(L'auberge rouge, Frankreich 1951)
Regie: Claude Autant-Lara
Darsteller: Fernandel, Françoise Rosay, Julien Carette, Lud Germain, Marie-Claire Olivia, Didier d'Yd, Grégoire Aslan u.a.
Im Jahre 1989 hielt ein in Vergessenheit geratener Regisseur, der sich aus Verbitterung für Le Pens rechtsextremistischen “Front National” ins Europäische Parlament hatte wählen lassen, seine Eröffnungsrede als Alterspräsident. Diese war derart von rassistischen Äusserungen durchzogen, bezeichnete sogar die Existenz der Gaskammern als Lüge, dass er seine letzten Bewunderer verlor, während Politiker jeder Couleur den Saal verliessen. Nach dem Tod des alten Mannes hiess es denn auch, er gehöre zwar zur Filmgeschichte wie Leni Riefenstahl oder Veit Harlan; es gebe aber keinen Grund, ihm Träne nachzuweinen. - Tatsächlich war die Rede wohl der letzte Versuch des - ich spiele auf den Titel seiner Autobiographie an - den Schmerz in seinem Herzen spürenden Claude Autant-Lara (1901-2000) das zu tun, was er ein Leben lang getan hatte: anzuecken. Ursprünglich kämpferischer Pazifist, war er mit seinem Filmschaffen früher vor allem von der rechten Presse attackiert worden. Sein Film “Le diable au corps” (1947) mit dem unvergessenen Gérard Philipe in der Hauptrolle sollte, dies wurde gefordert, von der Leinwand verschwinden, “Tu ne tueras point” (1961), die Geschichte eines Kriegsdienstverweigerers, rief sogar die Zensurbehörde auf den Plan. Doch der Mann, der sich “bürgerlicher Anarchist” nannte, blieb bei seiner Devise, wonach ein Film, der nicht boshaft sei, langweile - und er hetzte munter weiter gegen seine liebsten Feinde: die Armee, die Bourgeoisie und den Klerus. Selbst gegen Godard und Truffaut begehrte er auf; doch die Nouvelle Vague tat ihn, sich auf etwas schwülstige Literaturverfilmungen wie "Le rouge et le noir", 1954, oder "Le comte de Monte Christo", 1961, berufend, schlicht als typischen Vertreter des alten französischen Kinos ab, als Mann, der Glanz ohne Substanz produzierte. Das musste den agent provocateur, der sein Handwerk von der Pike auf gelernt hatte, verletzen.
Es gibt nichts, was das traurige Ende des Franzosen rechtfertigen könnte. Seine unbequemen Filme, die eine ganz andere Sprache sprechen, sollten aber nicht zusammen mit ihm abgetan werden, erinnern sie doch auf meisterhafte Weise an das, was einst die braven Gaullisten das Fürchten lehrte. - Insbesondere “L’auberge rouge”, eine der schwärzesten Komödien, die wir dem französischen Kino verdanken, gibt die lächerliche Hilflosigkeit des real existierenden Katholizismus in einer kritischen Situation auf derart boshafte Weise dem Gelächter des Publikums preis, dass er auch nach vielen Jahren nichts von seiner Wirkung verloren hat: In einer Winternacht des frühen 19. Jahrhunderts sucht eine Kutsche mit vornehmen Gästen Unterschlupf in einer abgelegenen Herberge in der Ardèche im südlichen Frankreich. Kurz darauf finden sich auch ein Mönch und sein Novize ein, die auf dem Weg zu ihrem Kloster sind und dem Schneetreiben entkommen wollten. Das geschwätzige Mönchlein mit seinem himmelschreienden Dialekt freut sich jedoch vergeblich auf die aufgetischte Suppe, da die Herrin des Hauses plötzlich das Bedürfnis überkommt, die Beichte abzulegen. Und was sie zu erzählen hat, verschlägt ihm den Appetit endgültig: Das Wirtepaar hat zusammen mit seiner hinterhältigen Tochter Mathilde im Laufe der Jahre bereits 102 Gäste umgebracht und ausgeraubt, bevor es sie in der Umgebung des Hauses begrub. Ein gerade kaltblütig ermordeter Spielmann wurde mit Hilfe des schwarzen Dieners (“Un nègre? Mais ce sont des sauvages! Vous n'avez pas peur?”, lässt der hämische Regisseur eine dicke Frau in der Kutsche die mitreisende Mathilde ankreischend fragen, ohne zu ahnen, dass er eines Tages selber ein Rassist werden sollte) zum Schneemann umfunktioniert. Man möchte den unerwarteten Gästen - sie sollen, man wolle sich langsam zur Ruhe setzen, die letzten Herbergsleichen werden - schliesslich keinen Grund zur Besorgnis geben. - Von nun an sieht sich der an das Beichtgeheimnis gebundene Mönch in der misslichen Lage, das Leben der ahnungslos Essenden und sich Spässchen Hingebenden retten zu müssen, ohne etwas zu verraten. Doch je weniger er die nebensächlichen Gebote seiner katholischen Kirche verletzen will, beim Essentiellen aber auch mal fünfe gerade sein lässt (er erklärt sich sogar einverstanden, seinen verliebten Novizen mit der Wirtstochter zu verheiraten), desto mehr reitet er sich in - man verzeihe mir oder geniesse den Ausdruck! - Gottes heilige Scheisse hinein...
“L’auberge rouge” beginnt zwar mit dem zu an den expressionistischen Film erinnernden Aufnahmen von kahlen Bäumen, Felsen und Schluchten erklingenden unheilvollen Gesang von Yves Montand (“Chrétiens, venez tous écouter!”) wie eine Schauermär, entpuppt sich jedoch bald als respektlose Farce, in deren Mittelpunkt der heuchlerische Katholizismus und der nicht minder heuchlerische Umgang der Bourgeoisie mit ihm stehen. Dies zeigt sich schon an dem sich anbiedernden Getue, mit dem der Mönch dem wohlhabenden Klüngel, der diverse Untugenden (Völlerei, Spielsucht, aussereheliche Liebe) verkörpert, das Geld für die Unterkunft abbettelt. Für die makabre Beichte muss, damit Schein und gebührender Abstand gewahrt bleiben, ein Grillgitter herhalten. Es hält das Gesicht des Mönchs nicht davon ab, sich immer panischere Grimassen zu gönnen, ermöglicht es dem Geistlichen aber doch, der mordenden Wirtin am Ende - wie es sich gehört - die Absolution zu erteilen. Es ist ja alles nicht so schlimm... - Die vor einer schnarchenden Hochzeitsgesellschaft (man hatte die Gäste bereits betäubt) gehaltene Predigt zur Vermählung des Novizen und der Mördertochter - der Mönch darf sogar die passenden Ringe aus der Beute der früheren Opfer aussuchen - artet mit ihrem stotternden Scheinlatein und ihren Anspielungen derart ins Lächerliche aus, dass sie Autant-Lara seinerzeit das bescherte, wonach er eigentlich gierte: den entschiedenen Einspruch der Kirche und eine Kampagne gegen den Film. - Am Morgen findet dann noch eine Schneeballschlacht um die “Entblössung” der Leiche im Schneemann statt. Doch während der Zuschauer sich langsam auf ein Happy End einstellt, kommt es noch schlimmer. Das letzte Bild, das ein wegen seines Versagens mit allen Gliedmassen fuchtelndes Mönchlein durch den hohen Schnee rennen und das Kreuz hinter sich lassend zeigt, ist mehr als das Ende einer makabren Komödie. Es enthält vielmehr eine gnadenlose Aufdeckung des Wesens der Heuchelei und dessen, wozu sie führt, und es sucht seinesgleichen in der Geschichte des französischen Films.
Fernandel, damals langsam zum Star herangewachsen, hasste “L’auberge rouge” und wechselte angeblich nie wieder ein Wort mit dem Regisseur. Über die Gründe für sein Verhalten gibt es nur Mutmassungen: Es ist denkbar, dass er das Gefühl hatte, trotz seiner Glanzrolle, die es ihm als lächerlichem “Patois”-Geistlichen ermöglichte, den ganzen Film mit herrlich verharmlosendem Geschwätz und sinnlosen Gesten zu füllen, sich neben dem von zwei Veteranen des französischen Kinos gespielten Mörderpaar nicht immer ausreichend hervorheben zu können. Vielleicht reagierte auch der als Tyrann verrufene Regisseur (ich bin mir nicht sicher, ob Jean Gabin der einzige Schauspieler war, der von ihm eine Ohrfeige in Empfang nehmen durfte) unwirsch auf die Versuche des Hauptdarstellers, sich in jeder Szene in den Vordergrund zu drängen. - Auf jeden Fall, und dies scheint mir den Sachverhalt am ehesten zu erklären, war Fernandel ein konservativer und gottesfürchtiger Mann, der keineswegs Gefallen daran fand, einen ständig herumfuchtelnden heuchlerischen Mönch, der sich zum Esel machte, zu spielen - obwohl er darauf bei Autant-Lara hätte gefasst sein müssen. Die Rolle im ersten “Don Camillo”-Film (ebenfalls 1951), in dem er zu Gott Junior höchstpersönlich Kontakt haben sollte, wird ihm eher zugesagt haben. Sie reicht meines Erachtens aber nicht an seine perfekt übersteigerte Figur des Mönchleins in Gewissensnot - vielleicht seine beste Leistung - heran.
“L’auberge rouge” beruht trotz eines sich hartnäckig haltenden Gerüchts nicht auf einer Erzählung von Honoré de Balzac, in der es ebenfalls um einen (!) Mord geht. Und obwohl Herbergen in Literatur, Film und Musik ein beliebter Ort sind, um Leute zusammenzubringen, die einander Geschichten erzählen (Chaucer’s “The Canterbury Tales”, Hauffs “Das Wirtshaus im Spessart") oder eben "seltsamere" Geschäfte erledigen (“Psycho“, 1960, und der Eagles-Song “Hotel California“), haben wir es auch nicht mit einer fiktiven Angelegenheit zu tun: Der Film beruht vielmehr auf einer wahren Begebenheit, die 1833 mit der Exekution eines Ehepaars endete, das in einer abgelegenen Herberge in der Ardèche über fünfzig Gäste umgebracht hatte. - Die Geschichte wäre eine ideale Vorlage für einen Horror-Film gewesen; der provozierende Regisseur erkannte jedoch rasch ihr Potential für eine rabenschwarze Komödie, die es ihm ermöglichen würde, seine boshaften Pfeile auf meisterhafte Weise und treffsicher abzuschiessen. Oder, um ihn noch einmal zu bemühen: “Wenn ein Film kein Gift enthält, taugt er nichts.” Diese Überzeugung sollte ihm im Falle von “L’auberge rouge” zum Erfolg verhelfen. Dass sie sich nicht oder nur bedingt auf Reden im wahren Leben übertragen lässt, sah der alte Narr wohl nicht mehr ein. Dies ist aber kein Grund, sein grandioses filmisches Schaffen aus unserem Gedächtnis zu verbannen.
2007 wagte sich Gérard Krawczyk an ein Remake des Meisterwerks. Ich habe es nicht gesehen. Kenner empfehlen jedoch, den gnädigen Mantel des Vergessens lieber darüber als über die 1951er Version zu legen.
Es gibt nichts, was das traurige Ende des Franzosen rechtfertigen könnte. Seine unbequemen Filme, die eine ganz andere Sprache sprechen, sollten aber nicht zusammen mit ihm abgetan werden, erinnern sie doch auf meisterhafte Weise an das, was einst die braven Gaullisten das Fürchten lehrte. - Insbesondere “L’auberge rouge”, eine der schwärzesten Komödien, die wir dem französischen Kino verdanken, gibt die lächerliche Hilflosigkeit des real existierenden Katholizismus in einer kritischen Situation auf derart boshafte Weise dem Gelächter des Publikums preis, dass er auch nach vielen Jahren nichts von seiner Wirkung verloren hat: In einer Winternacht des frühen 19. Jahrhunderts sucht eine Kutsche mit vornehmen Gästen Unterschlupf in einer abgelegenen Herberge in der Ardèche im südlichen Frankreich. Kurz darauf finden sich auch ein Mönch und sein Novize ein, die auf dem Weg zu ihrem Kloster sind und dem Schneetreiben entkommen wollten. Das geschwätzige Mönchlein mit seinem himmelschreienden Dialekt freut sich jedoch vergeblich auf die aufgetischte Suppe, da die Herrin des Hauses plötzlich das Bedürfnis überkommt, die Beichte abzulegen. Und was sie zu erzählen hat, verschlägt ihm den Appetit endgültig: Das Wirtepaar hat zusammen mit seiner hinterhältigen Tochter Mathilde im Laufe der Jahre bereits 102 Gäste umgebracht und ausgeraubt, bevor es sie in der Umgebung des Hauses begrub. Ein gerade kaltblütig ermordeter Spielmann wurde mit Hilfe des schwarzen Dieners (“Un nègre? Mais ce sont des sauvages! Vous n'avez pas peur?”, lässt der hämische Regisseur eine dicke Frau in der Kutsche die mitreisende Mathilde ankreischend fragen, ohne zu ahnen, dass er eines Tages selber ein Rassist werden sollte) zum Schneemann umfunktioniert. Man möchte den unerwarteten Gästen - sie sollen, man wolle sich langsam zur Ruhe setzen, die letzten Herbergsleichen werden - schliesslich keinen Grund zur Besorgnis geben. - Von nun an sieht sich der an das Beichtgeheimnis gebundene Mönch in der misslichen Lage, das Leben der ahnungslos Essenden und sich Spässchen Hingebenden retten zu müssen, ohne etwas zu verraten. Doch je weniger er die nebensächlichen Gebote seiner katholischen Kirche verletzen will, beim Essentiellen aber auch mal fünfe gerade sein lässt (er erklärt sich sogar einverstanden, seinen verliebten Novizen mit der Wirtstochter zu verheiraten), desto mehr reitet er sich in - man verzeihe mir oder geniesse den Ausdruck! - Gottes heilige Scheisse hinein...
“L’auberge rouge” beginnt zwar mit dem zu an den expressionistischen Film erinnernden Aufnahmen von kahlen Bäumen, Felsen und Schluchten erklingenden unheilvollen Gesang von Yves Montand (“Chrétiens, venez tous écouter!”) wie eine Schauermär, entpuppt sich jedoch bald als respektlose Farce, in deren Mittelpunkt der heuchlerische Katholizismus und der nicht minder heuchlerische Umgang der Bourgeoisie mit ihm stehen. Dies zeigt sich schon an dem sich anbiedernden Getue, mit dem der Mönch dem wohlhabenden Klüngel, der diverse Untugenden (Völlerei, Spielsucht, aussereheliche Liebe) verkörpert, das Geld für die Unterkunft abbettelt. Für die makabre Beichte muss, damit Schein und gebührender Abstand gewahrt bleiben, ein Grillgitter herhalten. Es hält das Gesicht des Mönchs nicht davon ab, sich immer panischere Grimassen zu gönnen, ermöglicht es dem Geistlichen aber doch, der mordenden Wirtin am Ende - wie es sich gehört - die Absolution zu erteilen. Es ist ja alles nicht so schlimm... - Die vor einer schnarchenden Hochzeitsgesellschaft (man hatte die Gäste bereits betäubt) gehaltene Predigt zur Vermählung des Novizen und der Mördertochter - der Mönch darf sogar die passenden Ringe aus der Beute der früheren Opfer aussuchen - artet mit ihrem stotternden Scheinlatein und ihren Anspielungen derart ins Lächerliche aus, dass sie Autant-Lara seinerzeit das bescherte, wonach er eigentlich gierte: den entschiedenen Einspruch der Kirche und eine Kampagne gegen den Film. - Am Morgen findet dann noch eine Schneeballschlacht um die “Entblössung” der Leiche im Schneemann statt. Doch während der Zuschauer sich langsam auf ein Happy End einstellt, kommt es noch schlimmer. Das letzte Bild, das ein wegen seines Versagens mit allen Gliedmassen fuchtelndes Mönchlein durch den hohen Schnee rennen und das Kreuz hinter sich lassend zeigt, ist mehr als das Ende einer makabren Komödie. Es enthält vielmehr eine gnadenlose Aufdeckung des Wesens der Heuchelei und dessen, wozu sie führt, und es sucht seinesgleichen in der Geschichte des französischen Films.
Fernandel, damals langsam zum Star herangewachsen, hasste “L’auberge rouge” und wechselte angeblich nie wieder ein Wort mit dem Regisseur. Über die Gründe für sein Verhalten gibt es nur Mutmassungen: Es ist denkbar, dass er das Gefühl hatte, trotz seiner Glanzrolle, die es ihm als lächerlichem “Patois”-Geistlichen ermöglichte, den ganzen Film mit herrlich verharmlosendem Geschwätz und sinnlosen Gesten zu füllen, sich neben dem von zwei Veteranen des französischen Kinos gespielten Mörderpaar nicht immer ausreichend hervorheben zu können. Vielleicht reagierte auch der als Tyrann verrufene Regisseur (ich bin mir nicht sicher, ob Jean Gabin der einzige Schauspieler war, der von ihm eine Ohrfeige in Empfang nehmen durfte) unwirsch auf die Versuche des Hauptdarstellers, sich in jeder Szene in den Vordergrund zu drängen. - Auf jeden Fall, und dies scheint mir den Sachverhalt am ehesten zu erklären, war Fernandel ein konservativer und gottesfürchtiger Mann, der keineswegs Gefallen daran fand, einen ständig herumfuchtelnden heuchlerischen Mönch, der sich zum Esel machte, zu spielen - obwohl er darauf bei Autant-Lara hätte gefasst sein müssen. Die Rolle im ersten “Don Camillo”-Film (ebenfalls 1951), in dem er zu Gott Junior höchstpersönlich Kontakt haben sollte, wird ihm eher zugesagt haben. Sie reicht meines Erachtens aber nicht an seine perfekt übersteigerte Figur des Mönchleins in Gewissensnot - vielleicht seine beste Leistung - heran.
“L’auberge rouge” beruht trotz eines sich hartnäckig haltenden Gerüchts nicht auf einer Erzählung von Honoré de Balzac, in der es ebenfalls um einen (!) Mord geht. Und obwohl Herbergen in Literatur, Film und Musik ein beliebter Ort sind, um Leute zusammenzubringen, die einander Geschichten erzählen (Chaucer’s “The Canterbury Tales”, Hauffs “Das Wirtshaus im Spessart") oder eben "seltsamere" Geschäfte erledigen (“Psycho“, 1960, und der Eagles-Song “Hotel California“), haben wir es auch nicht mit einer fiktiven Angelegenheit zu tun: Der Film beruht vielmehr auf einer wahren Begebenheit, die 1833 mit der Exekution eines Ehepaars endete, das in einer abgelegenen Herberge in der Ardèche über fünfzig Gäste umgebracht hatte. - Die Geschichte wäre eine ideale Vorlage für einen Horror-Film gewesen; der provozierende Regisseur erkannte jedoch rasch ihr Potential für eine rabenschwarze Komödie, die es ihm ermöglichen würde, seine boshaften Pfeile auf meisterhafte Weise und treffsicher abzuschiessen. Oder, um ihn noch einmal zu bemühen: “Wenn ein Film kein Gift enthält, taugt er nichts.” Diese Überzeugung sollte ihm im Falle von “L’auberge rouge” zum Erfolg verhelfen. Dass sie sich nicht oder nur bedingt auf Reden im wahren Leben übertragen lässt, sah der alte Narr wohl nicht mehr ein. Dies ist aber kein Grund, sein grandioses filmisches Schaffen aus unserem Gedächtnis zu verbannen.
2007 wagte sich Gérard Krawczyk an ein Remake des Meisterwerks. Ich habe es nicht gesehen. Kenner empfehlen jedoch, den gnädigen Mantel des Vergessens lieber darüber als über die 1951er Version zu legen.
***
Der dieser Besprechung beigefügte Titel dürfte Kennern eine Ahnung vermittelt haben: Dies war mein Weihnachtsfilm 2011. Dank Fernandel und götllicher Eingebung ist es mir nach dem letztjährigen Soldatenengel aus Courgenay bereits zum zweiten Mal gelungen, die üblichen weihnachtlichen Tränenerzeuger zu umschiffen. - Ob Manfred Polak in den nächsten Tagen noch etwas bringt, weiss ich nicht. Für mich war dies die letzte Belästigung des Jahres via Blog, da ich mich jetzt mit Taschentüchern bewaffnet all diesen Hollywood-Schnulzen widme, über die ich nie schreiben würde. Ich wünsche unseren Lesern schniefend