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Samstag, 14. März 2015

In eigener Sache: Alles nur geklaut ...

Im August 2013 habe ich hier über den schönen neuseeländischen Film UTU berichtet. Vor ungefähr einem Monat erschien UTU nun unter dem Titel DIE LETZTE SCHLACHT DER MAORIS in Deutschland auf einer DVD der Edel Germany GmbH. Als Inhaltsangabe ist Folgendes auf der Rückseite des Covers abgedruckt:
Neuseeland 1870: In der britischen Kolonie gibt es bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen den Kolonialtruppen und europäischen Siedlern (von den Maori Pakeha genannt) einerseits und den Maori andererseits. Aber nicht wenige Maori dienen auch als Soldaten und Scouts in der britischen Armee, darunter Te Wheke. Am Anfang wird ein Maori-Dorf ohne Anlass von einer Einheit der Armee überfallen und alle Einwohner - Alte, Frauen, Kinder - niedergemetzelt. Kurz darauf erscheint ein weiterer Trupp, der nichts davon weiß, und Te Wheke erkundet mit zwei anderen Soldaten die Lage. Entsetzt betrachtet er das Resultat des Gemetzels, dem auch sein Onkel zum Opfer gefallen ist, und er wechselt auf der Stelle die Fronten...
Diese Sätze kamen mir gleich irgendwie bekannt vor - kein Wunder, ich hatte sie ja selbst geschrieben. Das ist exakt der Anfang meines Artikels. Ich hatte aber weder der Edel Germany GmbH noch sonst jemandem Verwertungsrechte dafür eingeräumt. Die Edel Germany GmbH ist eine 100-prozentige Tochter der Edel AG, die nach Angaben auf ihrer Website über 800 Mitarbeiter beschäftigt. Es handelt sich also nicht um unbedarfte Amateure, die keine Ahnung vom Urheberrecht haben. Der fragliche Textteil von mir tauchte auch in Produktbeschreibungen der DVD auf Amazon, Ebay und in diversen anderen Online-Shops auf, wo man die DVD bestellen kann.

Irritiert bat ich Edel über ein Kontaktformular auf ihrer Website um eine Erklärung, erhielt jedoch keine Antwort. Das wurde mir nach einigen Tagen zu bunt, und ich beauftragte einen im Urheberrecht bewanderten Anwalt. Nach einer kostenlosen ersten Beratung verfasste der Anwalt eine Abmahnung gegen Edel. Diese enthielt die Forderung, Schadensersatz zu zahlen und eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Außerdem sollte die Gegenseite, wie in solchen Fällen üblich, das Honorar meines Anwalts übernehmen. Die Abmahnung enthielt auch ein Angebot zu einer gütlichen Einigung: Gegen Zahlung von 600 Euro an mich (sowie der Anwaltskosten) sollte der Schaden abgegolten und die weitere Nutzung meines Textes erlaubt sein. Zur Erfüllung der Forderungen wurde eine Frist von einer knappen Woche gesetzt. Edel hat das Einigungsangebot im Prinzip angenommen, aber noch ein bisschen gefeilscht (was in solchen Fällen wohl nicht unüblich ist) und den Betrag auf 450 Euro heruntergehandelt. Auch der Gegenstandswert wurde von 10.000 auf 7500 Euro reduziert, wodurch das Honorar meines Anwalts (das sich laut einschlägigem Gesetz (RVG) am Gegenstandswert orientiert) etwas geringer ausfiel. Diese Verhandlung wurde telefonisch zwischen den beiden Anwälten geführt. Ich nahm daran nicht teil, sondern gab nur nachträglich meine Zustimmung zum Ergebnis. Ich hatte aber auch schon im Vorfeld meinem Anwalt signalisiert, dass es mir nicht unbedingt darum geht, eine maximale Summe herauszuholen, und dass ich mit einem Betrag im mittleren dreistelligen Bereich durchaus zufrieden bin. Die Edel Germany GmbH zahlt nun also 450 Euro an mich und ca. 730 Euro an meinen Anwalt (und wenn der Anwalt von Edel nicht einer ihrer Hausjuristen ist, sondern, wonach es aussieht, eine externe Kanzlei beauftragt wurde, dürften der Firma dadurch noch weitere Kosten entstehen). Damit ist die Angelegenheit zu meiner Zufriedenheit erledigt.

Es wäre übrigens auch möglich gewesen, nicht nur gegen den Hersteller der DVD vorzugehen, sondern auch Amazon, Ebay-Verkäufer und alle anderen Shops, in denen mein Text auftaucht, abzumahnen und auf Unterlassung zu verpflichten. Davon habe ich Abstand genommen, weil die alle den Text ja in dem guten Glauben übernommen haben, dass sie es dürfen. Aber merke: Man kann auch unwissentlich eine Urheberrechtsverletzung begehen und dafür abgemahnt und zur Kasse gebeten werden. - Ein Aspekt hat bei der juristischen Betrachtung keine Rolle gespielt, ich möchte ihn aber nicht unerwähnt lassen. Auf dem Cover der DVD steht auch noch Folgendes:
"GROSSES KINO ÜBER UNSERE UREINWOHNER" NZ NEWS
"EIN GENIALER MAORI-WESTERN, TARANTINO HÄTTE SPASS DARAN" WHOKNOWSPRESENT.DE
Ich weiß nicht, ob es die NZ News wirklich gibt, und ob darin etwas über UTU geschrieben steht. Das zweite Zitat ist jedenfalls nicht authentisch. Zwar ist die URL falsch (hier hat copy&paste plötzlich nicht mehr funktioniert), es ist aber offensichtlich, dass wir damit gemeint sind. Der fragliche Satz steht aber überhaupt nicht in meinem Artikel, und auch sonst nirgends auf Whoknows Presents. Und ich hätte diesen Blödsinn auch nie geschrieben, denn wenn man ausgerechnet Tarantino als Referenz heranzieht, dann suggeriert man damit ja, dass UTU so etwas wie eine vergessene Trash-Perle ist - und das ist er bestimmt nicht. Hier wird mir also ein frei erfundenes Zitat mehr oder weniger in den Mund gelegt, auch wenn mein Name nicht genannt wird.

Zum Schluss noch ein paar Gedanken zur Höhe des Betrags von 450 Euro. Das ist viel und wenig zugleich, je nach Blickwinkel. Wenn man bedenkt, wieviel (oder eher wie wenig) viele Autoren und Journalisten nicht für fünf oder sechs Sätze, sondern für ganze Artikel bekommen (siehe beispielsweise hier), dann ist 450 Euro für einen Absatz mit gerade mal etwas über 100 Wörtern fast schon absurd hoch. Doch andererseits: Erstens hätte der Schuss für mich theoretisch auch nach hinten losgehen können. Edel war ja nicht verpflichtet, die Abmahnung zu akzeptieren. Wenn sie sich verweigert hätten, hätten wir vor Gericht ziehen und eine einstweilige Verfügung beantragen müssen. Und wenn wir vor Gericht gescheitert wären, wäre ich natürlich auf den Kosten sitzengeblieben, die zudem noch deutlich höher ausgefallen wären als bei einer bloßen Abmahnung (nämlich irgendwo im vierstelligen Bereich). Zwar war offensichtlich, dass der fragliche Text von mir stammt, aber es war nicht 100-prozentig sicher, ob er lang genug ist, um urheberrechtlich geschützt zu sein. Mein Anwalt war sich hier zwar ziemlich sicher, aber eben nicht absolut sicher, auch wenn es schon einschlägige Urteile in unserem Sinn gab. Als Ausgleich für dieses Kostenrisiko, das bei einem normalen Autorenhonorar natürlich nicht besteht, scheint mir 450 Euro durchaus angemessen zu sein. Und zweitens ist der Betrag ja das Ergebnis einer Einigung mit Edel. Ohne Einigung hätte sich unsere Schadensersatzforderung nach der Zahl der verkauften DVDs bemessen. Hier besteht ein Auskunftsanspruch, Edel hätte uns die Zahlen also übermitteln müssen (das hat sich durch die Einigung aber erübrigt, so dass ich nichts über die Verkaufszahlen weiß). Außerdem hätten wir dann Unterlassung verlangt, Edel hätte das Cover also durch ein anderes ersetzen müssen. Das alles wäre sicher deutlich teurer gewesen, Edel hat sich durch die Einigung also wahrscheinlich viel Geld gespart, ohne dass ich das jetzt beziffern könnte.

Trotzdem wurde es für Edel nicht ganz preiswert. Nun, die Firma wird dadurch nicht gleich in den Ruin getrieben. Billiger wäre es allerdings gewesen, wenn Edel auf meine erste Kontaktaufnahme reagiert und mir ein Angebot unterbreitet hätte. Dann hätte ich mich auch mit einem geringeren Betrag zufrieden gegeben, vor allem aber wären keine Anwaltskosten entstanden. Noch billiger wäre es geworden, wenn mich Edel von vornherein um Erlaubnis gefragt hätte - dann hätten sie diese paar Zeilen wohl für einen zweistelligen Betrag bekommen. Am allerbilligsten wäre es freilich gewesen, wenn sich ein Mitarbeiter von Edel selbst irgendeinen Text aus den Fingern gesaugt hätte - doch dazu hat es offenbar aus irgendwelchen Gründen nicht gereicht. So bin ich also nun um 450 Euro und eine interessante Erfahrung reicher. Und die Moral von der Geschicht: Fürcht' den Gang zum Anwalt nicht!     :-Þ

Falls jemand einen Kommentar dazu abgeben will, bitte ich sehr darum, sachlich zu bleiben!