Posts mit dem Label Kurzfilm werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Kurzfilm werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Montag, 15. Februar 2021

Dr. Wise erklärt, wie man das Virus besiegt - und wie man es nicht macht!



Der Film wurde 1919 vom britischen Local Government Board (LGB), das u.a. für Fragen der öffentlichen Gesundheit zuständig war, als Reaktion auf die verheerende Spanische Grippe in Auftrag gegeben. Sir Arthur Newsholme, der damalige Chief Medical Officer des LGB, dürfte den Anstoß dazu gegeben haben, der eigentliche Produzent war aber Joseph Best (der zuvor auch schon einen Film über Geschlechtskrankheiten gemacht hatte). Ob Best auch als Regisseur fungierte, und wer die sonstigen Mitwirkenden waren, weiß ich nicht. Der Film lief wohl im Vorprogramm der regulären Kinos, aber erst 1919, als die zweite Welle der Spanischen Grippe (die in England im Oktober 1918 begonnen hatte) schon im Abklingen war, und angeblich gab es auch nicht genügend Kopien für einen wirklich flächendeckenden Einsatz. Viele Kinobetreiber hatten auch keine Lust mehr, ständig "Public Information Films" vorführen zu müssen. Es ist also fraglich, ob DR. WISE ON INFLUENZA überhaupt eine größere Wirkung entfaltete. Nicht zuletzt als Reaktion auf die Pandemie und die unzureichenden Maßnahmen dagegen wurde 1919 in Großbritannien ein Gesundheitsministerium eingeführt, auf das die gesundheitspolitischen Aufgaben des LGB übertragen wurden.

DR. WISE ON INFLUENZA ist fast ein Unikum, denn ansonsten wurde die Spanische Grippe im britischen Film praktisch totgeschwiegen - weder im Spielfilm noch in Wochenschauen wurde sie thematisiert. Man wollte wohl zunächst in Kriegszeiten alles vermeiden, was die Bevölkerung in Panik hätte versetzen können, und nach Ende des Ersten Weltkriegs kam man nur schwer wieder aus diesem Modus heraus. Es scheint aber zumindest 1920 noch einen weiteren (und nur 90 Sekunden dauernden) Influenza-Film gegeben zu haben, den sich Christopher Addison, der erste Gesundheitsminister, als Erfolg auf die Fahnen schrieb. Angeblich haben den 30 Mio. Briten gesehen, so behauptete zumindest Addison. DR. WISE ON INFLUENZA hat in den Archiven des British Film Institute (BFI) die Zeiten überdauert und wurde im letzten Sommer aus naheliegenden Gründen erneut der Öffentlichkeit präsentiert. Die hier eingebettete Version wurde allerdings stark bearbeitet. Nicht nur die Farbe wurde künstlich hinzugefügt, es wurden auch viele Szenen stark gekürzt. Vielleicht wurde auch die Abspielgeschwindigkeit etwas erhöht. Auf dem YouTube-Kanal des BFI gibt es die unbearbeitete Version des Films, die dem ursprünglichen Seherlebnis offensichtlich viel näher kommt. Da hat man dann auch genug Zeit, um in Ruhe die Zwischentitel zu lesen.

Viele der vom fiktiven Dr. Wise empfohlenen Maßnahmen wirken für uns von der Pandemie Gebeutelten erstaunlich zeitgemäß und vertraut. Nur das Gurgeln mit Kaliumpermanganat würde man heute wohl nicht mehr empfehlen. Und es gibt im Film sogar Bilder des Erregers zu sehen! Oder etwa doch nicht? Nein, natürlich nicht. Bekanntlich wird die Grippe, und damit auch die Spanische Grippe, von Viren verursacht, und die konnte man in den damaligen Lichtmikroskopen überhaupt nicht sehen. Das gelang erst mit dem Elektronenmikroskop, doch das wurde erst in den 30er-Jahren entwickelt. Außerdem wimmelt und wuselt da nichts, sondern das Elektronenmikroskop liefert nur statische Bilder. Uns werden hier also x-beliebige Mikroben als angebliche Erreger untergejubelt (wenn nicht gar ein begabter Animationskünstler am Werk war). Freilich sollte man nachsichtig sein, denn das Influenzavirus wurde auch erst in den 30er-Jahren als Verursacher der Krankheit nachgewiesen - vorher zog man auch Bakterien in Betracht. Das BFI allerdings schrieb begleitend zur Neuveröffentlichung des Films: "Look out for some impressive microscopic footage of the deadly microbes in question [...]" - und das ist dann doch eine etwas dreiste Aufschneiderei. Aber zum Ausgleich dafür hat uns das BFI auch diesen lesenswerten Artikel von Bryony Dixon über den Film und seine Begleitumstände spendiert, in dem übrigens auch auf die Nöte der damaligen Kinobetreiber eingegangen wird, die den heutigen durchaus ähnlich waren. Interessante Informationen enthält auch dieser Artikel über die damalige Situation auf der Insel und die Maßnahmen des LGB.

Mittwoch, 18. November 2020

Von einem Kinoträumer, von jungen und alten Männern, Bäumen und Hunden

 Sam Firstenberg

Ich habe mich dieses Jahr in Sam Firstenbergs Filme verliebt. Dabei fing alles sehr banal an. "Hast du Lust, Stories from the Trenches zu rezensieren?" wurde ich im März gefragt... Oder mit vollem Titel: Stories from the Trenches: Adventures in Making High Octane Hollywood Movies with Cannon Veteran Sam Firstenberg... Ja klar, warum nicht? Ich kannte bislang aber keinen einzigen Film von Sam Firstenberg: nicht AMERICAN NINJA, nicht AMERICAN NINJA 2, nicht BREAKIN' 2: ELECTRIC BOOGALOO. Ein Cannon-Regisseur, soweit ich wusste eher ein routinierter Handwerker als ein wirklich eigensinniger Auteur (wie zum Beispiel jemand à la Michael Winner). Ein fast 800-seitiges Buch zu rezensieren, ohne einen einzigen der besprochenen Filme zu kennen, ist aber ein wenig blöd, deshalb habe ich mir, bevor ich mit der Lektüre begann, ein "Firstenberg-Starter-Kit" aus eben den drei oben genannten Filmen zusammengestellt und in wenigen Tagen geschaut... Aus wenigen "Pflichtsichtungen" heraus entstand vor lauter Begeisterung die umfangreichste, ambitionierteste und obsessivste Regisseur-Retrospektive seit meinen John-Carpenter- und Jacques-Rivette-Werkschauen in den Jahren 2016/2017. Filmografisch etwas unvollständiger als bei Carpenter und Rivette (einige wenige Filme konnte ich mangels Verfügbarkeit nicht schauen), aber zugleich auch wesentlich tiefer in die Materie eingetaucht durch die parallele Lektüre von Stories from the Trenches. Film und Kontext eben!


Das Buch ist fantastisch und ich kann es jedem Filmeliebhaber nur wärmstens empfehlen. Nach dem klassischen Hitchcock-Truffaut-Rezept ist es als Interview-Sammlung konzipiert (ergänzt mit Anektoden Firstenbergs, zahlreichen Bildern, Abbildungen von Filmplakaten, Storyboards und Zeitungsausschnitten u.v.m.). Jeder abendfüllende Film Firstenbergs wird in mehreren Interviews besprochen. Firstenberg selbst wird zu jedem Film befragt. Hinzu kommen Interviews mit an den jeweiligen Filmen beteiligten Personen: Darsteller, Kameramänner, Stunt-Koordinatoren, Cutter, Drehbuchautoren, Produzenten etc. Mit fast der Hälfte des Umfangs bilden die Filme, die Firstenberg direkt bei Menahem Golans und Yoram Globus' Cannon drehte, den Kern des Buchs. Doch auch die "Ränder" von Firstenbergs Karriere sind faszinierend. Neben einer Geschichte des Filmemachens bei Cannon bietet Stories from the Trenches auch viele kleine Einblicke in die Filmindustrien Israels, Südafrikas, der Philippinen, Indonesiens, Indiens und Bulgariens (Länder und Filmindustrien, in denen Firstenberg gearbeitet hat): Globalisierung des Films, erzählt anhand einer Regisseurkarriere. Stories from the Trenches handelt von US-amerikanischem Genrekino, das außerhalb des etablierten Hollywoods produziert wird: der Band bietet viele Einblicke in die Herstellung mittel- und niedrigbudgetierter Filme, in die kreativen Möglichkeiten eines solchen Kinos, aber auch in seine unzähligen logistischen Begrenzungen. Zu guter letzt, um es auch ganz naiv zu sagen: Stories from the Trenches erzählt auch von der Magie von Filmen.


Und Firstenberg? Seine Filme haben mich begeistert durch ihre unverstellte Freude, durch ihre "Naivität" (damit meine ich die unverstellte Begeisterung für die Essenzen ihrer Genres: Bewegung, Rhythmus, Atmosphäre und oft auch einfach Spaß an Unfug), durch ihre Menschlichkeit in einem oft zynischen, abgebrühten Genre. Firstenberg wiederholt im Verlauf des Buchs immer wieder, dass er "nur" ein "Auftragsregisseur" sei. Dass er Filme "nur" nach der "Formel" des jeweiligen Genres mache und dass er kein "Rebell" sei. Er wiederholt sogar mehrmals im Verlauf des Buchs "seine" "Formel" für den Actionfilm: maximal 90 Minuten Laufzeit; eine große Actionszene am Anfang, in der Mitte und am Ende; mehrere kleinere Actionszenen zwischendrin; jede Actionszene soll eine eigene Geschichte mit Anfang, Mittelteil und Schluss erzählen. Formel, das kommt bei Firstenberg nicht von Formular, sondern von Zauberformel. An einer anderen Stelle im Buch fügt er seiner Formel hinzu: "Action is action, but if you don't care about the people in the scene, you don't care about the action as well." Sam Firstenberg = Genrekino nach Formel + Charaktere + punktgenau Inszenierung? AMERICAN NINJA funktioniert vielleicht auch nur, weil Michael Dudikoff (kein im "klassischen" Sinne "guter" Schauspieler, aber eine charismatische Präsenz mit einer leicht verträumten Note) seinen Joe Armstrong als träumenden Außenseiter und nicht als Drauhauf-Typen präsentiert? Weil der großartige Steve James als Curtis Jackson diesen Träumer mit seiner Streetsmart-Präsenz erdet?

Ebenso wenig wie Menschen sind Orte bei Firstenberg austauschbar. Es ist bewundernswert, wie Firstenberg den Raum einfängt, in dem gehandelt, gekämpft, getanzt, getötet und gestorben wird: der Kampf auf dem Hochhausdach vor einem breiten Stadtpanorama am Ende von REVENGE OF THE NINJA, die karibisch-entspannte Urlaubsatmosphäre von AMERICAN NINJA 2: THE CONFRONTATION, die archaischen, verregneten Sümpfe von Louisiana als Kulisse der brachialen Kämpfe in AVENGING FORCE...


Meine Firstenberg-Favoriten sind (sehr unspektakulär) seine für Cannon gedrehten Filme: REVENGE OF THE NINJA, NINJA III: THE DOMINATION, BREAKIN' 2: ELECTRIC BOOGALOO, AMERICAN NINJA, AMERICAN NINJA 2: THE CONFRONTATION, AVENGING FORCE. Filme mit zwar nicht großen, aber doch vernünftigen Bugdets und verhältnismäßig wenig Eingriffen und Einmischungen seitens des Studios bzw. der Produktionschefs. Stories from the Trenches erzählt anhand von Firstenbergs Karriere auch vom Niedergang eines bestimmten Typen von Genre-Kino, für das Cannon stand. Die 1990er Jahre verzweigten auf gewisse Weise das Genre-Kino und besonders das Actionkino: entweder in Richtung des Blockbusters, oder in Richtung der niedrig-budgetierten Videotheken-Produktion. Firstenberg stieg nie in Hollywood-Blockbuster-Ehren auf. Seine Filme aus den 1990er Jahren haben nicht mehr die materiellen und finanziellen Ressourcen, die Cannon bot und man sieht es ihnen auch an. Die Firstenberg-Brillanz kommt eher in kleinen Momenten, in einzelnen Szenen, in manchen Figuren zum Tragen als in der Gesamtheit des Films.


Selbstverständlich haben mich nicht alle gesichteten Werke Firstenbergs (bislang 18 abendfüllende Spielfilme, 2 Kurzfilme, 3 TV-Serien-Episoden) vollkommen begeistert. Ich glaube, der einzige Film, der mich fast rundum angeödet hat, ist BLOOD WARRIORS (1993), sein indonesisch koproduziertes Remake von THE THIRD MAN bzw. besser gesagt seine Action-Neubearbeitung von Motiven aus Carol Reeds Klassiker. Wobei eben nur "fast rundum": die Idee, eine Verfolgungsjagd auf ein typisch südostasiatisches Baugerüst aus Bambus zu filmen, ist schon sehr nett (wenn auch leider lasch inszeniert); einige der Straßenimpressionen aus den Außenbezirken Jakartas sind sehr bemerkenswert, weil sie einen tropisch-exotischen Touch mit quasi-apokalyptischer Großstadt-Moloch-Atmosphäre verbinden (wieder so ein unvergesslicher Firstenberg-Ort). Der Dreh wird in Stories from the Trenches als logistischer Alptraum beschrieben. Auch sein Tierhorrorfilm SPIDERS II: BREEDING GROUND ist stellenweise besonders aufgrund der absolut bestialischen Digitaleffekte schmerzhaft anzuschauen. Doch auch hier gibt es wieder einige tolle Schauspieler, die den Tag retten, besonders die großartige und charismatische (und leider tragisch früh verstorbene) Stephanie Niznik.


Trotzdem: die Post-Cannon-Ära Firstenbergs hat neben einigen schönen Einzelmomenten in insgesamt schwächeren Werken trotzdem auch einige sehr bemerkenswerte Filme hervorgebracht, die seine Fähigkeiten auch außerhalb des engeren Genrebereichs Action und außerhalb des Systems Cannon unterstreichen: RIVERBEND (1989), ein komplett unabhängig finanzierter Film, der Elemente des Vietnamheimkehrerfilms und Westerns, der Blaxploitation und des engagierten Antirassismus-Dramas, des Belagerungs-Actionfilms und des Melodrama auf nicht immer konzise, aber doch sehr faszinierende Weise verbindet; MOTEL BLUE (1997), ein atmosphärisch unglaublich dicht gefilmter Neo-Noir bzw. Erotikthriller um eine junge Musteragentin, die nach und nach Gefallen findet am Lebensstil ihres Ermittlungsobjekts, einer femme fatale mit einem bewegten Liebesleben und einigen dubiosen Bekanntschaften; THE ALTERNATE (2000), eine Art Low-Budget-Ripoff von DIE HARD, der die Vorlage noch näher an ihre Western-Ursprünge bringt, mit Eric Roberts als einsamer Held, der in einem großen Luxushotel den Tag und den Präsidenten vor Terroristen retten muss; und Firstenbergs bizarrer und exzentrischer (bislang) letzter Film, THE INTERPLANETARY SURPLUS MALE AND AMAZON WOMEN FROM OUTER SPACE (2003), eine auf Video unter Quasi-Amateurfilm-Bedingungen gedrehte Sexkomödie um einen sexbesessenen Universitätsprofessor, der von Alien-Amazonen entführt wird, um als Samenspender-Sklave gehalten zu werden. Meiner Meinung nach Filme, die das Portfolio von Firstenbergs bekannteren und kanonisierteren (cannonisierteren?) Werken gut ergänzen. Filme, die ich gerne hier demnächst besprechen möchte.

Aber vorher noch etwas Kleines aus Firstenbergs Prä-Cannon-Phase – oder besser gesagt, zwei Kurzfilme.




Zwei frühe Kurzfilme Firstenbergs



THE TREE WAS HAPPY

USA 197[2?]

Regie: Shmulik Firstenberg

Erzähler: Dorian Boyle



Ein kleiner Junge spielt alleine in der Natur und geht immer wieder zum gleichen Baum, klettert darauf herum und legt sogar ein kleines Blumenbeet an dessen Fuß an (bzw. an deren Fuß: der Erzähler des Films bezeichnet den Baum mit "she"). Der Baum wiederum, so erfahren wir vom Erzähler, liebt den Jungen genauso, wie der Junge den Baum liebt.

Doch der Junge wird mit der Zeit älter, besucht den Baum seltener, und interessiert sich auch für das andere Geschlecht seiner eigenen Spezies. Der Junge (bzw. jetzt: der junge Mann) und der Baum können offenbar miteinander kommunizieren: der Baum fordert den Jungen dazu auf, doch auf ihn zu klettern. Dafür sei er doch zu alt, und er möchte lieber Geld haben. Nein, Geld habe der Baum nicht, aber der Junge könne doch die Äpfel nehmen und sie in der Stadt verkaufen. Was der junge Mann tut... und der Baum war glücklich ("And the tree was happy" – ein wiederkehrender Satz des Films).

Wieder etwas älter möchte der nun erwachsene Mann (richtig respektabel mit Aktentasche) ein Haus bauen, und sicher nicht auf dem Baum klettern, wie dieser wieder vorschlägt. Nein, ein Haus könne er nicht geben, aber der Junge ("the boy", wie der Baum ihn bis zum Ende nennt) könne doch seine Äste benutzen, um ein Haus zu bauen. Daraufhin sägt der Junge dem Baum die Äste ab (das markerschütternde Sägegeräusch könnte an dieser Stelle aus einem Horrorfilm entstammen)... und der Baum war glücklich.

Noch mal älter kommt der nun ältere Mann wieder beim Baum vorbei, und möchte ein Boot haben, um wegzusegeln. Nein, ein Boot habe der Baum nicht, aber der Junge könne doch einfach seinen Stamm abschneiden, um ein Boot daraus zu machen. Gesagt, getan... und der Baum war glücklich – aber doch nicht wirklich, wie der Erzähler nun zum ersten Mal ergänzt.

Als nunmehr alter Mann, der einen Stock zum Gehen braucht, besucht der Junge noch mal seinen Baum, der nur noch als Stumpf übrig geblieben ist. Wunschlos und ohne Worte setzt er sich auf den Baumstumpf... und der Baum war glücklich.


THE TREE WAS HAPPY ist einer von Shmulik Firstenbergs ersten Filmen (Sam nannte er sich erst später auf Vorschlag Menahem Golans für die Filmcredits um; in Stories from the Trenches nennen ihn allerdings auch viele nicht-israelische Interviewte Shmulik; in einem gewissen sozialen Kanal nutzt Firstenberg beide Vornamen). Er verließ Anfang der 1970er Jahre Israel in Richtung USA, um dort Film zu studieren und Filme zu machen. Die erste Station war ein Filmstudium am Columbia College in Hollywood, wo er nach eigenen, widersprüchlichen Angaben entweder drei oder vier Kurzfilme inszenierte: der erste fertiggestellte Film war THE TREE WAS HAPPY, ein weiterer hatte den Titel THE SAND CASTLE.


THE TREE WAS HAPPY ist eine Verfilmung von Shel Silversteins Kurzgeschichte "The Giving Tree": diese gehört in den USA mittlerweile zu den berühmtesten und meistverkauften Kurzgeschichten für Kinder, aber auch zu den kontroversesten. Die Geschichte des glücklich gebenden Baums hat zahlreiche Interpretationen hervorgerufen: sie kann als Geschichte christlicher Nächstenliebe gelesen werden, als ökologische Parabel, als Darstellung einer komplizierten Eltern-Kinder-Beziehung, aber auch als Geschichte einer toxischen, ausbeuterischen oder sadomasochistischen Beziehung, bei dem sich ein egoistischer Narzisst (der Junge) und ein Masochist (der Baum) gegenüberstehen.


Eine Liebesgeschichte zwischen einem kleinen Jungen und einem Baum, die mit fortgeschrittenem Alter zunehmend zerstörerisch wird


Ich selber, der nur Firstenbergs Film gesehen und die Vorlage nicht gelesen hat, neige zu letzterem: der Baum gibt sich selbst mit einer zunehmend masochistischen Inbrunst komplett in der Beziehung zum Jungen auf, gibt sich quasi einer Täuschung hin und muss gegen Ende auch einsehen, dass er doch nicht so glücklich ist. Wie bereits erwähnt: die Absägung seiner Äste wird mit einfachen Mitteln inszeniert (eigentlich nur eine Nahaufnahme mit Säge und dem entsprechenden, sehr lauten Geräusch), wirkt aber trotzdem unglaublich drastisch. Eine sehr finstere Geschichte, wenn man sie aus der Perspektive des Baums (bzw. der Natur) näher betrachtet.

Aus der Perspektive des Jungen (bzw. der Menschheit) könnte man eine Art Geschichte verlorener Kindheitsunschuld sehen, eines Menschen, der aus kindlicher Unbekümmertheit langsam in eine materialistische Kultur (bzw. kapitalistische Kultur, in der der Erfolg des einen von der Ausbeutung des anderen abhängt) hineinwächst. Aus dem unschuldigen Jungen wird ein gefühlskalter, materialistischer Erwachsener.

Am Ende sind beide Figuren "gebrochen" – und das letzte "And the tree was happy" wirkt fast zynisch, wie eine Art verbalisierte Rache: der Junge hat sein ganzes Leben lang den Baum ausgenommen, aber schlussendlich ist er nunmehr nur noch ein alter, gehbehinderter Mann. Man kann den Schluss alternativ auch als ernüchtert, aber trotzdem versöhnlich sehen.


Über die Beteiligten an THE TREE WAS HAPPY jenseits des Regisseurs ist kaum etwas zu finden. In Stories from the Trenches wird der Film nur an wenigen Stellen kurz erwähnt. Firstenberg beschreibt den Prozess des Filmemachens an der Universität als sehr kollaborativ: Studenten helfen sich bei ihren jeweiligen Filmen gegenseitig aus – so ist anzunehmen, dass Kommilitonen und Bekannte von Kommilitonen an der Entstehung von THE TREE WAS HAPPY beteiligt waren. Firstenberg erwähnt Yossi Peso, ein anderer israelischer Filmstudent, der am Columbia College offenbar für die Materialen (Kameras, Linsen etc.) verantwortlich war, aber ob dieser am Film beteiligt war, geht aus Firstenbergs Ausführungen nicht wirklich eindeutig hervor. Dorian Boyle, der Erzähler, der meiner Meinung nach eine sehr schöne Erzähler- und Sprecherstimme hat, dürfte auch aus dem Umfeld des Columbia College sein, ebenso die in den End-Credits genannten Darsteller Elia, Dan und Sol.


THE TREE WAS HAPPY ist in ganzer Länge in Sam Firstenbergs persönlichem YouTube-Channel zu sehen. Die Qualität ist leider ziemlich grausig: es sieht ein bisschen wie die Videokopie einer Videokopie aus, wobei die zu Grunde liegende 16mm-Kopie offensichtlich stark blaustichig war. In der Beschreibung des YouTube-Videos findet sich auch das Entstehungsdatum 1972, das ich allerdings nirgendwo mit einer anderen Quelle abgleichen kann, weil sich sonst nichts über diesen Film finden lässt.

Als mittlerweile gewachsener Firstenberg-Fan gehört THE TREE WAS HAPPY sicherlich nicht zu meinen persönlichen Highlights seiner Filmografie (eine Zweitsichtung hat daran nichts wesentlich geändert). Es ist trotzdem ein sehenswerter, früher Film und aufgrund der bescheidenen Qualität der verfügbaren Kopie würde ich ein definitives Urteil sowieso erst einmal aufschieben.




SIMPATYA BISHVIEL KELEV ("For the Sake of the Dog")

Israel 1979

Regie: Shmulik Firstenberg

Darsteller: Pesach Guttmark (Aaron Beckler)



Aaron Beckler, dessen komplette Familie im Vernichtungslager Auschwitz ermordet wurde und der selbst als Anti-Nazi-Partisan die Kriegsgefangenenlager, als Jude die Vernichtungslager und als Kommunist die Gefängnisse der Polen (ob die Vorkriegszeit oder die stalinistische Ära gemeint ist, bleibt klar) überlebt hat, lebt in einem Arbeiterviertel Tel Avivs alleine in einer bescheidenen Wohnung. Nun, nicht ganz alleine, denn sein kleiner Hund, Tina, lebt mit ihm. 

Wie jeden Tag seit nunmehr acht Jahren geht Herr Beckler mit Tina am Strand spazieren. Doch heute bekommt er von einem Polizisten einen Strafzettel, weil (wohl seit kurzem) Hunde am Strand nicht mehr erlaubt sind. Herr Beckler will den Strafzettel ignorieren, weil er schon so lange mit Tina am Strand spazieren geht, weil der Strand doch allen gehöre und überhaupt sei das doch nicht Sowjetrussland. Die Warnungen eines Bekannten, dass er bei Nichtzahlung Probleme mit der Polizei bekommen könnte, schlägt er in den Wind. Doch tatsächlich steht eines Morgens eine Polizistin vor seiner Tür, die ihn zur Polizeistation bittet.

Dort wird er gebeten, die Summe des Strafzettels einfach zu begleichen, ihm wird sogar eine Stundung des Betrags vorgeschlagen, doch Herr Beckler weigert sich aus Prinzip weiter, den Strafzettel zu bezahlen. Also muss er für sechs Tage ins Gefängnis. Doch hier kommt das weitere Problem: Hunde dürfen auch nicht ins Gefängnis, und die kleine Tina, die er auf die Polizeistation mitgenommen hat, soll er abgeben. Doch auch da weigert sich Herr Beckler: wenn der Hund nicht mit ins Gefängnis darf, dann geht er auch nicht ins Gefängnis! Auch hier finden die Polizisten schließlich eine unbürokratische Lösung: der Hund wird in die Obhut der Polizistin übergeben, die Herr Beckler abgeholt hat. Und Herr Beckler darf vorher die Wohnung der Polizistin, also den provisorischen Schlafplatz Tinas für die nächste Woche, inspizieren: trotz anfänglicher Skepsis und einigen ausführlichen Instruktionen an die Adresse der Polizistin bezüglich Ernährung und täglichen Geschäften gibt er sich zufrieden, zumal die jüngeren Geschwister der Polizistin gute Spielgefährten für den Hund sein werden. Jetzt kann Herr Beckler also ins Gefängnis.

In der Polizeistation, wo er bis zum Transfer in die Vollzugsanstalt festgehalten wird, kommt er zu einigen "Halbstarken" in die Zelle. Die latent bedrohliche Situation löst sich auf, als einer der jungen Männer, der in einem Strandcafé arbeitet, Herrn Beckler als den Spaziergänger mit dem kleinen Hund wieder erkennt. Als seine Zellengenossen erfahren, warum Herr Beckler "sitzt", bieten sie ihm – ganz offensichtlich aus spontaner Sympathie – an, für ihn den Strafzettel zu bezahlen. Wenig später folgt der Transfer ins Gefängnis und dort erfahren wir, dass Herr Beckler sich geweigert hat, die Quittung für die Zahlung des Strafzettels zu unterschreiben. Im Gefängnis geschieht im Prinzip das gleiche: die Zellengenossen des alten Mannes finden es furchtbar, dass ein solch alter und offensichtlich trauriger und einsamer Mann wegen einer Nichtigkeit einsitzt und wollen ihn mit der Summe des Strafzettels freikaufen. Der Gefängnisdirektor ist offensichtlich sehr unbürokratisch: er lädt Beckler vor, erklärt ihn für entlassen und als dieser sich weigert, irgendetwas zu unterschreiben, erklärt er ihm, dass eine Unterschrift in diesem Fall nicht nötig sei.

Also findet sich Herr Beckler unfreiwillig wieder draußen. Er holt seine Tina ab – und geht mit ihr am Strand spazieren. Wie beide zusammen gen Sonnenuntergang marschieren, erklärt er ihr, dass er sich natürlich geweigert hat, den Strafzettel zu bezahlen, dass aber ganz viele sympathische Menschen mit ihr, Tina, dem Hund, Mitleid gehabt und deshalb geholfen haben...


In den 1970er Jahren alternierte Firstenberg zwischen Studium, einem Kameramann-Job bei einem lokalen Fernsehsender in Los Angeles sowie diversen Assistentenjobs im Umfeld von Menahem Golan (damals noch nicht Cannon-Chef), den Firstenberg 1973 bei einer Silvesterparty kennen lernte und der ihn zunächst als Assistent für alle möglichen Dinge beschäftigte (als Maler von hebräischsprachigen Schildern bei LEPKE oder auch als persönlicher Bote und Aushilfsfahrer für Shelley Winters), später dann auch als Regieassistent. In dieser Zeit kam Firstenberg immer wieder nach Israel, sei es als Assistent bei US-israelischen Koproduktionen Menahem Golans, bei rein israelischen und hebräischsprachigen Produktionen oder bei Location-Shootings (Firstenberg war Assistent Director für die israelische Crew bei William Friedkins SORCERER). Während eines solchen längeren Aufenthalts in Israel entstand SIMPATYA BISHVIEL KELEV.


Herr Beckler geht täglich mit seinem Hund Tina spazieren, ist ansonsten aber ein einsamer Mensch
Für seine Weigerung, einen Strafzettel zu bezahlen, kommt er ins Gefängnis: die Zellengenossen sind Verkörperungen des Mottos "harte Schale, weicher Kern"


Sam Firstenberg ist heute vor allem für seine Actionfilme bei Cannon berühmt, doch in den 1970er Jahren plante er noch, ein "director of social issue stories" zu werden. Vorbild für SIMPATYA BISHVIEL KELEV war nach Firstenbergs eigenen Angaben der italienische Neorealismus, besonders De Sicas LADRI DI BICICLETTE, aber auch die populären Komödien von Boaz Davidson, die meist in ärmeren Milieus angesiedelt waren. Durch die Verbindung zwischen einem alten Mann und einem Hund kommt dem Kenner des italienischen Neorealismus natürlich auch UMBERTO D in den Sinn, doch das war wahrscheinlich eher ein Zufall. Als Co-Autor des Films wird Yigal Lev genannt. Lev war Journalist in Jaffa und schrieb in dieser Zeit jeden Freitag eine ganzseitige Geschichte über Nachrichten aus dem Alltagsleben der Stadt – eine Kolumne, die Firstenberg mit großer Begeisterung verfolgte. Die Geschichte des alten Mannes, der die Geldstrafe für seinen Hund nicht bezahlen möchte und dafür ins Gefängnis kommt, war eine von Levs Geschichten, die Firstenberg dann für seinen Film adaptierte (Lev arbeitete am Film nicht aktiv mit).

SIMPATYA BISHVIEL KELEV wurde privat von Firstenberg und Omri Maron finanziert. Maron arbeitete in den 1970er Jahren in Israel als Location-Manager für internationale Produktionen, außerdem verband ihn eine persönliche Freundschaft mit Firstenberg. Der Film wurde auf günstig eingekaufte 16mm-"short ends" von Wochenschauen gedreht. Die Crew wurde aus Firstenbergs und Marons professionellen Kontakten in der israelischen Filmindustrie sowie aus persönlichen Kontakten rekrutiert und arbeitete größtenteils ehrenamtlich. Teile des Films wurden zum Beispiel im Haus der Grossmutter von Marons Ehefrau gedreht. Gedreht wurde nicht kontinuierlich, sondern an Wochenenden über mehrere Monate hinweg (ein Prozedere, das Firstenberg auch für seinen ersten abendfüllenden Film ONE MORE CHANCE nutzen würde). Firstenberg bekam gemäß seiner eigenen Angaben auch die Unterstützung der örtlichen Behörden und konnte nicht nur echte Polizeiwagen nutzen, sondern auch im Inneren eines Gefängnisses drehen.


Aus privater Hand finanziert war SIMPATYA BISHVIEL KELEV auch gar nicht als kommerzielles Projekt gedacht, sondern als "Visitenkarte" für Firstenberg, der damit potentiellen Interessenten für andere Filmprojekte seine Fähigkeiten als Regisseur präsentierte. Gemäß Omri Maron (der im Buch Stories From the Trenches auch interviewt wird) hat das nur sehr bedingt funktioniert, weil Firstenberg nach Fertigstellung des Films keine Zeit hatte, sich um den Vertrieb des Films zu kümmern, weil sein Terminplan als Assistent zu dieser Zeit einfach zu voll war. Auf jeden Fall dürfte der Film 1980 beim Filmex (der Los Angeles International Film Exposition) gezeigt worden sein (im Buch ist jedenfalls eine Teilnahmeurkunde des Films abgebildet).


Die Atmosphäre von SIMPATYA BISHVIEL KELEV ist heiter, leicht und eher humorvoll, trotz der ernsten und teils auch finsteren Untertöne: es geht schließlich um einen Holocaust-Überlebenden und Überlebenden diverser Formen politischer Gewalt, der sich vereinsamt und verbittert von seinen Mitmenschen entfremdet hat und eigentlich nur noch mit seinem Hund richtig kommuniziert. Eine Wandlung macht Herr Beckler eigentlich auch nicht durch: am Ende des Films würde er wahrscheinlich diesen ganzen Prozess noch mal durchmachen. Aber seine Figur funktioniert auf mehreren Ebenen: als historisch und soziologisch verankerter Charakter (ein entfremdeter Holocaust-Überlebender) und auch als, wenn man so will, Genre-Figur, sprich als störrisch-sturer alter Mann, der alles an sich abprallen lässt. Der Film funktioniert als beides: als (neo-)neorealistisches Drama und als leise Komödie mit leicht absurden Einsprengeln. Der Darsteller Pesach Guttmark (auch zu finden mit der Schreibweise Pesah Gutmark) spielt den Herrn Beckler vorzüglich. Guttmark war ein Film- und Theaterschauspieler, den Firstenberg persönlich von einem früheren Dreh in Israel kannte. Guttmark war kein Star, sondern relativ unbekannt, und genau deshalb hat ihn Firstenberg auch gecastet: ein Nicht-Star für die Rolle eines "kleinen Mannes".


Bei der Erstsichtung fand ich SIMPATYA BISHVIEL KELEV ganz interessant, wenn auch nicht wirklich begeisternd. Die Zweitsichtung hat ihn mir allerdings noch mal viel näher gebracht. Vor allem hat mich jetzt begeistert, wie "übervoll" dieser scheinbar extrem "simple" Film mit Charakteren, Gesichtern und kleinen Mini-Nebengeschichten ist, die seiner einfachen Geschichte eine dichte Textur verleihen: am Strand etwa die sporttreibenden älteren Herrschaften; die dominospielenden alten Männer im Café; die beobachtenden Nachbarn bei der Verhaftung Becklers; die größere Familie der Polizistin mit (wahrscheinlich) der Mutter und (wahrscheinlich) den jüngeren Geschwistern; dazwischen immer wieder kleine Straßen-, Nebenstraßen- und Hinterhof-Impressionen. Manchmal längere Bilder, manchmal nur kleine Montage-Einschübe. In Stories from the Trenches hebt Firstenberg den Film vor allem als Zeitdokument der "dreckigen" 1970er Jahre hervor: als Alltagsportrait von Tel Aviv vor der Gentrifizierung.


SIMPATYA BISHVIEL KELEV ist als "For the Sake of a Dog" in Sam Firstenbergs persönlichem YouTube-Channel zu sehen. Die Qualität ist eher suboptimal (wenn auch nicht ganz so schlecht wie bei THE TREE WAS HAPPY), die 16mm-Kopie, die als Quelle zugrunde lag, scheint einen leichten Braunstich zu haben.

Freitag, 2. November 2018

Ein Film aus der Bretagne und ein toter Regisseur

Vor knapp 60 Jahren ertrank Alain Kaminker

LA MER ET LES JOURS (VERBÜNDETE DES MEERS)
Frankreich 1958
Regie: Alain Kaminker und Raymond Vogel
Darsteller: Bewohner der Île de Sein

Wer war Alain Kaminker? Er war zunächst einmal, um einen bekannteren Namen in die Runde zu werfen, der jüngere Bruder von Simone Signoret, die eigentlich Simone Henriette Charlotte Kaminker (oder auch Henriette Charlotte Simone Kaminker, je nach Quelle) hieß, Signoret war der Mädchenname ihrer Mutter. Aber natürlich ist das nicht der Grund, warum hier an Alain Kaminker erinnert werden soll.


1958 machten sich drei Männer auf zur kleinen bretonischen Île de Sein, die 8 km von einem der westlichsten Zipfel der Bretagne entfernt im Meer liegt, um im Herbst und Winter dieses Jahres über und mit den Fischern und ihren Familien einen Dokumentarfilm zu drehen. Der 1930 geborene Alain Kaminker und Raymond Vogel waren die Regisseure, André Dumaître (1920-1997) ihr Kameramann. Die heute bekanntesten Mitwirkenden an LA MER ET LES JOURS kamen erst nach dem Dreh zum Einsatz: Henri Colpi besorgte den Schnitt, Georges Delerue schrieb die Musik und Chris Marker den Kommentartext. André Dumaître hatte schon Erfahrung in seinem Metier, für Kaminker dagegen war es anscheinend der erste Film. Und Raymond Vogel? Laut IMDb soll er 1915-1988 gelebt haben und außer LA MER ET LES JOURS nur einen anderen Film inszeniert haben, nämlich (zusammen mit einem anderen Regisseur) DES HOMMES COMME LES AUTRES (1954). Doch nach dieser Seite, die einen gut informierten Eindruck macht, ergibt sich ein anderes Bild. Danach wurde Vogel 1927 in Basel geboren, und er starb 1995. Und er hat etliche Filme mehr gedreht. Vogel war längere Zeit Mitglied der Kommunistischen Partei Frankreichs (PCF). 1949 drehte er zusammen mit René Vautier in der Elfenbeinküste den antikolonialistischen AFRIQUE 50 (der in Frankreich Jahrzehnte verboten war, und für den Vautier für ein Jahr ins Gefängnis ging), und danach, meist in Zusammenarbeit mit anderen Regisseuren, weitere engagierte bis radikale Filme. Nach der Niederschlagung des Ungarn-Aufstands 1956 trat Vogel aus der PCF aus. In den 60er Jahren war er an Spielfilmen beteiligt, u.a. mit Alain Robbe-Grillet, aber was er da genau gemacht hat, weiß ich nicht. Noch später betätigte er sich als Schriftsteller. In der IMDb wird Vogel ein Auftritt in einem TATORT von 1979 nachgesagt, aber ich nehme mal an, dass da ein anderer Raymond Vogel am Werk war (vielleicht einer, der 1915-1988 gelebt hat).


Doch zurück zu LA MER ET LES JOURS. Der Film ist derzeit noch bei arte zu betrachten.


Nach anfänglicher Skepsis seitens der Inselbewohner wurden Kaminker, Vogel und André Dumaître herzlich aufgenommen, und sie haben gute Arbeit geleistet. Spektakuläre Bilder wie die geradezu abenteuerliche Auswechslung der Leuchtturmwärter, nüchterne Betrachtungen des Alltags und poetische Impressionen wechseln sich in einer ausgewogenen Mischung ab. Die Bilder erinnern teilweise an andere Filme aus ähnlichem Milieu, von Robert Flahertys MAN OF ARAN bis zu NAZARÉ von Manuel Guimarães, und natürlich an ältere Filme aus der Bretagne, etwa die von Jean Epstein wie FINIS TERRÆ. Wie sich der Neuling Kaminker und der schon erfahrenere Vogel die Regie aufteilten, ist mir nicht bekannt, ebensowenig, ob sie im Geist des Cinéma vérité nur weitgehend das Vorgefundene abfilmen ließen, oder ob sie selbst in stärkerem Maße inszenierend eingriffen (so wie das Flaherty immer gemacht hatte). Das Schiffsunglück im Film ist jedenfalls nicht inszeniert. Der Trawler Anne-Gaston lief am 15. November 1958 auf einen Felsen auf und sank. Drei Seeleute ertranken, die restlichen Besatzungsmitglieder wurden von den Bewohnern von Sein in einer nächtlichen Rettungsaktion geborgen. Der damalige Schiffsjunge der Anne-Gaston, der gerettet wurde (während sein Vater unter den Opfern war), erinnert sich hier an das Unglück.


Am 11. Dezember 1958, als die Dreharbeiten schon weit fortgeschritten waren und ein Sturm tobte, fiel der seekranke Kaminker ausgerechnet vom Rettungsboot der Île de Sein in das aufgewühlte Meer und ertrank. Eine stundenlange Suchaktion blieb zunächst erfolglos, erst einen Tag später wurde seine Leiche an einem Strand der Insel aufgefunden. Alain Kaminker wurde auf Wunsch seiner Familie auf dem Dorffriedhof von Sein bestattet, als erster nicht Ortsansässiger, wie es heißt. - René Vautier (1928-2015), Raymond Vogels oben schon erwähnter Mitstreiter bei AFRIQUE 50, der selbst aus der Bretagne stammte, drehte 1971 (laut IMDb 1973, aber 1971 ist richtig) zusammen mit einer Nicole Le Garrec die 45-minütige Doku MOURIR POUR DES IMAGES über die Dreharbeiten zu LA MER ET LES JOURS und den Tod von Kaminker. Neben Bewohnern der Île de Sein tritt auch Kameramann André Dumaître darin auf. - Die Bretagne besitzt eine eigene Cinémathèque, die 1986 gegründet wurde. Aus Anlass des 30-jährigen Jubiläums wurden 2016 einige alte Filme mit Bezug zur Bretagne restauriert und, wo sinnvoll, mit englischen Untertiteln versehen und in dieser Form wieder veröffentlicht, darunter auch bei arte - neben LA MER ET LES JOURS beispielsweise auch der (vermutlich per Pathécolor) colorierte kurze IM LAND DER FISCHER von 1910. Das oben eingebettete Video von LA MER ET LES JOURS soll aber nur noch bis zum 18.12.2018 verfügbar sein (und das ist der Grund, warum ich diesen Artikel etwas vorgezogen habe).

Sonntag, 3. Dezember 2017

Wiesbaden XXX – Eindrücke vom 30. exground Filmfest


Donnerstag, 23. November


17.30 Uhr, Caligari Filmbühne


Vorfilm 1
youth-days-Trailer
Regie: diverse
Deutschland 2017
Die youth days, eine feste Rubrik des exground, vereint Filme über Jugendliche und/oder von Jugendlichen. Der Trailer dazu wurde von einem Kollektiv geflüchteter Jugendlicher aus Afghanistan, Pakistan, Somalia, Irak und Syrien gedreht, die bei der Vorführung auch anwesend waren. Es ist bisschen schade, dass es etwa zehn Minuten dauerte, bis sowohl Bild wie auch Ton funktionierten (und das auch noch gleichzeitig und synchron) – aber davon ließen sich die Macher nicht ihre gute Laune verderben. Der kurze Trailer, der die Daten der bisherigen youth days mit popartig verfremdeten Bildern der jeweiligen Plakate und grafischen Schriftspielereien präsentiert, haut einen nicht aus den Socken, aber es ist ja auch ein Amateurfilm, der zudem auch angenehm frisch und nicht so glattgebügelt wie der Hauptfestival-Trailer wirkte.


Vorfilm 2
MORSEN
Regie: Simon Spitzer, Jessyca R. Hauser
Österreich 2017, 6 Minuten
Zwei Mädchenmannschaften spielen die kanadische Sportart Lacrosse (so eine Art Hockey, wo man den Ball nicht schlägt, sondern ihn in einem am Ende des Stocks befestigten Korb trägt). Ein faires, aber auch hartes Spiel.
MORSEN ist wie ein Musikvideo inszeniert. Es wechseln sich Szenen auf dem Rasenspielplatz im Freien ab mit nachgespielten Momenten vor einem tiefen Schwarz – letztere sind besonders beeindruckend auf einer großen Leinwand. Die großen Pathosmomente eines Spiels, besonders wenn zwei Mädchen knüppelhart aneinandergeraten, werden in ausgedehnten, stilisierten Zeitlupen präsentiert. Jungs gibt es auch zu sehen, nämlich als Bläserkapelle, die den Mädchen einen deftigen, leicht Balkan-Beat-angehauchten Soundtrack zu ihren Bewegungen liefert.
Kurzweilig, gekonnt inszeniert, sehr schön.
Ich bin mir nicht sicher, ob möglicherweise das Team „integrativ“ ist, denn zwei Mädchen sahen so aus, als hätten sie Down-Syndrom. Der Film thematisiert das allerdings überhaupt nicht, was ich absolut bewundernswert fände (die sind im Team, und was anders zählt hier nicht).



Hauptfilm
WEIRDOS
Regie: Bruce McDonald
Kanada 2016, 84 Minuten
Nova Scotia am 3. Juli 1976. Die beiden Jugendlichen Kit und Alice reißen von Zuhause aus, um in Sydney (nicht die australische Metropole, sondern die Kleinstadt an der kanadischen Ostküste) eine Strandparty zu besuchen und einige Tage bei Kits Mutter zu verbringen. Für das Pärchen wird der Trip zu einem größeren und schwierigeren Abenteuer als gedacht.
WEIRDOS war in meinem Veranstaltungsplan als der Höhepunkt des ersten Tages vorgesehen. Die Erwartungen waren recht hoch, denn Bruce McDonald ist mir als der Regisseur des außergewöhnlichen PONTYPOOL bekannt, in dem ein Radiomoderator in seinem Studio nur über Funk Anzeichen einer Apokalypse bzw. einer durch „infizierte“ Worte ausgelöste Zombieseuche draußen wahrnimmt. Dieser recht einzigartige Film (als Orientierung könnte man sagen: eine Mischung aus Oliver Stones TALK RADIO und George Romeros DAY OF THE DEAD) hat die Messlatte vielleicht zu hoch gelegt. WEIRDOS war im Vergleich eine milde Enttäuschung.
McDonalds neuer Film ist ein Roadmovie in Cinemascope und Schwarzweiß. Ein Retro-Film sozusagen, der sich keineswegs nur auf seinem Post-1968-Feeling ausruht, sondern in vielerlei Hinsicht recht ambitioniert ist. Vielleicht zu ambitioniert. Road-Movie, Coming-Of-Age, Coming-Out, Generationen-Clash, Pop- und Undergroundkultur, 1968, seine Folgen und sein Katzenjammer – da kommt sehr vieles zusammen. WEIRDOS verbindet das ganze zu einer Ansammlung von kleinen Vignetten, die im einzelnen manchmal ganz reizvoll sein mögen, aber schlussendlich ein wenig beliebig und ohne Rhythmus erscheinen. Wenn Kit und ein Jugendlicher aus einer Gruppe von Bekannten, die die beiden trampenden Ausreisser mitgenommen haben, sich über sehnsüchtige Blicke langsam annähern, zeigen sich kleine Perlen visueller Erzählkraft. Wenn Kit einsam auf dem Sand liegt, im Hintergrund ein brennendes Feuer oder später eine aufgehende Sonne, erweist sich das Cinemascope als das richtige Format (in anderen Momenten erscheint er komplett beliebig). Wenn Kit Visionen davon hat, dass Andy Warhol ihm erscheint und ihm irgendwelche Tips für unterwegs gibt, wirkt die Komik allerdings etwas krampfhaft.
Das strahlende Licht von WEIRDOS ist allerdings ganz eindeutig die zwanzigjährige Julia Sarah Stone als Alice: frisch, keck, natürlich, charismatisch, aber geerdet – ein echter Star ohne oberflächliche Starallüren. Ihr Gesicht und ihre Mimik bilden eine ganz eigene, nonverbale Gefühlswelt. Der Film merkt das zwischendurch, verweilt manchmal wesentlich länger als dramaturgisch nötig auf ihrem Gesicht. Dass er sich zwingt, dann doch weiter zu erzählen, gehört zu seinen großen Schwächen. WEIRDOS wirkt daher auch sehr dissonant: das Drehbuch interessiert sich ganz offensichtlich mehr für Kit und das Drama seines Coming-Out und seiner schwierigen Beziehung zu seiner Mutter – doch das ganze Charisma des Films trägt die Figur Alice. Dylan Authors ist keineswegs schlecht als Kit, aber er spielt eben nur nach Drehbuch und verblasst gegenüber Stone.



20.00 Uhr, Caligari Filmbühne

Internationaler Kurzfilm-Wettbewerb, Teil 1


THE DOCKWORKER‘S DREAM
Regie: Bill Morrison
Portugal / USA 2016 18 Minuten
Portugal in den 1920er, vielleicht auch 1910er Jahren: Einblicke in Häfen, Textil- und Papierfabriken, Straßenszenen und schließlich Safari-Aufnahmen aus Afrika (wahrscheinlich dem portugiesisch kolonisierten Teil).
Bill Morrison, über dessen Dokumentarfilm um die Bergung mehrerer Hunderter Filme im kanadischen Norden (DAWSON CITY: FROZEN TIME) Manfred hier kürzlich schrieb, präsentiert hier eine 18-minütige Collage, eine Art „Best-Of“ von dokumentarischen Stummfilmszenen, teilweise vielleicht Amateuraufnahmen, die er in portugiesischen Filmarchiven gefunden hat und die größtenteils aus den 1920er Jahren stammen dürften. Das ganze wird mit einer elektronischen Musik unterlegt, bei der sich die Interpreten ganz offensichtlich etwas gedacht haben: die präzise Montage der Ausschnitte erzeugt zusammen mit der Musik einen faszinierenden, hypnotischen Sog, dem man sich nur schwer entziehen kann. THE DOCKWORKER‘S DREAM wirkt paradoxerweise gleichzeitig von einer archaischen Kraft und einer großen Modernität.
Bill Morrison ist voll und ganz Materialist und nimmt die Ausschnitte so, wie sie sind. Die Bildqualität der gezeigten Filme schwankt zwischen erstaunlich gut und so-la-la mittelmäßig, und an einigen Stellen ist die Zerstörung des Materials so weit, dass nur noch Schemen der Motive zu erkennen sind (woraus er in DECASIA einen ganzen Film machte). Was angesichts des Materials erstaunlich ist, ist die technische Gewandtheit: eine Szene in einer Textilfabrik (wahrscheinlich ein Industriefilm?) erforderte ganz offensichtlich einen sehr ausgeklügelten Dolly. Die Safari-Szenen sind noch beeindruckender: da hat sich ein Kameramann (nur ein Amateur?) tatsächlich teilweise aus halsbrecherisch schnell fahrenden Auto gelehnt und dabei die vorbeiflitzende Landschaft und galoppierende Tiere gefilmt.


SHEEPO
Regie: Ian Robertson
UK 2017, 4 Minuten
Ein Schafscherer erzählt von seinem Arbeitsalltag...
... klingt langweilig? SHEEPO ist kein Mini-Kitchen-Sink-Drama, sondern wird wie eine Art Actionfilm inszeniert, als würde hier nicht ein Mann mehrere Schafe scheren, sondern mit einem Rennwagen durch die Kurve fahren. Aus einer rasanten Montage der Bilder und des Tons wird der Rausch des Wettbewerbs um das schnellste Scheren, von dem der Protagonist erzählt, sichtbar und fühlbar gemacht.



HAMBRE („Hunger“)
Regie: Alejandro Montalvo
Mexiko 2017, 15 Minuten
Der Protagonist, der gerade Sex mit einer sehr dicken Frau hat und dabei stirbt, erzählt in Rückblende von seinem monotonen Leben als langweiliger, biederer Musterbeamter und Musterehemann, und davon, wie er an seinem 57. Geburtstag explodiert, all seiner Familie und Freunden unbequeme Wahrheiten auftischt und ausbricht.
Der Kurzfilmwettbewerb geht auf höchstem Niveau weiter. Die Erzählung in präzise kadrierten Tableaus erinnert zu Beginn ein wenig an Wes Andersons Stil, später kommt ein ätzender, schwarzer Humor hinzu, der irgendwo zwischen Chabrol und Chatiliez angesiedelt ist. Formal ist HAMBRE absolut vollendet. Das zeigt sich bei der großen Geburtstagsfeier, die mit fröhlichem Anstoßen und einer zunächst klassischen Ansprache des Erzählers beginnt, bis dieser abdriftet und zu einem allgemeinen verbalen Rundumschlag der Selbstanklage und Anklage ausholt und schließlich die verdatterten Familienangehörigen und Gäste sitzen lässt – der allmähliche Spannungsaufbau wird auch dadurch begünstigt, dass dies alles als eine einzige, fließende Plansequenz gefilmt ist.


IN A NUTSHELL
Regie: Fabio Friedli
Schweiz 2017, 6 Minuten
Gemüse, S-&-M-Kleidung, Bomben und ihre Bestandteile und überhaupt die ganze Welt hängen zusammen – eines geht in das andere über.
Ein experimenteller Spot-Motion-Film.
Zunächst dachte ich, dass der Macher der Bücher „Kunst aufräumen“ dahinter steht (der auch Schweizer ist): schließlich werden in IN A NUTSHELL auch Gegenstände einfach nur durch ihre systematische, „aufgeräumte“ Anordnung verfremdet, aber das hat sich dann doch als Täuschung erwiesen. Wer „Kunst aufräumen“ mochte, wird aber auch IN A NUTSHELL toll finden. Ich tat es.



ASFALT („Asphalt“)
Regie: Süleyman Demirel
Türkei 2016, 11 Minuten
Ein Mann und eine Frau sitzen im Taxi, scheinen sich aber nicht zu kennen. Durch einen Anruf kommt heraus, dass die Ehefrau des männlichen Gasts gerade eine Fehlgeburt erlitten hat. Später wird klar, dass der weibliche Taxigast besagte Frau ist.
Ein kurzes Kleinod in Cinemascope! In ausgedehnten Takes erzählt ASFALT nicht von Patriarchat, Familientragödien, Entfremdung in der Ehe, sondern behandelt diese Themen auf einer fast rein visuellen Ebene. Das Cinemascope-Format lässt nämlich sehr, sehr viel Platz zwischen den beiden Passagieren zu. Zwischendurch dreht sich die Kamera zum Fenster, drängt die Köpfe der Protagonisten an den Rand und blickt für etwa eine Minute hinaus: die Landschaft ist leicht verschwommen, weil der Schärfefokus auf die Wassertropfen am Fenster gesetzt ist. Später guckt die Kamera wieder aus dem Fenster und draußen ist mittlerweile der helle Wahnsinn ausgebrochen: in leicht verschwommenen Schemen erkennt man, wie ein Baum niederstürzt, ein Feldbrand beängstigende Ausmaße erreicht und Dutzende abgeschlachtete Kühe in großen Blutpfützen liegen. Familientragödie vermischt sich mit einer schaurigen, apokalyptischen Horror-Atmosphäre. ASFALT dauert nur 11 Minuten, ist aber dennoch großes Kino.


FATIMA MARIE TORRES AND THE INVASION OF SPACE SHUTTLE PINAS 25
Regie: Carlo Francisco Manatad
Philippinen 2016, 16 Minuten
Das philippinische Raumfahrtprogramm schickt zum ersten Mal Astronauten ins All. Das hat Auswirkungen auf das Leben eines älteren Ehepaars. Sie verzehrt sich geradezu vor Lust für ihren neuen Tanztrainer, findet es ganz normal, dass Sachen aus dem All auf ihre Terrasse fallen und hat einen Koffer, der beim Öffnen goldenes Licht ausstrahlt und furchterregende Geräusche macht (KISS ME DEADLY lässt grüßen). Er (der entfernt wie Mr. Miyagi aus THE KARATE KID aussieht) kann Messer schweben lassen, fällt aber zwischendurch auf der Straße in einen offenen Abwasserschacht hinein.
Die Langfilmfassung dieses merkwürdigen, surrealistischen Etwas würde ich mir wohl lieber nicht unbedingt antun wollen. Aber wenn er auch kein Highlight des Abends war: irgendwie mochte ich diesen Film doch ganz gut. Und dass man mit Weihnachtslichterketten nicht nur seine Fenster ausleuchten, sondern auch Schwung ins Ehebett bringen kann, ist doch auch gut zu wissen!


ALCLGLT
Regie: Nick Teplov
Deutschland 2017, 5 Minuten
Eine Art grafisch-elektronische Spurensuche nach der Ursprache der Menschheit.
Der Film beginnt mit einer Texttafel: der Mensch habe vor so und so vielen Jahren angefangen, Sprache zu entwickeln. Dann folgen verzerrte Film-, meist jedoch rein computergenerierte Bilder: ein ununterbrochener Fluss, der sich von rechts nach links bewegt (ein bisschen wie die Stargate-Sequenz von 2001: A SPACE ODYSSEY – bloß mit horizontaler statt vertikaler Bewegung). Dazu gibt es elektronische Musik, teils kakophonische elektronische Rückkoppelungsgeräusche. Ab und zu werden einige fremdartige Worte eingeblendet, die von einem Sprecher vorgelesen werden. Ich glaube, wenn man den Film in Dauerschleife spielen würde, könnte man ihn problemlos als Videoinstallationskunst präsentieren, was ich tatsächlich nicht negativ meine (dem restlichen Publikum schien er aber mehrheitlich nicht zu gefallen). Der Versuch, die Entstehung von Sprache in Urzeiten filmisch darzustellen, ist meiner Meinung nach gar nicht so schlecht gelungen. Trotz der elektronischen Mittel entwickelt der Film rasch eine sehr archaische Kraft: als hätte eine Kamera die Träume eines „Ur-Sprechers“ gefilmt.
Der Regisseur war anwesend und erzählte von dem, wenn man so will, wesentlich trivialeren Entstehungshintergrund. Bei einem Seminar an der Bauhaus-Uni Weimar kamen Dichter und Filmemacher zusammen, um Gedichte audiovisuell zu adaptieren. Nick Teplov visualisierte das Gedicht eines Kaukasiers, das in einer nahezu ausgestorbenen kaukasischen Bergsprache verfasst war.


DIE BRÜCKE ÜBER DEN FLUSS
Regie: Jadwiga Kowalska
Schweiz 2016, 6 Minuten
Ein Mann möchte wegen seines Herzschmerzes von einer Brücke springen. Eine Menschenansammlung auf einer etwas weiter flußaufwärts stehenden Brücke hält ihn durch Zurufen davon ab – und bringt sich selbst in Gefahr.
Ich bin zwiegespalten. Einerseits versprüht dieser animierte Film etwas, was man durchaus als visuelle Poesie bezeichnen könnte. Andererseits hat er etwas von einem nihilistischen Kneipenwitz mit bitterem Beigeschmack.



Freitag 24. November


17.30 Uhr, Caligari Filmbühne

Vorfilm
ELASTIC RECURRENCE
Regie: Johan Rijpma
Niederlande 2017, 2 Minuten
Ein Porzellanteller wird fallen gelassen, zerbricht – und die Scherben wiederum entfalten sich zu immer längeren Ketten.
Ein schönes visuelles Gedicht.



Hauptfilm
120 BATTEMENTS PAR MINUTE
Regie: Robin Campillo
Frankreich 2017, 140 Minuten
Anfang der 1990er Jahre: Der Pariser Ableger von Act-Up inszeniert provokante Aktionen, um die politische und gesellschaftliche Gleichgültigkeit gegenüber AIDS zu bekämpfen und die pharmazeutische Forschung zur Freigabe von Ergebnissen zu bewegen.
HOW TO TALK TO GIRLS AT PARTIES war von mir als erwarteter Höhepunkt des Tages vorgesehen, aber auch heute kam es anders. Alleine wegen 120 BATTEMENTS PAR MINUTE hat sich meine Reise nach Wiesbaden gelohnt, auch wenn ich in den der ersten Dreiviertelstunde kaum Zeit hatte, das überhaupt zu merken. Mit einem furiosen Tempo stürzt Robin Campillo (selber ein ehemaliger Act-Up-Aktivist) den Zuschauer mitten in die hitzigen Debatten bei den wöchentlichen Meetings, in die aufrührerischen, teilweise eskalierenden Aktionen der Gruppe bei Vorträgen der staatlichen AIDS-Kommission oder in den Büroräumen eines Pharmakonzern, in die stroboskop-beleuchteten Nachtclubs, in denen die Aktivisten nach mehr oder minder gelungenen Aktionen tanzen und feiern.
Etwa zwei Dutzend Figuren werden dabei „nebenbei“ vorgestellt. 120 BATTEMENTS PAR MINUTE interessiert sich nicht für konventionelle Dramaturgie, ist vor allem ein radikal demokratischer Ensemble-Film. In der ersten Hälfte gibt es keine eigentliche Hauptfigur. Im weiteren Verlauf rücken Sean und Nathan etwas mehr in den Fokus: ersterer ein Aktivist, den man wohl dem „ultraradikalen“, eskalationsbereiten Flügel der Gruppe zurechnen könnte, letzterer ein HIV-negativer, eher schüchterner Mann, der Seans neuer Liebhaber wird. Dass die beiden in der zweiten Hälfte etwas mehr in den Mittelpunkt rücken, ist eher strukturell als wirklich dramaturgisch motiviert. Ihre Beziehung, die in einem anderen Film zum Tränendrüsendrücker ausgeschlachtet werden würde, wird zum Kristallisationspunkt der behandelten Themen. In den intimen Zweierszenen der beiden, ihren langen Gesprächen, geht es im Grunde immer um harte politische Fragen. „Das Private ist politisch“ und auch Seans Sterben und schließlich sein Tod gegen Ende des Films ist politisch. Kein Unfall, sondern ein Opfer von Gleichgültigkeit, von politischen Verzögerungstaktiken – auch wenn Sean selbst nach seinem Tod gleichgültigen Versicherungsvertretern ans Bein pinkelt bzw. ihr Essen verdirbt.
So dramaturgisch offen die Struktur, so groß ist die intellektuelle und emotionale Komplexität, die 120 BATTEMENTS PAR MINUTE seinen Zuschauern guten Gewissens zumutet. Die portraitierte Act-Up-Gruppe ist extrem heterogen: HIV-Positive und -Negative, junge, flamboyante linksradikale Schwulen-Aktivisten und unscheinbar, bieder-respektable Mittvierziger-Damen, Alpha-Männchen und stille Teenager. Den erbitterten Grabenkämpfen zwischen Radikalen und Pragmatikern zuzusehen, die auch noch durch ganz persönliche Animositäten genährt werden, ist bisweilen schmerzhaft – und in ihrer durchaus gerechten Sturheit wirken die Radikalen manchmal grenzwertig unsympathisch. In einer Schule, wo die Aktivisten Flyer verteilen: Lehrer, die ihnen Sexualisierung der Jugend vorwerfen, andere die ihnen gerne das freie Wort erteilen, weil die Sache so wichtig ist; Schüler, die bei der Erwähnung von Oralverkehr kichern, andere, die die Aktivisten wie Helden bewundernd anschauen und die nächsten, die sie als Tunten beschimpfen. Nathan erzählt zärtlich von einem vergangenen Geliebten – und davon, dass er sich weigerte, ihn im Krankenhaus zu besuchen, als er dort wahrscheinlich sterbend lag. Der unbändige Zorn der Act-Ups bei der Besetzung des Pharma-Konzerns betrifft zunächst ganz offensichtlich Personen, die mit der Medikamentenzulassungspolitik nichts zu tun haben. Seans Mutter, die den Aktivismus ihres Sohns wohl eher nolens volens tolerierte, verhandelt nach seinem Tod mit dessen Act-Up-Kollegen über die gerechte Verteilung seiner Asche. Kurz: Die Gesellschaft und die Gefühle, die 120 BATTEMENTS PAR MINUTE zeigt, sind gespalten und komplex. Der Film entscheidet sich dagegen, irgendetwas zu vereinfachen.
Robin Campillo hat nicht nur einen sehr demokratischen Film gedreht, sondern auch einen Film, der genauso zornig und bewegt ist wie die Aktivisten, die er portraitiert. Und es ist auch ein Film für das Leben – auch wenn einige der Protagonisten ihren eigenen frühen Tod bereits vor den Augen haben. Spielerische Debatten, lustvoller Sex, größenwahnsinniges Phantasieren über praktisch unrealisierbare Aktionen – 120 BATTEMENTS PAR MINUTE ist auch ein Film von unbändiger Lebensfreude. „Des molécules pour qu‘on s‘encule!“ (Moleküle, damit wir arschficken können) soll das Motto von Act Up bei einer Gay Pride werden – politisch und witzig, nicht resigniert und trist. Die ganze Seine soll blutrot gefärbt werden, so eine der überambitionierten Ideen für eine Aktion. Diese Phantasie kann das Kino (mit ein paar Computereffekten) realisieren. Dieses letzte Bild: vielleicht ein Traum von Seans Seele, dessen Asche in einer herzerwärmenden Szene zuvor von seinen Genossen auf das köstliche Partybüffet eines Pharmaunternehmens geschmissen wird (so etwas in der Art hatte Sean in seinem Testament gewünscht).
Die 120 Schläge pro Minute sind die schnellen Tanzbeats in der Feierabend-Disco; sie sind die Herzfrequenz, wenn man gerade illegal das Büro eines Pharmakonzerns betreten hat und ein Wasserballon mit Kunstblut auf das Logo an der Wand schmeißt; 120 BATTEMENTS PAR MINUTE läuft seit 30. November in einigen deutschen Kinos.



20.00 Uhr, Caligari Filmbühne

COPA-LOCA
Regie: Christos Massalas
Griechenland 2017, 14 Minuten
Am griechischen Touristenort Copa-Loca ist außerhalb der Touristensaison im Sommer tote Hose. Um das auszugleichen, schläft Paulina gerne mit jedem Mann am Ort, der nicht bei drei auf den Bäumen ist und philosophiert mit ihnen über die Cocktail-Saisonkarte und über Dilemmata à la „Wenn du eine Deformation an der Hand hättest, was wäre dir lieber: vier oder sechs Finger?“
Gezwungen skurril. Irgendwie nicht meins.



SULUKULE MON AMOUR
Regie: Azra Deniz Okyay
Türkei 2016, 6 Minuten
Im Istanbuler Stadtteil Sulukule revoltieren zwei Mädchen gegen ihre patriarchalische Umgbung, indem sie in der Öffentlichkeit tanzen.
Die beiden Hauptfiguren werden dafür angefeindet, begafft, angepöbelt, von Sicherheitskräften vertrieben. Dass sie auch noch keine ethnische Türkinnen, sondern Romnja sind, ist dabei auch keine große Hilfe. SULUKULE MON AMOUR steht aber voll und ganz zu ihnen und in spektakulären Zeitlupenbildern, Untersichten und ausgesuchten Posen vor atemberaubenden Istanbul-Panoramen werden die beiden rein visuell zu verwegenen Heldinnen gemacht.



MANIVALD
Regie: Chintis Lundgren
Estland / Kroatien / Kanada 2017, 13 Minuten
Der 32-jährige, hochgebildete, aber offenbar arbeitslose Manivald lebt bei seiner überdominanten Mutter. Als die heimische Waschmaschine kaputt geht, kommt ein muskulöser, attraktiver Handwerker vorbei. Der lässt sich zunächst bereitwillig von Manivald verführen, schläft aber wenig später auch mit der Mutter. Eine Mutter-Sohn-Krise und ein lange überfälliger Auszug folgen...
...ach ja, und das ganze ist übrigens ein Animationsfilm mit anthropomorphen Füchsen als Figuren! Dass es so gut funktioniert, liegt wohl daran, dass MANIVALD das ganze ohne jegliche Selbstironie vollkommen ernsthaft durchzieht. Ein frecher, frischer und ganz un-jugendfreier Humor durchzieht diesen Film, der genauso als absurde Komödie funktioniert wie auch als kurzes Drama über ein verspätetes Coming-of-Age.


THREE STEPS
Regie: Ioseb Bliadze
Georgien / Deutschland, 19 Minuten
In einem Elendsvorort von Tiflis leben unter anderem Mariam und ihr Vater. Das junge Mädchen hat es da schwer: erste Perioden, latente Gewalt, patriarchalischer Irrsinn, Heuchelei und Väter, die ihre Töchter zum Diebstahl zwingen oder gar prostituieren.
THREE STEPS wurde von der Jury zum Gewinner des internationalen Kurzfilmwettbewerbs gekürt. Für mich persönlich ist dies angesichts der tollen Filme, die da liefen, eine völlig unverständliche Entscheidung. THREE STEPS mag zwar eine „realitätsnahe“ (man könnte auch sagen trostlose) Perspektive auf Elendsviertel bieten, aber diese Mischung aus demonstrativ ausgestellter „Problemorientierung“ und exploitativem (aber dennoch verklemmten) Voyeurismus sagt mir überhaupt nicht zu.



AYNY
Regie: Ahmad Saleh
Deutschland 2016, 11 Minuten
Irgendwo im Nahen Osten: zwei Brüder hören von ihrer Mutter ein Märchen. Wenn Häuser zerstört werden, wachsen Blumen nach, in denen sich wiederum neue Häuser befinden. Eine gute Gelegenheit für die beiden Kinder, diese mysteriöse Welt zu erforschen – doch in der Realität lauern viele Gefahren.
Ein sehr poetischer Stop-Motion-Film mit Puppen, der auf universelle Weise von den Schrecken des Krieges erzählt (auch wenn einem natürlich Syrien in den Sinn kommt). AYNY schafft mühelos den Balanceakt zwischen leiser Verträumtheit und einigen drastischen Bildern.



ORPHAN
Regie: Anna Isabell Matutina
Philippinen 2017, 3 Minuten
Ein kleines Mädchen erinnert sich daran, wie Todesschwadronen des gegenwärtigen philippinischen Präsidenten Duterte (im offiziellen Sprachgebrauch: War on Drugs) ihre Eltern bei einer Razzia hinrichteten.
ORPHAN ist auf eine gewisse Weise der krasse Ergänzungsfilm zu AYNY: ebenfalls ein Stop-Motion-Puppenfilm, der von kriegerischer Gewalt aus kindlicher Perspektive handelt. Wo AYNY poetisch-verträumt ist, wirkt ORPHAN absolut „krude“ (das meine ich analytisch, nicht wertend), wie ein harter Faustschlag in den Magen. Papa ist als Superheld-Spielzeugfigur zu sehen, Mama als Barbie-artige Puppe, der kleine Bruder ist eine wesentlich größere Baby-Figur als das erzählende Mädchen – die ersten beiden werden ohne Vorwarnung „erschossen“, Ketchup-Sauce wird auf die Körper und Gesichter der Puppen geschmiert, und fertig ist ein 3-minütiger Horrorfilm, der zugleich auch das Dokument realer politischer Gewalt aus der Jetzt-Zeit ist, aus einem Land, das im Westen gemeinhin als guter Partner gilt.
Anna Isabell Matutina war bei der Vorführung anwesend und sprach anschließend bei einem Q & A. Sie engagiert sich schon seit Jahren für Menschenrechte. Diesen Film hat sie auch dazu konzipiert, um das philippinische Publikum, dessen Mehrheit mit großer Begeisterung Dutarte gewählt hat und dessen Massaker ausdrücklich befürwortet, aufzurütteln – mit eher gemischten Ergebnissen, wie sie erzählte. ORPHAN darf gezeigt werden, wird aber meist sehr negativ rezipiert. Matutina selbst gilt in ihrem Land als staatsgefährdende Aufrührerin.



LES MISÉRABLES
Regie: Ladj Ly
Frankreich 2017, 16 Minuten
In einem Pariser Elendsvorort: drei Männer befinden sich auf Streifentour. Allmählich wird klar, dass sie Polizisten sind und keine Gangster. Der Neue in der Gruppe tötet bei einer Verhaftung einen jungen Mann und wird bei der Tat von der Drohne eines Teenagers gefilmt. Eine Jagd gegen die Zeit nach dem Besitzer der Drohne beginnt.
Der nächste Schlag in den Magen sitzt wieder und zwar auf ganz eigene Art und Weise. Während ein Teil der Berichterstattung die Probleme der „banlieues“ als kulturelles (heißt: ethnisches) Problem behandelt, sieht LES MISÉRABLES die „Problemvororte“ eher als Orte einer allumfassenden, systematischen Korruption, in denen eine repressiv auftretende Staatsgewalt und kriminell-mafiöse Strukturen nicht diametral gegenüber stehen, sondern eine unheilvolle Symbiose eingehen.
Polizist und Gangster als Spiegelbild – das ist ein total alter Hut, wird aber hier eben nicht als Genre-Stereotyp aufgepropft, sondern tatsächlich quasi als soziologisches Analysemittel genutzt. In den ersten fünf Minuten ist überhaupt nicht klar, wer die drei Männer sind, die in Zivilkleidung, in einem Zivilauto durch die Straßen fahren. Ihre Ausdrucksweise, ihre Verhaltensmuster, ihre demonstrativ ausgestellte Männlichkeit lässt zunächst an Gangster denken. Tatsächlich sind es aber richtige Polizisten, die besonders angesichts ihrer offensichtlich sehr begrenzten intellektuellen, professionellen, emotionalen und allgemein zwischenmenschlichen Kapazitäten mit viel zu viel Exekutivmacht ausgestattet sind – der Ausnahmezustand seit den Terroranschlägen im November 2015 sei Dank. Diese Vollmachten nutzen sie auch reichlich aus, um Passanten zu schikanieren, Teenager-Mädchen an Bushaltestellen sexuell zu belästigen, Verdächtige zu foltern oder sich großzügig „bavures“ zu leisten. Letzteres wird für das unheilvolle Polizeitrio nur durch die Videoaufnahme zum echten Problem. Mit dem inoffiziellen Bürgermeister der „cité“ (man könnte auch sagen: dem örtlichen Mafia-Chef) einigen sich die Polizisten schließlich auf einen kostengünstigen Deal, und zwar so rasch, dass einem kalt der Rücken herunter läuft.
LES MISÉRABLES, so sehr er auch als Diskussionsbeitrag über Polizeigewalt in Elendsviertel gesehen werden kann, ist aber vor allem auch ein ungemein spannender, mitreissender, zackig und effizient inszenierter kleiner Bad-Cop-Thriller. Großes Genre-Kino sozusagen – in knapp einer Viertelstunde!



SILENT LONDON
Regie: Ivelina Ivanova
UK 2017, 3 Minuten
Eindrücke aus dem Londoner Nachtleben...
SILENT LONDON ist nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen britischen Stummfilmblog, sondern zeigt Szenen der Londoner Straßen und des Nachtlebens in Aquarell-Skizzen. Das klingt banaler, als es ist, denn das Resultat sieht unglaublich gut aus. Das Luftige und Ätherische der Wassermalerei verwandelt den Film in eine Art impressionistisches Bewegtbild: zunächst auf weißem, dann auf schwarzem Hintergrund (letzteres machte auf der großen Leinwand richtig was her!).
Regisseurin Ivelina Ivanova erklärte beim Q & A, dass sie eigentlich einen klassischen Dokumentarfilm über das Londoner Musikclubsterben durch Gentrifizierung drehen wollte. Ihre Recherchemethode bestand zunächst darin, die noch bestehenden Clubs zu besuchen, wo sie allerdings lieber feierte als ernsthaft zu recherchieren. Bald verlor dann die Lust auf einen konventionellen Dokumentarfilm und drehte stattdessen mit ihrer liebsten künstlerischen Ausdrucksform (nämlich Aquarell) lieber dieses wunderschöne Kleinod.


XIAO CHENG ER YUE („A Gentle Night“)
Regie: Qiu Yang
China 2017, 15 Minuten
Ein Elternpaar vermisst in der Nacht zum neuen Jahr seine 13-jährige Tochter. Nach der Aufgabe der Vermisstenmeldung bei der Polizei streift die Frau alleine durch die Stadt auf der Suche nach der verlorenen Tochter.
XIAO CHENG ER YUE bietet in knapp einer Viertelstunde eine übersichtliche Darstellung all der Mittel, die man als „internationale Arthouse-Ästhetik“ bezeichnen könnte: fixe Tableaus, Leute, die wenig reden und ausdruckslos starren, keine intradiegetische Musik, ein bemüht „offenes“ Ende. Das ist in dieser zumal auch noch recht leblosen Form irgendwie ausgelutscht, oft ziemlich austauschbar. Nicht meins.


22.00 Uhr, Caligari Filmbühne


Vorfilm
MARTIEN
Regie: Maxime Pillonel
Schweiz 2016, 9 Minuten
Der taube Tankstellenangestellte Martien ruiniert wieder einmal einen Turm aus Energy-Drink-Dosen und wird gefeuert. Bevor er geht, wechselt er die Batterie seines Hörgeräts aus und merkt dabei (zunächst) nicht, dass die Tankstelle überfallen wird.
In seiner sehr geradlinigen Eskalationslogik ist MARTIEN etwas simpel gestrickt, aber das ganze wird so schnörkellos durchgezogen, dass es kurzweilig bleibt. Nett für zwischendurch.



Hauptfilm
HOW TO TALK TO GIRLS AT PARTIES
Regie: John Cameron Mitchell
UK / USA 2016, 102 Minuten
1977, im Londoner Stadtteil Croydon. Die Queen feiert ihr silbernes Thronjubiläum, die Punk-Jugend probt den Aufstand bzw. feiert auf ihre Weise. So auch Henry, der mit zwei Kumpels eines Nachts auf einer mysteriösen Party mit merkwürdigen Gästen landet. Handelt es sich um eine radikale, kannibalistische Selbstmörder-Sekte oder um Außerirdische, die die Erde erforschen? Zan, Angehörige dieser Sekte/Außerirdischengruppe, rebelliert gerade selbst gegen die ihren und schließt sich den jungen Punks an.
Slight auteurism disappointment no 2... John Cameron Mitchell ist mir als Regisseur von SHORTBUS bekant, diesem Ensemblefilm um einige frustrierte und depressive Menschen aller sexueller Orientierungen, die die Lösung ihrer Probleme in einem Swingerclub namens „Shortbus“ finden. SHORTBUS wurde berühmt-berüchtigt für seine expliziten, teils nicht-simulierten Sexszenen, ließ allerdings diesen „Tabubruch“ im Angesicht seiner humanistischen Perspektive und schieren Lebensfreude völlig vergessen. HOW TO TALK TO GIRLS AT PARTIES war daher mein erwarteter Höhepunkt des Freitags und fiel dann vergleichweise mild enttäuschend aus.
Die radikal-demokratische Herangehensweise in SHORTBUS, wo jeder Charakter wichtig ist, weicht in HOW TO TALK TO GIRLS AT PARTIES wieder klassischeren Gefilden, in denen viele Figuren eben auch reine Klischees sind und bleiben. Als Genre-Hybrid zwischen Retro-Punk-Komödie, Science-Fiction, Liebesfilm und Coming-of-Age hat der Film zwar durchaus seine Berechtigung, aber immer wieder wirkt der Film von seinem eigenen Drehbuch und seinen vielen, nicht immer ganz so originellen Einfällen gehetzt. Dadurch erscheint er gleichzeitig zu lang(wierig) und zu kurz. Ich hätte mir viel mehr ruhige, zweisame Momente mit Henry und Zan gewünscht. „Do more punk to me!“ fordert sie ihn am Anfang auf – viel davon kommt dann allerdings nicht. Die Liebe zwischen den beiden Figuren, also das eigentliche Herz des Films, bleibt stets mehr Behauptung als dass da wirklich eine Chemie fühlbar wäre. Am ehesten gibt es das in einer ausgedehnten, videoclip-artigen Szene, die man wohl als die „Stargate-Sequenz“ von HOW TO TALK TO GIRLS AT PARTIES bezeichnen könnte.
Ansonsten huscht der Film von kleinen Einfällen, Plotpoints, uninteressanten Nebenfiguren zu den nächsten. Das Schild „Clapton‘s bin here“ auf Henrys Zimmermülleimer wird mir mehr im Gedächtnis bleiben als vieles andere. Als einer von Henrys Kumpels von einer Außerirdischen offenbar gefistet wird und sie sich dabei selbst klont, ist das eher wie ein Outtake von MR. BEAN gefilmt als wie „body horror“ à la Cronenberg und die „Ruckel-Zeitluppen“, mit denen der Film immer wieder arbeitet, sehen schlichtweg fürchterlich aus. Eine weitere maßgebliche Schwäche liegt meiner Meinung auch darin, dass die merkwürdige Gruppe rasch eindeutig als Außerirdische identifiziert werden: die Unsicherheit, dass es sich vielleicht um gehirngewaschene Mitglieder einer Selbstmord-Sekte handeln könnte, war wohl doch zu unbequem – zum Punk-Motto „No Future“ hätte das allerdings schmerzhaft treffend gepasst und dem Film auch eine weitaus größere emotionale Fallhöhe gegeben.
Allerdings muss ich auch zugeben, dass es spät war, und dass ich immer wieder große Mühe hatte, bei der reinen OV-Vorstellung dem extremen englischen Slang der Dialoge ohne Untertitel zu folgen. Gerade beim Epilog habe ich wortwörtlich kein einziges Wort verstanden und ich frage mich, wie dieser Film in den USA laufen wird. Und Nicole Kidman in ihrer, nennen wir sie mal „mittleren“ Karrierephase gefällt mir immer besser. Hier ist sie als eine Art Vivienne-Westwood-Wiedergängerin zu bewundern.



Samstag 25. November


17.30 Uhr, Caligari Filmbühne

Vorfilm
UND WAS SAGST DU...
Regie: Schülerkollektiv der Heinrich-von-Kleist-Schule Wiesbaden
Deutschland 2017, 13 Minuten
Einige Schüler der Heinricht-von-Kleist Schule in Wiesbaden werden zum Thema Mitbestimmung befragt.
Eindeutig eher ein pädagogisches als ein cineastisches Projekt.



Hauptfilm
ANNE CLARK – I‘LL WALK OUT INTO TOMORROW
Regie: Claus Withopf
Deutschland 2017, 80 Minuten
Ein Portrait der Punk-/Post-Punk-/New-Wave-/Spoken-Word-Sängerin, -Autorin und -Künstlerin Anne Clark – erzählt von ihr selbst und ihrer Musik.
Anne Clark war für mich eine vollkommene Neuentdeckung. Ich habe von ihr bisher noch niemals in meinem Leben gehört. Nach diesem Dokumentarfilm weiß ich allerdings, dass sie eine extrem interessante Künstlerin ist: einige der gezeigten/abgespielten Songs bzw. Auftritte fand ich sehr interessant, einiges war nicht so meins – ihr Werk ist jedenfalls so eigensinnig wie vielfältig. Außerdem ist sie ein sehr sympathischer Mensch und eine echte Humanistin.
Die Form dieses Dokumentarfilms hat sich mit zunehmender Laufzeit immer mehr als  interessant und erfrischend anders erwiesen. Es gibt wohl wenige Film-Genres, die ich so sehr verabscheue wie der abendfüllende Talking-Head-Dokumentarfilm. Tatsächlich war Anne Clark die einzige sprechende Protagonistin von ANNE CLARK – I‘LL WALK OUT INTO TOMORROW: Anne Clark spricht, Anne Clark singt, Anne Clark trägt ihre Lyrik vor, Anne Clark tritt beim Konzert auf – niemand sonst, der ständig dazwischen quasselt und selbstgefällig über sie spricht. Wenn Musik lief, gab es manchmal statt Anne Clark grafische Elemente zu sehen: Texteinblendungen der Songtexte bzw. Lyrik oder auch „impressionistische“ Naturbilder (aufgenommen mit einer 16mm-Kamera, wie ich beim Q & A erfuhr). Das war zunächst gewöhnungsbedürftig, doch schließlich stellte sich ein ganz eigener Rhythmus aus Anne Clark in verschiedenen Vortrags-Modi und visuellen „Impressionen“ ein.
Die Überraschung des Abends (die allerdings schon bei einer Vorführung am Vortag angekündigt worden war): Anne Clark erschien selbst zur Vorführung, zusammen mit dem Regisseur, vier Kamerapersonen sowie einer Schriftdesignerin. Einen der Kameramänner der Second Unit erkannte ich als einen Co-Zuschauer des diesjährigen Terza-Visione-Festivals, der bei fast allen Filmen anwesend war und bei DIABOLIK gar mein direkter Sitznachbar war. So klein ist die Welt!



20.00 Uhr, Caligari Filmbühne


ALBÜM
Regie: Mehmet Can Mertoğlu
Türkei / Frankreich / Rumänien 2016, 104 Minuten
Ein gutbürgerliches Ehepaar ist schwanger... Nun, nicht ganz: ihr Bauch ist eine Attrappe. Denn niemand darf erfahren, dass Cüneyt und Bahar eigentlich keine Kinder bekommen können und im Geheimen eine Adoption planen. Mit dem erfolgreich adoptierten Kind zieht das Paar schließlich in eine neue Stadt, wo ihn eine bessere Stellung erwartet, während sie den neuen Freunden stolz ihr Kind präsentieren kann. Mehrere Zwischenfälle bringen das „Projekt eigenes Kind“ aber in Gefahr...
ALBÜM ist Gift und Galle und absolut gnadenlos. Mit der Türkei kenn ich mich persönlich nicht so aus, aber das Portrait, das Mehmet Can Mertoğlu von dem kleinkarriert-spießigen Ehepaar zeichnet, das seine Kinder in der Öffentlichkeit aggressiv als Status- und Prestigesymbol präsentiert und hinter unter einem freundlichen Gebaren eine gärende, stinkende Brühe aus Klassendünkel, sozialer Geltungs- und Aufmerksamkeitssucht, Rassismus, Sexismus und purer Heuchelei deckelt – das ist durchaus sehr universell. Auf eine gewisse Weise könnte der Film genauso gut in Deutschland anno 2017 spielen: Kinder sind Kinder, syrische Flüchtlinge bleiben syrische Flüchtlinge, Kurden aus dem Osten können auch durch Polen aus dem Osten ersetzt werden – und was heißt „besorgte Bürger“ auf Türkisch?
Gefilmt ist ALBÜM größtenteils in statischen Tableaus, die allerdings keine Ideenlosigkeit kaschieren, sondern visuell extrem spannend sind. Das beginnt schon mit dem ersten Bild: wir befinden uns in einem Kuhstall, und angesichts des lauten Muhens könnte man denken, dass sich daneben eine Schlachterei befindet. Auftritt des Bullen, der abgeführt wird – ein kleiner Schwenk zeigt uns dann, dass er zur Begattung einer Kuh geführt wird. Der Akt ist so kurz wie unspektakulär – nach dem Schwenk zurück: Abgang Bulle.
Wie meisterhaft Mertoğlu den filmischen Raum beherrscht, zeigt sich bei den Audienzen der Adoptionsbeamten. Cüneyt und Bahar sitzen auf Stühlen etwas tiefer als der auf dem Bürosessel thronenden Beamten (der allerdings selbst einem obligaten Atatürk-Portrait an der Wand hinter ihm überragt wird). Nachdem das Paar ein Kind „besichtigt“ hat und es ablehnt, weil es ein Mädchen ist und die Kleine wie eine Kurdin (wie er meint) oder wie ein syrischer Flüchtling (so sie) aussähe, wechselt die Kamera, als wir im Büro zurück sind, die Perspektive und befindet sich hinter dem Beamten. Im Gespräch mit den beiden Adoptionswilligen sucht der Beamte konzentriert nach Daten auf seinem Computer – spielt also Karten. Hinter einer „objektiven“ Realität steckt oft eine andere „objektive“ Realität. Wie die Bilder, die Cüneyt während Bahars „Schwangerschaft“ immer wieder von ihr und ihrem „Babybauch“ schießt: „Du schläfst gerade, mach den Mund etwas auf [Pause] Nicht so weit, du bist hier nicht beim Zahnarzt!“.
Mit „klassischem“ Realismus hat ALBÜM wenig am Hut. Die Orte der Macht, der Bürokratie, der gesellschaftlichen Öffentlichkeit wirken immer leicht grotesk verzerrt. Eine scheinbar endlos lange Kamerafahrt durch eine tobende Schulklasse erinnert möglicherweise nicht ganz umsonst an den Stau in Godards WEEKEND. Eine ähnlich aufgebaute Fahrt führt uns durch das Finanzamt, in dem Bahar arbeitet, wo sämtliche Mitarbeiter mit dem Gesicht auf der Tischplatte tief schlafen.
Beim Q & A mit dem Regisseur Mehmet Can Mertoğlu und dem Second Unit Director Mustafa Emin Büyükcoşkun wurde nicht nur unter anderem Jacques Tati, sondern besonders die „Neue Rumänische Welle“ der letzten Jahre als Inspirationsquelle genannt. Die Inspiration wirkte bis zur personellen Besetzung der Crew: als Director of Photography arbeitete der Rumäne Marius Panduru, der einige Filme der „Welle“ fotografiert hat. Auch wenn ALBÜM durch zahlreiche internationale Filmfestivals tourt: in der Türkei selbst haben viele Zuschauer den Film gehasst (aber einige auch sehr geliebt), so Mertoğlu. In Wiesbaden war das Verhältnis nicht völlig anders. Vielleicht sind ganz viele Leute während des Q & A gegangen, aber vom Gefühl her hat ALBÜM etwa zwei Drittel des Saals während der Vorführung leer gefegt. Auch zwei Zuschauerinnen, die neben mir saßen, gingen etwa zur Hälfte des Films. Auf ihre ausgesucht klugen Kommentare (à la „Das ist aber ein hässlicher Mann!“ für den wunderbaren, sehr expressiven Nebendarsteller eines stocksteifen Adoptionsbeamten) musste ich in der zweiten Hälfte leider verzichten.



22.00 Uhr Caligari Filmbühne

Vorfilm
APOLLO 11 1/2
Regie: Olaf Held
Deutschland 2016, 6 Minuten
Die US-Flagge auf dem Mond hat sich aus unerfindlichen Gründen bewegt, verdeckt deshalb durch den Schatten, den sie wirft, ganz Wyoming und taucht den Bundesstaat in tiefe Finsternis. Die geheime Mondmission „Apollo 11 1/2“ wird geschickt, um die Flagge wieder zu verrücken.
Mit Archivbildern montiert, jedoch einem eigenen Off-Kommentar versehen, präsentiert sich der Film wie ein Wochenschau-Film. Nicht schlecht, aber letztlich einer dieser etwas zu ausgedehnten One-Joke-Kurzfilme.



Hauptfilm
ALIVE IN FRANCE
Regie: Abel Ferrara
Frankreich 2017, 79 Minuten
Abel Ferrara wird in Frankreich eine tourende Retrospektive gewidmet. Passend dazu organisiert er eine Reihe von Konzerten, bei denen er mit seinem langjährigen Filmkomponisten Joe Delia und dem Schauspieler Paul Hipp zusammen Songs aus seinen Filmen spielt.
Im Grunde ist ALIVE IN FRANCE ein Heimvideo von Abel Ferrara. Mit Frau, Kind, Familienangehörigen und Kumpels wird durch Hotelfoyers und Straßen flaniert, dann bei einem Q & A einige Zuschauerfragen beantwortet (Nein, für Gangster und Polizisten interessiere er sich nicht mehr, es wird also kein BAD LIEUTENANT 2 oder KING OF NEW YORK 2 geben), später die Bühne aufgebaut und schließlich (mit oder ohne Zuschauer, das scheint egal zu sein) gespielt, gejammt, gesungen, gerappt. Zwischendurch breitet Ferrara ein paar Konzertflyer auf einen Tisch aus und legt noch eine Mappe dazu, die er mit „That‘s my next movie“ kommentiert. Mehr passiert dann auch nicht, aber das muss ja auch nicht... Dafür gibt es Abel Ferrara zu sehen, der immer wieder ein bisschen wie ein Außerirdischer in menschlichem Kostüm wirkt und so fürchterlich nuschelt, dass man kaum ein Wort versteht (cool klingt es trotzdem); und Joe Delia, der wie der vergessene Zwillingsbruder von Mick Jagger aussieht; und Paul Hipp, der so was wie der Gute-Laune-Motor der Veranstaltung ist. Man möchte nicht unbedingt mit diesen Personen ein Bier trinken (besonders Ferrara scheint doch ein schwieriger Mensch zu sein), aber ihnen beim Musizieren, Plaudern und Flanieren zuzuschauen und dabei ein Bier zu trinken, das ist nicht die allerschlechteste Beschäftigung für einen Samstagabend.
Ich war aber nur eine von ganz wenigen Personen, die das so sehen. Zunächst völlig unglaublich und verwunderlich, dann enttäuschend und schließlich auch irgendwie traurig ist die Tatsache, dass nach meiner Zählung inklusive meiner Wenigkeit gerade mal 14 (vierzehn) Zuschauer anwesend waren. Darunter befanden sich eine Co-Organisatorin des Festivals, zwei Filmregisseure (von Kurzfilmen) und mindestens ein Pressemensch (ich). Also nicht mehr als zehn „normale“ Zuschauer, wenn überhaupt. In so einem großen Kinosaal wie dem Caligari wirken 14 Leute echt mickrig. Meine Güte! Abel Ferrara! An einem Samstag Abend, wenn also schon nur durch die Laufkundschaft der Saal halb gefüllt sein sollte. Und ich hatte vorher Angst, keinen guten Platz zu bekommen, weil der Saal krachend voll sein könnte – denkst du!
Ein Glück, dass Paul Hipp, der eigentlich nach Wiesbaden kommen wollte, es doch nicht geschafft hat und stattdessen eine herzallerliebste Videobotschaft geschickt hat, mit seinem Hund Django als Komparsen und einigen 100%-ig richtigen Deutsch-Versuchen.