Dienstag, 19. Juli 2011

Der Konkurrent

The Illusionist
(The Illusionist, USA/Tschechien 2006)

Regie: Neil Burger
Darsteller: Edward Norton, Jessica Biel, Paul Giamatti, Rufus Sewell, Eddie Marsan, Aaron Johnson, Eleanor Tomlinson, Karl Johnson, Vincent Franklin u.a.

2006 entstanden zwei Filme, deren Ähnlichkeiten auf den ersten Blick frappierend wirkten und die sich an den Kinokassen einen nur im deutschsprachigen Raum nicht bemerkten unerbittlichen Kampf um die Gunst des Publikums liefern sollten. Beide waren so genannte “Period Pieces”, um 1900 angesiedelt, beide nahmen ausgesprochen oder auch nur verschleiert Bezug auf reale Figuren, und in beiden ging es um Bühnenkünstler, deren oberste Pflicht es eigentlich hätte sein müssen, ihr Publikum mit magischen Tricks zu erfreuen, mochten es auch andere Gründe sein, die sie schon beinahe zwanghaft zum Rampenlicht trieben.  Die Rede ist natürlich von Christopher Nolan’s “The Prestige” und von Neil Burger’s zweitem Film “The Illusionist”. - “The Illusionist” hatte den Vorteil, früher in die Kinos zu kommen und als der weniger kostspielige Film sein Geld im Nu wieder einzuspielen; Christopher Nolan wiederum war seit “Memento” (2000) ein derart gefeiertes Wunderkind, dass “The Prestige” in den Augen der Zuschauer und eines Grossteils der Kritiker unweigerlich zum Meisterwerk hochstilisiert wurde - weshalb Burger’s Magierfilm in Deutschland gar keinen Verleih fand und erst 2009 auf DVD erschien. Und dies gereichte ihm anfänglich eher zum Nachteil: “The Illusionist” blieb der zweite Sieger, der “Konkurrent”.


Mittlerweile haben auch hierzulande beide Filme ihre unerbittlichen Verehrer, die derart auf ihren Favoriten fixiert sind, dass sie dem vermeintlichen Gegenspieler gar keine Chance einräumen und sich jeden Vergleich mit den in ihren Augen  völlig unterschiedlichen (auch in qualitativer Hinsicht!) Werken verbieten. Es stimmt: Im Grunde genommen  unterscheiden sich die Filme nicht nur in ihrer Struktur; sie gehören auch ganz anderen Genres an: Während “The Prestige” die Geschichte einer gnadenlosen, vor nichts Halt machenden Rivalität zweier Magier erzählt, ist “The Illusionist” ein Liebesfilm, der  je nach Ansicht mehr oder weniger erfolgreich Elemente des Mystery- und Politthrillers in seine Handlung einzuflechten versucht (manche Fans bezeichnen ihn auch als “Märchen”, was völlig unsinnig ist, schon weil Ort und Zeit der fiktiven Geschichte festgelegt und detailliert nachgezeichnet sind). --- Trotz des allgemeinen Widerstandes scheint mir ein Vergleich angebracht, vielleicht sogar nötig zu sein, den sich “Konkurrenten” nun einmal gefallen lassen müssen. Nur auf diese Weise lassen sich Stärken und Schwächen der beiden Filme (und sie sind natürlich beide nicht perfekt!) einigermassen ermitteln:

Setzt  Burger zwar mit der von oben angeordneten Verhaftung des Illusionisten Eisenheim ein, um anschliessend aber eine weitgehend geradlinige Geschichte zu erzählen, die von Liebe, erbittertem Kampf zwischen ungleichen Gegnern (einem Bühnenkünstler und einem Kronprinzen) und den Zuschauer am Ende doch überraschender Täuschung handelt, so baut Nolan (“Are you watching closely?”), der sich durchaus echte Rivalitäten zwischen Bühnenkünstlern zum Vorbild nahm,  mit seiner Erläuterung der Teile, aus denen sich ein Zaubertrick zusammensetzt, ganz auf die von ihm grundsätzlich geliebte komplizierte, den Zuschauer bewusst und höchst erfolgreich verwirrende Struktur, die aus verschiedenen Zeitebenen, ja Sprüngen zwischen ihnen, besteht - und um des Effekts willen nicht nur gelegentlich seelenlos wirkt, sondern insbesondere auch die Ausgestaltung der weiblichen  Figuren vernachlässigt (man fragt sich in diesem Zusammenhang unweigerlich, weshalb Scarlett Johansson, mittlerweile nun wirklich ein Star, der sich im gleichen Jahr in Woody Allen's herrlichem Magierfilm “Scoop” profiliert hatte, für die Rolle der Olivia Wenscombe überhaupt zur Verfügung stand). Hinzu kommt, dass Nolan zur Auflösung seiner Geschichte die unglaubhafte, enttäuschende und eher wie eine Anti-Klimax wirkende Legendenbildung um den in seinen späteren Jahren als “Mad Scientist” verrufenen Nikola Tesla (1856-1943) bemüht. - Solche weniger erfreulichen Aspekte des eigentlich wirkungsvollen Films fallen dem Zuschauer auf, der im Zusammenhang mit dem umjubelten “Inception” (2010) enttäuscht zur Kenntnis nehmen musste, dass Christopher Nolan ein Regisseur ist, der um der Struktur willen eine denkbar banale Geschichte mit der donnernden Musik von Hans Zimmer und ein paar Spezialeffekten aufzupeppen bereit ist, also letztlich auch nur mit Wasser kocht...

Burger, der wie auch Nolan den berühmten amerikanischen Zauberkünstler und Experten Ricky Jay für die fachliche Beratung beizog, achtete dagegen genau darauf, dass jede in seinem Film vorkommende Illusion im Wien der damaligen Zeit auch tatsächlich vorgeführt worden war und die Zuschauer in Erstaunen versetzte. So übernahm man etwa den berühmten Trick mit dem Orangenbaum inklusive Schmetterlinge von Jean Eugène Robert-Houdin, dem Vater der modernen Zauberkunst, und die mit der als “Pepper’s Ghost” bekannten Technik hergestellten “Geistererscheinungen”, die noch weit ins 20. Jahrhundert hinein immer wieder abergläubische Menschen der Esoterik zutreiben sollten (selbst die Sterbeforscherin Elisabeth Kübler-Ross lieferte sich eine Zeitlang einem Geister produzierenden Scharlatan aus), waren im damaligen Wien nicht nur äusserst populär, sondern führten unter “Gelehrten” zu ernsthaften Diskussionen über den erbrachten Beweis für die Unsterblichkeit der Seele. - Leider verweist Burger nicht einmal im Vorspann auf die historische Verbürgtheit der - im Film natürlich "perfektioniert" - vorgeführten Zaubertricks, weshalb diese vom Zuschauer leicht als Fähigkeiten von Eisenheim  missverstanden werden könnten, die über die eines Zauberkünstlers hinausgehen, "The Illusionist" also bewusst oder unbewusst tatsächlich ins Mystische zu treiben versuchen. Dies fällt besonders unangenehm auf, wenn man bedenkt, dass es Nolan wiederum gerade um die Aufdeckung der vorgeführten Zaubertricks geht, die Erklärung der einzelnen Teile einer Vorführung, die ins Prestige münden.

Ein letzter Punkt, der die Filme entschieden voneinander unterscheidet, ist die Bildgebung: Während in “The Prestige” berechtigterweise das Scheinwerferlicht, in dem sich die Rivalen als Sieger suhlen wollen, dominiert, wurde in “The Illusionist” das alte Wien (mochte es sich in Wirklichkeit auch um Prag handeln) auf jede erdenkliche Weise geradezu liebevoll evoziert, was zu wundervollen Aufnahmen führte, deren Sepia-Töne eine zauberhaft-vergangene Unwirklichkeit erzeugen, wie man ihr auf alten viragierten Fotografien begegnet. Manche der Bilder wirken wie kunstvoll arrangierte Nachtstücke, was den Film zum ästhetischen Hochgenuss macht. - Man warf der Originalversion vor, das Bemühen um die Rekonstruktion der Epoche und des Schauplatzes gingen so weit, dass sogar die Schauspieler einen Akzent annähmen, der Wienerisch klinge, als seien sie Wiener, die sich in unvollkommenem Englisch ausdrückten. Diesen Vorwurf musste sich vor allem Paul Giamatti gefallen lassen, der als Chefinspektor Uhl den wirkungsvollsten - und glänzend gespielten - Part hatte. Der Vorwurf trifft auf das, was man als “die Menge” bezeichnet (etwa die Zuschauerin, die während einer Bühnenshow “It’s her. I know ist’s her! She wants to tell us something.” ruft), tatsächlich zu, ich fand ihn jedoch bei keinem der wichtigen Darsteller bestätigt.


“The Illusionist” beginnt mit der von Uhl kommentierten sagenumwobenen Kindheit des Tischlersohnes Eduard Abramovich, der eines Tages einem reisenden Zauberer begegnet sein soll, von dem er erste Zaubertricks lernte, bevor dieser - samt Baum, unter dem er sass! - wieder verschwand. Gesichert ist, dass der sich in seinen Kunststücken übende Junge eines Tages die gleichaltrige Herzogin Sophie von Teschen trifft, mit der ihn bald eine enge Freundschaft verbindet. Da diese Freundschaft von Sophies Eltern wegen des Standesunterschieds nicht geduldet wird, denken die beiden an Flucht. Eines Nachts werden sie jedoch von den Wachen des Herzogs im Wald aufgegriffen und gnadenlos voneinander getrennt. Sophie fleht Eduard, der ihr einen Anhänger mit einer geheimen Öffnung schenkte, an, sie mit seinen “magischen”  Fähigkeiten einfach verschwinden zu lassen ("Make us disappear!"), was diesem jedoch - noch - nicht gelingt. Der Junge verlässt seine Heimat; die folgende Zeit bleibt im Dunkeln.

15 Jahre später kehrt er als Eisenheim, der Illusionist, nach Wien zurück, um das Publikum mit seinen magischen Kunststücken regelrecht in Begeisterung zu versetzen. Auch Kronprinz Leopold, der seinen Vater stürzen will und sich mit Sophie von Teschen verlobt hat, um mit einer Ehe die Ungarn hinter sich zu bringen, besucht eine Vorstellung. Während der undurchsichtige Chefinspektor Uhl, der zur Beobachtung des Illusionisten abkommandiert wurde, von dessen Vorführungen fasziniert ist und ihnen als Hobby-Zauberer einerseits ihr Geheimnis entlocken, andererseits aber auch das Mysteriöse belassen möchte, betrachtet ihn der neidische Kronprinz als vom Volk übermässig vergötterten Gegner, dessen Tricks es mit Vernunft aufzudecken gilt. Er lädt Eisenheim zu einer Vorstellung in der Hofburg ein, wo er von diesem aber nur noch mehr gedemütigt wird. Und bald erfährt er aus dem Munde seines Spürhundes Uhl auch von geheimen Treffen zwischen dem Illusionisten und Sophie, die ihm anlässlich der Vorstellung erneut begegnet ist. Von nun an setzt Leopold alles daran, die Auftritte Eisenheims zu unterbinden.

Als Sophie ihren Verlobten auf dessen Jagdschloss mit der Absicht konfrontiert, ihn nicht heiraten, sondern dieses Mal wirklich mit Eisenheim zusammenbleiben zu wollen,  kommt es zum Eklat. Der jähzornige Kronprinz, dem nachgesagt wird, er habe schon früher Mätressen umgebracht, verfolgt die davoneilende junge Frau - und am nächsten Morgen trabt nur noch deren blutbeflecktes Pferd durch Wien. Eisenheim begleitet einen Suchtrupp und entdeckt die Leiche seiner Geliebten in einem Weiher. - Obwohl ihn Uhl eindringlich warnt, verdächtigt er den  Kronprinzen offen des Mordes an Sophie und will ihn gnadenlos entlarven. Er mietet ein neues Theater und ändert das Konzept seiner bisherigen “Show” vollkommen: Leitete er früher seine Vorfühungen mit geheimnisvollen Bemerkungen ein (“From the moment we enter this life we are in the flow of it. We measure it and we mock it. We cannot even speed it up or slow it down. Or can we? ...”), so setzt er sich jetzt konzentriert auf einen Stuhl  - und beschwört schweigend Verstorbene herauf, bald auch den Geist Sophies, die geheimnisvolle Andeutungen über ihren Mörder macht. - Spätestens jetzt muss Chefinspektor Uhl erkennen, dass ihn der Illusionist in Sachen Undurchschaubarkeit bei weitem übertrifft.

Viele Kritiker sind der Ansicht, Edward Norton’s Karriere habe ihren Zenit überschritten und werten seine Leistung in “The Illusionist” als dementsprechend enttäuschend. Was sie dabei übersehen: Er muss als Illusionist Eisenheim zurückhaltend wirken, darf nicht viel von seiner Persönlichkeit und seinen Absichten preisgeben. Dass die Szenen, in denen man ihn zusammen mit Jessica Biel sieht, die nötige "Chemie" vermissen lassen,  liegt auch eher daran, dass die Schauspielerin in der Tat eine Fehlbesetzung ist (sie sprang im letzten Moment für Liv Tyler ein und muss zum Glück nicht übermässig viel bieten) - und was der grossen Liebesszene an Chemie fehlt, machen zweifellos die Kerosinlampen wett, die als einzige Lichtquelle während des Drehs dienten. Die anderen Rollen sind hervorragend besetzt: der Brite Rufus Sewell spielt den angeblich auf Liberalisierungen drängenden Kronprinzen mit einer geradezu furchterregenden Arroganz, die die Brutalität des Charakters kaum zu verbergen vermag, und Paul Giamatti, ohnehin einer der besten und auf faszinierende Rollen spezialisierte Schauspieler der Gegenwart ("American Splendor", 2003, "Sideways", 2004) reisst den Film auf eine Weise an sich, die zutiefst beeindruckt (alleine schon sein schallendes Lachen nach der Aufdeckung einer raffinierten Täuschung am Schluss bleibt wohl für immer in Erinnerung).

Was dem bildgewaltigen kleinen Burger-Film, dessen von Philip Glass komponierter aufwühlender Soundtrack alle angeschnittenen Themen abdeckt, ein zusätzliches Flair verleiht: Hinter der Figur von Kronprinz Leopold verbirgt sich der (wenn charakterlich auch völlig anders geartete) Kronprinz Rudolf von Österreich-Ungarn, der sich 1889 auf Schloss Mayerling zusammen mit der Baronesse Mary von Vetsera das Leben nahm, ein Suizid, der das Vertrauen in die habsburgische Monarchie zutiefst erschütterte und bis heute Rätsel aufgibt, zur Legendenbildung anregt. Dass “The Illusionist” auf Kronprinz Rudolf anspielt, ja beinahe eine weitere, wenn auch nicht ernst gemeinte “Erklärung” des historischen Vorfalls liefert, zeigt sich schon daran, dass Eisenheim in der Hofburg das Portrait von Leopolds Vater, bei dem es sich eindeutig um Kaiser Franz Joseph, Rudolfs Vater, handelt, herbeizaubert.


Korinthenkacker  könnten dem einen wie dem anderen Magierfilm des Jahres 2006  sicher zahlreiche weitere Stärken zugestehen oder Schwächen anlasten (imdb protzt für den hier besprochenen mit einer geradezu unangenehm langen Liste von “Goofs”, wie sie freilich einem noch nicht so erfahrenen Regisseur unterlaufen - und dem Zuschauer gar nicht unbedingt auffallen), die hier nicht einmal andeutungsweise zur Sprache kamen: Tatsache ist, dass ich Nolan’s “The Prestige” und “The Illusionist” als einander ebenbürtig empfinde und nur dem weniger erfolgreichen “Konkurrenten” den Vorzug gab, um dieses Empfinden zu begründen (Burger dürfte die in ihn gesetzten Hoffnungen mittlerweile mit “The Lucky Ones”, 2008, ohnehin erfüllt haben). Beide DVDs landen immer wieder in meinem Player, und ich geniesse beide Filme gleichermassen - gerade weil sie so unterschiedlich sind und man ihre Stärken und Schwächen in verschiedenen Bereichen ausfindig machen kann, will man sie denn nicht einfach würdigen, sondern - im Hinblick auf eine einseitige Bevorzugung  - "analysieren".

14 Kommentare:

  1. Da muss ich zugeben, dass beide Filme unter meinem Radar geblieben sind. Klingt aber alles recht interessant. Bei "Englisch mit Wiener Akzent" musste ich erst mal an Billy Wilder denken ...

    - Übrigens war auch Arthur Conan Doyle ein Anhänger des "wissenschaftlichen" Spiritismus.

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  2. Stimmt: Arthur Conan Doyle und die Elfen! Ich suche nämlich schon lange nach einem Film, den das Schweizer Fernsehen in seiner Reihe "Delicatessen" mal ausstrahlte. Dank dir habe ich jetzt herausgefunden, dass es sich entweder um "Fairy Tale: A True Story" (mit Peter O'Toole und Harvey Keitel) oder um "Photographing Fairies" (mit Ben Kingsley) - beide 1997 gedreht und offenbar recht unbekannt - gehandelt hat. Jetzt muss ich nur noch ausklügeln, welcher es wirklich war.

    An Billy Wilder musste ich auch denken, als ich den Vorwurf las. Das Wienerisch machte sich aber in Dialogen nur durch Sätze wie "Do you want a Strudel?" bemerkbar.

    Das Ende von "The Illusionist" wurde dem werten Leser natürlich bewusst vorenthalten. Wer sich also von ihm angezogen fühlen sollte: Wikipedia und andere Informationsquellen meiden! ;)

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  3. ich verehre nolans prestige - ein film noir in fast hitchcock'scher atmosphäre, der an jeder ecke die unglaublichsten haken schlägt. ist für mich sein bester nach memento.
    wir hatten ja schon über die nichtvergleichbarkeit beider filme gesprochen. trotzdem ist ja gerade ihr fast gleichzeitiges erscheinen und das magische sujet etwas, was den vergleich geradezu provoziert.
    da ich aber den einen zugunsten des anderen vernachlässigt habe, bin ich dankbar für den hinweis. deine kritik werde ich natürlich erst nach der sichtung (die für freitag angesetzt ist) lesen.
    bin gespannt auf deine gedanken.

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  4. Das machst du schon recht. Ich habe mich zwar bemüht, dort aufzuhören, wo man aufhören sollte. Dennoch: alleine schon die Wertung einzelner Aspekte mag allerhand verraten. Du wirst vielleicht mit Erstaunen feststellen, dass ich Nolan's "Prestige" ebenfalls liebe, dem Regisseur jedoch seit "Inception" mit Skepsis begegne. - Freue mich, dass du dich auf den Burger-Film einlassen willst. Ich habe mir in den letzten Tagen mal wieder seinen "The Lucky Ones" genehmigt und werde das Gefühl nicht los: Der Mann ist im Kommen. :)

    Nachtrag zu den Elfen von Arthur Conan Doyle: Es ist natürlich der Film "Photographing Fairies", nach dem ich Ausschau halte. Der Anfang mit der Gletscherspalte weckte augenblicklich Erinnerungen. - Leider ist das (möglicherweise damals zu hoch eingeschätzte) Ding im deutschen Sprachraum derzeit nicht erhältlich.

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  5. Ein sehr schöner Text, lieber Whoknows! Vielen Dank dafür. Da ich den Illusionisten nicht kenne, wie du weißt, kann ich zum Film leider wenig beitragen. THE PRESTIGE habe ich aber, bin ich der einzige(?), in unguter Erinnerung. Sicher ist er recht beeindruckend (und führt so das auf den Zuschauer über, was die Figuren auf ihr Publikum tun), aber genau diese Überwältigungsstrategien haben mich auch abgestoßen. Dazu gesellt sich noch eine recht gelackte Oberfläche, die Nolans "Kälte" (die du mal bezgl. INCEPTION angesprochen hast) zu einer ganz ungemütlichen macht. Ich konnte mich überhaupt nicht fallen lassen und habe, anstatt in Immersion zu ertrinken, mich ständig am Film gerieben. Dr. Freud, bitte übernehmen Sie!

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  6. "Dr. Freud, bitte übernehmen Sie!"

    Äh - ja. Ob'S wohl Ihren Vatter g'hasst und ihre Mutter geliebt haben? Mehr fallt mir im Moment nicht dazu ein, wissen S... - Ist halt so ne Sache mit dem Oedipus-Komplex und dem Todestrieb, ne ;)

    Ich verstehe schon, was du mit Nolan's Kälte meinst. Sie mag manchmal gerechtfertigt sein; manchmal nicht. Im Falle von "Prestige" fand ich sie raffiniert eingesetzt, weil der Film einerseits vorgibt, den Aufbau eines Zauberaktes zu verfolgen, andererseits den Zuschauer natürlich gerade dadurch reinlegt. Was aus dieser Kälte auch an Problematischem resultiert (und die von dir erwähnte gelackte Oberfläche gehört dazu) habe ich zum Teil kritisiert: eine gewisse Seelenlosigkeit. Sie könnte, was ich befürchte, zum Markenzeichen weiterer Nolan-Filme werden.

    Was Nolan des Analysierenden zu viel tut, tut Burger zu wenig. Respektive: Er deckt den Vorgang einer Täuschung wie in einem Detektiv-Film erst am Schluss (für manche sogar zu kurz!) auf. Stattdessen bietet er jede Menge Atmosphäre, die mit einer geeigneteren Schauspielerin als Jessica Biel ihre Wirkung noch besser entfalten könnte. Kälte wird man ihm also nicht vorwerfen dürfen; aber er legt den Zuschauer natürlich auch rein (vielleicht gehört das bei einem Magierfilm dazu).

    Ich bin mal gespannt, was du von Burger hältst, wenn ihn mein ganz persönlicher Dealer erfolgreich durch sämtliche Grenzkontrollen geschmuggelt und aus seinem Magen ausgekotzt hat. ;)

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  7. habe den film soeben gesehen - und erst danach deine hochinteressante besprechung gelesen. vor der lektüre war meine ansicht die folgende:

    ein vergleich zwischen dem meisterwerk prestige (nolans zweitbester nach following) und diesem recht gut gemachten film verbietet sich aus den im moviemaze-topic zum film bereits genannten gründen völlig. da der vergleich aber immer wieder kommt, nur kurz dazu: im gegensatz zum illusionisten hat mich the prestige - im wortsinn! - verzaubert und mir den boden unter den füßen weggerissen - ein komplexes, verschachteltes, intelligentes, einzigartiges verwirrspiel mit darstellern in höchstform. the illusionist war dagegen relativ konventionell, und zwar gleichermaßen hinsichtlich story und storytelling. gleichwohl habe ich den film gern gesehen: paul giamatti ist wie immer großartig und spielt den zwischen allen stühlen stehenden inspektor in vollkommenheit: diese stimme! dieser gesichtsausdruck! einfach groß... rufus sewell ist mir auch sehr positiv aufgefallen. ansonsten eine nette - durchaus vorhersehbare - story, eingepackt in ein recht stimmiges gewand, wozu der passende score von philip glass beiträgt. wobei ich den hier schon geäußerten eindruck, der film wirke hie und da zusammengestückelt, leider bestätigen muss. alles in allem ein sehenswerter film für krimiliebhaber mit hang zur fantastik.

    deine - sehr schlaue, sehr informative - kritik hat mich allerdings zum nachdenken gebracht, und zwar sowohl was die vergleichbarkeit der beiden zaubererfilme betrifft als auch in bezug auf die nicht zu leugnenden qualitäten des illusionisten (wobei ich deiner apologie edward nortons nicht zustimmen kann).

    gleichwohl hat the prestige den wesentlich stärkeren eindruck auf mich gemacht - der sich beim wiederholten ansehen sogar noch verstärkte.

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  8. Du wirst natürlich bemerkt haben, dass auch bei meinem Vergleich die Unterschiede zwischen den Filmen im Vordergrund standen. Sie machen eine Sichtung beider Arbeiten reizvoll (was ja bei Konkurrenz-Produktionen sonst oft nicht der Fall ist).

    Ich gebe zu, eine Schwäche für Edward Norton zu haben, bedaure es auch, dass er in den letzten Jahren nicht mit so aufsehenerregenden Rollen wie in "American History X" (1998) oder "25th Hour" (2002) glänzen durfte. Trotzdem könnte nach dem Urlaub mal eine lobende Besprechung von "The Painted Veil" (2006) anstehen...

    Beide Filme sind für mich natürlich ebenso reizvoll wie unvollkommen (du wirst nach einer weiteren Sichtung von "The Prestige" vielleicht auch ein wenig auf die vernachlässigten weiblichen Figuren achten oder den - sicher benötigten - Tesla-Clou hinterfragen). Ich liebe die Dinger schon deshalb, weil man nicht alle Jahre raffinierte Magiergeschichten geliefert bekommt (sah übrigens das Ende von "The Illusionist" auch nicht voraus). Und obwohl ich beide schon mindestens vier Mal genossen habe, werde ich sie nie verschenken.

    Ein Tipp: Gib auch mal Woody's "Scoop" eine Chance! Schon das überraschend interessierte Publikum, das er als Magier am Ende findet, ist eine Sichtung wert. :)

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  9. welch affront! einem woody-allen-vergötterer, der nicht nur alles von und mit allen gesehen, sondern auch gelesen hat, einen allen-film zu empfehlen! argh! atmen! atmen! gaaanz ruhig... ;-)

    aber im ernst: vielleicht sollte man tatsächlich noch allens scoop dritten im bunde sein lassen und alle kreuz und quer miteinander vergleichen.

    was the prestige betrifft - ich empfand gerade das abdriften der geschichte ins unglaubliche, sprich: den tessla-teil, als (zugegeben: notwendige) steigerung der eh schon dichten und intensiven geschichte. dieser 'echte zauber' hat dem ganzen eine gänzlich unerwartete und einzigartige wendung gegeben. und die frauenfiguren standen für mich nicht im vordergrund (mal abgesehen davon, dass die duchess im illusionisten auch nicht gerade tiefengezeichnet ist, jessica biel hin, liv tyler her).

    aber mein anliegen ist nicht, dich davon zu überzeugen, dass the prestige besser ist. ich danke dir für die erhellenden ausführungen zum illusionisten, die den filmgenuss für mich abrunden konnten.

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  10. Auweia! Wie sollte ich ahnen, dass ausser einem Wormy Little Ferret (kleiner Insider, der "The Curse of the Jade Scorpion", 2001, betrifft) die Woody Allen-Filme dieses Jahrtausends noch gut findet? ;)

    Es geht mir natürlich auch nicht ums Überzeugen, da ich wie gesagt beiden Filmen viel abgewinnen kann. Ich habe es mir zur Gewohnheit gemacht, ein paar Jährchen bis zu einer Besprechung vergehen und mir ein wenig Zeit zum Nachdenken zu lassen. Seit "Inception" scheint sich mir Nolan noch mehr ins Blickfeld der Filmfreunde gedrängt zu haben (der Film wurde bekanntlich sowohl vergöttert als auch verflucht). Aus diesem Grund legte ich den Fokus auf Burger, erwähnte auch seinen Film "The Lucky Ones". Ich werde einfach das Geühl nicht los, das Wunderkind mit den raffinierten Strukturen könnte eines Tages heftig auf dem Boden der Realität landen, und "The Prestige" werde sich als seine letzte beachtliche Arbeit erweisen. --- Aber eben: Meine Besprechung von "Inception" ist frühestens im Jahre 2015 zu erwarten, wenn Lobhudeleien und Pöbeleien ein wenig in Vergessenheit geraten sind.

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  11. Ob der Film gut struktiert ist oder nicht vermag ich nicht zu beurteilen und es ist mir auch relativ Wurst :D Ich finde den Film einfach schön anzugucken. Und der Soundtrack ist auch gut.

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  12. Doch noch eine vehemente Verteidigerin! :) Ich hoffe zumindest, dass du dich auf "The Illusionist" und nicht auf "Inception" beziehst. Ich fühlte mich von der Heraufbeschwörung des Wiens um 1900 auch sehr angesprochen, möchte aber die beiden Magierfilme keinesfalls gegeneinander ausspielen, lediglich ihre Unterschiede und Daseinsberechtigung herausarbeiten.

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  13. ach da war doch was...genau. Ich kann keines Deiner Argumente nachvollziehen. Mal abgesehen davon, dass Prestige nun wahrlich kein Meisterwerk ist, für das es gerne gehalten wird, zumindest ist das noch Nolans Bester.
    Das Problem das The Illusionist hat liegt in erster Linie am völlig missratenem Drehbuch. Das geht los bei soap-mäßigen Repetitionen (Miss van Teschen wurde gefühlte 100 mal gesagt), über völlig missratenen Figuren, deren Beziehung zueinander man keine Sekunde abnimmt.
    Da kommt dann auch Nortons manieristische Darstellung ins Spiel. Die ist mM nicht zurückgenommen, tendiert eher Richtung lustlos. Da ist es nicht mehr verwunderlich, dass die Nebenrollen mehr Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Weiteres Problem ist gerade die künstliche Atmosphäre, die sich wenig um ein sagen wir mal, realistisches Ambiente bemüht, vielmehr einem großen Laborexperiment gleicht, die jegliche Stimmung, zuneigung oder gar Sympathie und Interesse an figuren und Story im Keim erstickt.

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  14. Falls es dich tröstet: Du bist mit deiner Meinung keineswegs in der Minderheit (höchstens was die oft übliche Anbetung von Gott Nolan anbelangt);) Ich halte das Drehbuch von "The Illusionist" eigentlich für recht raffiniert und von einem "Neuling" akzeptabel umgesetzt. Über Jessica Biel habe ich mich ja bereits ausgelassen. - Was Norton anbelangt: Es scheint mir, viele würden ihn an den "grossen" Rollen messen, die er im Moment einfach nicht bekommt. Man hat ihn offenbar auch auf einen bestimmten Typus festgelegt. - Den Soapcharakter kann ich dem Film allerdings nicht absprechen: Die Liebesbeziehung nimmt gelegentlich durchaus kitschige Züge an. Was ich am Burger-Film (neben dem von mir hervorgehobenen Ambiente) im Gegensatz zu dir offenbar schätze, ist der Versuch, sich nicht in Legenden um eine reale Figur (Tesla) zu flüchten, sondern seiner Detektivgeschichte ein halbwegs glaubwürdiges Fundament zu verleihen. - Allerdings bringt ihr mich alle langsam selber aus dem Konzept. :( Bin ich etwa doch ein ahnungsloser Märchen-Freak? - Letztlich: Wir haben es natürlich lediglich mit einem Hollywood-Film zu tun, dürfen also gar kein Meisterwerk erwarten, müssen bis zu einem gewissen Grad das walten lassen, was man als subjektives Empfinden (auch "weisser Schimmel" genannt) bezeichnet.

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