(Pote tin Kyriaki, Griechenland/USA 1960)
Regie: Jules Dassin
Darsteller: Melina Mercouri, Jules Dassin, Giorgos Foundas, Titos Vandis, Mitsos Ligizos u.a.
Das beneidenswerte Leben voller Leichtigkeit nimmt ein jähes Ende, als der ebenso gebildete wie verklemmte amerikanische Tourist Homer Thrace, der sich auf der Suche nach der ewig gültigen Wahrheit befindet, in Ilya die Verkörperung klassischer Schönheit zu entdecken glaubt, sich aber am Bildungsniveau der Frau, die jede griechische Tragödie so umdichtet, dass sie ein glückliches Ende nimmt (“and they all go to the seaside”), stört. Als er hören muss, wie sie Medea zu einer Geschichte macht, in der die Männer nicht gut wegkommen (Medea ist eine süsse Frau, die eben ihre Launen hat, aber der Nebenbuhlerin sogar einen Kuchen bäckt und ihre Kinder vor dem Mann versteckt, bis er zu ihr zurückkehrt!), kauft er sich ihre Gunst für zwei Wochen, die er allerdings nicht mit Sex vergeuden, sondern als Gelegenheit nutzen will, der Schönheit seine Vorstellungen von klassischer Kultur zu vermitteln. Dass der Möchtegern-Pygmalion Ilya mit seinem “Wissen”, der klassischen Musik und den Gemälden, die ihre Fussballclub-Poster ersetzen, nur unglücklich macht, erkennt er erst, als er mit Gewalt auf die wirklichen Probleme von Prostituierten aufmerksam gemacht wird. Und am Ende seiner denkwürdigen “Suche nach der Wahrheit” ist es Homer, der mit einer nicht mit Geld aufzuwiegenden Bereicherung nach Hause fahren darf: Er hat nicht nur das Tanzen, sondern das Fühlen des Sirthakis erlernt.
Mit seinem Film über die glückliche Hure und den verklemmten Amerikaner vermochte Jules Dassin, der in den Staaten zum Opfer des McCarthyismus geworden (Edward Dmytryk hatte ihn 1951 - sicher auch nicht freiwillig! - vor dem Komitee für unamerikanische Umtriebe verpfiffen) und nach Frankreich ausgewandert war, seinen ehemaligen Landsleuten zu zeigen, wozu es ein Vertriebener in Europa bringen konnte. Zwar hatte auch er einige Jahre in Armut verbracht; mit “Du rififi chez les hommes” (1955) war ihm jedoch ein Klassiker gelungen, der ihm den Weg zu weiteren erfolgreichen Filmen ebnete. Mit der Griechin Melina Mercouri, die er 1966 heiratete, drehte er noch andere Filme, darunter den berühmten “Topkapi” (1964), in dem u.a. Maximilian Schell und Peter Ustinov erneut auf “Rififi” machen durften, “Promise at dawn” (1970) und “A Dream of Passion” (1978). Zusammen mit seiner Frau setzte er sich engagiert für die Rückkehr Griechenlands zur Demokratie ein und liess sich nach dem Sturz der Militärjunta 1974 in seiner Wahlheimat nieder. Melina Mercouri (“Ich bin als Griechin geboren und werde als Griechin sterben!”) betätigte sich zunehmend politisch und wurde von Papandreou als Kulturministerin in sein Kabinett berufen (sie verstarb 1994 an Lungenkrebs). - Hinter der scheinbar so leichten, sehenswerten Geschichte über die Hure Ilya und den Amerikaner Homer, der die Freude am Leben lernen muss, versteckt sich also auch ein Teil der Geschichte jenes Phänomens, das Wallraff/Spoo als “unseren Faschismus nebenan” bezeichneten - und des Kampfs um seine Überwindung!


Besorgt frage ich mich, welche Schauspielerin vor dem strengen Auge deiner Mutter überhaupt bestehen konnte. Margaret Rutherford? Hedwig Bleibtreu? Adele Sandrock? Oder waren die auch schon zu frivol?
AntwortenLöschenSONNTAGS... NIE! gehört zu den Klassikern, die mir bisher entgangen sind. Werde ich doch noch irgendwann ändern müssen. Das mit dem Amerikaner, der in Griechenland die Lebensfreude und den Sirtaki kennenlernt, erinnert mich etwas an ALEXIS SORBAS, wo der Engländer den Sirtaki und die Lebensfreude kennenlernt. Aber der basiert ja auf einem älteren Roman von Nikos Kazantzakis, so dass das vielleicht Zufall ist. Oder doch nicht? Dassin könnte den Roman gekannt haben, denn 1957 verfilmte er mit DER MANN, DER STERBEN MUSSTE einen anderen Kazantzakis-Roman. Aber jetzt befinde ich mich schon im Reich der Spekulation.
Eine hübsche Vorstellung - vor allem, weil sich das gute Mädchen gemausert und gerade zusammen mit mir Louis Malles "Pretty Baby" (1977) genossen hat. Ihr lagen einfach die Schauspielerinnen mit dem gewissen "Glamour" nicht so. Hingegen mochte sie das naturverbundene, wenn auch in prachtvolle Gewänder gehüllte Wesen, das ständig nach seinem "Franzl" schrie und unter seiner Schwiegermutter zu leiden hatte. - Margaret Rutherford wiederum erinnerte sie auf unangenehme Weise an ihre eigene Schwiegermutter - was auch immer man daraus schliessen mag... ;)
AntwortenLöschenIch kann dir auch nicht sagen, ob sich Dassin von der von dir erwähnten Romanvorlage inspirieren liess (mir ist lediglich bekannt, dass er selber ein Buch zum Film schrieb, das wiederum als Vorlage für ein erfolgreiches Stück diente). - DEN beachtlichsten Unterschied zwischen "Alexis Sorbas" und Dassins Film wirst du gleich erkennen: Er hat mit der Art zu tun, wie die Geschichte "einfährt", auch wenn ich dies schwer in Worte zu fassen vermöchte (Tiefe? Intensität?)