Jetzt schlägt's 13 (Alternativtitel: Es schlägt 13)
(Jetzt schlägt's 13, Österreich 1950)
Regie: E.W. Emo
Mit dem Rat “Wenn du zum Weibe gehst, vergiss die Peitsche nicht!” verabschiedet sich der soeben entlassene Hausdiener und Nietzsche-Kenner Max von seinem ehemaligen Herrn, der das harte Los der Ehe gezogen hat. Und tatsächlich: Dessen Angetraute soll rasch dafür sorgen, dass sich die vom "jungen Glück" bewohnte Villa Sonnenschein in eine (vermeintliche) Mördergrube verwandelt, die es mit jeder Edgar Wallace-Spelunke aufnehmen kann - woran Max selber allerdings auch nicht ganz unschuldig ist...
Es war nicht zuletzt der während des Dritten Reichs als linientreu geltende Komödienspezialist und Hausregisseur der Wien-Film E.W. Emo (eigentlich Emerich Josef Wojtek), der mit leichten Unterhaltungsfilmen (Theo Lingen bezeichnete sie als “Limonadenfilme”) dafür sorgte, dass dem deutschsprachigen Publikum das Lachen unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg nicht abhanden kam. Das Muster, nach dem diese Filme gestrickt waren, darf als denkbar einfach bezeichnet werden. Sie standen in der Tradition des Schwanks, wie ihn etwa die Autoren Arnold und Bach (“Die spanische Fliege”, 1913, “Der wahre Jakob”, 1924) im frühen 20. Jahrhundert geprägt hatten: Man lasse ein scheinbar geregeltes Familienleben durch ein unvorhergesehenes Ereignis aus dem Lot geraten und sorge dafür, dass ein schier hoffnungsloses Tohuwabohu mit mehreren Beteiligten entsteht, das sich am Ende erstaunlicherweise zur Zufriedenheit aller auflöst. Emos Trümpfe waren zwei hervorragende Komiker, die er wegen der denkbar unterschiedlichen Typen, die sie verkörperten, gerne (gelegentlich mit Heinz Rühmann) zusammen einsetzte und gegeneinander ausspielte: der nuschelnde österreichische Volksschauspieler Hans Moser mit seinem griesgrämigen Gesicht und der näselnde, oft als versnobbter Kleinbürger daherkommende Hannoveraner Theo Lingen. Diese beiden Schauspieler sollten auch nach dem Krieg für Erfolge garantieren; und dies, “brave 50er" hin oder her, wesentlich schneller, pointenreicher, gelegentlich sogar etwas schlüpfriger als unter Goebbels’ totaler Kontrolle. So entstanden ein paar Filme, die trotz des bescheidenen Budgets, das zur Verfügung stand, noch heute entschieden grösseren Unterhaltungswert besitzen als so manche Operette oder Heimatschnulze der Zeit. Deshalb lohnt es sich, an den weitgehend vergessenen E.W. Emo zu erinnern.
Im Hause des erst seit drei Wochen verheirateten Schriftstellers und Verfassers des Buchs “Das Glück in der Ehe” Mario Jaconis herrscht Krieg. Seine eifersüchtige Frau Hedy weiss sehr wohl, dass ihm sein treuer Diener Max, ein gieriger Zeitungsleser und Verschlinger seines Horoskops, dabei hilft, ehemalige Liebschaften zu verheimlichen und - nicht wörtlich nehmen! - zu erledigen. Der Gehilfe muss weg, ein neuer Hausdiener her. Dieser findet sich im braven Ferdinand, dessen einzige Leidenschaft Kriminalromane sind und der leider betont, seine früheren Herrschaften seien alle verstorben. - Die Verwechslung zweier Koffer hat zur Folge, dass beide Diener zu der Überzeugung gelangen, der andere sei ein Raubmörder und es sei ihre Pflicht, die Herrschaft vor dem jeweiligen Bösewicht zu schützen. Max kehrt in die Villa Sonnenschein zurück, und als dann noch eine alte Freundin von Hedy nebst Jaconis neuem Verleger eintreffen, bricht das Chaos aus: Ferdinand fühlt sich plötzlich vergiftet, versucht sich mit Milch zu entgiften und lässt sich sogar zu einem “Ich bin lieber feig als tot” (man stelle sich diesen Satz in einer Komödie der Nazi-Zeit vor!) hinreissen. Max wiederum vergeht die Lust, mit den Hausmädchen zu flirten (“Bei jedem jungen Mädchen werde ich mich gerne deiner erinnern”), und die Herrschaften verdächtigen sich noch mehr der gegenseitigen Untreue als zuvor. Werden am Ende nur noch Leichen im Kohlenkeller und unter dem Tisch liegen - oder hilft doch ein spezielles Gemüse: Rhabarber?
Das wirkliche Leben der schon während des Dritten Reichs höchst erfolgreichen Komiker Hans Moser und Theo Lingen zeichnete sich übrigens durch alles andere als unbeschwerte Komik aus: Beide waren mit Frauen jüdischer Herkunft verheiratet und durften sich nur weiterhin als Schauspieler betätigen, weil der Propagandaminister einsah, wie bedeutend sie für das deutsche Lustspiel waren. Der stille, intellektuelle Lingen, in den frühen 30ern in ernsten Rollen von Fritz Lang geschätzt, konnte mit seiner Frau, einer Halbjüdin, unter Entbehrungen zusammenbleiben, die Frau des Grantlers Hans Moser, der als Mitglied diverser Wanderbühnen Jahre bitterer Armut hinter sich hatte, emigrierte bis Kriegsende nach Ungarn. - In den 50er Jahren sollten die beiden Schauspieler noch in ein paar sehenswerten Lustspielen wie “Jetzt schlägt’s 13” (ganz auf sie zugeschnitten, weshalb der junge Josef Meinrad als Jaconi erstaunlich blass wirkt) glänzen; als aber die deutsche Komödie nicht zuletzt “dank” sich für Schauspieler haltender Sänger immer mehr ins Seichte abglitt, sank der begnadete Theo Lingen mit ihr und gab sich für peinliche Erzeugnisse wie “Wenn mein Schätzchen auf die Pauke haut” (1971) her. Kein schöner Abschluss einer wirklich bemerkenswerten Karriere! - Obwohl “Jetzt schlägt’s 13” in mancher Beziehung veraltet und stereotyp wirken mag, nimmt er es tempomässig rasch mit einer amerikanischen Komödie dieses Jahrtausends auf und spart auch nicht mit herrlichen Pointen. Ein Rhabarber-Film, der noch immer für einen heiteren Abend sorgt:
Ich hab ihn vor Jahrzehnten zwei- oder dreimal im Fernsehen gesehen, aber den Namen des Regisseurs hätte ich so spontan nicht mehr gewusst. An viel erinnere ich mich nicht (auch nicht an das "saure Kompott"), nur noch an den Würger von ... Magdeburg? Oder Braunschweig? Der von Wolfenbüttel war es nicht, denn der ist von Otto, und Boston ist etwas zu weit vom Schuss ... ;-)
AntwortenLöschenals aber die deutsche Komödie nicht zuletzt “dank” sich für Schauspieler haltender Sänger immer mehr ins Seichte abglitt, sank der begnadete Theo Lingen mit ihr und gab sich für peinliche Erzeugnisse wie “Wenn mein Schätzchen auf die Pauke haut” (1971) her. Kein schöner Abschluss einer wirklich bemerkenswerten Karriere!
Was war das gleich für ein Film, in dem er "Traurig! Traurig! Traurig!" näselt? Aber in Erinnerung bleibt mir auch, dass er in den 70er Jahren auf seriöse Art die Laurel & Hardy-Filme präsentierte, die da erstmals einigermaßen vollständig und nicht zu "Dick & Doof" verwurstet im Fernsehen liefen. Womit ich aber nichts gegen Dick & Doof gesagt haben möchte - das war natürlich jeden Freitag Pflichttermin.
Der Film lief mit dem - ohne Garantie! - Mörder von Magdeburg öfters an Silvesternachmittagen. Dort passte er als Schwank auch hin. Erst die zufällige Sichtung machte mir klar, wie wichtig ein Herr namens Emo für diverse Moser- und Lingen-Filme war. ;)
AntwortenLöschenDas "Traurig! Traurig! Traurig!" tauchte in allen (jetzt hätte ich beinahe "Schulmädchen-Report"-Filmen geschrieben) "Lümmel"-Filmen auf, in denen er als Oberstudiendirektor Dr. Gottlieb Taft erkennen musste, wie tief die Schüler der 60er Jahre gesunken waren - 1971 sogar auf Heintje-Niveau. :( Was ich übrigens im Kino "genoss"...
An seine näselnden Ankündigungen der Laurel & Hardy-Filme erinnere ich mich auch. Und was ich leider nur in Ausschnitten kenne: die "Witzeakademie", die er 1967/68 fürs Fernsehen präsentierte (klassisch: die Sendung mit Heinz Erhardt). Die Glotze meinte es gut mit Theo Lingen, der Film - "Traurig! Traurig! Traurig!"
Na endlich Österreich! Ich muß aber gestehen, daß es mir wieder so geht, daß ich nicht weiß, ob ich mir so einen Schwank genehmigen müsste. Und wenn er dann im Fernsehen kommt, hach, wie oft schalte ich dann doch ein. Na mal sehen. Ich komm gleich mit einem ganz anderen Gebäck. ;)
AntwortenLöschenWir snd brav am Aufholen mit Österreich, nicht wahr. ;) Ein Film mit Moser und Lingen ist heute sicher nicht mehr jedermanns Sache; du musst aber mein Alter berücksichtigen. In meiner Jugend setzte man vielleicht drei Mal in der Woche zu einem "Spielfilm!"-Jubelgesang an. Da durfte es auch ein "Ober, zahlen!" (1957) sein. Es zählte nur das Verschwinden des Testbildes. ;)
LöschenNa, bei mir handelte es sich, Karl May einfach mal mit eingerechnet, bei den alten Schwanks (Schwänken?) und Klamauks (Klamauken?) oft um die einzigen Spielfilme, welche mir zugänglich gemacht wurden. So viel anders ist das auch nicht. ;)
LöschenDa auch ich mich an Lingens Laurel & Hardy-Präsentationen erinnern kann und auch zu jenen gehöre, die in ihrer Jugend den Sonntagnachmittag mit Hans Moser & Co verbrachten, bin ich auf aus Nostalgiegründen der Suche nach einigen Vertretern der deutschen Komödie von anno dazumal. Über den Namen E.W. Emo bin ich dabei mehrmals gestolpert, ohne wirklich etwas damit anfangen zu können.
AntwortenLöschenDu hast mir mit Deinem Artikel aus der Patsche geholfen. Danke!
Gern geschehen. :) Er war auch für mich eine "Entdeckung". Man sah sich früher die Hans Moser-Filme an einem Sonntag mehr oder weniger gern an (mein einstiger Liebling: "Mariandl", 1961), weil nichts Besseres geboten wurde. Vielleicht ist es an der Zeit, ihren nuschelnden Reiz heute neu zu würdigen.
AntwortenLöschenMan lasse ein scheinbar geregeltes Familienleben durch ein unvorhergesehenes Ereignis aus dem Lot geraten und sorge dafür, dass ein schier hoffnungsloses Tohuwabohu mit mehreren Beteiligten entsteht, das sich am Ende erstaunlicherweise zur Zufriedenheit aller auflöst.
AntwortenLöschenGestern hab ich Emos SCHÄM' DICH, BRIGITTE! gesehen, der auch genau diesem Muster folgt, und der mir gut gefallen hat. Neben Hans Moser und Theo Lingen ist hier auch Heinz Rühmann mit dabei. Rühmann ist Dr. Schneider, ein erfolgreicher Schönheitschirurg mit eigener Klinik. Als der gestrenge Mathematiklehrer Prof. Stieglitz (Moser) bei Dr. Schneiders Tochter Brigitte einen Schundroman samt darin befindlichen Liebesbrief konfisziert, bewirkt der ominöse Brief eine Kette von absurden Verwicklungen, die nacheinander bei Dr. Schneider, seinem Freund Fellmeier (Lingen) und sogar bei Stieglitz das jeweilige Eheglück gefährden.
Die Handlung wird trotz aller Absurdität logisch entwickelt, das Tempo ist durchgehend hoch, auch Nebenrollen sind gut besetzt (Nadja Tiller sehr lebhaft als Fellmeiers Frau!), und die Herkunft des Briefs erfährt eine originelle Auflösung, die man nicht von vornherein ahnt. Dr. Schneiders matronenhaftes Schwiegermuttermonster (Annie Rosar) und der prinzipienfeste Prof. Stieglitz als die beiden Vertreter der "Moral" werden ordentlich veräppelt, und es gibt noch Spitzen gegen einen geschäftstüchtigen Scheidungsanwalt und die Kundinnen von Dr. Schneiders Schönheitsinstitut. Insgesamt recht flott und frech.
Ein Film, den ich noch nicht kenne, der aber nach einem "Must" tönt. Es ist schon herrlich, wie Emo grosse Komiker in verschiedenen Positionen einsetzt und Wirbel herbeizaubert, der als "Tugend" des deutschen Films heute gar nicht mehr ausreichend gewürdigt wird. Dass Nadja Tiller bereits 1952 in filmischer Aktion war, wusste ich auch nicht. Das gute Kind war ja erst ab Ende der 50er Jahre als deutsche "femme fatale" in aller Munde - und diverse CDU-Politiker hätten diese Versinnbildlichung des Erotischen wohl auch gern in ihren Betten gehabt. ;)
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