Schon oft war, liebe Leserin, lieber Leser, in Kommentaren von ihr die Rede. Auf sie wurde dies und jenes abgewälzt, manchmal erhielt schon die blosse Nennung ihres furchterregenden Namens etwas Drohendes, erinnerte - vor allem, wenn sich mein Co-Admin seiner bemächtige - an Kannibalen. - Ist es nicht an der Zeit, diesem bislang gesichtslosen Wesen einen eigenen Blog-Eintrag zu widmen, einen Eintrag, der erst noch die zahlreichen Aktionen der übrigen Blogger überbietet und mit Gewinnen lockt, für die selbst ein Guido Westerwelle der 'anderen Fraktion' beitreten würde? --- Hier ist sie: Splatter-Mutti!
Splatter-Mutti schätzt es, dies muss vielleicht betont werden, nicht besonders, in der weiten Welt des Internets mit all ihren Lastern geoutet zu werden, weshalb ich allfällige Betrachter des Bildes bitten möchte, mit dem beigefügten Balken Augen oder die riesige Nase, die ihr Gesicht ziert, abzudecken (ein Tipp: Entscheidet euch für Letzteres!).
Das rüstige Mädchen giert, wie ihr vielleicht schon wisst, nach Horror! Diesen Pfad der Sünde betrat sie in den 60er Jahren, als sie sich vom Titel "Erbschaft um Mitternacht" verführen liess und sich nicht darum kümmerte, dass es sich beim vermeintlichen Gruselfilm um eine der vielen Verfilmungen des Bühnenstücks "The Cat and the Canary" mit dem Komiker Bob Hope in der Hauptrolle (!) handelte. - Und bald sollte Schlimmeres folgen: Auf die pastorale Begleitung ihres frommen Sohnes zählend, zog sie sich Tod Browning's "Dracula" (1931) und James Whale's "Bride of Frankenstein" (1935) rein, ging dann rasch zu den blutigen Schockern über, die ihr die Hammer-Studios boten. In den frühen 80ern musste der sich eigentlich der Seele zuträglicheren Dingen widmen wollende Whoknows sogar "The Omen" (1976) und "Freitag der 13." (1980) für sie aus dem Französischen übersetzen, weil lediglich der französischsprachige Sender der Schweiz den Mut aufbrachte, solchen Schrott ungeschnitten zu zeigen (wie nutzlos ihre "Was sagen sie jetzt?"-Fragen, ging es doch lediglich um die Hautbrösel, die der sich durch Kevin Bacon's Hals arbeitende Bohrer hinterlassen würde!).
Nun, das Genre hat sich weiterentwickelt, und Splatter-Mutti ist noch immer seine gewinnbringendste Anhängerin. Sohnemann, eher für andere Filme gemacht, beobachtet das Geschehen aus der Ferne, gesteht sogar beschämt ein, manche Horror-Filme mittlerweile zu schätzen (die Folgen der sozialen Verlotterung!). Dass sich unsere Vorlieben nur in seltenen Fällen decken, versteht sich wohl von alleine. Es kommt deshalb, mag ich das weitsichtige Kind auch vom Kauf der traurigsten Erzeugnisse abhalten, immer wieder zu Auseinandersetzungen. - Und hier beginnt mein Problem: Wir benötigen mehr Horrorfilme, von denen wir am Ende unisono sagen können: Doch, der war gut!
Hier eine Liste, die zeigt, wie schwer die gestellte Aufgabe ist:
Splatter-Mutti-Favoriten
The Ring Two (2005)
Sie behauptet, der langweilige zweite Teil habe es in sich. Ich hingegen bemerkte sehr wohl, mit welch furchteinflössendem Blick sie mich anstarrte, als Naomi Watts (sonst eine von mir geschätzte Darstellerin) ihren Sohn in der Badewanne ertränkte. Mittlerweile dusche ich nur noch und hoffe, sie sehe in mir nicht plötzlich einen Marion Crane-Ersatz.
Hostel (2005)
Nach einer halben Stunde ertönte ihre röchelnde Stimme: "Die machen ja nur Sex!". Eine halbe Stunde später liess sie verlauten: "Jetzt muss er ihr das Auge rausschneiden!" - Ich vermag nicht zu sagen, welche Bemerkung mir lüsterner vorkam...
The Ruins (2008)
Während Sohnemann in der Küche den sonntäglichen Stufato zubereitete, klang es andauernd begeistert aus dem Wohnzimmer: "Jetzt fressen sich die Dinger in sie rein. Sie müssen sich die Beine selber abschneiden!". Mittlerweile bin ich über den Inhalt des "Films" so gut informiert, dass ich mich einer Sichtung schlicht verweigere (mein Stufato war dennoch wie üblich ein Gedicht).
Whoknows-Favoriten
Stir of Echoes (1999)
Obwohl Kevin Bacon meine Splatter-Mutti in Wallungen versetzt, seit er Meryl Streep in "The River Wild" (1994) als Bösewicht in ebensolche versetzen durfte, vermag sie ausgerechnet diesen feinen kleinen Thriller, der, wie Sohnemann, der sich selber mal von einer Fachperson in Hypnose versetzen liess, ihr versicherte, durchaus realistische Momente aufweist, nicht zu schätzen. Wie geschmacklos, drängte sie mich doch sonst zum Kauf aller Filme, in denen Bacon mitspielte - inklusive "Footloose" (1984)!
The Skeleton Key (2005)
Voodoo at its best! Ein okkulter Thriller ohne billiges Blutvergiessen und sogar mit der einzigartigen Gena Rowlands in der Hauptrolle. Der spannende Film lässt den Liebhaber gepflegten Grusels vergessen, dass eine gewisse Kate Hudson mit von der Partie ist. - Und Splatter-Mutti findet ihn unverständlich!
Hard Candy (2005)
Splatter-Mutti kann es nicht ertragen, dass sich ihr Sohn zum erwachsenen Mann gemausert hat. Vielleicht bereitet ihr ein Film, in dem sich ein pubertäres Gör zum Racheengel entwickelt, deshalb solche Schwierigkeiten. Vielleicht vermisst sie aber auch das gewohnte "Zürcher Geschnetzelte", das sie von ihren Lieblingsfilmen her gewohnt ist.
Ausnahmen, die wir beide mochten (auch Halleluja-Filme genannt)
Frailty (2001)
Splatter-Mutti schlief während der ersten abendlichen Sichtung ein und erklärte den Film zu - nun, ich will mich hier nicht über ihren gelegentlich ungepflegten Wortschatz auslassen. Ich tat, was ich in solchen Fällen tue: An einem friedlichen Sonntag wurde sie an den Sessel gefesselt und musst sich "Frailty" noch einmal anschauen. Sie bereute den hinterhältigen Film, dem man sogar sein "reaktionäres" Ende verzeiht, nicht.
The Others (2001)
Sohnemann erzählte der Tom Cruise-Hasserin, der Star habe Amenábar gebeten, nach Hollywood zu kommen und mit ihm in der Hauptrolle ein Remake von "Abre los ojos" zu drehen, worauf der Regisseur gesagt habe, er käme gern, würde aber einen genialen Film mit der Ex von Cruise drehen. Ein überzeugenderes Argument konnte es gar nicht geben.
May (2002)
Splatti, schon immer eine liederliche Hausfrau, überlässt Näharbeiten gerne ihrem Sohn und hoffte, der Film würde ihn motivieren. Stimmt! Ich, an sich ein scheues Reh, bastle jetzt gerade an einer süssen kleinen Puppe...
Unser beider No-Go
Nach einer halben Stunde flehte mich Splatter-Mutti an: Stell dieses sinnlose Geflacker aus. Ich glaube, dies war einer jener seltenen Augenblicke, in denen ich sie liebte - oder zumindest mochte.
Man sieht: Es ist nicht leicht, Horror-Filme zu finden, mit denen wir beide leben können. Splatter-Mutti zieht Blut und andere Scheusslichkeiten vor, während ich mich gern gepflegtem Grusel hingebe. Und wer nun glaubt, hier mit Filmen wie "Wishmaster" (1997), "The Gathering" (2002), "Dead End" (2003), "House of Wax" (2005), "The Legend of Lucy Keys" (2005), "Das Waisenhaus" (2007) oder "Drag me to Hell" (2009) anrücken zu können, sollte mal den riesigen Schrank sehen, in dem ich unsere Splatter-Mutti-Abteilung vor Besuchern zu verstecken pflege. Da ist schon der Kenner gefragt, der uns das ganz Spezielle, bietet, mit dem Geheimtipp des Jahrhunderts aufwartet. Und wer denkt, insbesondere mich mit diversen "Saw"-Fortsetzungen oder "Hatchet" beeindrucken zu können: Forget it!
Den Lieferanten von brauchbaren Tipps winken jedoch zwei sensationelle Preise:
1. Preis: Der Gewinner darf ein Jahr lang jeden Monat auf eigene Kosten in die Schweiz reisen und Splatter-Mutti die Zehennägel schneiden. Handschuhe sind noch immer empfohlen, obwohl sich ihr Fusspilz merklich zurückgebildet hat (er reicht jetzt nur noch bis zu den Knien).
2. Preis: Der Gewinner darf zusammen mit mir ein feines Diner in einem Basler Luxusrestaurant geniessen und erst noch für beide bezahlen.
(Den Trostpreis, eine Nacht mit unserer Nachbarin aus dem Emmental, hat sich schon mein geschätzter Co-Admin für "Screamplay" geholt. Niemand von uns konnte ahnen, auf was wir den armen Kerl angesetzt hatten. Dank tatkräftiger Unterstützung durch Polizei und Feuerwehr gelang es uns jedoch, Manfred aus den Klauen der Bestie zu befreien. Über den "Nutzen" des beigezogenen Exorzisten wird noch vor Gericht verhandelt.)
(Den Trostpreis, eine Nacht mit unserer Nachbarin aus dem Emmental, hat sich schon mein geschätzter Co-Admin für "Screamplay" geholt. Niemand von uns konnte ahnen, auf was wir den armen Kerl angesetzt hatten. Dank tatkräftiger Unterstützung durch Polizei und Feuerwehr gelang es uns jedoch, Manfred aus den Klauen der Bestie zu befreien. Über den "Nutzen" des beigezogenen Exorzisten wird noch vor Gericht verhandelt.)
Wenn sich das mal nicht lohnt! - Überbietet doch alle anderen Aktionen im Reiche der Blogger.
Man könnte vielleicht irrtümlich annehmen, ich hätte diesen Eintrag ohne Bewilligung von Splatter-Mutti geschrieben, weshalb ich hier noch ihre ausdrückliche Einverständniserklärung nachliefere:
"Ich, Splatter-Mutti, erlaube hiermit meinem geliebten Sohn Whoknows, die gewohnt mit Weisheit gewählten Worte in sein Blog aufzunehmen. Meine Splatter-Mutti."
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So! Leute, die mich halbwegs kennen, wissen mittlerweile, dass ich mehr als reif für den Urlaub bin, wenn mir nur noch solcher Unsinn durch den Sinn geht. Ein untrügliches Zeichen, das auch hier seine Gültigkeit bewahrt. Es gibt nach diesen tiefgründigen Ausführungen zu Splatter-Mutti noch eine Filmbesprechung; dann habt ihr mal wieder ein paar Wochen Ruhe vor mir. Schätzt euch glücklich, dass sogar Whoknows gelegentlich sein kreatives Päuschen benötigt und das Blog seinem wesentlich seriöseren Co-Admin Manfred Polak überlassen muss!