauschnipseln von 1928 montiert - ich nehme an, dass sich Storck für beide Filme gleich beim selben Fundus an Ausgangsmaterial bedient hat. Doch hier gibt es kein einzelnes hervorgehobenes Thema, sondern eine wilde Mischung: Kollektive sportliche Aktivitäten verschiedener Art auf freiem Feld, auch ein Skispringer in Zeitlupe mit den damals üblichen rudernden Armbewegungen, ein nacktes Baby, eine Erwachsenen-Ganzkörpertaufe, Seelöwen auf einem Felsen in der Brandung, ein Dirigent - vorwiegend harmlose oder positiv besetzte Szenen, teilweise ironisierend aneinandergereiht. Aber dazwischen auch Negatives wie ein Begräbnis, Strafgefangene im Gefängnishof, brennende Gebäude und Schiffe. Die fehlende Fokussierung auf ein Thema, das mehr freie Assoziieren rücken diesen Film mehr als den Vorgänger in die Nähe der Filmcollagen von Joseph Cornell, dem amerikanischen Großmeister des found-footage-Films (als dieser Begriff noch auf echtes und nicht selbst fabriziertes "Fremdmaterial" abhob).



Charles Dekeukeleire (1905-1971) aus dem Großraum Brüssel gehörte in seinen Anfängen zum Dunstkreis der Künstlergruppe 7 Arts und ihrer gleichnamigen Zeitschrift. Diese Gruppierung stand dem Surrealismus ablehnend gegenüber, auf filmischem Gebiet wurde stattdessen das cinéma pur favorisiert, und zu Dekeukeleires Einflüssen zählten Germaine Dulac, Jean Epstein und auch Dsiga Wertow. Dekeukeleire war als Regisseur noch produktiver als Storck; er hinterließ ungefähr 80 Filme (nach einer Quelle sogar 100), seit den frühen 30er Jahren vorwiegend konventionelle Dokumentarfilme.


COMBAT DE BOXE
1927
7:30 min

COMBAT DE BOXE
Dekeukeleires erster Film gilt zugleich als einer der ersten, wenn nicht der erste belgische Avantgardefilm - und es ist cinéma pur in Reinkultur. Es gibt das zu sehen, was der Titel verspricht, nämlich einen Boxkampf. Wer da gegeneinander kämpft, und wer am Ende gewinnt, wird nicht verraten, denn es spielt keine Rolle. (Tatsächlich war es kein echter Kampf, sondern er wurde von zwei Boxern für den Film gestellt.) Der Weg ist sozusagen das Ziel. Zwar wird die gewohnte Dramaturgie beibehalten - es beginnt mit dem Ticketverkauf am Schalter, dann findet der Kampf statt, und am Ende ist einer K.O. - doch das alles wird durch schnelle Montage, sehr harte Kontraste, extreme Nahaufnahmen, Doppelbelichtung und teilweise sogar Negativaufnahmen fast bis zur Abstraktion verfremdet. COMBAT DE BOXE ist sozusagen die reine Essenz eines Boxfilms, und er wirkt auf mich ungemein modern. Inspiriert wurde er von einem Gedicht von Paul Werrie, wie Dekeukeleire Mitglied von 7 Arts.


IMPATIENCE
1928
36:20 min
Darstellerin: Yonnie Selma

IMPATIENCE
Mit IMPATIENCE setzte Dekeukeleire die Tendenz zur Abstraktion und zum "reinen Kino" fort. Eine Texttafel am Anfang stellt die "Personen" vor:

DER BERG
DAS MOTORRAD
DIE FRAU
ABSTRAKTE BLÖCKE

IMPATIENCE
Und das gibt es dann auch zu sehen, abwechselnd in einem durchkalkulierten Rhythmus: Der "Berg", bestehend aus belgischen Mittelgebirgslandschaften, die aus der Fahrt (vielleicht mit dem Motorrad) heraus gefilmt werden, gelegentlich in Bewegungsunschärfe verschwimmend; das Motorrad, das nie als Ganzes gezeigt wird, sondern einzelne Teile in Großaufnahme - meist der Motorblock aus verschiedenen Richtungen, aber gelegentlich auch andere Bestandteile, wie der Gummiball der Handhupe. Das Motorrad ist in Bewegung, oder zumindest läuft der Motor, so dass die gezeigten Teile mehr oder weniger stark vibrieren. Die Frau, gespielt von Yonnie Selma von der reisenden Theatertruppe Vlaamsche Volkstooneel; mal in schwarzer Motorradkluft, mal völlig nackt, wobei sie aber nur entweder schulterfrei von vorne oder so von hinten oder der Seite zu sehen ist, dass voyeuristische Blicke kaum bedient werden. Und schließlich die grafisch-abstrakten quaderförmigen Blöcke. Diese vier Bestandteile oder "Darsteller" sind nie gleichzeitig zu sehen, sondern wechseln sich immer wieder ab. Zu so etwas wie einer Handlung fügt sich dieses Wechselspiel nicht zusammen, was die Geduld des einen oder anderen Zusehers sicher auf die Probe stellt. Ich finde die Idee und die Durchführung durchaus ansprechend, hätte aber auch nichts dagegen, wenn der Film zehn Minuten kürzer wäre.


HISTOIRE DE DÉTECTIVE
1929
50:52 min
Darsteller: Pierre Bourgeois (Monsieur Jonathan)

HISTOIRE DE DÉTECTIVE - der Detektiv und sein Arbeitsgerät
Hier nun gibt es (vordergründig) einen echten Plot: Madame Jonathan beauftragt den Privatdetektiv T, herauszufinden, was ihr Mann während langer unerklärter Abwesenheiten so treibt. (Dargestellt wird Monsieur Jonathan von dem Dichter Pierre Bourgeois, der zusammen mit seinem Bruder, dem bekannten Architekten Victor Bourgeois, 1922 die 7 Arts gegründet hatte.) Detektiv T, dessen bevorzugtes Arbeitsgerät eine tragbare Filmkamera ist, findet schnell heraus, dass es um keine amourösen Abenteuer geht. Vielmehr ist Monsieur Jonathan auf der Suche nach etwas, von dem er selbst nicht genau weiß, was es ist. Er ist leer, ausgebrannt, depressiv - "neurasthenisch", wie man früher sagte, und wie auf einer Texttafel am Anfang geschrieben steht. Es folgen weitere Zwischentitel (die teilweise grafisch aufwändig gestaltet sind), doch bald dienen sie immer weniger dazu, die Handlung voranzutreiben, und die Bilder, die das von T gefilmte "Beweismaterial" repräsentieren, korrespondieren auch immer weniger damit. Das wurde schon in der ersten Texttafel angekündigt: Es wird Lücken im Bildmaterial geben, und der in der ersten Person sprechende Dekeukeleire (oder ein fiktiver Erzähler) wird aus Respekt vor "seinem Freund T" diese Lücken nicht schließen.

Startpunkt ist Brüssel, das von einem Gewitter aus schnellen Schnitten, Bewegungsunschärfe und Doppelbelichtung visualisiert wird, und von dort fährt Jonathan (und in seinem Kielwasser der Detektiv) kreuz und quer durch Belgien (mit einem Abstecher nach Luxemburg), um schließlich in Brügge zu landen. Und dort, wo dann mehr als die Hälfte des Films spielt, versandet der Plot endgültig, dreht sich im Kreis, verliert sich in (scheinbaren?) Nebensächlichkeiten. So fährt Jonathan x-mal zwischen Brügge und dem Nordseestrand hin und her, und es ist wiederholt eine kleine Brücke vor alten Gebäuden zu sehen, auf der Jonathan herumsteht oder ziellos mal in die eine, mal in die andere Richtung geht. HISTOIRE DE DÉTECTIVE ist nicht wirklich ein Detektivfilm, sondern eher die Dekonstruktion eines Detektivfilms (und die Bezeichnung "Thriller" in der IMDb ist komplett daneben).

HISTOIRE DE DÉTECTIVE
Dafür geht es zwischen den Zeilen auch um andere Dinge. Der filmende Detektiv T ist zu sehen, wie er mit seiner Kamera und weiteren Filmutensilien hantiert, und wie er entwickelte Filme in der Hand hält und betrachtet. In diesen Szenen erinnert HISTOIRE DE DÉTECTIVE ein bisschen an Dsiga Wertows DER MANN MIT DER KAMERA. Der hatte schon im Januar 1929 Premiere, und auch wenn er wahrscheinlich nicht so schnell in Belgien zu sehen war, könnte die Kunde davon rechtzeitig zum Wertow-Bewunderer Dekeukeleire vorgedrungen sein, um ihn noch zu beeinflussen. T filmt nicht nur sein Zielobjekt Monsieur Jonathan, sondern auch seine Auftraggeberin, und implizit geht es auch um den voyeuristischen Blick des Detektivs (= des Kameramannes/Regisseurs), was auch an Wertows Konzept des "Kino-Auge" (dokumentarisches Filmen mit versteckter Kamera) anknüpft. HISTOIRE DE DÉTECTIVE zeigt auch eine leichte Annäherung an den Surrealismus. Einzelne kurze Sequenzen könnten durchaus aus einem surrealistischen Film stammen, oder würden da zumindest auch hineinpassen. Doch in seiner Gesamtwirkung ist HISTOIRE DE DÉTECTIVE für mich nach wie vor kein surrealistischer Film - er ist irgendwas anderes, ohne dass ich ihn klassifizieren könnte. - Eine ausführliche Analyse von IMPATIENCE und HISTOIRE DE DÉTECTIVE mit weiteren Hintergrundinformationen über Dekeukeleire gibt es in diesem Artikel von Kristin Thompson.

VISIONS DE LOURDES
VISIONS DE LOURDES
1932
17:54 min

VISIONS DE LOURDES
Der Titel verrät, worum es geht: Um Ansichten von Lourdes. Es beginnt mit den schroffen, von Schnee und Eis bedeckten Pyrenäengipfeln in der Nähe des Wallfahrtsorts, die in einer eigenwilligen Montage (mit Meereswellen als Überbrückung) in die berühmte Grotte überführt werden. Und dann folgen Bilder von der Architektur, den sakralen Plätzen und vor allem von den Pilgern und Wallfahrern, die Heilung von ihren Leiden suchen, und vom medizinischen und klerikalen "Bodenpersonal" vor Ort. VISIONS DE LOURDES markiert Dekeukeleires Hinwendung zum Dokumentarfilm, aber er ist noch alles andere als konventionell. Obwohl Dekeukeleire kritischer Katholik war und der Film von einer katholischen Jugendorganisation beauftragt wurde, wirkt Lourdes hier irgendwie unheimlich, morbid, fast bedrohlich auf mich. Streckenweise hat mich der Film etwas an TRÍPTICO ELEMENTAL DE ESPAÑA erinnert, auch wenn er dann doch nicht so radikal ist wie Val del Omars erstaunliches Werk.




Henri Charles François Joseph Marie, 8e duc d'Ursel et d'Hoboken, Comte de Saint-Empire, oder etwas handlicher Henri d'Ursel (1900-1974), verbrachte schon einen Teil seiner Schulzeit in Frankreich, und ab 1925 lebte der gut betuchte Aristokrat und Bankier für einige Jahre in Paris, wo er vielfältige künstlerische Kontakte pflegte, etwa mit Abel Gance, René Clair und dessen Bruder Henri Chomette (der mit Filmen wie JEUX DES REFLETS ET DE LA VITESSE und CINQ MINUTES DE CINÉMA PUR ein wichtiger Vertreter des cinéma pur war). Er war mit dem Vicomte Charles de Noailles verwandt, der zusammen mit seiner Frau Marie-Laure de Noailles Man Rays LES MYSTÈRES DU CHÂTEAU DE DÉ (1929), Buñuels und Dalís L'ÂGE D'OR (1930) und Cocteaus LE SANG D'UN POÈTE (1932) finanzierte, und in ersterem Film hatte d'Ursel einen kleinen Auftritt. Er war auch als ein Assistent an den Dreharbeiten zu Carl Theodor Dreyers LA PASSION DE JEANNE D'ARC beteiligt. 1929 lernte d'Ursel den surrealistischen Dichter Georges Hugnet kennen, und nachdem dieser erfuhr, dass d'Ursel auch mal einen Film drehen wollte, schrieb Hugnet das Drehbuch, und er spielte dann die männliche Hauptrolle. - In den 30er Jahren kehrte d'Ursel nach Belgien zurück. 1937 stiftete er den Preis Le prix de l'image für innovative Drehbücher, 1944 gründete er den prestigeträchtigen Filmclub Le Séminaire des Arts, und er entfaltete weitere Aktivitäten. Wie schon erwähnt, war er mit Storck und Dekeukeleire befreundet, und er war 25 Jahre in leitender Funktion in der Cinematek tätig. Professor für Filmgeschichte an der Brüsseler Kunsthochschule La Cambre wurde er auch irgendwann. Die Monate, in denen LA PERLE entstand, hat er später als die aufregendste Zeit seines Lebens bezeichnet.

LA PERLE - delikates Versteck für eine Perlenkette; Diebin à la Irma Vep
LA PERLE
1929
33:23 min
Darsteller: Georges Hugnet (Georges, der Mann), Kissa Kouprine (die Diebin), Mary Stutz (Lulu, die Verlobte), Renée Savoye (Schlafwandlerin)

LA PERLE - die Schlafwandlerin
So wie in POUR VOS BEAUX YEUX ein Glasauge, wird in dem in und um Paris gedrehten surrealistischen LA PERLE eine Perle zum obskuren Objekt der Begierde eines jungen Mannes. Es beginnt harmlos: Eine Auster wird aus dem Meer (eine Fantasie-Unterwasserwelt à la Méliès) geholt, die Perle daraus befreit und zu einer Perlenkette verarbeitet. Unterdessen sitzt eine schöne blonde Frau in einem paradiesischen Garten und wartet auf ihren Verlobten Georges. Dieser ist schon zu ihr unterwegs, und auf dem Weg kauft er in einem Juwelierladen die Kette mit der fraglichen Perle. Er hatte den Laden auf einer belebten Straße mitten in Paris betreten, doch als er den Laden durch dieselbe Tür verlässt, befindet er sich in einer ländlichen Gegend - und damit beginnen die Merkwürdigkeiten. Eine schöne Juwelendiebin setzt sich auf seine Fersen und will die Kette stehlen. Als die Kette zerreißt, kann sich die Diebin der einen besonderen Perle bemächtigen und entkommen. Georges trifft sie wieder, erwürgt sie und holt die Perle aus ihrem Mund - doch vielleicht ist das nur ein Traum. In einem Hotel begegnet Georges abermals der Diebin, die nun einen Bodysuit à la Irma Vep trägt, der von Musidora gespielten Schurkin aus Louis Feuillades LES VAMPIRES. (Die französischen Dadaisten und Surrealisten waren große Fans von Fantômas, der Pulp-Romane ebenso wie von Louis Feuillades Verfilmungen, und von weiteren Serials von Feuillade wie eben LES VAMPIRES.) Doch plötzlich gibt es zwei der Diebinnen im Bodysuit, vielleicht sogar viele, die sich in den Korridoren herumtreiben. Eine ganze Diebesbande, oder multiple Inkarnation derselben Frau? Georges verfällt der Diebin und schläft mit ihr, will ihr sogar die Kette schenken, doch die gelangt auf unergründliche Weise in den Besitz einer Schlafwandlerin auf dem Dach des Hotels. Am Ende gelingt es der Diebin noch einmal, die Kette an sich zu bringen, doch das geht schlecht für sie aus ...

MONSIEUR FANTÔMAS - der Erzschurke in 1000 Verkleidungen
Es herrscht eine gewisse düstere und fatalistische Grundstimmung in LA PERLE, und obwohl viel gerannt wird, bewegen sich die Personen auch immer wieder wie in Trance. Mich hat das mehr an Maya Deren erinnert als an Buñuel und Pariser Kollegen. Der Film schlug auch weniger ein als UN CHIEN ANDALOU und L'ÂGE D'OR, fand aber doch gewissen Anklang, und offenbar zog der Autor Hugnet mehr Aufmerksamkeit auf sich als der Regisseur d'Ursel (was Letzteren aber seiner eigenen Aussage nach freute). Vielleicht trug LA PERLE dazu bei, dass Hugnet Aufnahme in den engeren Kreis der Surrealisten um André Breton fand (aus dem er 1939 wieder ausgeschlossen wurde). Als sie den Film drehten, hatten d'Ursel und Hugnet von den praktischen Dingen des Filmemachens keine Ahnung, aber ihr Kameramann Marc Bujard hatte schon bei Abel Gances J'ACCUSE! und LA ROUE hinter der Kamera gestanden. Kissa Kouprine ist die einzige professionelle Filmschauspielerin in allen hier versammelten Filmen. Sie kam auf ungefähr ein Dutzend Filme, darunter mindestens fünf von Marcel L'Herbier. 1956, in der Tauwetterperiode nach Stalins Tod, ging die gebürtige Russin in ihre Heimat zurück.



MONSIEUR FANTÔMAS
Wie gerade eben erwähnt, pflegten viele französische Avantgardisten eine Leidenschaft für Fantômas, und das galt auch für manche der belgischen Kollegen, darunter Ernst Moerman (1897-1944). In seiner Kindheit flog er von einigen Schulen, darunter eine Kadettenanstalt (in die ihn vermutlich sein Vater, ein Offizier, gesteckt hatte), weil er vor einem General pinkelte. Vielleicht war es auch der Vater, der indirekt für Moermans starken Antimilitarismus, Antiklerikalismus und Spöttertum verantwortlich war. Trotz seines etwas unsteten Bildungswegs absolvierte Moerman ein Jura-Studium und erhielt die Zulassung zum Rechtsanwalt. Zuvor hatte er einige Monate auf See und dann, während des Ersten Weltkriegs, längere Zeit in holländischem Gewahrsam verbracht. Passenderweise arbeitete er dann einige Zeit als Rechtsvertreter der Vereinigung der belgischen Filmregisseure. Doch seine Leidenschaft galt nicht der Juristerei, sondern der Kunst. Schon in seiner Studentenzeit hatte er sich einem progressivem Poetenzirkel in Brüssel angeschlossen, und er spielte Banjo in einem Jazz-Sextett, das aus lauter promovierten Juristen bestand. Zu seinen Freunden aus der Kunstszene zählten u.a. der Schriftsteller und Jurist Robert Goffin, der Dichter und Journalist Carlos de Radzitzky, Paul Éluard und, wie schon erwähnt, Jean Cocteau. 1933 veröffentlichte Moerman die Gedicht- und Prosasammlung Fantômas 1933 poèmes (eines der Gedichte darin ist Louis Armstrong gewidmet); ein anderes seiner Werke trägt den Titel La vie imaginaire de Jésus-Christ. Trotz seiner Möglichkeiten als Jurist war Moerman meist schlecht bei Kasse, und seine schlechte Gesundheit zwang ihn zu Aufenthalten in Sanatorien. In seinen letzten Jahren lebte Moerman in einem Wohnwagen. Gemäß dem Motto "it's better to burn out than to fade away" zündete Moerman die Kerze von beiden Seiten an, wie es etwas blumig im Booklet heißt, und lebte ein Leben auf der Überholspur. Man erzählte, man habe ihn eines Tages tot in seinem Wohnwagen aufgefunden, doch tatsächlich starb er in einem Krankenhaus an Tuberkulose.

MONSIEUR FANTÔMAS - sind sie nicht ein schönes Paar?
MONSIEUR FANTÔMAS
1937
17:16 min
Darsteller: Jean Michel (Fantômas), Trudi Van Tonderen (Elvire)

MONSIEUR FANTÔMAS - die Polizei steht vor einer verschlossenen Tür,
da kann man nichts machen ... oder doch?
In einem Nonnenkloster gehen befremdliche Dinge vor, und dahinter steckt kein anderer als Fantômas. Doch der Erzschurke ist verwundbarer als sonst, denn er ist auf der Suche nach seiner Geliebten Elvire. Die Polizei unter Chefinspektor Juve ist ihm schon auf den Fersen, und bald ist er eingekreist. Doch Fantômas wäre nicht Fantômas, wenn er nicht immer noch einen Trick auf Lager hätte ...

MONSIEUR FANTÔMAS
So wie HISTOIRE DE DÉTECTIVE nicht wirklich ein Detektivfilm ist, ist MONSIEUR FANTÔMAS kein "echter" Fantômas-Film, sondern, wie es schon in den Credits am Anfang explizit heißt, ein surrealistischer Film. Doch während in POUR VOS BEAUX YEUX die Atmosphäre neutral und in LA PERLE eher düster ist, ist in MONSIEUR FANTÔMAS die Stimmung heiter und ausgelassen. Tatsächlich handelt es sich eher um eine Persiflage als um einen "ernsthaften" surrealistischen Film. Moerman verstand ihn als Übertragung seines Textbands Fantômas 1933 in ein anderes Medium (natürlich auch in der Hoffnung auf ein größeres Publikum). Wenn LA PERLE durch den professionellen Kameramann und Kissa Kouprine davor bewahrt wurde, ein reiner Amateurfilm zu sein, so ist MONSIEUR FANTÔMAS genau das. Keiner der Mitwirkenden hatte technische Erfahrung im Film; gedreht wurde mit einem Mini-Budget an einem Strand mit Dünen und in einem alten Kloster. Doch all das gereicht dem Film nicht zum Nachteil, ganz im Gegenteil: Er wirkt frisch, spontan und sehr unterhaltsam, mit einer Fülle an schönen Bildideen. Moerman verteilt fleißig (vorwiegend visuelle) Seitenhiebe gegen Polizei und Klerus, die aber, etwa im Vergleich zu L'ÂGE D'OR, letztlich relativ harmlos bleiben, so dass es keinen Skandal gab.

MONSIEUR FANTÔMAS - Chefinspektor Juve instruiert seine Männer
MONSIEUR FANTÔMAS - der Schurke ist umzingelt, doch dann ...

Moerman brachte einige Referenzen zu anderen Kunstwerken in seinem Film unter: Ein Zitat der Treppe von Odessa aus PANZERKREUZER POTEMKIN, den Gedichtband Capitale de la douleur (Hauptstadt der Schmerzen) seines Freundes Paul Éluard, und das Gemälde Le Viol (was "Die Vergewaltigung" bedeutet) von René Magritte. Ich weiß nicht, ob Moerman auch mit Magritte befreundet war, aber er schätzte ihn auf jeden Fall als Maler. Die Aufnahme des Films bei den "offiziellen" Surrealisten war eher verhalten, aber der vielleicht nicht ganz unparteiische Éluard zeigte sich begeistert und verglich ihn mit UN CHIEN ANDALOU. - Fantômas-Darsteller Jean Michel, bürgerlich Léon-Michel Smet, war der Vater von Johnny Hallyday, was ihm für einige Zeit eine gewisse Prominenz sicherte.

MONSIEUR FANTÔMAS - Le Viol von Magritte


Wenn ich an dem DVD-Set etwas auszusetzen habe, dann die Tatsache, dass die erste DVD nur eine gute Stunde dauert (die zweite dagegen weit über zwei Stunden - wie ich schon schrieb, ist die Anordnung der Filme etwas merkwürdig). Da wäre also noch Platz für mehr gewesen, etwa WITTE VLAM (1930) von Dekeukeleire, MISÈRE AU BORINAGE von Storck & Ivens, oder auch für den "Nachzügler" L'IMITATION DU CINÉMA (1959) von Marcel Mariën. Dann hätte zwar der Titel des Sets nicht mehr gepasst, aber was soll's. Doch das ist Jammern auf hohem Niveau - "Avant-Garde 1927-1937" ist eine sehr lobenswerte Veröffentlichung. Einige der Filme findet man natürlich auch auf den üblichen Videoportalen.

MONSIEUR FANTÔMAS - Fantômas vor Gericht; die Hinrichtung des Schurken steht bevor ... oder?

Montag, 16. Juni 2014

(Post-)koloniale Stillleben mit Akt und andere Vergnüglichkeiten


TIM FRAZER JAGT DEN GEHEIMNISVOLLEN MISTER X
Österreich/Belgien 1964
Regie: Ernst Hofbauer
Darsteller: Adrian Hoven (Tim Frazer), Paul Löwinger (Inspektor Stoffels), Corny Collins (Janine), Ady Berber (Lode van Dijk), Mady Rahl (Rosalie), Hector Camerlynck (Jeroom), Ellen Schwiers (Farida), Sieghardt Rupp (Jack van Druten), Marcel Hendrickx (anatolischer Konsul)




Eine Mordserie im Hafen Antwerpens versetzt die Stadt und besonders die Hafenarbeiter in Angst und Schrecken. Die belgische Polizei lädt den britischen Polizisten Tim Frazer ein, damit er zusammen mit Inspektor Stoffels an der Aufklärung des Falls mitwirkt. Die Morde werden stets mit einem Stilett durchgeführt, und ein Fingerabdruck führt zum Kleinkriminellen Jack van Druten, der verhaftet wird. Doch die Mordserie endet damit nicht, auch nicht als Lode van Dijk, der Bruder des letzten Opfers, sich als Köder anbietet. Die Regelmäßigkeit der Mordserie – alle zehn Tage – deutet auf einen Zusammenhang mit dem Schifffahrplan hin und ein Joint bei einem der Opfer lässt als Hintergrund eine Drogenschmuggel-Affäre vermuten. Deren Spur führt Frazer und Stoffels in zwei „einschlägige“ Etablissements, die miteinander Geschäfte machen und deren Besitzerinnen Rosalie und Farida sich gegenseitig Schutz bieten: eine zwielichtige Arbeiter-Bar (die „Sansibar“) und ein gehobeneres Tanzlokal mit Bordellbetrieb im ersten Stock (die „Madison“). In letzterem verkehrt auch der anatolische Konsul, der etwas mit dem Schmuggel zu tun haben könnte, jedoch später ermordet wird. Mordanschläge gibt es auch gegen Frazer: einmal versucht ihn ein Handlanger zu töten, der kurz nach gescheitertem Attentat von seinen Auftraggebern ermordet wird, und einmal macht Frazer Bekanntschaft mit einer Autobombe. Derweil möchte Janine, Frazers Verlobte, diesem bei der Verbrechersuche helfen und schleust sich ohne dessen Wissen als Kellnerin in Rosalies „Sansibar“ ein, wird aber enttarnt. Frazer, Stoffels und Lode treten zum Showdown an...

Falls das alles nach einer überkomplizierten, überstrapazierten und überkonstruierten Räuberpistole klingt, hängt das damit zusammen, dass dies lediglich eine verkürzte Plot-Zusammenfassung ist und das, was „dazwischen“ passiert, wesentlich reizvoller ist. TIM FRAZER JAGT DEN GEHEIMNISVOLLEN MISTER X nutzt seine Räuberpistole gewissermaßen als Hülle, als Gefäß für eine prall gefüllte Wundertüte an skurrilen, lustigen, befremdlichen, reißerischen, irritierenden, experimentellen Ideen. In seinen Details, seinen kleinen Einfällen ist der Film fast schon besessen. So entwickelt der Film zwar keine narrative Konsistenz, aber eine Konsistenz der Bemühung, möglichst jede Szene interessant zu machen.

Wie TIM FRAZER JAGT DEN GEHEIMNISVOLLEN MISTER X unter der Oberfläche funktioniert, sieht man am deutlichsten an einer Szene, die man vielleicht am besten „(Post)koloniales Stillleben mit Akt und Rotweinflasche“ betiteln könnte. Jack van Druten, ein ehemaliger Falschspieler, ist gerade verhaftet worden und wird Stoffels und Frazer zwecks Verhör vorgeführt. Sein Fingerabdruck befand sich auf der letzten Mordwaffe (später wird klar, dass er völlig unbeteiligt ist und sein Fingerabdruck ohne sein Wissen in Stempelform nachgeahmt wurde). Wie so üblich bei solchen Befragungen wird van Druten nach seinem Alibi befragt. Wer nicht nur hinhört, sondern genau hinsieht, wird im Hintergrund zwei merkwürdige Elemente sehen: an der Wand eine Karte von Belgisch-Kongo und auf einem kleinen Beistelltisch eine halbvolle (oder halbleere) Flasche Rotwein: Beides Elemente, die in einer Polizeistation im Belgien des Jahres 1963/64 (nichts weist darauf hin, dass Film in der Vergangenheit spielt) eigentlich ziemlich deplatziert wirken. Gänzlich absurd wird das Ganze dann, als van Druten sich vor dieser Szenerie ausziehen soll, um zu zeigen, dass er keinerlei Kratzspuren am Körper hat (das letzte Mordopfer hatte Hautpartikeln unter seinen Fingernägeln). – So einfach lässt sich eine etwas geschwätzige Verhörszene auflockern. Später wird das Stillleben übrigens einer Entziehungskur unterzogen: die Belgisch-Kongo-Karte ist immer noch im Hintergrund zu sehen, doch wo einst die Weinflasche stand, steht nun eine Thermoskanne. Vielleicht wurde aber einfach nur der Rotwein in ein diskreteres Gefäß umgefüllt?

Später im Film gibt es keine Verhör- und Befragungsszenen mehr, sondern nur noch im Keim erstickte Ansätze von solchen. Als Frazer und Stoffels jeweils in der „Madison“ und in der „Sansibar“ zur Morgenzeit Befragungen durchführen wollen, kommt es zu denkwürdigen Begegnungen. In der leeren „Sansibar“ versucht sich Inspektor Stoffels zunächst erfolglos am Spielautomaten, bevor er von der im Pyjama gekleideten Besitzerin Rosalie munter mit „Na Dicker, jetzt schon saufen? Ist das nicht ein bisschen früh?“ begrüßt wird. Eher schroff und lustlos antwortet sie auf die Fragen des Inspektors. Ihr Lebensgefährte und Gehilfe Jeroom kommt dazu. Beide Wirte beide haben Kratzer an Hals und Armen und amüsieren sich darüber, dass sie sich gestritten haben – und sich nun wieder vertragen: „Sehr lustig mit ihr. Na inzwischen haben wir uns ja versöhnt. Und die Versöhnung war nicht ohne. Was, Schatzi?“, so Jeroom. Nach dem Wust an Ehestreitereien, Versöhnungssex und der Bereitschaft zu noch einer Runde Versöhnungssex, der ihm unter die Nase gerieben wird, entfernt sich Inspektor Stoffels mürrisch, nicht ohne vorher zu meckern, dass der Spielautomat nicht funktioniert.

Derweilen unterhält sich auch Frazer bestens im „Madison“. Er wird von einer nicht mehr frisch aussehenden Dame empfangen, die – große Schlücke direkt aus der Flasche trinkend – die Treppen herunterstolpert, zur Jukebox torkelt, eine Nummer wählt und anfängt zu tanzen. „Empfangen“ ist zu viel gesagt, da die Dame Frazer aufgrund ihres hohen Blutalkoholspiegels wohl nicht wahrnimmt. Die Herrin des Hauses Farida taucht aber doch noch auf (wie Rosalie im Lokal gleich gegenüber ebenfalls mit Pyjama gekleidet, aber drapiert in einem Pelzmantel) und scheucht ihre Mitarbeiterin weg. Wirklich viele Fragen wird sie Frazer nicht beantworten, bevor sie ihn wieder hinausbittet, nachdem ein grimmig aussehender Handlanger aufgetaucht ist.
Auch hier überwiegt wieder der Wunsch von Regisseur und Autor Ernst Hofbauer, eine potentielle „talking-head“-Szene mit Skurrilem aufzulockern, der Wunsch, mehr über Atmosphäre und Aktion als über Dialog zu erzählen. Ein Versuch, der zu zwei herrlich witzigen Szenen in Parallelmontage führt.

Nachdem nun nach und nach die ganzen Bande an Verdächtigen eingeführt worden ist (Farida, ihr Handlanger, Rosalie, Jeroom, der anatolische Konsul), werden die Karten an einem Abend in der „Madison“ wieder neu gemischt. Frazer und Stoffels haben durch einen anonymen Anruf erfahren, dass dort der nunmehr sechste Mord stattfinden soll. Am Höhepunkt des Abends, als eine Sängerin ein Lied mit dem Titel „J‘ai péché“ (Ich habe gesündigt) zum Besten gibt, versuchen Stoffels und Frazer den Überblick über die anwesenden Personen im Raum zu behalten – vergeblich: der anatolische Konsul stürzt beim Applaus mit einem Stilett im Rücken nieder. Es ist eine bemerkenswerte Szene, die ein auflockerndes musikalisches Intermezzo mit einem Moment der Hochspannung  und einem Hauch schwarzem Humor verknüpft.

TIM FRAZER JAGT DEN GEHEIMNISVOLLEN MISTER X wartet im letzten Drittel auch gleich mit zwei fantastischen Verfolgungsjagden auf. In der ersten verfolgt Lode Jeroom durch das Hinterzimmer der „Sansibar“, die verschlungenen Gassen Antwerpens, einen riesigen Parkplatz und den Hafen der Stadt. Das Ganze endet schließlich an einer Klappbrücke, die gerade hochgeklappt wird, und an der die beiden Männer noch hochklettern.

Wenig später findet das Showdown statt, in dem der Film seinen Titel einlöst: Frazer jagt den geheimnisvollen Mr. X, und die Verfolgungsjagd endet in einem unterirdischen Tunnelsystem (ob es sich um die U-Bahn handelt oder um ein Unterführungssystem, kann ich leider nicht sagen). Eine Actionszene mit großer Lust an der Bewegung und am atmosphärischen Setting, der einengend (in Höhe und Breite) und zugleich unendlich (in Länge) erscheint.

Neben diesen „großen“ Momenten glänzt TIM FRAZER JAGT DEN GEHEIMNISVOLLEN MISTER X auch mit vielen „kleinen“ Momenten, einige so kurz, dass man sie leicht übersehen kann. So erscheint es deplatziert, dass Tim Frazer in Stoffels Büro wie aus heiterem Himmel kurz in der Nase popelt. Scheinbar zufällig spaziert später eine schwarze Katze (die bekanntlich Unglück bringt) über den Bürgersteig, als Frazer sein Hotel verlässt, um mit einem Mietwagen weg zu fahren – den er jedoch mit Sprengstoff präpariert vorfindet. Des weiteren erfreut ein visuell unglaublicher Moment das Auge, als Lode durch den nächtlichen Hafen an einem Holzlattengitter vorbeiläuft. Die Kamera filmt durch das Gitter und folgt ihm in seinem entschiedenen Schritt. Die Gitter haben nur eine klar beleuchtete Kante, und so verschwimmt das ganze Bild für mehrere Sekunden zu einem wilden Stroboskop-Effekt.

Meine Ausführungen sind möglicherweise etwas disparat ausgefallen. Ohne richtigen roten Faden. Es fällt aber auch schwer, die Faszination dieses Films zu erklären. Diese vielen kleinen Einzelteile sind für sich genommen toll, aber passen oft irgendwie nicht zusammen, und ergeben meistens keinen Sinn. Oder vielleicht eben doch?
Aus welchen Gründen auch immer hat TIM FRAZER JAGT DEN GEHEIMNISVOLLEN MISTER X bei mir eine Assoziation an ein Zitat des US-amerikanischen Drehbuchautors A. I. Bezzerides erinnert, der über seine Arbeit zu KISS ME DEADLY folgendes sagte: „People ask me about the hidden meanings in the script, about the A-bomb, about McCarthyism, what does the poetry mean, and so on. And I can only say that I didn't think about it when I wrote it ... I was having fun with it. I wanted to make every scene, every character, interesting.“ TIM FRAZER JAGT DEN GEHEIMNISVOLLEN MISTER X ist nicht so grotesk, expressionistisch, gewalttätig, erotisch und explosiv wie KISS ME DEADLY, aber er ist auch in Film, in dem jede Szene, jeder Moment interessant gemacht wird. Natürlich bieten sich assoziativ auch andere Anknüpfungspunkte: die Autobombe, die bizarren Nonsense-Begegnungen.
Und die Tatsache, dass auch Tim Frazer eine gegen den Strich gelesene bzw. umgedeutete literarische Figur war. Frazer war die Erfindung des britischen Schriftstellers und Hörspielautors Francis Durbridge. Die Krimis des Briten waren in der Bundesrepublik sowieso sehr populär und wurden auch für Fernsehen und Kino adaptiert. Auch der Reihe um die Figur Tim Frazer wurde eine sechsteilige , eponyme Fernsehserie gewidmet, die der WDR Anfang 1963 ausstrahlte. TIM FRAZER JAGT DEN GEHEIMNISVOLLEN MISTER X orientierte sich allerdings weder an den Romanen und Hörspielen Durbridges, noch an seinem Stil: Tim Frazer ist nur der Name für einen komplett unabhängigen Film – der gleichwohl offensichtlich an den überwältigenden Erfolg der TV-Serie anknüpfen wollte. Das ging freilich nach hinten los: die Zuschauer erwarteten etwas anderes und der Film wurde dafür gerügt, dass er mit dem „echten“ Tim Frazer nichts zu tun habe.

TIM FRAZER JAGT DEN GEHEIMNISVOLLEN MR. X war der erste, eigene, abendfüllende Film des gebürtigen Wieners Ernst Hofbauer als Regisseur. In den späten 1940er und in den 1950er Jahren hatte er erste Erfahrungen im Kinogeschäft als Produktionsdesigner und Regieassistent bei österreichischen und bundesdeutschen Filmen gesammelt. In WIENER LUFT (1958) und AUCH MÄNNER SIND KEINE ENGEL (1959) teilte er sich die Regie-Credits mit Karl Leiter (der seine Filmkarriere 1920 begonnen hatte) und Walter Kolm-Veltée. Ein breites Publikum erreichte Hofbauer zunächst im Fernsehen, als Regisseur der ersten beiden Staffeln der äußerst populären Serie PERCY STUART im Jahre 1969. Ein Jahr drehte Hofbauer SCHULMÄDCHEN-REPORT: WAS ELTERN NICHT FÜR MÖGLICH HALTEN: nach Zuschauerzahlen noch 43 Jahre später der fünfterfolgreichste deutsche Film in deutschen Kinos. Der Erfolg führte in den nächsten zehn Jahren zu zwölf Fortsetzungen, die mehrheitlich ebenfalls vom Österreicher inszeniert wurden. Hofbauer blieb dem Sexfilm-Genre weitestgehend treu, drehte aber auch als Co-Regisseur Action- und Abenteuerfilme in der Türkei und in Hong Kong. Nur wenige Wochen nach der Premiere von RASPUTIN: ORGIEN AM ZAREN HOF starb Hofbauer mit nur 58 Jahren in München. Trotzdem er wie erwähnt Regisseur eines der fünf erfolgreichsten deutschen Filme überhaupt war, dürfte er den meisten deutschen Zuschauern unbekannt sein. In der deutschen Blogsphäre ist Hofbauer aber nicht unbekannt, hat ihn doch schließlich eine Untergruppe der Eskalierenden Träumer zu ihrem Heiligen Schutzpatron erklärt. Über den „Edgar G. Ulmer des deutschen Erotikfilms“ und seine Werke kann man bei „Eskalierende Träume“ mehr lesen.

Eine vielleicht noch schillerndere und abwechslungsreiche Karriere hatte Hauptdarsteller Adrian Hoven. In den 1950er Jahren war er sehr beliebt als „romantic lead“ in Komödien und Heimatfilmen. Bevor er in den 1970er Jahren wiederkehrend Nebenrollen in Fassbinder-Filmen spielte (WELT AM DRAHT, MARTHA, FAUSTRECHT DER FREIHEIT, MUTTER KÜSTERS‘ FAHRT ZUM HIMMEL, SATANSBRATEN, LILI MARLEEN etc.) begann er ab den mittleren 1960er Jahren, sich als Produzent und Regisseur zu betätigen. Sein erster Film DER MÖRDER MIT DEM SEIDENSCHAL, der film noir, Polizeikrimi, Gangstermilieu-Film und poetischen Kindheitsfilm mischt, floppte (leider) bei Publikum und Kritik. Manche sehen darin den Grund, dass sich Hoven danach ausschließlich Exploitation-Stoffen zuwandte. Als Produzent wirkte er an drei Filmen Jess Francos (NECRONOMICON – GETRÄUMTE SÜNDEN, ROTE LIPPEN SADISTEROTICA und KÜSS MICH MONSTER) mit, in denen er auch als Schauspieler auftrat. Als Regisseur drehte er die berühmt-berüchtigten Witchploitation-Filme HEXEN BIS AUFS BLUT GEQUÄLT und HEXEN – GESCHÄNDET UND ZU TODE GEQUÄLT. Ersterer schwankt übrigens in Deutschland zwischen Beschlagnahmungen und Liste-B-Indizierungen, während ihm in Österreich das Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft der Universität Wien eine internationale Konferenz widmet. Wie Hofbauer starb auch Hoven viel zu jung mit 58 Jahren.

Aufgrund seiner schieren körperlichen Präsenz erwähnenswert ist auch Ady Berber, der Lode van Dijk spielt. Dass der gebürtige Wiener Freistilringer war und dazu auch noch mehrfacher Europa- und Weltmeister, nimmt nicht gerade Wunder, wenn man den Mann sieht: 1,95 m (nach anderen Quellen gar 2,00 m) groß, 150 kg schwer. Er spielte nicht nur Nebenrollen in Edgar-Wallace-Filmen, und später auch in Hovens DER MÖRDER MIT DEM SEIDENSCHAL, sondern auch in Filmen wie BEN HUR und LOLA MONTÈS. In TIM FRAZER JAGT DEN GEHEIMNISVOLLEN MISTER X verknüpft er auf interessante Weise den Typus des sanften Riesen mit dem eines energischen Mannes, der bei der Aufklärung des Mordes an seinem Bruder mithelfen möchte und dabei auch Schläge austeilen kann, wenn man ihm in die Quere kommt.




TIM FRAZER JAGT DEN GEHEIMNISVOLLEN MISTER X ist als DVD beim Label „filmjuwelen“ erhältlich. Bild- und Tonqualität sind nicht überragend, aber okay.

Sonntag, 5. Juni 2011

Kurzbesprechung: BLUT AN DEN LIPPEN

BLUT AN DEN LIPPEN (LES LÈVRES ROUGE, auch LE ROUGE AUX LÈVRES, engl. DAUGHTERS OF DARKNESS, auch BLOOD ON THE LIPS und weitere Alternativtitel)
Belgien/Frankreich/Deutschland 1971
Regie: Harry Kümel
Darsteller: Delphine Seyrig (Elisabeth Bathory), John Karlen (Stefan), Danielle Ouimet (Valerie), Andrea Rau (Ilona), Paul Esser (Portier), Georges Jamin (Kriminalbeamter), Fons Rademakers (Mutter)

Ein frisch verheiratetes junges Paar, mit dem Zug unterwegs nach England, macht Halt in Ostende und steigt in einem Luxushotel am Strand ab - eigentlich nur für eine Nacht. Bis auf den alten Portier scheint das Hotel menschenleer. Doch dann treffen zwei weitere Gäste ein: Die ungarische Gräfin Elisabeth Bathory und ihre Zofe Ilona. Der Portier meint sich zu erinnern, dass die Gräfin schon einmal im Hotel abgestiegen ist - aber in seiner Jugend, also vor Jahrzehnten.


Das junge Paar gerät schnell in den Bann der mysteriösen Fremden. Die Gräfin scheint sich für Valerie, die Braut, zu interessieren, was Stefan, den Bräutigam, nervös und Ilona eifersüchtig macht. Valerie lernt dunkle Seiten ihres Ehemannes kennen, von denen sie bisher keine Ahnung hatte. Ein pensionierter Kriminalbeamter bringt weitere Unruhe. Er ist den beiden Ungarinnen aus Brügge hinterhergereist, wo sie zuvor abgestiegen waren - und wo mehrere junge Frauen ermordet und völlig blutleer aufgefunden wurden ...


Delphine Seyrig (LETZTES JAHR IN MARIENBAD, DER DISKRETE CHARME DER BOURGEOISIE, JEANNE DIELMAN) in einem (wenn auch zahmen) Horrorfilm am Rande der Exploitation? Harry Kümel hat es zuwege gebracht, mit Hilfe von Alain Resnais. Resnais war nicht nur Seyrigs Regisseur bei MARIENBAD und MURIEL ODER DIE ZEIT DER WIEDERKEHR, er und Seyrig waren damals auch ein Paar. Und er war und ist ein Fan von solchen Genrefilmen, und er überredete Seyrig, das Angebot anzunehmen. Mit ihrer mondänen Erscheinung und ihrer rauchigen Stimme ist sie die Idealbesetzung. Und ihre Kleider! Kümel nahm sich vor, sie in Szene zu setzen, wie es einst Josef von Sternberg in seinen Hollywoodfilmen mit Marlene Dietrich gemacht hatte, und das ist ihm gelungen. Manche Aufnahmen von ihr sind ziemlich atemberaubend.


Der Belgier Harry Kümel konnte 1971 mit seinem Geniestreich MALPERTUIS noch einen draufsetzen, dann verflachte seine Karriere etwas. Neben Arbeiten für Fernsehen und Theater wirkte er auch als Dozent für Film. Mit seiner Mischung von sanftem Horror am Rande des Trash und dezenter Erotik wandelt BLUT AN DEN LIPPEN in ähnlichen Spuren wie Filme von Jean Rollin aus dieser Zeit, z.B. der ähnlich betitelte LÈVRES DE SANG. Aber bei Kümel ist alles viel gediegener. Die Innenaufnahmen fanden in zwei sehr noblen Hotels in Brüssel bzw. Ostende statt, und Kümels Budget war zwar nicht üppig, dennoch hatte er viel mehr Geld zur Verfügung als Rollin jemals.


Das lag auch am Coproduzenten Luggi Waldleitner, der auch Andrea Rau einbrachte. Sie hatte zuvor in einigen deutschen Nackedeifilmchen mitgespielt. Eine große Schauspielerin vor dem Herrn ist sie wohl nicht, aber das musste sie hier auch nicht sein. Mit ihrem Schmollmund und ihrem Talent für laszive Bewegungen (sie hat eine Ausbildung als Tänzerin) ist sie ziemlich perfekt. Mit seinem luxuriösen bis schwülstigen Dekor und den schönen Frauen ist BLUT AN DEN LIPPEN ein Film für's (nicht nur männliche) Auge. Für Horrorfans im engeren Sinn ist er weniger geeignet. Dafür passiert zu wenig, und die Stimmung ist auch nicht wirklich unheimlich, eher morbid bis fatalistisch.


BLUT AN DEN LIPPEN ist in Deutschland, England, USA und weiteren Ländern auf diversen DVDs erschienen, die sich in Bildqualität und Bonusmaterial stark unterscheiden. Die üblichen Quellen wie OFDb und DVD Beaver bieten nähere Informationen. Der Film wurde aufgrund der internationalen Besetzung auf Englisch gedreht, die Sprachfassungen sind also überall identisch.