Mittwoch, 23. Juni 2010

Grossmuttis Schmachtfetzen

Drei Münzen im Brunnen
(Three Coins in the Fountain, USA 1954)

Regie: Jean Negulesco
Darsteller: Clifton Webb, Dorothy McGuire, Jean Peters, Louis Jourdan, Rossano Brazzi, Maggie McNamara u.a.

Während sich die vom Krieg geschundenen Deutschen in den 50er Jahren mit Filmen zufrieden geben mussten, die ihnen die Schönheit ihres Landes schmackhaft zu machen versuchten, sehnte sich der durchschnittliche Amerikaner nach einem Trip durch bedeutende europäische Städte, und sei’s auch nur auf der Leinwand. Rom, die ewige Stadt, war besonders gefragt, was wohl nicht zuletzt damit zu tun hatte, dass in Studios hergestellte  “Bibelpornos” (ich benutze den Begriff, weil ich die Frömmelei in den betreffenden Monumentalfilmen geradezu obszön finde) wie “Quo Vadis” (1951) die Zuschauer neugierig auf das wirkliche Rom machten - oder auf das Rom, das ein amerikanischer Tourist zu sehen wünschte...

William Wyler lieferte 1953 mit “Roman Holiday” eine bis heute unerreichte Vorlage, die vorführte, wie man eine Stadt mit vielen ihrer Eigenarten grandios in eine passende Story einzubetten vermag. Diese Paramount Pictures-Produktion in Schwarzweiss versuchte Twentieth Century Fox 1954 mit dem ersten ausserhalb der Staaten gedrehten Cinemascope-Spektakel “Three Coins in the Fountain”  zu übertrumpfen. Was die Zuschauer jedoch vorgesetzt bekamen, war eine sich in einem Postkarten-Rom abspielende Soap Opera der heute eher als unerträglich empfundenen Art. - Und sie fand Anklang.

Drei amerikanische Sekretärinnen, Anita, Frances und die eben erst in Rom eingetroffene Maria stehen im Mittelpunkt der Handlung. Maria erfährt von ihren neuen Freundinnen, dass man eine Münze in den Trevi-Brunnen werfen und sich wünschen kann, ein Jahr lang in Rom bleiben zu dürfen. Anita, die in die Staaten zurückkehren will (angeblich wird sie dort heiraten; in Wirklichkeit ist sie in ihren Mitarbeiter, den Übersetzer Giorgio, verliebt, den sie - Firmenpolitik! - nicht privat treffen darf), verzichtet dieses Mal auf den Wurf, während Frances, die sich seit vielen Jahren nach ihrem Arbeitgeber, dem Schriftsteller Shadwell, verzehrt,  die Hoffnung noch nicht aufgegeben hat. - Und schon bald nehmen drei belanglose Liebesgeschichten, die die Aufnahmen von der Spanischen Treppe und der Villa Borghese rechtfertigen sollen, ihren Lauf. Maria verliebt sich ausgerechnet in den Prinzen Dino, einen stadtbekannten Frauenhelden, der seine Eroberungen zu einem Ausflug nach Venedig einzuladen pflegt (die “Neue” nimmt die Einladung an, trudelt aber zusammen mit Frances, einem früheren Opfer des Prinzen, ein - was dem Bilderbuch-Film Gelegenheit bietet, Venedig zusammen mit Rom in einem Aufwasch mitzunehmen). Anita wird unterdessen von Giorgio, der später Anwalt werden will, zu einem Familienfest aufs Land eingeladen - und auch die Beziehung zwischen Frances und Shadwell scheint sich in die gewünschte Richtung  zu entwickeln. Maria versucht sogar, ihren Prinzen zu zähmen, indem sie vorgibt, die gleichen Dinge zu mögen, die er mag (Kunst, Essen, Musik). All dies führt zu “amore” vor neo-impressionistischen Gemälden im Museum, in einer Rossini-Oper, vor der Schreibmaschine und zwischen Apfelbäumen. --- Natürlich bedarf es einiger  die 102 Minuten Laufzeit notdürftig ausfüllender Komplikationen (Giorgio erhält die Kündigung, weil er zusammen mit Anita beobachtet wurde,  Shadwell erfährt, dass er an einer schweren Krankheit leidet, was der unterschätzten Dorothy McGuire - sie erhielt trotz ihrer grossen Rollen nicht einmal einen Stern auf dem Walk of Fame - nach einem Besäufnis mit ihrem Arbeitgeber die Möglichkeit bietet, noch vor Anita Ekberg in einen römischen Brunnen zu steigen), bevor das unausweichliche Glück der drei Paare besiegelt werden kann.

Die Zusammenfassung der Handlung tönt abschreckend genug. Was dem heutigen Zuschauer jedoch den Rest geben dürfte, ist der Oscar-prämierte Titelsong, den Frank Sinatra schon zu einer rund vier Minuten dauernden Pre-Credit-Sequenz von sich geben darf, die die magischen Fähigkeiten der neuen Cinemascope-Kameras, welche ein idealisiertes Rom in seiner ganzen Länge und Breite einfangen, vorführt. - Wir wissen nicht, wie unsere Grosskinder einmal über die Titelsongs der heutigen Filme urteilen werden; aber die Schmachtfetzen der 50er Jahre warteten mit einigen musikalischen Erzeugnissen auf, die nun wirklich höchstens unsere Grossmütter zum Schluchzen gebracht haben dürften. Und in meiner “Hitparade des Schreckens” nimmt “Three Coins in the Fountain” neben “Raintree County” (1957) den Spitzenplatz ein. - Fox vergass im Eifer des Gefechts übrigens, sich die Rechte am Song zu sichern, weshalb diverse Sänger und Gruppen (u.a. “The Four Aces”) ebenfalls Geld damit verdienen konnten.

Das Cinemascope-Verfahren betont die herrlichen Schauplätze dermassen, dass die Darsteller  in den luxuriösen Innenräumen, vor den Bildern, die ein antikes und ein modernes Rom einzufangen versuchen, beinahe verloren gehen, was angesichts ihrer begrenzten Möglichkeiten, sich in diesem flachen Liebesfilmchen zu entfalten, nicht weiter bedauerlich ist: Louis Jourdan spielt eben das, was er  schon immer spielen konnte: einen Schönling. Die Schauspielerinnen müssen sich  hingegen wie Dummchen erster Güte aufführen, die nur die Liebe respektive das Einfangen von Männern im Kopf haben - was eigentlich entwürdigend wirkt. Einzig der grosse Clifton Webb kann als blasierter Schriftsteller mit herrlich britischem Akzent einige Szenen für sich verbuchen. - Was jedoch am meisten stört: Im Gegensatz zu Wyler bezieht “Three Coins in the Fountain” Rom in keinster Weise in die Geschichte mit ein. Man geht zwar am berühmten “Mund der Wahrheit” vorbei, sieht das Kolosseum im Hintergrund - aber all dies nur, damit der amerikanische Kinogänger überhaupt erfährt, dass sich die Dinger in Rom befinden. Einzig der Brunnen von Trevi wird mit derart kitschiger Bedeutung aufgeladen, dass die Legende entstand, erst seit dem Film würden Münzen hineingeworfen. Abgesehen davon wird Rom - und das sagt eigentlich schon alles - höchstens durch ein paar Trauben heraufbeschworen, die sich in einer Schale auf einem Tisch mit grundsätzlich kariertem Tischtuch befinden. - Es verwundert nicht, dass “Three Coins in the Fountain” auch für die beste Farbkamera einen Oscar bekam; dass man das traurige Ereignis jedoch neben Meisterwerken wie “On the Waterfront” und “The Caine Mutiny” als “Besten Film” nominierte, ist ein Skandal.

Man mag sich fragen, weshalb ich diesen Film über Rom, dem wahrlich bessere entgegenzustellen wären (neben “La dolce vita”, 1960, etwa sogar “Only You“, 1994), überhaupt bespreche. Nun, es geht mir nicht zuletzt um die Figur, die ich bis jetzt bewusst ausgespart habe: den Regisseur. - Der rumänischstämmige Jean Negulesco (1900 - 1993) gehört nämlich wohl zu den eigenartigsten, sich dem heute an der Geschichte des Hollywood-Films Interessierten am meisten entziehenden Figuren der Traumfabrik. Dies mag nicht zuletzt damit zusammenhängen, dass sein Name hierzulande höchstens im Zusammenhang  mit gelegentlich ausgestrahlten Belanglosigkeiten wie “How to Marry a Millionaire” (1953) oder “Titanic” (1953) auftaucht.  - Tatsächlich war Negulesco jedoch einmal ein gerade wegen seiner Melodramen (“Humoresque”, 1946,  oder “Johnny Belinda”, 1948, der ihm seine einzige Oscar-Nominierung einbrachte) ausserordentlich geschätzter Regisseur. Er erwies sich aber auch als äusserst “anspassungsfähig” im  Sinne von “gefällig“, weshalb er der Gunst der Kritiker mit der Zeit verlustig ging (spätere Filme wie “Jessica”, 1962, oder “The Pleasure Seekers”, 1964, eine Verlegung des hier besprochenen Films nach Madrid, wirken heute regelrecht peinlich). Diese “Anpassungsfähigkeit” überfiel den Regisseur allerdings  erst mit seinem Ruhm (er galt auch  als einer der frühen Meister des Cinemascope-Verfahrens); sie war nicht von Anfang an vorhanden, und es ist in seinem Werk vielleicht nur eine Konstante auszumachen: die Vorliebe für Episodenfilme, Filme, in denen mehrere Handlungsstränge nebeneinander  herlaufen, wobei man beinahe behaupten könnte, Negulesco sei - obwohl er diese “Neurose” längst nicht in allen seinen Arbeiten kultivieren konnte - auf die Zahl “Drei” geradezu  fixiert gewesen (vgl. neben den hier erwähnten Werken etwa auch “Three Came Home“, 1950).


Negulesco wollte ursprünglich Maler werden, stürzte sich auf Anraten eines Kritikers jedoch ins Filmgeschäft und debütierte nach beinahe zehn Lehrjahren 1944 mit dem Film noir “The Mask of Dimitrius”,  den er unbedingt mit Sydney Greenstreet und dem von ihm ausserordentlich geschätzten Peter Lorre besetzen wollte. Es folgten zwei weitere “Noirs” mit Lorre, von denen “Three Strangers” (1946) als besonders sehenswert bezeichnet werden darf. - Diese frühe Gruppe von “Films noirs”, der noch “Nobody Lives Forever" (1946) hinzuzufügen wäre, ist vielleicht als der  eigentliche  Höhepunkt im filmischen Schaffen des Regisseurs zu bezeichnen, scheint sie doch kompromisslos jenes seltsam Mysteriöse, beinahe Abergläubische (kann man sein Schicksal umgehen?) einzubringen, das anderen “Noirs” fehlte, weil es eben zu einem noch nicht von der Traumfabrik willig “geformten” Negulesco gehörte, etwas Eigenes war. Leider sind die erwähnten Filme, derer sich das ZDF vor Jahren annahm, in Deutschland nicht auf DVD erhältlich.

Wirkliche Berühmtheit erlangte der Regisseur jedoch mit seinen grossen Melodramen der 40er Jahre - und er verfiel bald dem Reiz jener “Anpassungsfähigkeit” (die Engländer würden von “versatility” reden), die ihn wohl sich auf unangenehme Weise derart entziehend  macht, weil er letztlich weniger als jeder andere Hollywood-Regisseur etwas Individuelles zu bewahren vermochte. Man erkannte seine technischen Fähigkeiten, und er liess sich nur zu gerne “verwenden” - wofür auch immer. “Titanic” schrie geradezu nach mehreren Handlungssträngen, und es war verlockend, mit “How to Marry a Millionaire” den zweiten Cinemascope-Film von Fox zu verwirklichen. Vermochte diese reizvolle Komödie jedoch mit Stars wie Marilyn Monroe und Lauren Bacall aufzuwarten, bot “Three Coins in the Fountain” nur noch technische Meisterschaft verschwendet für eine Banalität. Von Negulescos späteren Filmen ist höchstens noch “Daddy Long Legs” (1955) mit Fred Astaire erwähnenswert, der Rest lief der Zeit hinterher - und das belanglose Wesen, zu dem sich dieser im Ansatz interessante Regisseur entwickelt hatte, zeigt sich vielleicht besonders deutlich in einer seiner nichtssagenden Äusserungen gegenüber der “Los Angeles Times”: “I have found nothing to compare to the beauty of the American girl... - She is more confident and independent than the girls in Europe, and she stays young longer.” --- Was für eine tiefgründige Einsicht nach vielen Jahren im Film-Business!!!

Eigentlich ein merkwürdiger Kerl, dieser Jean Negulesco. Man möchte ihn mit Händen greifen, seine mögliche  Grösse beschreiben - und man könnte es vielleicht auch, hätte er weiterhin Filme gedreht, in denen seine Handschrift derart deutlich zur Geltung gekommen wäre wie in den ersten - hierzulande leider vergessenen - Arbeiten.

Freitag, 18. Juni 2010

Her mit der deutschen DVD! - die Dritte

Es grenzt zwar ans Absurde, eine deutsche DVD für einen deutschen Film zu fordern; aber gelegentlich muss man sich - nolens, volens - diesem Grenzbereich annähern. Und dass ich zu einem Film, den es leider überhaupt nicht auf DVD gibt, keine Bilder liefern kann, versteht sich von selber:

  
Das Brot des Bäckers
(Das Brot des Bäckers, Deutschland 1976)
Regie: Erwin Keusch
Darsteller: Günter Lamprecht, Bernd Tauber, Silvia Reize, Anita Locher, Manfred Seipold, Gerhard Acktun, Ronald Nitschke


So sehr es unser Leben vereinfachen würde: Der deutsche Film der 70er Jahre lässt sich nicht einfach in  billigste Unterhaltungs- respektive Sexstreifen und die oft etwas abgehobenen Werke einer Gruppe von Autorenfilmern (Alexander Kluge, Werner Herzog, Volker Schlöndorff, Wim Wenders, Rainer Werner Fassbinder etc.), denen "künstlerischer" Anspruch und Anerkennung im Ausland oft wichtiger waren als Publikumsnähe, aufteilen. Gerade das Fernsehen erlaubte es bislang weniger etablierten Regisseuren, etwa für Reihen wie "Das kleine Fernsehspiel" oder "Tatort" Filme zu drehen, die brennende Themen der Zeit in leichter zu goutierende Geschichten verpackten, damit sie auch von Leuten wahrgenommen wurden, die weniger informiert waren als die Intellektuellen im Lande. Das zwischen der ARD, dem ZDF und der Filmförderungsanstalt geschlossene Film-Fernsehen-Abkommen ermöglichte es solchen Filmen zum Teil letztlich auch, an den Kinokassen erfolgreich zu sein, bevor sie im Fernsehen gezeigt wurden.

Leider sind viele Produktionen, die sich deutlich aktueller Probleme der Zeit annahmen, etwas in Vergessenheit geraten. Ich möchte deshalb hier an eine von ihnen erinnern, die von einem Regisseur gedreht wurde, der etwa im Gegesatz zu Wolfgang Petersen  dem Fernsehen treu blieb und  dem wir neben Beiträgen für "Tatort", "Eurocops" und "Polizeiruf 110" eine Reihe durchaus beachtlicher Filme verdanken, die nicht mit Pomp, aber mit Themen aufwarteten. Dass er mit der Schweiz zu tun hat, dürfte nicht reiner Zufall sein - letztlich müssen bloss die armen, für Filmzeitschriften arbeitenden Sklaven über Erzeugnisse schreiben, mit denen sie überhaupt nichts verbindet:

Der von Kritikern und Publikum gleichermassen gefeierte Erstling des Zürchers Erwin Keusch beschäftigt sich mit dem Niedergang des Kleingewerbes in den 70er Jahren, verpackt sein Thema jedoch zugleich in die mehr als ansprechende Geschichte des jungen Werner Wild, der eines Tages in einer fränkischen Kleinstadt die Bäckerei von Georg Baum mit den Worten "Ich ess' gern gutes Brot" betritt - und vom Bäckermeister, einem Anhänger gut durchgebackenen Brotes, augenblicklich als Lehrling eingestellt wird. Dieser macht ihn nicht nur mit den Feinheiten des Backens von Brot und Gebäck vertraut, sondern nimmt ihn auch herzlich in seine Familie, die durch die temperamentvolle Meistersfrau zusammengehalten wird, auf. Während Werner unbeschwerte Lehrjahre mit den dazugehörenden Liebeswirren durchlebt, will Baum bloss in Ruhe sein Brot verkaufen und bemerkt erst langsam die sich verändernde wirtschaftliche Umgebung, auf die ihn seine Söhne, zwei Gymnasiasten, die mit dem Betrieb des Vaters nichts zu tun haben wollen, immer wieder aufmerksam machen. Erst als ein Supermarkt im Städtchen seine Tore öffnet, erkennt er die anstehenden Schwierigkeiten, in die ein Preiskrieg ihn führen wird.

Werner identifiziert sich zunehmend mit den Problemen seines Meisters, der jetzt in grossem Stil zu rationalisieren beginnt, ohne dass sich der finanzielle Erfolg einstellen würde. Ein zweiter Lehrling schmeisst den Bettel hin, und auch Werner sieht sich nach dem Ende seiner Lehrzeit gezwungen, eine Stelle in einer Grossbäckerei anzunehmen. - Baum, der seinen Einmannbetrieb stur und hoffnungslos verteidigt, dringt eines Nachts in den Supermarkt ein und verwüstet die Brotabteilung. Seine berufliche Karriere ist damit beendet. Dass der Film trotzdem zu einem höchst fragilen Happy End findet, ist umso berührender.

Es würde mich nicht erstaunen, wenn der Bäckersohn Keusch vom Schweizer Film "Bäckerei Zürrer" (1957) auf die Idee gebracht worden wäre, sein eigentliches Anliegen zuerst raffiniert in eine scheinbare Idylle zu verpacken. Während der erwähnte Film aus der Schweiz jedoch nichts weiter als eine "Was man so alles in eine Bäckerei-Geschichte einpacken kann"-Schnulze ist, gelingt Keusch und seinem Team ein höchst aufwühlendes Dokument über die Entfremdung des Menschen von seiner Arbeit. Ohne die Leistung der anderen Darsteller schmälern zu wollen, muss man sagen, dass insbesondere Günter Lamprecht als zunehmend verzweifelnder Bäckermeister einzigartig glaubhaft wirkt. Wenn man seinen Weg mitverfolgt, erkennt man, dass nicht bloss der Eindruck einer bleibenden Aktualität erweckt wird, sondern sich ein vergleichbares Schicksal jeden Tag abspielt.

Ich machte zu Beginn dezent darauf aufmerksam, dass wir letztlich nicht grundlos über ganz bestimmte Filme schreiben oder sie aus einem bestimmten Blickwinkel betrachten. Manchmal schadet es nichts, sich über dieses uns Bewegende ein paar Gedanken zu machen: Ich wuchs in den 70ern in einer ländlichen Gegend der Schweiz (der ich auch treu blieb) vom Kind zum jungen Mann heran und erlebte, wie aus den fünf einst stolzen Dorfläden in einer 750-Seelen-Gemeinde immer weniger wurden, weil der gar nicht so weit entfernte Supermarkt nicht bloss alles, sondern auch alles billiger hatte. Man beklagte sich zwar über die mangelnde Qualität, nahm sie aber letztlich ebenso in Kauf wie die Klagen der Ladenbesitzer über Umsatzrückgänge. - Im Grunde genommen erlebte ich das, was Erwin Keusch in seinem Film zeigt, hautnah mit - ohne mich einen Deut darum zu scheren.


Der noch heute in jeder Hinsicht sehenswerte Film "Das Brot des Bäckers" erhielt neben weiteren Preisen das Prädikat "Besonders wertvoll"; die "Financial Times" schrieb darüber sogar: "Was 'Moby Dick' für den Walfang ist, ist dieser Film fürs Brotbacken." - Ist es nicht bedenklich, dass man sich ein solches Meisterwerk vor langer Zeit auf 3sat aufnahm und auf einer bald ausgeleierten VHS-Kassette anschauen muss, weil es noch immer nicht als DVD erhältlich ist?

Sonntag, 13. Juni 2010

Aus einem Hexenkessel

Summer of Sam
(Summer of Sam, USA 1999)
Regie: Spike Lee
Darsteller: John Leguizamo, Mira Sorvino, Adrien Brody, Jennifer Esposito, Michael Rispoli, Ken Garito, Saverio Guerra u.a.

Ich gehöre zu den Leuten, die mit David Fincher’s “Zodiac” (2007) nicht so recht warm werden konnten, obwohl er den langjährigen Drogen-Buhmann Robert Downey Jr. endlich wieder einmal in einer Hauptrolle präsentierte - und nebenbei den Beweis erbrachte, dass die mimischen Fähigkeiten von Jake Gyllenhaal denjenigen eines Steven Segal doch überlegen sind.  Was mich am Film störte: dass er sich trotz Überlänge ausschliesslich mit den Recherchen des Journalisten Paul Avery und des Karikaturisten Robert Graysmith, der den Fall jahrelang obsessiv verfolgen sollte, beschäftigte - und ausgerechnet der Reaktion der Bevölkerung auf einen Serienmörder, einem weitaus interessanteren Aspekt als dem mit der Zeit langweilig werdenden Rätselraten, keinen Platz einräumte. - Allen, denen es ähnlich erging, möchte ich den Spike Lee-Joint “Summer of Sam” ans Herz legen.

Während  "Zodiac" von einer Geschichte handelt, die im San Francisco der späten 60er ihren Anfang nahm, basiert “Summer of Sam”  auf einem wahren Fall aus den 70er Jahren (der Mörder David Berkowitz wurde im Gegensatz zum “Zodiac-Killer” gefasst); er beschäftigt sich jedoch in erster Linie mit normalen Menschen, die einfach ihr gewohntes, vielleicht jämmerliches Leben leben wollen, sich aber von den Verbrechen bedroht fühlen - und sich zunehmend in einen unberechenbaren Mob verwandeln, der seine Hilflosigkeit an Aussenseitern austobt:


 Wir befinden uns mitten in der Hitzewelle des Sommers 1977 in einem New York, das von Rassenunruhen und einer einzigartigen sexuellen Befreiung geprägt ist, den Yankees eine unglaubliche Saison beschert, den Übergang von der Disco-Ära zum Punk erlebt (das legendäre “Studio 54” war im April eröffnet worden) - und von den Morden eines Mannes heimgesucht wird, der sich selber “Son of Sam” nennt. Da gibt es in der Bronx eine italo-amerikanische Männerclique, die ständig bei einem “Dead End”-Schild (ein leicht aufdringliches, aber aussagekräftiges Symbol) rumhängt, wo gesoffen und gedealt wird. Zu dieser Clique gehört der Friseur Vinny, der sich in der Ehe mit seiner frustrierten Frau Donna, die er am Wochenende als John Travolta-Verschnitt in die In-Discos ausführt, schon beinahe biedermännisch-katholisch gibt, selber aber nach Strich und Faden fremdgeht. Vinny befindet sich kurz vor einem Mord am Tatort und fürchtet nun, der Mörder, der vor allem brünette Frauen und deren Liebhaber tötet, könnte es auf ihn abgesehen haben. Er will sich deshalb zum treuen Ehegatten mausern, wird jedoch von der Begierde, seine Frau zu betrügen, nur noch mehr über-”mannt”. - Als Vinny’s alter Kumpel Ritchie (grandios verkörpert von Adrien Brody) als Punk aus Manhattan zurückkehrt, ist er den “Saturday Night Fever”-Leuten sofort unheimlich und wird als Aussenseiter behandelt. Der strippende Punk, der sein Geld unter anderem als Pornodarsteller verdienen muss, haust denn auch ausgestossen zusammen mit der jungen Ruby, die ihn als einzige akzeptiert, in der Garage seiner Mutter.

Im Verlauf des Sommers (man spürt - wie oft bei Lee - das Zunehmen der äusseren und der innerlichen Hitze förmlich) nehmen Angst vor dem “Son of Sam” und Paranoia immer mehr zu. Frauen färben sich ihr Haar blond, Vergessen wird in den sich zunehmend leerenden Discos, aber auch im berüchtigten Sexclub “Plato’s Retreat” gesucht. Verschiedene Gruppen versuchen den Mörder selber zu fassen, darunter die Leute eines Quartier-Paten, aber auch die Gang, der Vinny angehört. Es werden Listen mit “Verdächtigen” aufgestellt, auf denen sich ausschliesslich die Namen von Aussenseitern befinden. - New York verwandelt sich in einen Hexenkessel, seine Bevölkerung wird zum Sinnbild für eine amerikanische Gesellschaft, mit der etwas nicht mehr stimmt, weil sie, in mehrfacher Hinsicht an einem Scheideweg stehend, nicht über die Kraft verfügt, vernünftig auf das über sie Hereinbrechende zu reagieren.
 Am Schluss gerät immer mehr der anpassungsunwillige Ritchie (“Since when does your hairstyle determine whether or not you’re a fukin’ killer?”) ins Visier des Mobs. Vinny, der - mittlerweile ein drogenabhängiges Wrack - von seiner Frau verlassen wurde, erklärt sich bereit, den Judas zu spielen und seinen Freund den lynchfreudigen Kumpanen ans Messer zu liefern. Und während der wirkliche Mörder gefasst wird, macht man sich über den Punk her...

Die Kritik reagierte gespalten auf “Summer of Sam”, und der Film spielte in den USA nicht einmal das Geld ein, das seine Herstellung gekostet hatte. Man warf Spike Lee vor, er habe zuviel auf einmal erzählen wollen, die Detailverliebtheit störe - und er ahme schamlos den frühen Martin Scorsese nach. Diese Kritik scheint mir vor allem zwei Ursachen zu haben: “Summer of Sam” war Lee’s erster Film, der sich nach einer Reihe weniger erfolgreicher Arbeiten nicht mit der afro-amerikanischen Bevölkerung beschäftigte (er begab sich sozusagen auf “verbotenes Terrain”) - und es ging dem Regisseur darum, nicht einfach einen Serienmörder-Film zu drehen; er wollte vielmehr dieses einzigartige Klima einer Stadt in einem temporären Zustand allgemeiner Unzurechnungsfähigkeit vollständig und beinahe dokumentarisch erfassen. Das Einbetten sozialer und gesamtgesellschaftlicher Umstände, eine Bestandesaufnahme über die Gesellschaft der 70er Jahre, scheint mir meisterhaft geglückt zu sein, es wirkt auch weitaus spannender als das Rätselraten von Polizei und Journalisten in Fincher‘s Film. Man darf sogar behaupten, “Summer of Sam” (vielleicht zusammen mit “Do the Right Thing”, 1989, der beste Streifen des Regisseurs) sei ein Muss für Filmfans, die von den üblichen Thrillern die Nase gelegentlich voll haben - und die Musik der Bee Gees und von ABBA zur Unterstützung der Atmosphäre in Kauf zu nehmen bereit sind.

Eigentlich ein glänzendes, wenn auch lange Zeit unterschätztes Comeback von Spike Lee, der sich später mit “Inside Man” (2006) leider zu sehr dem Mainstream anzupassen versuchte.

Mittwoch, 9. Juni 2010

Gespenster für wenige Zuschauer

Welthund
(Welthund, Schweiz 2008)
Regie: Ueli Ackermann
Darsteller: Bea Schneider, Claude Bärtschi, Florian Schneider, Sylvia Bossart, Urs Bosshardt, Ueli Ackermann u.a.

Die ländliche Gegend um Basel ist sicher nicht mehr als andere Gebiete mit Gespenstern und seltsamen Ereignissen gesegnet, aus denen sich Sagen machen lassen. Was wir jedoch hatten: Zwei unermüdliche Forscher, Paul Suter und Eduard Strübin, die den zum Teil mündlich überlieferten, zum Teil schriftlich festgehaltenen Geschichten für schlaflose Nächte auf den Grund gingen und sie in ihren “Baselbieter Sagen” einem interessierten Publikum zugänglich machten. - Und so komme auch ich in den Genuss, Besuchern mit all den Dingen, die sie im Dörfchen, in dem ich wohne, erwarten, einen gehörigen Schrecken einzujagen (bilde ich mir zumindest ein); denn noch jetzt stolpert man hinter jedem Winkel, in jeder nächtlichen Gasse, im tiefen Wald über Tote, die “ums Verrecken” keine Ruhe finden können. Im 19. Jahrhundert predigte ein Pfarrer nachts in der Kirche vor ihnen,  im Schuppen des Totengräbers hörte man sogar das Geschirr klappern, wenn mal wieder jemand an der Reihe war - und nebenbei dienen unsere Ungeheuerchen auch noch als ausserordentlich zuverlässige Wetterpropheten.

Zu erneuter Popularität verhalf unseren Sagengestalten die Autorin und Journalistin Barbara Saladin, die einige von ihnen in ihrem zuerst in Fortsetzungen erschienenen Roman “Bachpflattli” (“Ein etwas anderer Sommer”) zu den Auslösern einer spannenden Geschichte, in der die Vergangenheit in unser postmodernes Leben eingreift, machte. Ihr in der Nordwestschweiz gern gelesener Roman schrie förmlich nach einer Verfilmung, und so entstand die Idee, den “ersten Oberbaselbieter Film” zu verwirklichen, eine Idee, die erstaunlicherweise regelrecht vom Glück verfolgt war: Profischauspieler, die ohne Gage zu arbeiten bereit waren, stellten sich dem speziell für das “No Budget”-Projekt gegründeten unabhängigen Verein “WH-Films” zur Verfügung, dank Sponsoren gelangte man zu (höchst bescheidenen!) 80 000 Franken, die hauptsächlich für die Postproduktion eingesetzt wurden - und die Zusammenarbeit mit der Dorfbevölkerung (es wurde ausschliesslich vor Ort in verschiedenen Gemeinden des Oberbaselbiets  gedreht), funktionierte hervorragend, wobei diverse Freiwillige die Profis als Laiendarsteller unterstützen durften:

Nach Jahrzehnten kehrt Sarah Hirt an den Ort ihrer Kindheit, ins (fiktive) Dorf Rauringen, zurück, wo sie den Haushalt ihres verstorbenen Grossvaters auflösen soll. Der Empfang fällt nicht gerade herzlich aus; denn einerseits galt Sarahs mit dem Vaganten Ruedi befreundeter Gossvater als “seltsamer Kauz”, andererseits grassiert im Dorf eine seltsame Hautkrankheit, ein eitriges Ekzem, von dem viele betroffen sind und dessen Ursache man sich nicht erklären kann. - Bald entdeckt Sarah, deren Bruder einen riesigen schwarzen Hund beobachtet hatte und nun auch an einem Hautausschlag leidet, in einem alten Sagenbuch jedoch einen Hinweis auf den “Welthund” (die Sagengestalt kommt in vielen deutschsprachigen Gegenden vor und wird unterschiedlich gedeutet), dessen gespenstische Rückkehr ins Dorf nichts Gutes verheisst, weil er  für gewöhnlich ungesühnte Schuld einfordert. Der Gemeinderat will freilich von den Ideen, die Sarah und der Landstreicher einbringen, nichts wissen, kämpft beinahe schon hysterisch gegen die “politische Instrumentalisierung” der Gespensterfurcht an. Doch da ist noch die alte Louise, die - vielleicht vom plötzlichen “Sagenfieber” gepackt? - allerlei über vergrabene Schätze zu berichten weiss, deren Bergung jedoch unweigerlich mit der Erlösung einer ruhelosen Seele zusammenhängt. Bald befindet sich halb Rauringen auf Schatzsuche und begegnet diversen Geistern...

Der ländliche Grusler, der, wie es sich für einen echten Horrorfilm gehört, sogar mit einem (leider etwas kurz geratenen und leicht zu übersehenden) “final twist” aufwartet, kann natürlich nicht mit beeindruckenden Special Effects glänzen, er weist auch trotz stimmungsvoller Bilder technische Mängel auf (die Szenenübergänge wirken zum Teil regelrecht abrupt), der Spannungsbogen wird nicht durchgehend aufrecht erhalten, da man etwas gar viele Handlungsstränge anschneidet  - und die Zusammenarbeit zwischen Profis und Laien lässt - um die Liste der gelegentlich kritisierten Punkte zu vervollständigen - selten den Eindruck aufkommen, man habe es mit “gehobenem Laientheater” zu tun (Ähnliches wurde übrigens Markus Imhoofs für den Academy Award nominierten “Das Boot ist voll”, 1980, auch vorgeworfen). - Dennoch kann ich mich Michael Sennhauser nicht anschliessen, der in seinem von mir sonst sehr geschätzten Filmblog die Meinung äusserte, der in den Kinos der Region Basel ausserordentlich erfolgreiche “Welthund” (er schaffte es leider nicht einmal ins “Schweizer Fernehen DRS”, sondern musste sich mit der Ausstrahlung in einem Regionalsender begnügen) sei wie etwa der von mir übrigens auch sehr geschätzte Dokumentarfilm “Der letzte Coiffeur vor der Wettsteinbrücke” (2003) nur “bedingt exportfähig”, ziehe - dies wohl Sennhausers eigentliche Botschaft - die  Zuschauer vor allem wegen seines Lokalkolorits an (man erkennt Schauplätze und fühlt sich “daheim“). Es scheint mir vielmehr, ein guter Verleiher hätte ein Näschen für das in “Welthund” steckende Potential (der Film ist wesentlich besser als diverse staatlich subventionierte Streifen fürs Fernsehen) entwickeln und das Baselbieter Projekt einer “Post-Post-Production” (gleitendere Übergänge,  notwendige Straffungen, kleine technische Ausbesserungen und eine Verdeutlichung des überraschenden Endes) unterziehen müssen. Eine beachtliche Zuschauerzahl wäre zumindest schweizweit garantiert gewesen, da wir Baselbieter unsere Sagengestalten schliesslich nicht für uns gepachtet haben. Kommt hinzu, dass das “5,5 Millionen Franken”-Projekt “Sennentuntschi” (es dreht sich auch um eine Sagengestalt, allerdings aus den Alpen) von Michael Steiner, das im Oktober 2010 endlich in die Kinos kommen soll, bereits hoch verschuldet und keineswegs erfolgversprechender als “Welthund” ist.

Es wäre - dies als kleine Schlussbemerkung -  schön gewesen, wenn man die DVD (ist sie überhaupt noch erhältlich?) des ersten Oberbaselbieter Films mit deutschen Untertiteln versehen hätte. Freunde kleiner Mystery-Thriller aus Deutschland hätten sich bestimmt auf sie gestürzt, und ich kann mir vorstellen, dass  zum Beispiel meine Blogger-Freunde Alex (Hypnosemaschinen) und Oliver (Remember it for later) sich “Welthund” mit Vergnügen reingezogen hätten - wobei ich nicht zu sagen vermag, wer von den Beiden  sich während des  Anschauens wessen zerhackten Oberschenkel  hätte munden lassen...

Freitag, 4. Juni 2010

Dieses selbstzerstörerische Begehren in einer kalten Welt

Der verführte Mann
(L'Homme blessé, Frankreich 1983)
Regie: Patrice Chéreau
Darsteller: Jean-Hugues Anglade, Vittorio Mezzogiorno, Roland Bertin, Lisa Kreuzer, Claude Berri, Armin Mueller-Stahl, Annick Alane u.a.

Französische Filme, die sich mit sexuellen Obsessionen beschäftigen, kommen  rasch einmal in den Genuss, mit dem Attribut “skandalös” versehen zu werden - welches üblicherweise die Zuschauerzahlen in die Höhe schnellen lässt und einen finanziellen Erfolg garantiert. Auch Patrice Chéreaus dritter Film, “L’Homme blessé”, den der Opern- und Theaterregisseur als seine "vraie naissance au cinéma” zu bezeichnen  pflegte, sorgte anlässlich der Filmfestspiele von Cannes seinerzeit für einen mittleren Skandal, wurde hierzulande dann aber hauptsächlich in Programmkinos einem kleinen, interessierten Publikum zugänglich gemacht. Und was auf den ersten Blick besonders eigenartig anmutet: selbst Homosexuelle, die doch sonst ein Faible für so genannte “Coming-of-Age”-Filme haben, welche ein schwules Erwachen thematisieren, mieden den Film eher, wissen noch heute nicht viel mit ihm anzufangen.

Über die Gründe für dieses seltsame Verhalten muss man nicht lange spekulieren: “L’Homme blessé” führte den Betrachter  in eine kalte, sprach- und gnadenlose Welt, der er - vielleicht gerade, weil sie real und ihm gar nicht so fremd war - schon während des Films am liebsten entflohen wäre. Und nach dem Verlassen des Kinos wollte man das, was man gesehen hatte, einfach nur vergessen, den “Schmutz der Wirklichkeit” auskotzen. Man wird, und darum scheint sich Chéreau nicht gekümmert zu haben, eben ungern mit Umständen konfrontiert, in deren Trostlosigkeit ein “Erwachen” - welcher Art es auch sein mag - gar keine Chance hat:

Der 18-jährige Henri lebt noch immer in seinem proletarischen Elternhaus, wo er vom Vater (Armin Mueller-Stahl darf vielleicht als einzige Figur im Film seinen Trieben Sprache verleihen) drangsaliert wird. Eines Tages muss der schweigsame Träumer, der eigentlich nur weiss, dass er fort will (beim Öffnen eines Fensters seufzt er einmal beinahe selbstmörderisch anmutend: “Il faut que je sorte!”), die Eltern zum Bahnhof begleiten, wo man seine Schwester in die Ferien verabschieden will. Der Zug hat Verspätung, und Henri, der sich auf dem Bahnhofgelände herumtreibt, wird von einem älteren Mann aufdringlich verfolgt. Er landet, den Mann teils fliehend, teils wohl auch einem unbewussten Bedürfnis folgend, auf der Toilette, wo der Stricher Jean, ein  abstossender Rohling, gerade einen seiner Kunden ausraubt. Er fordert Henri auf, das Opfer zu treten, und küsst
den sich nur anfangs zur Wehr setzenden jungen Mann  leidenschaftlich. - In diesem Augenblick verfällt Henri dem  brutalen, undurchsichtigen Jean, der die lokale Stricherszene beherrscht, und er verfolgt ihn mit unbändiger Leidenschaft, obwohl sich dieser immer wieder von ihm abwendet. Er treibt sich, mittlerweile an die ausgetragenen Jeans und das Jackett des Begehrten gelangt, die er sich wie dessen Haut überzieht,  ständig auf dem nächtlichen Bahnhof herum, will nicht selber ins Milieu der Stricher abrutschen und bleibt deshalb  ein Einsamer unter ihnen.  Als ihm dann nach vielen Erniedrigungen der mit Drogen vollgepumpte Körper Jeans endlich wehrlos zur Verfügung steht, steigert er sich - damit kein anderer mehr vom Objekt seiner Leidenschaft Besitz ergreifen kann - in einen Höhepunkt hinein, den nur Zyniker als “petit mort” bezeichnen würden...

Man hat “L’Homme blessé” zum Vorwurf gemacht, er erzähle keine nachvollziehbare Geschichte, sondern bestehe aus lauter “Löchern”, weise Erklärungslücken auf. Es ging  Chéreau, der sich zusammen mit seinem Drehbuchschreiber Hervé Guibert sechs Jahre lang auf sein Projekt vorbereitet hatte,  jedoch auch nicht um die Erklärung eines  jeden Details; er wollte, dies zeigt sich an vielen Kleinigkeiten, vielmehr jene vom Zuschauer gerne verdrängte triste Welt der Kommunikationsunfähigkeit, deren unmenschliches, gnadenloses Wesen  zwangsläufig Zerstörung hervorbringen musste, wenigstens aus dem Blickwinkel eines verletzbaren Jungen verfolgen und mit Bildern  versehen. - Es sei an die Szene erinnert, in der Bosmans, der ältere Herr, der Henri immer wieder verfolgte und sich als begüterter “Doktor” erweist, den jungen Mann zu einem Kaffee einlädt, weil er ihm von seinen eigenen Nöten erzählen will und stattdessen - ohne einen wirklichen Zuhörer zu finden - nur andeutende Nichtigkeiten zu stammeln vermag (später stellt sich heraus, dass er Voyeur ist und Henri beim - vorgetäuschten! - Sex mit Jean beobachten will, während er, wiederum Banalitäten vor sich her lallend, angeblich ein Telefonat “mit Amerika” führt). Oder die Stricher, die auf einer Treppe vor dem Bahnhof sitzen und sich rücksichtslos über Henri lustig machen, während er sich vor lauter Gier nach Jean immer weniger um das Milieu kümmert, in dem er sich bewegt; Henris Versuch, auf dem Bahnhof einen möglichen Kunden zu küssen, ein Versuch, der eher wie das wilde Zubeissen eines schlecht dressierten Tiers anmutet. Später betritt er - die Szene wurde nicht aus der Nähe aufgenommen, was die Steinwüste, in der sie sich abspielt, als besonders abweisend erscheinen lässt - eine Bar, die Jean offenbar gelegentlich aufsucht, und wird wortlos mit Prügeln hinausgeworfen. Elisabeth, eine Freundin bei der Jean gelegentlich übernachtet und die im Gegensatz zu Henri ihre Illusionen verloren hat, reagiert auf das Vorbeischauen des Unstetigen nur noch mit einem schier motorischen “Du hast meinen Geburtstag vergessen”.  

Solche atmosphärisch dichten Bilder und Situationen sind es, die in Chéreaus Werk  im Vordergrund stehen und den Zuschauer mit einer Trostlosigkeit sondergleichen konfrontieren. --- Und spätestens jetzt erkennt man, obwohl im Zusammenhang mit den Schauplätzen (Bahnhofsklappen, Strichermilieu) immer wieder auf Jean Genet hingewiesen wurde, auch: “L’Homme blessé” ist nicht in erster Linie ein “Schwulenfilm”; er benutzt das homosexuelle Strichermilieu, den Schmutz, in dem sich Henri ständig bewegt, nur als  Metapher für die Unmöglichkeit eines menschenwürdigen sexuellen Erwachens, das Aufflammen von Leidenschaft, die eben doch als "Naturgewalt" (Gay Watch: Filmarchiv) erscheint und als langsamer Abstieg in die Hölle geschildert wird, in der Einsamkeit einer kommunikationsunfähigen Welt. - Diese Thematik machte den Film in den 80er Jahren nicht zu einer leicht verdaulichen Kost; er ist es auch heute noch nicht. Und den Homosexuellen bot er keine muskulösen Jungs, denen am Ende alles Glück dieser Welt beschieden war. - Wer sich auf "L'Homme blessé" einliess, wurde jedoch mit der Darstellung einer verdrängten Realität belohnt, die ihresgleichen suchte. Selbst spätere Filme, die das Erwachen einer (schwulen) Identität nicht so “verklärend” schilderten wie etwa “Sommersturm” (2004) - ich denke an “Der Traum vom schlafenden Hund” (1998) oder “Garçon stupide” (2004) - wirkten mit ihrem hoffnungsverheissenden Ende wesentlich weniger radikal als Chéreaus “Beinahe-Skandal”.

Jean-Hugues Anglade, der 1986 mit “37° 2 le matin” internationale Berühmtheit erlangen sollte, war während des Drehs von “L’Homme blessé” bereits 27 Jahre alt, spielte aber den verwirrten Teenager mit erwachender Sexualität (die Figur des Henri wurde natürlich nur aus Gründen der Filmfreigabe zum 18-Jährigen gemacht)  derart überzeugend, dass man gelegentlich den Eindruck erhielt, man habe es mit einem Dokumentarfilm zu tun; und Patrice Chéreau liess sich trotz Kritik an seinem Werk nicht von der Beschäftigung mit sexuellen Problemen in einer ungeschönten Wirklichkeit abbringen: für “Intimacy” (2001) sollte er sogar endlich das zweifelhafte Attribut “skandalös” erhalten, welches eigentlich mit “wahrhaftig” übersetzt werden müsste.

Leider ist es ausgesprochen schwierig, an eine (französischsprachige!) VHS-Kassette von “L’Homme blessé” zu gelangen, weshalb  für diesen verstörenden Film an sich auch eine DVD in Deutsch zu fordern wäre. Es dürfte ihm jedoch noch heute schwer fallen, sein Publikum zu finden.

Freitag, 28. Mai 2010

Her mit der deutschen DVD! - die Zweite


Die merkwürdige Zähmung der Gangsterbraut Sugarpuss (Alternativtitel: Wirbelwind der Liebe)
(Ball of Fire, USA 1941)
Regie: Howard Hawks
Darsteller: Barbara Stanwyck, Gary Cooper, Oskar Homolka, Henry Travers, S.Z. Sakall, Tully Marshall, Richard Haydn, Dana Andrews u.a.

Von allen Regisseuren, die zwischen etwa 1934 und 1945 die grossen Hollywood-Komödien drehten, ist mir Howard Hawks zweifellos der liebste, weil er es mehr als seine Kollegen darauf abgesehen hatte und auch schaffte, die Moralapostel vom Hollywood Production Code (Hays Code) hinters Licht und an der Nase (herumzu-)führen. Die bigotte Bagage erkannte wohl, dass ihnen hier einer überlegen war und ihre rigiden Vorschriften mit hämischem Grinsen zu umgehen verstand; und sie rächten sich etwa, indem sie den grossen Pessimisten, dessen Regiestil ohnehin aufs Publikum abzielte (seine “Kamera auf Augenhöhe” wurde oft kritisiert, gilt aber heute als klassische Alternative zu den Experimenten von John Ford oder den Spielereien eines Stanley Donen, über dessen “Arabesque”, 1966, sich Hitchcock, neben Billy Wilder grundsätzlich auch ein Verfechter klassischer Kamerapositionen, lustig machte), bei den Oscars stets übergingen - was aber nichts daran ändert, dass wir Hawks in verschiedenen Genres epochale Meisterwerke verdanken.

Es scheint, als habe die Natur Howard Hawks regelrecht dazu auserkoren, dem frömmelnden Pack, das hinter dem Hays Code stand, die Grenzen seiner Macht aufzuzeigen; denn mögen seine späteren Komödien (vielleicht mit Ausnahme des reichlich kindisch geratenen “Monkey Business”, 1952) auch verdientermassen zu kleinen Klassikern geworden sein - sie erreichen nicht annähernd den boshaften, angriffigen Witz, der die “grossen Drei” des Meisters auszeichnet. Und von diesen drei Meisterstreichen bewundere ich neben der schlicht unumgänglichsten Screwball-Comedy aller Zeiten, "Bringing Up Baby" (1938), vor allem eine hierzulande leider weitgehend in Vergessenheit geratene Perle des amerikanischen Films:

Slang! - In der berühmten Gefängnisszene von “Bringing Up Baby” hatte Katharine Hepburn als scheinbar zum Singen bereites Gangsterflittchen dem Zuschauer bereits eine Kostprobe jener Sprache bieten dürfen, die  damals als “Slang” betrachtet wurde. “Ball of Fire” scheint sich überhaupt nur mit “Slang” zu beschäftigen - scheint! Denn wie schon der berüchtigte Leopard Baby hauptsächlich als "Begründung" für offensichtlich sexuelle Anspielungen gedient hatte (es ging natürlich um Cary Grant's "Baby", das hochgebracht werden musste), soll  auch hier  die möglicherweise unflätige Sprache die Zensurbehörden lediglich davon ablenken, dass Barbara Stanwyck Beine zeigt, die bis zum Hals hinaufreichen - und ich kann versichern: Ihr Hals befindet sich wesentlich weiter oben als der von Marlene Dietrich. --- Umso erstaunlicher mag es anmuten, dass es sich bei diesem Film im Grunde genommen um eine romantische Liebeskomödie handelt. Sie ist sogar, wie viele romantische Liebeskomödien, im Bereich des Märchens angesiedelt, was uns bereits eine Ankündigung zu verstehen gibt: “Once upon a time - in 1941 to be exact - there lived in a great, tall forest - called New York - eight men who were writing an encyclopedia.”

Tatsächlich handelt es sich bei den acht Professoren, die im Auftrag eines verstorbenen Wohltäters seit Jahren zurückgezogen und unter der Fuchtel der strengen Haushälterin Miss Bragg am gesammelten Wissen der Menschheit arbeiten, um recht drollige, weltfremde Gelehrte, die sich sogar während eines Small Talks gegenseitig mit ihrem Fachwissen bereichern. Der Jüngste von ihnen, Professor Bertram Potts, ist Sprachexperte und als solcher gerade dabei, einen Artikel über “Slang” zu schreiben. Mit Erstaunen muss er feststellen, dass Slang (wie Sprache eben überhaupt) dem ständigen Wandel unterworfen ist und sich seine gesammelten Daten als völlig veraltet erweisen. Es bleibt also nur eine Möglichkeit: Potts muss Feldforschung betreiben!


Und so begibt er sich unter die Menschen eines ihm fremden New York, sammelt in der U-Bahn, auf den Strassen und vor der Uni ihm so seltsam vorkommende Begriffe wie “plenty gestanko”, “just a jerk” oder “killer diller”, lädt Leute, die er für typische Slang-Sprecher hält, zu einem Seminar ein, das er im weltfremden Refugium seiner Freunde abzuhalten gedenkt - und endet in einem Nachtclub, wo die Sängerin “Sugarpuss” O’Shea gerade den “Drum Boogie” (das Wort “Boogie” wird sofort notiert!) hinlegt und sogar Potts ein rhythmisches Mitklopfen mit den Fingern entlockt. Bei einem anschliessenden Gespräch erweist sich die Sängerin, die nebenbei die Freundin von Gangsterboss Joe Lilac ist, als Slang-Sprecherin par excellence. Sie lehnt die Einladung des Sprachgelehrten brüsk ab, klingelt jedoch bald an der Pforte der von den Professoren bewohnten Villa, weil die Polizei ihren Freund verhaftet hat und nun auch nach ihr sucht. In ihrem Versteck, in dem sie Potts für weitere Studien (herrlich, wie in einer Sitzung das Wort “corny” auf seine Bedeutungen im Alltag abgetastet wird!) zur Verfügung steht, stellt sie bald einmal erstaunt fest: “We have a lot of books! All of them different?” - und bringt Leben in den von der Theorie beherrschten Alltag, indem sie etwa den anderen Professoren, die sie weniger als Studienobjekt denn als ganz neue Erfahrung sinnlicher Art betrachten, Tanzunterricht in Sachen  Boogie erteilt. Doch auch Potts kann sich dem Charme von “Sugarpuss” auf die Länge nicht entziehen, und spätestens als ihm die Schönheit zeigt, was  “yum yum” bedeutet, stellt er sich möglicherweise als Märchenprinz heraus - was die Geschichte zu einer Neuauflage von “Schneewittchen und die sieben Zwerge” für Erwachsene machen würde. Allein schon die herrliche “yum yum”-Szene lässt
jedoch die Frage aufkommen, ob das intellektuelle Fundament von “Sugarpuss” (sie braucht diverse Bücher als Unterlage, um Potts Lippen für “yum yum” zu erreichen) für eine nachhaltige Beziehung ausreichen wird. Und Gangsterbräute haben es leider an sich, dass sie von ihrer Vergangenheit eingeholt werden...




Dieser umwerfend liebenswerte Spass zeigt, was Barbara Stanwyck, die mir - abgesehen von “The Lady Eve” (1941) - vor allem als Leidende, Gequälte oder als “femme fatale” (“Double Indemnity”, 1944) bekannt war, als Sexbombe, die langsam zum liebenswerten Mädchen gezähmt wird, zu bieten hat. Wer sie den “Boogie” oder “Sugar, Sugar” hinlegen sieht, käme nie auf die Idee, dass die Schauspielerin in Wirklichkeit dem “Sewing Circle”, einem privaten Zusammenschluss lesbischer und bisexueller Frauen in Hollywood (Greta Garbo, die Dietrich, Joan Crawford und natürlich die berüchtigte Mercedes de Acosta, von der es scheint, als habe sie in den Betten sämtlicher lesbischer Frauen ihrer Zeit genächtigt, waren berühmte Mitglieder) angehörte. Dass ihr “Ball of Fire” eine ihrer vier Oscar-Nominierungen einbrachte, darf als mehr als berechtigt bezeichnet werden. - Und Gary Cooper war mir persönlich nie näher denn als völlig weltfremder Sprachexperte, der von sich behaupten kann, er habe schon als Einjähriger Blake’s “Tyger Tyger, Burning Bright” rezitiert, der aber der Liebe so wundervoll ahnungslos gegenübersteht.


Dass “Ball of Fire” (gelegentlich auch als “The Professor and the Burlesque Queen” vermarktet), in Deutschland dermassen vernachlässigt wurde und immer noch wird (die deutsche Uraufführung fand in den 70ern im TV statt, mittlerweile ist der Film scheinbar in der Versenkung verschwunden), ist unverständlich, erhielt doch die herrliche Liebeskomödie aus der Feder von Billy Wilder (!) vier Oscar-Nominierungen und gefiel Howard Hawks so sehr, dass er sich - leider! - 1948 zu einer Neuverfilmung des Stoffs mit einem peinlichen Danny Kaye und Virginia Mayo mit dem Titel “A Song Is Born” hinreissen liess. - Dass es bis heute keine DVD in deutscher Sprache gibt, ist für jemanden, der der englischen Sprache halbwegs mächtig ist, verkraftbar; denn was seinerzeit als “Slang” galt, ist entweder weitgehend Bestandteil der Alltagssprache geworden - oder wirkt zum Brüllen komisch.

Trotzdem sollte die deutsche Version "Ball of Fire" endlich ihren verdienten Platz in jedem  DVD-Regal finden.  Es ist einfach ein himmlisch-rührendes Vergnügen, den Professoren, von denen jeder einer exakten Zeichnung gewürdigt wird, zuzusehen, wie sie sich an Potts’ Polterabend vom Biologen “aufklären” lassen oder sich in sentimentaler Stimmung an alte Melodien zurückerinnern. Und die Feststellung, dass geballter Intellekt jeder Gangsterbande überlegen ist, darf als das Tüpfelchen auf dem “i” bezeichnet werden!

Sonntag, 23. Mai 2010

Elfen mit Trichtergrammophon

Diesen Eintrag möchte ich speziell meinem Foren-Freund Bob widmen, damit er sich wenigstens am Film delektieren kann, sollte er mit der Lektüre des Stücks wider Erwarten nicht zurechtkommen.

Ein Sommernachtstraum
(A Midsummer Night's Dream, Italien/Grossbritannien/USA 1999)
Regie: Michael Hoffman
Darsteller: Kevin Kline, Michelle Pfeiffer, Stanley Tucci, Rupert Everett, Calista Flockhart, Dominic West, Christian Bale, Anna Friel, Sophie Marceau, Sam Rockwell u.a.


Michael Hoffman’s Verfilmung von Shakespeare’s “A Midsummer Night’s Dream” wurde von verschiedenen Seiten heftig angegriffen, wobei die Palette der Begründungen von abstrus (“Shakespeare schrieb seine Stücke nun mal für die Bühne, weshalb eine Adaption für den Film einer starken Bearbeitung bedarf“) bis nachvollziehbar, zum Teil berechtigt (“Hoffman schwimmt im Fahrwasser von Kenneth Branagh und setzt durch die Verlagerung der Handlung in die Toscana der Jahrhundertwende auf realistischen, zum Teil oberflächlichen Witz, der die Magie des Stücks vernachlässigt und zugleich altmodisch wirkt“) reichte. Da die Kritikpunkte oft ineinander übergreifen, sich zum Teil auch widersprechen, möchte ich zusammenfassend zu ihnen Stellung nehmen:

Niemand vermochte überzeugender als der grosse Laurence Olivier  aufzuzeigen, wie sehr die Einbildungskraft des Zuschauers sich wohl nicht nur im spärlich eingerichteten  Elisabethanischen Theater  bemühte, ein Bühnenstück in wahrhaftiges Leben umzuwandeln: In seinem “Heinrich V.“  (1944) werden aus überschminkten Schauspielerfratzen nach und nach  echte Menschen, mit denen wir leiden und lieben, die lediglich Schauplätze andeutende Bühnenszenerie entwickelt sich auf wundersame Weise zum Schlachtfeld bei Agincourt.  Olivier veranschaulichte diese Verwandlung im Geiste des Zuschauers mit Hilfe des Mediums Film, das wohl gerade einem Autor wie Shakespeare besonders gerecht wird, möge man die Vorlage drastisch überarbeiten (Orson Welles’ “Macbeth”, 1948) oder ihr weitgehend treu bleiben und “abgefilmtes Theater” in Kauf nehmen. - Nun wird “A Midsummer Night’s Dream”, dies zeigte schon die grandiose Verfilmung aus dem Jahre 1935, zum Beispiel nie die  zu Verfilmungen verlockenden Schauplatzwechsel wie etwa “Much Ado About Nothing” ermöglichen, da dem im Wald vor Athen spielenden Hauptteil etwas Bühnenhaftes, nach Kulissen Schreiendes innewohnt, auch wenn man noch so mit Tricks arbeitet, mit denen eine Freilichtbühne im Regent’s Park nicht aufwarten kann. Und diesen Umstand gilt es zu seinem Vorteil auszunutzen.

Viele Fans von “A Midsummer Night’s Dream” hängen natürlich am Reinhardt/Dieterle-Film (1935), der das Stück als wirkliches Kunstwerk mit poetischer Magie umzusetzen versuchte (allein die rund sieben Minuten dauernde Ouvertüre und die Ballettszenen lassen die Messlatte erkennen, die sich der grosse österreichische Theaterregisseur und sein filmerfahrener Helfer gesetzt hatten). Allerdings konnte dieses Meisterwerk, das ich jedem Filmfreund ans Herz legen möchte (James Cagney spielte den Bottom, Mickey Rooney legte einen umwerfenden Puck hin!), nicht der Weisheit letzter Schluss sein, da Shakespeare von jeder Generation neu entdeckt werden will. Und es ist sicher nicht verwunderlich, dass sich Hoffman an Kenneth Branagh anhängte, der den grössten Bühnenautor aller Zeiten in den frühen 90er Jahren für den Film  "aufgefrischt" und “Much Ado About Nothing” (1993) als regelrechte “Screwball-Comedy” auch in der Toscana statt in Sizilien inszeniert hatte.. - Dabei mag Hoffman’s Verlagerung der Handlung in ein malerisches italienisches Dörfchen des späten 19. Jahrhunderts
deutschen Theatergängern, die vielleicht eher einen “Sommernachtstraum” mit Shakespeare’s Text lediglich stammelnden Figuren in einer radioaktiv verseuchten Welt (im Basler Schauspielhaus dürften als Dekoration noch ein paar Statuen von  Muammar al-Gaddafi und Kim Jong-il in einer verwüsteten Turnhalle herumstehen) gewohnt sind, schon sehr altmodisch, eventuell sogar kitschig vorkommen. Gerade in England selber bemüht man sich jedoch oft (etwa die Royal Shakespeare Company), dem Barden halbwegs gerecht zu werden, ihn nicht mit zum Teil verändertem Text für leicht abwegige Zwecke zu benutzen respektive zu misbrauchen. Und in der Komödie des Elisabethanischen Zeitalters ging es eben vor allem darum, das Publikum zu unterhalten und zu verzaubern. Weshalb also nicht zur Abwechslung den Witz eines Stücks betonen?

“A Midsummer Night’s Dream” wird im allgemeinen nicht zu den ganz grossen Shakespeare-Komödien (“As You Like It”, “Much Ado About Nothing”, “Twelth Night or What You Will”) gezählt, erfreut sich jedoch ausserordentlicher Beliebtheit - und kann beinahe als eine Art “Metakomödie” betrachtet werden, eine Komödie, die das Wesen der anderen Komödien erklärt - ihre Leichtigkeit, die die Bedeutungslosigkeit der eigentlichen Handlung (man beachte die Titel, die alle auf ein kleines Nichts verweisen) hervorhebt,  sich auf das Aufzeigen der Flüchtigkeit menschlicher Gefühle beschränkt  --- und im Gegensatz zu den Tragödien etwas erkennen lässt, was in “As You Like It” in unsterbliche Worte gefasst wurde:
“All the world’s a stage,
And all the men and women merely players...”
Das Besondere an “A Midsummer Night’s Dream”: Es wird (beinahe zur Entlastung menschlicher Schwächen) eine Welt in die Geschichte mit einbezogen, deren magische Kräfte nicht ganz unschuldig an unseren Verwirrungen sind, die aber selber höchst menschlichen Regungen ausgesetzt ist. - Wie setzt Hoffman diese Begegnung zweier Welten um?


Die in ein  Monte Athena genanntes Dörfchen verlegte Handlung  wird im wesentlichen beibehalten, der Text - was ich sehr schätze - nur leicht gekürzt übernommen. Der opulente Anfang, der uns Bilder von den Vorbereitungen für die Hochzeit des Fürsten Theseus zeigt, lässt beinahe ein farbenfrohes filmisches Grossereignis im Stil von Branagh’s Komödienverfilmung erwarten (man achte auf die Elfen, die sogar tagsüber als kleine Diebe neuer Errungenschaften der Menschheit unterwegs sind). Wer die Geschichte kennt, weiss, dass sich jedoch bald junge Liebende im nächtlichen Wald vor dem Dorf herumtreiben und zu zunehmend verwirrten Opfern einer ehelichen Krise zwischen Elfenkönig Oberon und seiner Gattin Titania werden. Dieser Zauberwald  mit seinen seltsamen Bewohnern kann schlicht nicht realistisch dargestellt, sondern muss trickreich in ein romantisches  Theaterrreich verlegt werden. - Hoffman versucht dieser Notwendigkeit des Bühnenhaften entgegenzuwirken, indem er etwa das neu erfundene Fahrrad mit ins Spiel einbezieht (ziemlich unglücklich, da die auf Drahteseln herumirrenden jungen Menschen nicht sonderlich interessant wirken und höchstens einen grauhaarigen Puck mit Glatze faszinieren, der sich das Ding zur Erfüllung seiner Aufträge denn auch zunutze macht) oder Elfen mit einem Trichtergrammophon spielen lässt (herrlich: die armen Dinger setzen sich den Trichter als Hut auf und benutzen die Schellackplatten als Servierteller). - Trotzdem bereitet das Treiben im nächtlichen Wald oft durchaus  Vergnügen, was neben den herausragenden Darstellern und Schauplätzen wie einem Weiher, in dem man ein malerisches Bad nimmt, nicht zuletzt an kleinen Ideen liegt, die das Stück bereichern und interpretieren (auch die “Sterblichen” werden von der den Elfen - einer zum Teil wilden Horde - eigenen Nacktheit  “ergriffen”, was ihnen am folgenden Morgen  die Welt ganz verändert, einfacher vorkommen lässt). Besonders berührend: Das Staunen der Elfenkönigin und ihres Geleits
über Bottom’s "gekonnten" Umgang mit dem Grammophon, das plötzlich eine Opernarie erklingen lässt und Titanias Äusserung über den Eselskopf (“Thou art as wise as thou art beautiful”) einen seltsam neuen Sinn verleiht. - Allerdings verbreiten mehrere   Szenen (die sich auf gleiche Weise wiederholenden Streitereien zwischen den Liebenden, Oberons blumige Sprache) gelegentlich auch eine unnötige Langeweile, die in einer Theateraufführung vermieden würde...

Die Schauspieler (beinahe die Crème de la Crème) bereiten durchwegs Freude und bemühen sich, dem Zuschauer neben der Leichtigkeit des Stücks auch Shakespeare’s gar nicht so schwer zu verstehende Sprache näher zu bringen. - Kevin Kline darf als sich für schauspielerisch talentiert haltender Bonvivant und Weber Bottom seine komödiantischen Fähigkeiten natürlich voll ausspielen und das Stück  an sich reissen; er  macht auch als Esel eine gute, menschliche Züge bewahrende Figur  (interessantes Detail: ausgerechnet dieser selbstgefällige Trottel erhält, wie sein nachdenkliches Betrachten der Statuen im Schlosspark am nächsten Morgen  zeigt, das Privileg, von den Ereignissen der Nacht eine Ahnung bewahren zu dürfen). Rupert Everett (wer in der Bezeichnung “Fairy King” für den sich im Gras räkelnden Nackedei keine ironische Anspielung erkennt, ist mit schwuler Blindheit geschlagen) gibt einen recht phlegmatischen Pascha, weshalb sich Michelle Pfeiffer, die mittlerweile auch Weichzeichner benötigt, wohl  lieber einem Eselskopf zuwendet (man erhält in “A Midsummer Night’s Dream” grundsätzlich den Eindruck, einige Liebesverstrickungen würden ohne Zauber ebenfalls funktionieren!)  und ihn mit einer herrlich übertriebenen Erotik und Köstlichkeiten aus aller Welt für sich einzunehmen versucht (ihn gelüstet es freilich eher nach etwas Heu). Da man sich die Figur des Puck gerne als ausserordentlich lebhaft vorstellt, ist Stanley Tucci in der Rolle etwas gewöhnungsbedürftig. Seine Versuche, die Positionen seines faul herumliegenden Königs Oberon nachzuahmen, sind freilich umwerfend - und das Fahrrad verhilft ihm ja letztlich zu der Quirligkeit, die einem Mann in seinem Alter sonst fehlt. - Die jungen Liebenden sind eben junge Liebende, was nichts über die schauspielerischen Leistungen von Bale, West etc. aussagt, sondern lediglich über die Rollen, zu denen sie "verurteilt" wurden; immerhin erweist sich Serienstar Calista Flockhart  als erstaunlich begabt. - Die grösste Überraschung beschert vielleicht die Aufführung der von den Handwerkern so fleissig geprobten “lustigen” Tragödie von Pyramus und Thisbe vor der erlauchten Hochzeitsgesellschaft am Schluss des Films: Während Bottom als Pyramus effektvoll mehrere Tode zu sterben versucht, gelingt ausgerechnet Francis Flute, der sich so dagegen wehrte, eine Frau spielen zu müssen,  die Darstellung seines Lebens, weil er zu Thisbe wird, sich in die Figur hineinversetzt - und die Zuschauer zutiefst anrührt.


Im Gegensatz zur Verfilmung von 1935, die ganz auf Mendelssohn-Bartholdy setzte, lässt Hoffman - vielleicht der Zeit angemessen - eher Opernmelodien von Verdi, Puccini und Rossini erklingen (um Mendelssohns “Hochzeitsmarsch” kommt freilich auch er nicht herum). - Eine gesamthaft liebenswerte Verfilmung, “abgefilmtes Theater” im positiven Sinne - wenn auch mit einigen Längen. Hoffman gelingt es sicher nicht, an Branagh’s meisterhafte Adaption von “Much Ado About Nothing” anzuknüpfen - und Freunde älterer Filme werden der Magie von Reinhardts/Dieterles überragendem “A Midsummer Night’s Dream” verständlicherweise den Vorzug geben, da der Witz in der Verfilmung von 1999 gelegentlich etwas schal anmutet. Allein schon die Darsteller lohnen jedoch eine Sichtung von Hoffman’s “Sommernachtstraum” - und Zeitgenossen, die um jedes Theater einen grossen Bogen machen, erleben eine zu mehr verlockende, wunderschön fotografierte Begegnung der eher konventionellen Art mit Shakespeare.

Dienstag, 18. Mai 2010

Her mit der deutschen DVD! - die Erste

Beim Wühlen in der Erinnerung, dank eines auf YouTube entdeckten Trailers  - oder wenn meine englische Kollegin ihr Giftschränkchen öffnet, in dem sich all die VHS-Kassetten und DVDs befinden, von denen ihr mittlerweile etwas gar christlich gesinnter Göttergatte nichts (mehr) wissen will, begegnet man immer mal wieder Filmen, die vor Urzeiten  vor der Flimmerkiste genossen wurden und von denen man denkt, eine Veröffentlichung auf DVD sei  in Deutschland mehr als überfällig. Ich möchte hier gelegentlich an solche Filme erinnern, kann aber naturgemäss nicht immer mit Bildern aufwarten. - Beginnen wir mit dem herrlichen Schöckerchen eines Mannes, der als einer der renommiertesten B-Movie-Regisseure von Horrorfilmen galt:  

Was ist denn bloss mit Helen los?
(What’s the Matter with Helen?, USA 1971)
Regie: Curtis Harrington
Darsteller: Debbie Reynolds, Shelley Winters, Dennis Weaver, Micheál MacLiammóir, Agnes Moorehead, Helene Winston u.a.

Im Jahre 1934 hält - wie uns die Wochenschau zeigt - nicht nur Präsident Roosevelt eine berühmte Rede; in Iowa werden auch die minderjährigen Söhne der Freundinnen Adelle und Helen wegen eines brutalen Mordes verurteilt. Von nun an wird das Leben der beiden einem Spiessrutenlauf unterworfenen und von anonymen Telefonanrufen gequälten Frauen unerträglich, und Adelle überredet Helen dazu, mit ihr nach Hollywood zu ziehen, wo sie, früher selber Tänzerin, eine Tanzschule eröffnen und ein neues Leben beginnen will. Schon bald unterrichten die nicht mehr ganz taufrischen Mädels unter den wachsamen Augen ehrgeiziger Mütter zukünftige Shirley Temples, wobei Adelle, die sich mittlerweile in einen Mae West-Klon verwandelt hat, ihre grandiosen Stepkünste zur Schau stellt, während das mütterliche Pummelchen Helen, das sich in der neuen Umgebung offensichtlich nicht wohl fühlt, die Lehrstunden am Klavier begleitet. - Doch während Adelle nichts anderes als ein neues Leben an der Seite eines wohlhabenden Mannes sucht, fühlt sich ihre Freundin von den Geistern der Vergangenheit verfolgt und fürchtet zunehmend jeden Schatten, jede sich öffnende Tür, jeden fremden Menschen, der ihr über den Weg läuft. Als die anonymen Telefonanrufe tatsächlich auch am neuen Wohnort wieder einsetzen, sieht sie sich in ihren Vorahnungen bestätigt und entwickelt sich vollends zum zitternden Nervenbündel, das Trost in einer evangelikalen Radiosendung sucht, in der die geldgierige Sister Alma (Agnes Moorehead, die grösste Nebenrollendarstellerin aller Zeiten, darf einen Kurzauftritt hinlegen, der es in sich hat!) die Worte des Herrn verkündet. Diese nützen allerdings nicht viel; denn die unheimlichen Ereignisse setzen sich fort und entwickeln sich - gelinde gesagt - zunehmend blutiger. Da fragt sich nicht nur Adelle: “Was ist denn bloss mit Helen los?”.


Der fiese kleine Thriller setzt ganz offensichtlich eine mehr oder weniger von Robert Aldrich (“What Ever Happened To Baby Jane?”, 1962) begründete Tradition fort und macht aus langsam alternden Schauspielerinnen --- Ghouls! Dabei stehen Shelley Winters als hysterisches Psychowrack und Debbie Reynolds als sich künstlich verjüngendes Lebeweibchen (man fragt sich nicht nur, welche der beiden Damen wohl der grössere Ghoul ist, sondern auch, ob sich Debbie auf ihre auch im Leben gespielte Rolle - sie gilt bekanntlich als die Schauspielerin, die nicht in Würde altern konnte - überhaupt gross vorbereiten musste) ihren Vorgängerinnen Bette Davis und Joan Crawford in nichts nach. Einen weiteren Glanzpunkt setzt Micheál MacLiammóir, der - beinahe ein Replacement für Victor Buono in den Filmen von Aldrich - als arbeitsloser Sprachlehrer Hamilton Starr von Adelle eingestellt wird und den kleinen Mädchen Unterricht in “perrrfect En-glish” erteilt, damit sie als angehende Filmstars auch über das nötige Rüstzeug verfügen. - Es ist vielleicht nicht erstaunlich, dass Henry Farrell, der Autor des Romans “What Ever Happened To Baby Jane?” auch das Drehbuch zu Curtis Harrington’s kleinem, aber wertvollen Schocker mit garantiert unvergesslichem Ende schrieb.


Ich könnte mich jetzt lang und breit über die von Kennern oft diskutierten homosexuellen Implikationen des Films (hat Helen lesbische Neigungen? waren die Söhne der Freundinnen schwul und begingen den Mord, weil sie damit symbolisch ihre Mütter umbringen wollten?) auslassen,  halte mich jedoch ausnahmsweise zurück und fordere die geneigten Freunde dreckiger kleiner Altweiber-Schocker auf, für eine auch im deutschen Sprachraum erhältliche DVD von “What’s the Matter with Helen?” auf die Barrikaden zu gehen oder sich wenigstens zu einem Sitzstreik vor der ZDF-Sendezentrale zu versammeln, damit sich der Sender dieses Films mal wieder annimmt. - Vielleicht bringt es ja etwas, wenn wir mit Sister Alma  voller Inbrunst “What a Friend We Have In Jesus” singen und anschliessend einen erheblichen Geldbetrag in ihren goldenen Topf  legen. Kaninchenfreunde dürften von solchen Aktionen freilich nicht sonderlich begeistert sein...

Donnerstag, 13. Mai 2010

Ein Alterswerk

Der Garten der Finzi Contini
(Il giardino dei Finzi-Contini, Italien/Deutschland 1970)
Regie: Vittorio De Sica
Darsteller: Lino Capolicchio, Dominique Sanda, Fabio Testi, Romolo Valli, Helmut Berger u.a.

Ich habe mich nie intensiv mit dem italienischen Film beschäftigt, kenne nur seine wichtigsten Strömungen und die Hauptwerke bedeutender Regisseure. Trotzdem empfand ich es als beinahe beschämend, mich von 3sat belehren lassen zu müssen, dass der grosse Neorealist Vittorio De Sica (“Ladri di biciclette”, 1948, “Umberto D.”, 1952), von dem ich immer dachte, er habe sich ab den 60er Jahren zunehmend auf  belanglose Unterhaltungsfilme spezialisiert, mit “Il giardino dei Finzi-Contini” 1970 noch einmal sowohl Zuschauer als auch Kritiker zu begeistern vermochte - und  sogar den “Auslandsoscar” holte. De Sicas später Erfolg ist allerdings nicht nur  auf vielsagende Weise in Vergessenheit geraten, sondern wirkt  in mancherlei Hinsicht seltsam untypisch für den Regisseur, ja kommt dem heutigen Betrachter eigentümlich “unzeitgemäss” vor:

Als Mussolinis Rassengesetze 1938 den jüdischen Italienern die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben verbieten, öffnet der angesehene Literaturprofessor Finzi Contini seinen Garten in Ferrara für die Allgemeinheit, um seinen Kindern Micòl und Alberto (sie wurden gerade aus dem Tennisclub ausgeschlossen) ein Refugium zu bieten, in dem sie mit ihren Freunden - Juden und Nicht-Juden - ihre Freizeit verbringen und die Realität vergessen können. Der scheinbar riesige, von herbstlichen Sonnenstrahlen durchflutete Garten wirkt tatsächlich beinahe wie ein Märchenland, in dem die jungen Leute sich der Illusion hingeben können, Heranwachsende in einer normalen Zeit zu sein - vielleicht ein wenig intensiver und grausamer. - Der junge Giorgio erinnert sich daran, wie er schon als Kind von der verführerischen Micòl
in den Garten gelockt worden war, und er hofft, aus der langen Freundschaft werde sich nun eine Liebesbeziehung entwickeln. Micòl, inzwischen eine kühle Schönheit, lässt ihn jedoch - immer noch halb lockend, halb abweisend - wissen, sie sähe in ihm lediglich einen zweiten Bruder. Tatsächlich verbringt sie ihre Nächte mit dem von ihr in der Öffentlichkeit abgelehnten Nicht-Juden Bruno Malnate, um den wiederum Alberto regelrecht buhlt (Helmut Berger darf die homoerotische Komponente seines Begehrens voll ausspielen).

Doch auch ausserhalb des Gartens gibt man  sich zu Beginn Illusionen hin. So behauptet etwa Giorgios bürgerlicher Vater, der in den Finzi Continis nicht in erster Linie Juden, sondern eine andere Klasse sieht, der Faschismus sei immer noch menschlicher als der Nationalsozialismus. Langsam vergehen jedoch mit der Herbstsonne die Hoffnungen, im faschistischen Italien “davonzukommen”. Es beginnt mit anonymen Telefonanrufen während der Sabbat-Feier; dann wird dem Studenten Giorgio der Zutritt zur Bibliothek verwehrt (grandios, wie  der Leiter der Bibliothek seine Hände in Unschuld zu waschen versucht). Am Ende, 1943, finden sich diejenigen, denen nicht rechtzeitig die Flucht gelang, in einem Schulzimmer wieder, in dem sie auf ihre Deportation nach Deutschland warten. Zu ihnen gehören auch die Finzi Contini und Giorgios Vater, der Micòl mitteilen kann, sein Sohn und die restliche Familie seien entkommen.

Man könnte De Sicas Verfilmung eines autobiographisch getönten Romans von Giorgio Bassani  jener Reihe von italienischen Filmen zuordnen, die sich um 1970 mit Faschismus und Nationalsozialimus beschäftigten. Sie scheint mit ihren luftigen, pastellfarbenen Bildern und ihrer schier altmodisch erzählten Geschichte jedoch einfach nicht so recht  an das anschliessen zu wollen, was Visconti mit dem 1968 gedrehten und heftig umstrittenen “La caduta degli dei” (ich denke etwa an das wächserne Gesicht von Ingrid Thulin, die von ihrem Sohn sexuell missbraucht wurde) oder Bertolucci mit der visuellen Umsetzung seiner Geschichte in “Il conformista” (1970) dem damaligen Publikum im wahrsten Sinne des Wortes zumuteten. Sogar Fellinis auf den ersten Blick nostalgischer “Amarcord” (1973), der den Faschismus nur scheinbar hintergründig  thematisiert (Tittas Vater wird verdächtigt, Kommunist zu sein), wirkt wesentlich realitätsnaher als die Bilder der “weichgespülten” Jugendlichen auf ihren Fahrrädern, die  wie einer Werbung entflohene Elfen
Einlass in den Park des unbeschwerten Heranreifens begehren - und ihn auch erhalten. Man mag sich deshalb des Eindrucks nicht erwehren, De Sica, der “Il giardino dei Finzi-Contini” denn auch nie als eines seiner Meisterwerke bezeichnen sollte, habe sämtliche geradezu revolutionäre Entwicklungen des italienischen Films in den 60er Jahren verschlafen, es sei ihm um eine romantische Liebesschnulze in Hollywood-Manier gegangen (worauf etwa die Rückblenden in die Jugendzeit hindeuten) --- und genau das habe dem damaligen, sich lieber Verklärungen hingebenden Publikum zugesagt. - Aber darf man es sich wirklich so einfach machen?

Bassanis Roman widmet sich Erinnerungen, Erinnerungen an eine Jugendzeit, in der man das, was sich in der Wirklichkeit ereignete, wohl besonders zwanghaft (siehe etwa das Verhalten von Micòl) zu verdrängen versuchte. Solchen Erinnerungen ist vielleicht das Traumhafte besonders angemessen. Traumhaft mutet De Sicas elegisches Alterswerk denn auch an. Dies lässt sich nicht nur an der impressionistischen- grandiosen! - Fotografie erkennen, sondern vor allem an den für Träume bezeichnenden fragmentarischen Handlungssträngen, die es leider auch Fabio Testi und Helmut Berger verunmöglichen, die Komplexität der von ihnen dargestellten Charaktere in diesem knapp 90 Minuten dauernden Film wirkungsvoll  auszugestalten (Albertos Tod, von dem man nicht weiss, ob er die Folge einer Krankheit oder seines Verzerrens nach seinem Freund ist, ein Aufenthalt in Frankreich, wo - ohne Konsequenzen - über die Konzentrationslager der Nazis gesprochen wird, die seltsame Abgehobenheit der aristokratischen Finzi Contini von der nicht zur Kenntnis genommenen Wirklichkeit). Auch den erotischen Szenen haftet etwas unwirklich Traumaftes, nach der Perfektion der Erinnerung Strebendes an (Micòls durchsichtige Bluse, als sie während eines plötzlichen Regens zusammen mit Giorgio in einem Schuppen Unterschlupf gefunden hat). - Man muss vielleicht sagen, alle Protagonisten von “Il giardino dei Finzi-Contini” seien in einen Traum geflüchtet, nähmen nur Fetzen der Realität wahr -  und De Sica habe sich in seiner Verfilmung ohne Zugeständnisse diesem Umstand angepasst. Darauf weist schon der Vorspann, der Sonnenstrahlen der Unschuld (in einer solchen Zeit!) durch Blätter dringen lässt, hin. Auch spätere Bilder des Gartens,  dessen Grösse der Zuschauer nicht annähernd einzuschätzen vermag (er scheint  der Jugend  gemäss keine Grenzen zu kennen), wirken wie das Innere der Villa der Finzi Contini (die Bibliothek, die  Giorgio zur Verfügung gestellt wird, ist noch besser, “erlesener” als die, aus der er verstossen wurde) unermesslich, irreal. - Dieses “traumhafte” Wahrnehmen einer letztlich poetischen Geschichte erwartet der Film wohl vom Publikum, fordert es ein, und man scheint anfangs der 70er Jahre begierig darauf gewesen zu sein, der Forderung nachzukommen, waren doch die hartherzigeren Konfrontationen mit einer schrecklichen Zeit alles andere als willkommen.



Der heutige Betrachter weiss allerdings gar nicht so recht, was er mit der herbstlich-impressionistischen Romanze, deren Erzähl-“Fetzen” in einem Schulzimmer enden, anfangen soll, zumal er auch aus der von Dominique Sanda verkörperten (überbewerteten) Figur nicht schlau wird: Hat ihr zweideutiges, sich entziehendes Verhalten mit einer aristokratischen Abgehobenheit zu tun, ist es beinahe  hysterischer jugendlicher Übermut - oder entwickelt sich Micòl tatsächlich zu jener “reifen” Frau, als die sie uns, während sie beim erzwungenen Verlassen des Guts auf die Villa zurückblickt, präsentiert wird? Es verharrt alles irgendwo im Schwebenden , Ungewissen. --- Vor allem fragt man sich rund vierzig Jahre nach dem Entstehen von “Il giardino dei Finzi-Contini” - und wesentlich weniger zurückhaltenden Leinwandbegegnungen mit dem Faschismus: Was ist die Botschaft des Films, falls er überhaupt eine hat? Geht es ihm einfach um die der Erinnerung zu “verdankende” Verklärung einer Romanze in einer schweren Zeit? Oder möchte er tatsächlich als realistische Darstellung verstanden werden?

Es ist anzunehmen, dass ein Teil des seinerzeitigen Lobs mit De Sicas unerwarteter Rückkehr zum anspruchsvollen Film zu tun hatte. Entsprechend wird der Film heute in einem veränderten Kontext (womit sich wieder einmal zeigt, dass der Untertitel meines Blogs durchaus Sinn macht, mag dieser gelegentlich auch herbeigezwungen werden) wohl eher als Kuriosum wahrgenommen. Dennoch lohnt sich eine erneute Begegnung mit  den bemerkenswert gut gespielten Erinnerungsfragmenten (De Sica kehrte insofern zum Neorealismus zurück, als er bloss die wichtigsten Rollen mit professionellen Schauspielern besetzte!), werfen sie doch allerlei Fragen zum filmisch adäquaten Umgang mit dem Faschismus - respektive mit einer möglichen anderen Annäherung an das Thema - auf. Und man sollte sich “Il giardino dei Finzi-Contini” unbedingt in der (lebendigen) italienischen Originalfassung anschauen; die deutsche Synchronisation erweckt nämlich zu Unrecht den Eindruck, man  habe es mit einem Schlafmittel zu tun...

Samstag, 8. Mai 2010

Sexy Hexi

 Meine Braut ist übersinnlich
(Bell, Book and Candle, USA 1958)
Regie: Richard Quine
Darsteller: James Stewart, Kim Novak, Jack Lemmon, Ernie Kovacs, Hermione Gingold, Elsa Lanchester, Janice Rule

Man muss wohl ein paar Worte über die aussagekräftige Filmkarriere der letzten von Hollywood produzierten “Sexgöttin” verlieren, wenn man verstehen will, mit welcher Zeit wir es hier zu tun haben: Spätestens seit sie sich als Madge Owens, einer heranreifenden Kleinstadt-Schönheit, in Joshua Logan’s heute leider etwas in Vergessenheit geratenem “Picnic” (1955) - für sechs Oscars nominiert! - in einen von William Holden gespielten Herumtreiber verlieben durfte, galt sie als Schauspielerin, die jedem Mann den Kopf verdrehen konnte. Zu Weltruhm gelangte sie durch ihre “Doppelrolle” in Hitchcocks “Vertigo” (1958). Der “Master of Suspense” äusserte sich über die Darstellerin, die er als Ersatz für die schwanger eingetroffene Vera Miles hatte akzeptieren müssen, aber alles andere als zufrieden: sie sei mit einer Menge dummer vorgefasster Ideen angerückt, habe sich eine andere Garderobe gewünscht --- und keinen Büstenhalter getragen, beklagte er sich in seinem berühmten Interview mit François Truffaut, das unter  dem Titel “Le cinéma selon Hitchcock” veröffentlicht wurde. Selbst heute würde der grosse Regisseur wohl nicht zugeben, dass sie schlicht die ideale Besetzung war. - Nach ein paar weiteren Rollen erklärte sich “stupid” Kim (das Beiwort haftete ihr an, weil man Blondinen schon damals gern der Dummheit bezichtigte) bereit, in Billy Wilder’s unwürdigem Klamauk-Film “Kiss Me, Stupid” (1964) die Rolle der Hure Polly the Pistol zu spielen; und es scheint, als habe man in der Traumfabrik nur auf einen derartigen Missgriff gewartet - denn von nun an ging’s bergab mit ihrer Karriere (Robert Aldrich, der schon  ausgedienten Stars wie Joan Crawford und Bette Davis Zuflucht gewährt hatte, drehte 1968 mit ihr den - woraus man einiges schliessen kann - Misserfolg “The Legend of Lylah Clare”). Erst 1980 gelang ihr ein Comeback als mehrfach geliftete Actrice, die in der Agatha Christie-Verfilmung “The Mirror Crack’d” mit Liz Taylor herrliche Wortgefechte austragen konnte...

Woran lag es? -  Kim Novak war im Gegensatz zu Sexgöttinnen wie Rita Hayworth oder Marilyn Monroe eben nicht beinahe eine Karikatur ihrer selbst. Sie verteilte ihren Appeal auch nicht kühl-distanziert wie etwa Lana Turner. Sie wirkte im Gegenteil wahrhaft sinnlich, verströmte eine mysteriös getönte Erotik, die der Zuschauer beinahe mit Händen greifen konnte - und sie trug, weil sie es gar nicht nötig hatte, wirklich keinen BH. All das war dem prüden Hollywood der 60er Jahre, das dem Publikum lieber eine Doris Day vorsetzte, die als 40-jährige Jungrau schon beim Gedanken an Sex Pickel kriegte, unheimlich. Also: Weg mit ihr!
 

“Bell, Book and Candle” folgte auf den Erfolg mit “Vertigo” und verhalf Kim nicht bloss zu einer neuen Zusammenarbeit mit James Stewart; sie konnte in der Rolle einer Hexe auch von jener mysteriösen  Aura profitieren, die sie sich im Hitchcock-Klassiker antrainiert hatte. Es handelte sich um die harmlos-liebenswerte Verfilmung eines Broadway-Hits, in dem Lilli Palmer zusammen mit ihrem damaligen Gatten Rex Harrison die Hauptrolle gespielt hatte (beide kamen nach einem Skandal wegen des Freitods einer Geliebten von Rex Harrison für den Film nicht in Frage; Lilli Palmer, die auch schon unbefriedigende Erfahrungen mit Hollywood gemacht hatte, war ohnehin nach Deutschland zurückgekehrt):

Die junge Hexe Gillian handelt mit afrikanischen Kunstgegenständen und hat allerlei Ärger mit den Zauberspässchen ihres albernen Bruders Nicky (herrlich kindisch: Jack Lemmon), dem es Vergnügen
bereitet, die Strassenbeleuchtung zu löschen, am Hals. Auch ihre Tante Queenie, die gerade das Telefon des neuen Mieters Shep Henderson verhext hat, muss zur Vernunft gebracht werden. Als Shep Gillian bittet, bei ihr telefonieren zu dürfen, kommt sie auf die Idee, ihn in den “existentialistisch” angehauchten Hexenclub “Zodiac” einzuladen. Es stellt sich heraus, dass Shep mit einer Frau verlobt ist, von der Gillian schon während ihrer Schulzeit getriezt worden war. Deshalb beschliesst sie, die eigentlich mit der Hexerei zurückhaltend umgehen wollte, zusammen mit ihrem Kater Pyewacket alles zu unternehmen, um Shep in sich verliebt zu machen. Mit Hilfe eines Zaubers lockt sie sogar einen begehrten Buchautor, der sich mit Hexerei beschäftigt, herbei, der völlig verstört beim Verleger Shep auftaucht und ihm anbietet, für ihn ein Buch über die Hexen in New York zu schreiben.  - Der verliebte Shep sagt seine Hochzeit ab (ein für die 50er Jahre typisch harmloser und doch humorvoller Dialog: Stewart reagiert auf die hysterisch gestellte Frage “Are you saying you’re *jilting* me?” seiner Verlobten mit einem zögernden “W-well, that is a very heavy word.  Let’s just say that we’re ... uncoupling”). - Was aber wird sich ereignen, wenn der Verhexte
herausfindet, womit er es zu tun hat? Und kann es zu einem Happy-End kommen, wenn er sogar Madame de Passe, eine Berühmteit unter den New Yorker Hexen, in Anspruch nimmt, um den Zauber loszuwerden?

Der Film ist, wie so viele gute Komödien, ein kleines Nichts. Die offensichtliche Lust, mit der die Schauspieler bei der Arbeit sind, und das amüsante Drehbuch machen ihn jedoch zu einem sehenswerten Vergnügen, das uns noch einmal Kim Novak mit ihrer ungeheuren Ausstrahlung präsentiert. Und was ich an dem Spass besonders schätze: Obwohl er zu einer Zeit gedreht wurde, als Ray Harryhausen bereits mit aufwändigsten Spezialeffekten trumpfen konnte, verzichtet er ganz auf jene billige Trickchen, die viele andere Hexenfilme so peinlich machen. Er erzählt einfach eine scheinbar alltägliche (Liebes-)Geschichte.

Es ist mir erst beim Nachdenken über diesen Eintrag aufgefallen, dass der “Hexenfilm” eigentlich als regelrechtes Subgenre zu betrachten ist, das je nach Schwerpunkt zwischen Horror, Romanze und Komödie angesiedelt werden kann. Eher amüsante Filme im Stil von “Bell, Book and Candle” ermöglichen es mehr oder weniger (im Falle von Bette Middler eher weniger) grazilen Schauspielerinnen, in die Rolle einer “femme fatale” zu schlüpfen. Sie reichen qualitativ jedoch meist nicht annähernd an den Film aus dem Jahre 1958 heran. Ich denke etwa an Machwerke wie “Hocus Pocus” (1993), “Practical Magic” (1998) oder “Bewitched” (2005), den völlig misslungenen Versuch, eine erfolgreiche TV-Serie aus den 60ern zu verfilmen. - Neben “The Witches of Eastwick” (1987) kommt mir bloss ein einziges, leider ziemlich in Vergessenheit geratenes kleines Meisterwerk in den Sinn, das den Film mit Kim Novak an Frechheit, Charme und Erotik noch zu überbieten vermag: René Clairs wundervolle Screwball-Comedy “I Married a Witch” (1942), in der Veronica Lake sich als attraktive Hexe am Nachkommen (Fredric March) eines Puritaners, der sie im Rahmen der Hexenprozesse von Salem hinrichten liess, rächen will - und sich natürlich prompt in ihn verliebt. Während Kim Novak dank ihres bleibenden Ruhms gelegentlich auf der Mattscheibe zu geniessen ist, enthält das Fernsehen leider solche Leckerbissen den jüngeren Zuschauern heutzutage vor. Wer sich also vom Sex einer Veronica Lake überzeugen (und erst noch vom Alkohol loskommen) will, besorge sich die DVD von “I Married a Witch”!

Samstag, 1. Mai 2010

Faule Ausreden...


Die wärmere Jahreszeit bringt es mit sich, dass gewisse Arbeiten nicht mehr mit der faulen Ausrede “zu kalt” hinausgeschoben werden können. Hinzu kommen eine Lust am Faulenzen, am ... ähem ... Sinnieren in der freien Natur und vielleicht auch am Bezirzen wohlhabender Witwen (den Rest sollen sich die alten Schachteln selber besorgen, wenn Leute wie ich sie um ihr Geld gebracht haben). Vielleicht führt mich sogar eine zyklisch bedingte Gleichgültigkeit zu der Einsicht, dass in nächster Zeit zwischen meinen Einträgen rasch mal zehn bis zwölf Tage liegen dürften (alte Bekannte bekommen wohl gelegentlich - horribile dictu! - Aufgewärmtes vorgetischt). - Ein  nahezu essayartiger Eintrag, der so oder so nur von anderthalb Lesern (“Hallo, halber Leser!”) zur Kenntnis genommen wird, erfordert nämlich Zeit. Und die kann, mag oder will ich im Moment nicht alle fünf Tage investieren.  - Conclusio: Man liest sich, jedoch einfach nicht mehr gar so oft...

A propos Arbeit: Weiss jemand von euch, ob man ein IKEA-Bett zwecks Frühlingsreinigung risikolos von einer Ecke des Zimmers in die andere schieben darf?