Sonntag, 21. Februar 2021

In eigener Sache: Audiokommentar zu "Gangster sterben zweimal"


Wer auf "Whoknows Presents" meine Texte liest, sollte in der Regel ein bisschen Zeit mitbringen. Und wer mich gerne lange liest, kann mir demnächst auch lange zuhören, sogar über 100 Minuten: am 19. März erscheint Mino Guerrinis Heist-Movie GANGSTERS '70 ("Gangster sterben zweimal") in einer wunderschönen Liebhaber-Bluray-Edition beim Label Forgotten Film Entertainment, zum ersten Mal ungeschnitten und im korrekten Scope-Bildformat (hier bestellbar direkt bei Forgotten Film Entertainment). Unter den zahlreichen Bonusmaterialien befindet sich unter anderem auch ein Audiokommentar mit dem wunderbaren Robert Wagner von Eskalierende Träume sowie meiner Wenigkeit. Wir fachsimpeln zusammen unter anderem über die Verbindungen zwischen Mickey Mouse und Mario Bava, über Nasenstift-Fetischismus und die niederschmetternde Glamourlosigkeit von Lunches unter Kriminellen, über die Nutzung von Rouge bei alternden Männern und exklusive Auto-Sonderserien von Lamborghini... Wem das zu langweilig wird, kann natürlich auch zum anderen Audiokommentar mit Udo Rotenberg und Konstantin Hockwin switchen. Oder einfach wieder zum Filmton wechseln...


... denn die Hauptattraktion der Edition bleibt natürlich der Film selbst: eine Heist-Geschichte um einen alternden Gangster (Joseph Cotten), der frisch aus dem Gefängnis entlassen einen letzten großen Coup, nämlich einen Raubüberfall auf einen Geldtransport am Flughafen, wagen möchte – wobei schon recht früh vieles schief geht. Klingt zunächst sehr klassisch, doch schon nach wenigen Minuten fällt auf, dass "Gangster sterben zweimal" vor allem visuell ein ungemein aufregender Film ist: ein prachtvoller Scope-Film mit einer sehr expressiven Bildgestaltung, bei der immer wieder Figuren von Gegenständen an den Rand gedrängt werden, mit Jumpcuts und gekippten Perspektiven (teils kopfüber), einigen spektakulären Handkameraszenen, Zooms, dazu immer wieder lange Momente, die komplett in Spiegelungen gefilmt oder von gespiegeltem Glas verdeckt sind. Einige der kurzen, eruptiven Actionsequenzen und Schiessereien erinnerten Robert an die Actioninszenierung des Hong Konger Kinos der 1980er (hier sozusagen etwa 15 Jahre vorweg genommen). GANGSTERS '70 wird in der restaurierten Edition von Forgotten Film Entertainment als zweite Veröffentlichung der "Italo-Cinema Collection" fantastisch aussehen. Und er wird toll klingen: die Bilder werden von Egisto Macchis dissonant-avantgardistischen Score wunderbar getrieben.


Der Regisseur, Mino Guerrini, hatte mich in seinem an THE IPCRESS FILE angelehnten Eurospy-Film SICARIO 77, VIVO O MORTO schon beim Terza Visione 2018 mit seiner expressiven Inszenierung beeindruckt. Von den Darstellern ist natürlich vor allem Joseph Cotten bekannt, doch im Laufe des Films avanciert der eher unbekanntere Giulio Brogi zur eigentlichen schauspielerischen Attraktion des Films. Er spielt einen durch Drogensucht gefallenen Sportschützen-Champion, der unter Not in den Coup involviert wird. Seine Figur erinnert ein wenig an Yves Montands trinksüchtigen Scharfschützen in Jean-Pierre Melvilles zwei Jahre später in die Kinos gestarteten LE CERCLE ROUGE. Mit Melvilles Film teilt "Gangster sterben zweimal" auch die melancholische, schwermütige, pessimistische und bedrückende Atmosphäre und das Gefühl einer merkwürdig entvölkerten, abstrakten Genre-Parallelwelt (hier gleichwohl weniger amerika-fetischistisch).


"Gangster sterben zweimal" – der deutsche Verleihtitel ist tatsächlich sehr schön und treffend – ging, soweit ich es nachvollziehen konnte, trotz Vertrieb bin in die USA beim Publikum Ende der 1960er Jahre unter. Als poliziesco all'italiana kam er in Italien wohl zu früh, vor der großen Welle (und der Originaltitel war wohl nicht gerade sehr catchy). Als klassischer, amerikanisch inspirierter Heist-Movie kam er wohl zu spät (bzw. konnte nicht wie Melville mit publikumswirksamen Stars aufwarten). Seine größtenteils unsympathischen und schwierigen Charaktere machen ihn eher unwohlfühlig... Jetzt müsste aber endlich die Zeit für ihn gekommen sein. In vier Sichtungen innerhalb von knapp drei Monaten, vom ersten Kennenlernen bis zum gemeinsamen Einsprechen des Audiokommentars mit Robert, hat mich der Film immer wieder gefesselt und verblüfft.


Und jetzt kann er auch dich immer wieder fesseln und verblüffen, lieber Leser!

Montag, 15. Februar 2021

Dr. Wise erklärt, wie man das Virus besiegt - und wie man es nicht macht!



Der Film wurde 1919 vom britischen Local Government Board (LGB), das u.a. für Fragen der öffentlichen Gesundheit zuständig war, als Reaktion auf die verheerende Spanische Grippe in Auftrag gegeben. Sir Arthur Newsholme, der damalige Chief Medical Officer des LGB, dürfte den Anstoß dazu gegeben haben, der eigentliche Produzent war aber Joseph Best (der zuvor auch schon einen Film über Geschlechtskrankheiten gemacht hatte). Ob Best auch als Regisseur fungierte, und wer die sonstigen Mitwirkenden waren, weiß ich nicht. Der Film lief wohl im Vorprogramm der regulären Kinos, aber erst 1919, als die zweite Welle der Spanischen Grippe (die in England im Oktober 1918 begonnen hatte) schon im Abklingen war, und angeblich gab es auch nicht genügend Kopien für einen wirklich flächendeckenden Einsatz. Viele Kinobetreiber hatten auch keine Lust mehr, ständig "Public Information Films" vorführen zu müssen. Es ist also fraglich, ob DR. WISE ON INFLUENZA überhaupt eine größere Wirkung entfaltete. Nicht zuletzt als Reaktion auf die Pandemie und die unzureichenden Maßnahmen dagegen wurde 1919 in Großbritannien ein Gesundheitsministerium eingeführt, auf das die gesundheitspolitischen Aufgaben des LGB übertragen wurden.

DR. WISE ON INFLUENZA ist fast ein Unikum, denn ansonsten wurde die Spanische Grippe im britischen Film praktisch totgeschwiegen - weder im Spielfilm noch in Wochenschauen wurde sie thematisiert. Man wollte wohl zunächst in Kriegszeiten alles vermeiden, was die Bevölkerung in Panik hätte versetzen können, und nach Ende des Ersten Weltkriegs kam man nur schwer wieder aus diesem Modus heraus. Es scheint aber zumindest 1920 noch einen weiteren (und nur 90 Sekunden dauernden) Influenza-Film gegeben zu haben, den sich Christopher Addison, der erste Gesundheitsminister, als Erfolg auf die Fahnen schrieb. Angeblich haben den 30 Mio. Briten gesehen, so behauptete zumindest Addison. DR. WISE ON INFLUENZA hat in den Archiven des British Film Institute (BFI) die Zeiten überdauert und wurde im letzten Sommer aus naheliegenden Gründen erneut der Öffentlichkeit präsentiert. Die hier eingebettete Version wurde allerdings stark bearbeitet. Nicht nur die Farbe wurde künstlich hinzugefügt, es wurden auch viele Szenen stark gekürzt. Vielleicht wurde auch die Abspielgeschwindigkeit etwas erhöht. Auf dem YouTube-Kanal des BFI gibt es die unbearbeitete Version des Films, die dem ursprünglichen Seherlebnis offensichtlich viel näher kommt. Da hat man dann auch genug Zeit, um in Ruhe die Zwischentitel zu lesen.

Viele der vom fiktiven Dr. Wise empfohlenen Maßnahmen wirken für uns von der Pandemie Gebeutelten erstaunlich zeitgemäß und vertraut. Nur das Gurgeln mit Kaliumpermanganat würde man heute wohl nicht mehr empfehlen. Und es gibt im Film sogar Bilder des Erregers zu sehen! Oder etwa doch nicht? Nein, natürlich nicht. Bekanntlich wird die Grippe, und damit auch die Spanische Grippe, von Viren verursacht, und die konnte man in den damaligen Lichtmikroskopen überhaupt nicht sehen. Das gelang erst mit dem Elektronenmikroskop, doch das wurde erst in den 30er-Jahren entwickelt. Außerdem wimmelt und wuselt da nichts, sondern das Elektronenmikroskop liefert nur statische Bilder. Uns werden hier also x-beliebige Mikroben als angebliche Erreger untergejubelt (wenn nicht gar ein begabter Animationskünstler am Werk war). Freilich sollte man nachsichtig sein, denn das Influenzavirus wurde auch erst in den 30er-Jahren als Verursacher der Krankheit nachgewiesen - vorher zog man auch Bakterien in Betracht. Das BFI allerdings schrieb begleitend zur Neuveröffentlichung des Films: "Look out for some impressive microscopic footage of the deadly microbes in question [...]" - und das ist dann doch eine etwas dreiste Aufschneiderei. Aber zum Ausgleich dafür hat uns das BFI auch diesen lesenswerten Artikel von Bryony Dixon über den Film und seine Begleitumstände spendiert, in dem übrigens auch auf die Nöte der damaligen Kinobetreiber eingegangen wird, die den heutigen durchaus ähnlich waren. Interessante Informationen enthält auch dieser Artikel über die damalige Situation auf der Insel und die Maßnahmen des LGB.

Dienstag, 2. Februar 2021

Eine Seuche aus China und der Faschismus

BÍLÁ NEMOC (DIE WEISSE KRANKHEIT)
Tschechoslowakei 1937
Regie: Hugo Haas
Darsteller: Hugo Haas (Dr. Galén), Zdeněk Štěpánek (der Marschall), Bedřich Karen (Prof. Sigelius), Václav Vydra (Baron Krog), František Smolík (Krogs Buchhalter), Helena Friedlová (dessen Frau), Ladislav Boháč (Pavel Krog), Karel Dostal (Propagandaminister)

Wir befinden uns im Jahr 1937 in einer ungenannten und halb fiktiven europäischen Großmacht, die aber Parallelen zu Nazi-Deutschland aufweist. Das Land wird diktatorisch regiert von einem Marschall, dessen Name ungenannt bleibt und auch unwichtig ist - "der Marschall" ist im Film so eindeutig wie in der damaligen Realität "der Führer" oder "der Duce". Abgesehen von seinen Uniformen erinnert der Marschall äußerlich nicht sehr an Mussolini oder Franco und gar nicht an Hitler, eher an Juan Perón (der aber erst in den 40er Jahren die große Bühne betrat). Doch der Diktator verfolgt eine aggressive Aufrüstungspolitik, die in die Eroberung neuen "Lebensraums" münden soll, wie er in Reden vor den jubelnden Massen ganz unverblümt verkündet. Es wird nicht explizit gesagt, dass dieser Lebensraum "im Osten" liegen soll, aber die Parallele zu Hitlers Eroberungspolitik ist trotzdem offensichtlich. Erstes Ziel soll ein kleines und scheinbar wehrloses Nachbarland sein, das auch nicht namentlich genannt wird, in dem man aber zwanglos die damalige Tschechoslowakei erkennen kann. Eine wichtige Stütze der militärischen Pläne ist der Rüstungsindustrielle Baron Krog, der in seinen Fabriken nicht nur Flugzeuge und Panzer, sondern auch Giftgas produzieren lässt. Sein Neffe Pavel ist der Adjutant und zukünftige Schwiegersohn des Marschalls - die Allianz der deutschen Schwerindustrie (Krupp, Flick, Thyssen etc.) mit Hitler lässt grüßen.

Der Marschall hält eine Rede; der Zivilist links ist der Propagandaminister, der natürlich an Goebbels erinnert
BÍLÁ NEMOC ist also eine politische Allegorie auf die damaligen Zeitumstände, aber es gibt einen wichtigen zusätzlichen Punkt: Es grassiert eine tödliche Pandemie, die ihren Ursprung in China hat. Offiziell heißt die Krankheit Morbus Chengi, nach dem chinesischen Wissenschaftler, der sie in Peking erstmals nachgewiesen und beschrieben hat. Doch allgemein wird sie "die Weiße Krankheit" genannt, nach dem ersten Symptom: kleine weiße Flecken auf der Haut, in denen die Sinnesrezeptoren abgestorben sind. Die Flecken vergrößern sich, und die Haut und das Gewebe darunter gehen ähnlich wie bei Lepra in Verwesung über, was üblen Gestank und heftigste Schmerzen verursacht und in wenigen Monaten zum sicheren Tod führt. Anders als eine wohlbekannte heutige Pandemie wird die Weiße Krankheit von Bakterien verursacht. Sie befällt aber nur Personen ab einem Alter von ungefähr 45 bis 50, die Jüngeren sind immun. Ein Heilmittel gibt es nicht, und Prof. Sigelius, Leiter einer großen Klinik und wichtigste medizinische Autorität im Land, empfiehlt zur Behandlung nur Desinfektionsmittel gegen die Geruchsbelästigung und Morphium für die Kranken im Endstadium. Der Marschall aber spielt die Seuche herunter und wähnt sich immun, gewissen heutigen Staatenlenkern nicht unähnlich.

Prof. Sigelius - in seiner Klinik ein Diktator im Kleinen
Die Lage ändert sich, als der einfache Hausarzt Dr. Galén (der Name ist eine Referenz an Galen, neben Hippokrates berühmtester Arzt der Antike) in der Klinik von Prof. Sigelius vorstellig wird. Er hat nämlich als bislang einziger doch ein Heilmittel für die Seuche entdeckt und in seiner Armenpraxis erfolgreich angewendet. Nur sehr mühsam kann er den arroganten Professor, der gegenüber seinen Untergebenen und dem einfachen Arzt Galén selbstherrlich und gegenüber dem Marschall subaltern auftritt, davon überzeugen, in der Klinik einen kontrollierten Versuch mit dem Medikament zu gestatten. Doch dieser gerät zu einem vollen Erfolg, der auch dem Marschall nicht verborgen bleibt, und Sigelius sonnt sich in dem Erfolg. Es gibt aber einen Haken. Dr. Galén hatte sich ausbedungen, die Kranken in der Klinik selbst zu behandeln, und er weigert sich, die Rezeptur des Heilmittels an den Professor oder sonst irgendwen zu verraten. Genauer gesagt, er knüpft es an eine Bedíngung: Erst wenn der Marschall und andere bedeutende Staatschefs dem Militarismus abschwören und eine allgemeine Friedensordnung ausrufen, wird er seine Formel der Öffentlichkeit übergeben. Bis dahin wird er neben der genau bemessenen Zahl der Versuchspatienten in der Klinik nur die Armen in seiner Praxis behandeln. Als Galén in der Klinik einer Abordnung von Journalisten von seiner Bedingung berichtet, wird er vom erbosten linientreuen Sigelius hinausgeworfen und zieht sich erst mal in seine Praxis zurück.

Dr. Galén
Parallel zu diesen Entwicklungen hat der Film auch die Geschichte eines Angestellten von Baron Krog verfolgt. Zunächst nur ein kleines Licht, rückt er zum Chefbuchhalter auf, weil gleich eine Reihe seiner Vorgänger in dieser Position der Weißen Krankheit erlegen sind. Der Mann ist ein reaktionärer Kleinbürger, ein Mitläufer par excellence, der auch die Kriegspläne des Herrschers voll und ganz unterstützt. Erst als er bemerkt, dass seine Frau einen jener weißen Flecken vor ihm verborgen hält, setzt langsam ein Umdenken bei ihm ein, und schließlich landet er mit seiner Frau in Galéns Praxis. Noch jemand findet sich dort ein, nämlich inkognito Baron Krog. Der hat nämlich auch einen weißen Fleck an sich entdeckt und will sich die rettende Behandlung erschleichen, indem er einen Armen mimt. Dr. Galén bestätigt die niederschmetternde Diagnose, aber er durchschaut Krogs Schwindel und weigert sich, ihn zu kurieren. Der bricht daraufhin regelrecht zusammen und fleht den Marschall an, seine Kriegspläne aufzugeben. Als der sich natürlich weigert, erschießt sich der Baron. Kurz darauf beginnt der Einmarsch in das Nachbarland, doch der Widerstand dort ist erheblich größer als erwartet und zumindest vorerst nicht erfolglos. Und dann bemerkt der Marschall, dass auch er gegen alle seine Erwartungen von der Weißen Krankheit befallen ist. Im Handumdrehen ist nun alles anders: Der Marschall ruft seine Truppen zurück, lässt eine Friedensvereinbarung aufsetzen und ruft Dr. Galén zu sich. Doch der läuft direkt vor dem Präsidentenpalast einem aufgebrachten Mob in die Hände, der die neue Situation noch nicht begriffen hat ...

Der Marschall und Baron Krog, Partner im Geschäft und in der Politik
BÍLÁ NEMOC entstand in den Prager Barrandov-Studios, in den 30er Jahren das Zentrum der florierenden tschechoslowakischen Filmindustrie. Der Film beruht auf dem gleichnamigen dreiaktigen Bühnenstück von Karel Čapek (der auch die Vorlage für KRAKATIT geliefert hatte), das im Januar 1937 in Prag Premiere hatte, fünf Monate lang aufgeführt wurde und auch erfolgreich im europäischen Ausland lief - aber natürlich nicht in Deutschland. Der deutsche Gesandte in Prag fühlte sich sogar zu einer Protestnote bemüßigt. Der im mährischen Brünn/Brno geborene Hugo Haas (1901-1968) war damals sowohl als Schauspieler wie auch als Regisseur beliebt und erfolgreich. Haas als Dr. Galén, Zdeněk Štěpánek als der Marschall und Bedřich Karen als Prof. Sigelius (und vielleicht noch weitere Darsteller) hatten ihre Rollen schon auf der Prager Bühne gespielt und wiederholten sie dann im Film, den Haas auch inszenierte (im Gegensatz zur Bühnenfassung, bei der Karel Dostal, der Propagandaminister im Film, Regie führte). Der Film hält sich weitgehend an die Vorlage und er kam im Dezember 1937 in die Kinos. Haas inszenierte ohne größere filmische Höhepunkte, aber auch ohne größere Schwächen, und allein schon als zeitgeschichtliches Dokument ist er allemal noch sehenswert. Nur eine gewisse Naivität oder grundlosen Optimismus könnte man im Rückblick bemängeln - wenn doch nur alle Kriegstreiber und Faschisten so schnell umfallen würden wie der Baron und der Marschall ... Bekanntlich entwickelten sich die Dinge in der echten Tschechoslowakei schlechter als in ihrem halb-fiktiven Filmgegenstück. Der aus einer jüdischen Familie stammende Hugo Haas floh in die USA (sein Vater und sein Bruder Pavel, ein Komponist, wurden von den Nazis ermordet) und kam in Hollywood unter, vorerst aber nur als Schauspieler. Erst 1951 hatte er so viel Geld angespart, dass er eine kleine Produktionsfirma gründete und wieder als unabhängiger Regisseur, Produzent und sein eigener Hauptdarsteller arbeiten konnte. Es handelte sich dabei durchweg um Billigproduktionen, die aber interessant gestaltet waren und heute einen guten Ruf genießen, auch wenn sie damals wenig beachtet wurden. Seinen Lebensabend verbrachte Hugo Haas dann in Österreich, er starb 1968 in Wien.

Der Marschall besucht die Klinik, und das Personal steht stramm
BÍLÁ NEMOC wurde 2016 in einer internationalen Zusammenarbeit vom Nationalen Filmarchiv Prag und vom Ungarischen Filmlabor in Budapest mit Geldmitteln aus weiteren Ländern digital restauriert. Diese Version ist in sehr guter Qualität und mit wahlweisen englischen Untertiteln auf einem YouTube-Kanal, der vom Nationalen Filmarchiv Prag gemeinsam mit weiteren Institutionen betrieben wird, ansehbar, wird dort aber unerquicklich oft von Werbung unterbrochen. Die restaurierte Fassung ist auch einzeln und zusammen mit KRAKATIT auf Blu-ray erhältlich, und es gibt auch ältere DVDs, ebenfalls einzeln und zusammen mit KRAKATIT.